Volltext - Staatsbibliothek zu Berlin
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BIbliotheks<br />
m agazin<br />
Ausstellungskatalog, Lake Forest,<br />
Illinois, um 1970<br />
(Nachlass Hans Elias, Kasten 11,<br />
<strong>Staatsbibliothek</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong>, Handschriftenabteilung)<br />
und Dunkelkammer – hat ein großes, auf<br />
einen mit Gerümpel gefüllten, dunklen<br />
Innenhof gehendes, noch nie geputztes<br />
Fenster: Er nagelt es mit einem entsprechend<br />
großen Stück Leinwand <strong>zu</strong> und malt<br />
sich seine Aussicht selbst: eine sonnendurchflutete<br />
Mittelgebirgslandschaft.<br />
Wann er – und ob im Zusammenhang<br />
mit seinen anatomisch-histologischen Zeichenarbeiten<br />
– begonnen hat, neben seiner<br />
wissenschaftlichen Tätigkeit auch sein<br />
künstlerisches Talent wieder <strong>zu</strong> entfalten,<br />
lässt sich aus seinen Aufzeichnungen oder<br />
sonstigen Quellen nicht erschließen; er<br />
ist mit Jahresangaben überhaupt sehr <strong>zu</strong>rückhaltend.<br />
Jedenfalls beginnt offenbar in<br />
Chicago eine Epoche künstlerischen Schaffens:<br />
Gemälde, Skulpturen, Reliefs, die Anfang<br />
der siebziger Jahre in der Kleinstadt<br />
Lake Forest in der Nähe von Chicago<br />
unter dem Titel „The expressionistic Neo-<br />
Renaissance of Hans Elias“ ausgestellt werden.<br />
Das Motiv „Prometheus bringt den<br />
Menschen das Feuer“ hat er mindestens<br />
zweimal bearbeitet, eine erste Fassung im<br />
Querformat schenkt er vor 1980 dem<br />
„California National Primate Research<br />
Center“ der University of California. Die<br />
in der <strong>Staatsbibliothek</strong> hängende Fassung<br />
ist in der oben genannten Ausstellung in<br />
Lake Forest ebenfalls gezeigt worden.<br />
Über die Gründe, warum Hans Elias gerade<br />
dieses Thema „Prometheus bringt<br />
den Menschen das Feuer“ so fasziniert hat,<br />
kann man nur spekulieren, vielleicht war es<br />
sein wichtigster Forschungsgegenstand, die<br />
menschliche Leber, die in der Antike als<br />
Sitz des Lebens, der Gefühle und als Organ<br />
des Zeus galt, der sie dem gefesselten,<br />
aber unsterblichen Prometheus täglich von<br />
einem Adler wegfressen ließ. Sein Motiv<br />
war aber nicht das in allen Kunstepochen<br />
immer wieder gestaltete Bild des „Gefesselten<br />
Prometheus“, sondern das des<br />
Lichtbringers, des Aufklärers. Dieses Motiv<br />
ist künstlerisch eher selten gestaltet worden,<br />
am bekanntesten ist noch das Bild<br />
„Prometheus bringt den Menschen das<br />
Feuer“ des klassizistischen Malers Heinrich<br />
Füger (1751–1818) im Liechtenstein Museum<br />
in Vaduz. Die von Hans Elias geschaffenen<br />
Kunstwerke sind weitgehend verschollen:<br />
Nachforschungen von Eva Brown,<br />
seiner Mitarbeiterin in den frühen fünfziger<br />
Jahren in Chicago (Bibliothekarin und „Betreuerin“<br />
der deutschen Delegation bei<br />
der IFLA-Konferenz 1985 in Chicago)<br />
blieben erfolglos, ebenso die Suche nach<br />
dem Verbleib von Skulpturen, die er als<br />
Gastprofessor Mitte der siebziger Jahre<br />
der Universität Heidelberg überlassen<br />
hatte. Auch die Georg-Büchner-Skulptur,<br />
die er der Deutschen Akademie für Sprache<br />
und Dichtung in Darmstadt anlässlich<br />
ihres fünfzigjährigen Jubiläums geschenkt<br />
hatte, ist nicht mehr auffindbar.<br />
So bleibt nur <strong>zu</strong> vermerken: Hans Elias’<br />
Darstellungen des Motivs „Prometheus<br />
bringt den Menschen das Feuer“ sind vielleicht<br />
die einzig erhaltenen seiner Kunstwerke:<br />
Sie sind <strong>zu</strong> sehen in einem Primaten-Forschungszentrum<br />
in Kalifornien und<br />
in der <strong>Staatsbibliothek</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong>. – Und ein<br />
Letztes: Kürzlich konnte die <strong>Staatsbibliothek</strong><br />
den Nachlass erneut ergänzen. Vermittelt<br />
durch das Exilarchiv in der Deutschen<br />
Nationalbibliothek kamen weitere<br />
Kästen mit Korrespondenz, Manuskripten,<br />
Lebensdokumenten und Fotos ins Haus,<br />
die der Exilforscher Prof. John M. Spalek,<br />
im Jahr 2010 mit der Verleihung der Goethe-Medaille<br />
gewürdigt, aufgefunden hatte.