Volltext - Staatsbibliothek zu Berlin
Volltext - Staatsbibliothek zu Berlin
Volltext - Staatsbibliothek zu Berlin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4<br />
BIbliotheks<br />
m agazin<br />
Thronbild Heinrichs II.,<br />
Clm 4456, Bl. 11v<br />
dem Bamberger Domschatz in die Münchener<br />
Hofbibliothek kamen. Das Buch<br />
beginnt mit einem Kalendar mit den Festen<br />
des Kirchenjahrs, gefolgt vom Hochgebet.<br />
Das Sakramentar enthält dann die Messen<br />
für das Kirchenjahr, für besondere Gelegenheiten,<br />
Votiv- und Totenmessen. Die<br />
Handschrift wurde fast ausschließlich von<br />
einem Schreiber geschrieben. Der Buchschmuck<br />
umfasst neben Miniaturen und<br />
Zierseiten zahlreiche größere und kleinere<br />
Initialen. Ein nur <strong>zu</strong>m Teil zeitgenössischer<br />
Prachteinband, mit einer teilvergoldeten<br />
Silberplatte Gregors des Großen auf dem<br />
Rückdeckel, einer mit schlichtem Goldrahmen<br />
eingefassten, früheren lothringischen<br />
Elfenbeinplatte auf dem Vorderdeckel umschließt<br />
die 360 Pergamentblätter, Kalbspergament<br />
für den reich illuminierten Anfangsteil,<br />
sonst Schafspergament. Auch der<br />
eindrucksvolle Einband wurde für die Faksimileausgabe<br />
als Replikat gestaltet.<br />
Die kunsthistorische Würdigung von Martina<br />
Pippal charakterisiert die malerische<br />
Ausstattung und macht die Grammatik der<br />
Ornamente verständlich, die sich in ihrer<br />
Aussagekraft erst erschließen, wenn man<br />
sie nicht nur betrachtet, sondern auch liest.<br />
Die Gebete werden inszeniert, über die<br />
Illuminationen wird <strong>zu</strong>m Höhepunkt des<br />
Gottesdienstes, Wandlung und Eucharistie,<br />
hingeführt. Es gelingt ihr, ein subtiles<br />
Konzept nach<strong>zu</strong>zeichnen. Vor allem wird<br />
die Verbindung des Sakramentars <strong>zu</strong>r Politik<br />
Heinrichs II. nachvollzogen. Die beiden<br />
Herrscherbilder im Sakramentar dienen<br />
da<strong>zu</strong>, seine Krönung <strong>zu</strong>m König <strong>zu</strong> rechtfertigen<br />
und die Krönung <strong>zu</strong>m Kaiser (im<br />
Jahr 1014) vor<strong>zu</strong>bereiten. Sie zeichnen<br />
keine Politik nach, sondern modellieren<br />
die Wirklichkeit.<br />
Eine ganz enge, im Kommentar detailliert<br />
dargestellte Verbindung besteht zwischen<br />
dem Sakramentar Heinrichs II. und dem<br />
karolingischen, im Auftrag Karls des Kahlen<br />
hergestellten Codex aureus von St.<br />
Emmeram (Clm 14000), wohl der bedeutendsten<br />
mittelalterlichen abendländischen<br />
Handschrift im Bestand der Bayerischen<br />
<strong>Staatsbibliothek</strong>. Beide Werke sind in<br />
Regensburg entstanden. Das Sakramentar<br />
bezieht sich in seinen Bildern deutlich auf<br />
den Codex aureus. Es ist sogar an<strong>zu</strong>nehmen,<br />
dass die gemeinsame Verwendung<br />
im Gottesdienst intendiert war. Das Evan-