Altern - IPP - Universität Bremen
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zph-info Ausgabe 05/03<br />
SCHWERPUNKTTHEMA ALTERN<br />
Seniorenmarkt als wirtschaftliche Größe – Dienstleistungen<br />
und Produkte für ältere Menschen<br />
Alt ist nicht gleich krank und: am Alter stirbt man<br />
nicht. Ältere Menschen werden immer häufiger als<br />
eine gesellschaftliche Gruppe gesehen, die nicht<br />
über ihre vermeintlichen Defizite, sondern über<br />
ihre Kaufkraft definiert wird. Ältere Menschen<br />
haben heute Zeit für Hobbys und Reisen und wollen<br />
sich etwas gönnen – vorausgesetzt Qualität<br />
und Service stimmen. Über 60-Jährige verfügen in<br />
Deutschland über etwa 2 Billionen Euro Nettovermögen.<br />
Nach einer Studie in Nordrhein-Westfalen<br />
von über 5.000 Seniorenhaushalten verfügt ein<br />
Seniorenhaushalt im Durchschnitt über ein Nettoeinkommen<br />
von € 2.550,- im Monat, wovon<br />
€ 1.492,- zur freien Verfügung stehen (Landesinitiative<br />
Seniorenwirtschaft NRW). Länger leben ist<br />
also auch eine wirtschaftliche Herausforderung,<br />
eine Chance für Politik und Unternehmen. In der<br />
Zusammenführung unternehmerischer Interessen<br />
und sozialpolitischer Erfordernisse wird neuerdings<br />
eine große Zukunftschance gesehen.<br />
Gegenwärtig zeigt das Angebot für ältere<br />
Menschen in elementaren Lebensbereichen allerdings<br />
noch große Defizite auf. Nach wie vor orientieren<br />
sich Produktentwicklung, Produktdesign<br />
und die Vermarktung überwiegend an Bedürfnissen,<br />
an Lebensgefühlen und am Geschmack von<br />
Jugendlichen. Die wachsende Zahl älterer Menschen<br />
macht es erforderlich, verstärkt Produkt und<br />
Dienstleistungen zu entwickeln und zu vermarkten,<br />
die von älteren Menschen genutzt werden.<br />
Gerontologie und Marktforschung haben in den<br />
letzten Jahren herausgearbeitet, dass es besonders<br />
drei Bereiche sind, die für ältere Menschen in<br />
Zukunft an Bedeutung gewinnen und in denen sie<br />
zu zusätzlichen Ausgaben bereit sein werden:<br />
Gesundheit und Freizeit, Tourismus, Sport und<br />
Wellness sowie Wohnen, Kommunikation und<br />
neue Medien.<br />
Größter Profiteur der zukünftigen Altersentwicklung<br />
sind der Gesundheitssektor und der Freizeitmarkt.<br />
Die Industrie sieht in Dienstleistungen<br />
und Produkten für ältere Menschen neben dem<br />
medizinisch-technischen Fortschritt und einem sich<br />
um Faktoren wie »Lebensqualität« und »Wohlfühlen«<br />
ausweitenden Gesundheitsbegriff den dritten<br />
wichtigsten Wachstumsfaktor. Medikamente sind<br />
der Wachstumsmarkt schlechthin, insbesondere<br />
dort, wo es um die Behandlung der älteren Menschen<br />
geht: Neben Arzneimitteln geht es u. a. auch<br />
um Lifestyle-Präparate zur Verbesserung der<br />
Lebensqualität, um Potenzmittel sowie Präparate<br />
gegen Fettleibigkeit und Alterung der Haut. Anti-<br />
Aging ist das Stichwort. Beiträge zur Gesunderhaltung<br />
im und für das Alter kommen sowohl von der<br />
traditionellen Medizin als auch von Newcomer-<br />
Bereichen wie der Biomedizin und der plastischen<br />
Chirurgie sowie der Gesundheitstechnologie.<br />
Ebenso werden ZahnärztInnen und die Zahntechnik<br />
von der Alterung der Bevölkerung profitieren.<br />
Als klassischer Wachstumsbereich gilt auch<br />
der Homecare-Bereich. Dabei geht es um die qualitativ<br />
hochstehende Betreuung und therapeutische<br />
Versorgung von älteren Menschen im häuslichen<br />
Umfeld. Der Verbleib in der häuslichen<br />
Umgebung wird u.a. gesichert über moderne Technologien,<br />
wie etwa ein Senioren-Online-Angebot,<br />
intelligente Hausnotrufdienste oder die Gesundheitsüberwachung<br />
via Telemedizin/Healthmonitoring.<br />
Dazu gehören aber auch Fragen des Wohnens,<br />
des Handwerks und der Dienstleistungen, die<br />
es ermöglichen, im Sinne eines altersgerechten<br />
Wohnens und einer seniorengerechten Wohnungsumgestaltung<br />
länger in der eigenen Wohnung bei<br />
einer hohen Lebensqualität zu verbleiben.<br />
Im Freizeit- und Konsumsektor werden sich<br />
nicht nur Hotels, Freizeitparks und Kaufhäuser den<br />
älteren Menschen widmen müssen, sondern die<br />
ganze Tourismusbranche wird sich hier auf ein<br />
neues Klientel einstellen müssen, wie heutzutage<br />
vielfach schon an den Seniorenreisen auf Kreuzfahrtschiffen<br />
zu spüren ist. Deutsche SeniorInnen<br />
geben ca. 10 Milliarden Euro jährlich für ihren<br />
Haupturlaub aus und eine weitere Milliarde Euro<br />
für Zweit- oder Kurzurlaube. Hinzu kommt der<br />
expandierende Sport- und Wellnessbereich, der<br />
neben der Tourismusbranche einen immer höheren<br />
Stellenwert einnimmt.<br />
Ältere Menschen sind auch den neuen Medien<br />
gegenüber aufgeschlossen: Ca. 45 Prozent der<br />
befragten Haushalte besitzen einen Computer und<br />
30 Prozent einen Internetzugang. Immerhin nutzen<br />
27 Prozent der 55–80-Jährigen zumindest gelegentlich<br />
den heimischen Computer. Ältere nutzen<br />
heute das Internet bei bürgerschaftlichem Engagement,<br />
bei der Organisation von Reisen, für Behördenkontakte<br />
und Weiterbildung. Schließlich hat<br />
inzwischen längst auch die Werbebranche die<br />
SeniorInnen als ein wichtiges Klientel entdeckt.<br />
Immerhin steigen die Ausgaben für Wohnung einschließlich<br />
Energie und Gesundheitspflege deutlich<br />
mit dem Alter an, und auch die Ausgaben für Nahrungs-<br />
und Genussmittel, Freizeit, Unterhaltung<br />
sowie Möbel und Haushaltsgeräte nehmen mit