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Heft 37

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78 G. SAGER<br />

sammenhangs von Kontinenten zu entwickeln. Bereits um 1620 hat der englische<br />

Philosoph BAcoN (1561-1626) diesen Gedanken geäußert, den der Franzose<br />

PLACET 1668 näher umri~. Es dauerte jedoch rund zwei Jahrhunderte, ehe<br />

ANToNIO SNIDER begründet zur gleichen Auffassung gelangte. Er war zu der<br />

Feststellung gekommen, daß Pflanzenabdrücke in Steinkohlenlagern Amerikas<br />

und Europas, deren Alter wir heute auf reichlich 300· 10 6 Jahre veranschlagen<br />

müssen, auf eine Reihe gleicher Arten schließen lassen. 1855 veröffentlichte er<br />

eine Karte, auf der Nordamerika mit Europa und Nordwestafrika sowie des<br />

weiteren Südamerika mit dem übrigen Westrand Afrikas zusammengerückt<br />

erschienen; Seine Ideen wurden als utopisch abgetan, weil sie das Vorstellungsvermögen<br />

seiner Zeitgenossen überstiegen.<br />

Im Grunde genommen erging es WEGENER und dem Amerikaner TAYLOR<br />

nicht wesentlich besser, als sie unabhängig voneinander auf Grund geophysikalischer,<br />

geologischer und geographischer Überlegungen um 1910 zu dem Gedanken<br />

driftender Kontinente gekommen waren. Als WEGENER um diese Zeit<br />

vor dem Berliner Geographentag seine kühnen Ideen zu einem Vortragsthema<br />

verdichtete, hatte sein Fachkollege PENCK bereits Gegenstimmung mit dem<br />

Satz gemacht, daß man die sensationelle Sitzung nicht versäumen sollte, in der<br />

"nicht nur Eisenbahnwaggons, sondern ganze Kontinente verschoben würden!"<br />

Obwohl Du TOIT ab 1927 weitere Argumente für den Driftgedanken aus Südafrika<br />

und Südamerika und ab 1939 auch für Nordamerika, Grönland und die<br />

dem Atlantik zugewandten Teile Europas beisteuern konnte, blieb die Idee umstritten.<br />

Erst die großartigen Entdeckungen der Meeresgeologie und neue Methoden der<br />

marinen Geophysik haben die Entstehung von ozeanischer Kruste an den zentralozeanischen<br />

Rücken erkennen lassen und in der jüngsten Zeit die Idee der<br />

Kontinentalverschiebung in ein neues Licht gerückt. Für den Nordatlantik<br />

liegt uns heute ein bereits relativ vollständiges Bild der Ausweitung des Meeresbodens<br />

beiderseits des Mittelatlantischen Rückens bis zu den Kontinentalrändern<br />

vor, für das etwa 180· 10 6 Jahre erforderlich waren. Die Entwicklung<br />

dieser Kenntnisse ist inzwischen weltweit im Gange und vom Verfasser 1972<br />

allgemeinverständlich dargestellt worden, so daß darauf verwiesen werden kann.<br />

Neben der Theorie der Kontinentalverschiebung, die sich einem in der Erdgeschichte<br />

relativ jungen Vorgang zuwendet und nur Teile der Küstenkonturen<br />

der Erde zusammenfügt, hat es auch nicht an Bemühungen gefehlt, diese Methode<br />

konsequent auf alle Festländer auszudehnen. HILGENBERG hat 1933 den<br />

Versuch gemacht, alle Kontinente zusammenzufügen und möglichst lückenlos<br />

auf einem Globus kleineren Umfangs unterzubringen. Er neigt zu der Ansicht,<br />

daß sich die Ozeanbecken erst .durch eine Expansion der Erde gebildet haben.<br />

Die aus solchen Gedankenexperimenten entstandene und bald von namhaften<br />

Wissenschaftlern verfochtene Expansionstheorie der Erde stieß sofort auf den<br />

Widerstand von Anhängern der verschiedenen Kontraktionstheorien, deren<br />

Basis nach Vorgedanken von DESCARTES vor einem Jahrhundert gelegt und von<br />

bekannten Vertretern wie Süss und STILLE mehrfach variiert wurde.<br />

Gedanken zur Expansion der Erde 79<br />

Der Grundgedanke der Kontraktionstheorie liegt in einer Schrumpfung der ,<br />

Erde durch allmählIche Abkühlung im Laufe einiger Jahrmilliarden und damit<br />

ständigem Wärmeverlust an den Weltraum. Da der Wärmehaushalt der Erde ,<br />

quantitativ nicht bekannt ist, suchen die jüngeren Anhänger der Ko.ntraktionstheorie<br />

nach anderen Ursachen, bei denen gern atomare Vorgänge herangezogen<br />

werden. Es ist kurios zu sehen, wie beide Forschergruppen den mannigfaltigen<br />

Erscheinungen in der Entwicklung der Erde zu Leibe rücken und in einigen Fällen<br />

tatsächlich auf beiderlei Art zu Interpretationen des Geschehens gelangen-,<br />

ohne daß man bei dem jetzigen Stand des Wissens eine Deutung verwerfen<br />

müßte.<br />

Vorstellungen zu einer Expansion der Erde<br />

Die Anhänger der neueren Expansionstheorie gingen anfangs von der Annahme<br />

aus, daß die durch radioaktiven Zerfall produzierte Wärme die in den Welt- '<br />

raum abgeführten Beträge überträfe. Da jedoch der Gehalt an radioaktiven<br />

Substanzen mit der Entfernung von der Erdoberfläche offenbar abnimmt, käme<br />

nach dieser Ansicht hauptsächlich die Erdkruste für eine Ausdehnung in Betracht,<br />

womit von vornherein nur eine sehr begrenzte Expansion zu erwarten<br />

wäre. Der Ungar EGYED glaubt, zwei denkbare Ursachen für eine Ausdehnung<br />

der Erde heranziehen zu können. Mit dem nach dem InneJ,'en der Erde außerordentlich<br />

anwachsenden Druck soll das Material der einzelnen Erdschalen zunehmend<br />

homogener werden und in unterschiedlichen Hochdruckphasen existieren.<br />

Diese sog. Hochdruckmodifikationen haben bei gleicher chemischer Zusammensetzung<br />

unterschiedliche Dichten und andere physikalische Eigenschaften.<br />

Im Kern nimmt EGYED eine instabile Ultrahochdruckphase an, durch die<br />

ein permanenter Abbau der inneren Substanzen zu niederen Modifikationen mit<br />

geringerer Dichte stattfindet, der sich in einer vom Erdzentrum zur Kruste fortschreitenden<br />

Expansion auswirkt. Dieser Auffassung hat man experimentell<br />

ein Stück nachspüren können und bei Drücken und Temperaturen, wie sie in<br />

etwa 35 km Tiefe unter den Kontinenten herrschen -<br />

ca. 10000 Atmosphären<br />

und bis 700 oe _ Metamorphosen von Gesteinen erreicht. Weitere Einsichten<br />

hängen davon ab, inwieweit es gelingt, die Laborbedingungen den ,Verhält,-<br />

nissen in größeren Erdtiefen anzupassen.<br />

Die zweite, sehr umstrittene Ursache knüpft an die Hypothese des englischen<br />

Physikers DIRAC (19<strong>37</strong>) an, der die Gravitationskonstante aus Überlegungen zur<br />

allgemeinen Relativitätstheorie als nicht konstant, sondern vielmehr umgekehrt<br />

proportional dem Alter des Weltalls ansah. Um diese Vermutung hat es heiße<br />

Debatten bedeutender Wissenschaftler gegeben, weil sie in eine Reihe kosmischer<br />

Prozesse hineinspielt. Trotz aller Argumente pro und contra, über diese .<br />

flexible Auffassung hat man bis heute keine theoretische Entscheidung treffen<br />

können. Vielleicht bringt das Laserexperiment von Apollo 18 mit Präzisiqns- '"<br />

messungen der DistanzMond -Erde hier Aufschluß. Wenn sich der Mond schnellet<br />

als durch die Gezeiteneinflüsse bedingt - nämlich etwa 5 in im Jahrhundert --;-<br />

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