Brücken bauen Nr. 3 2011
Brücken bauen Nr. 3 2011
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Entgehen und Hinfinden –<br />
Leben als Pilgerschaft<br />
rühren von den Stätten der Geburt und frühen<br />
Kindheit des Herrn, dem Ort seiner Taufe im<br />
Jordan, den Stationen seiner Wirksamkeit in<br />
Galiläa bis hin zum Weg ans Kreuz in Jerusalem<br />
und den Orten der Grablegung, Auferstehung<br />
und Himmelfahrt.<br />
Alte Pilgersleute sehnten sich gar danach, hier<br />
auch ihr eigenes Leben beschließen und an den<br />
Stätten des Heils das jüngste Gericht erwarten<br />
zu dürfen.<br />
Heute wird der Sinn von Pilgerschaft anders<br />
empfunden. Nicht die heiligen Stätten, eher<br />
der Weg selbst ist das Ziel. Gesucht werden<br />
Gehen, Reden, Betrachten. So beginnt auf<br />
dem Weg das Alte sich zu spiegeln in neuen<br />
Erfahrungen und in der Sicht der Anderen;<br />
eine andere, neue Sicht der Dinge. Und es kann<br />
scheinen, alles fange jetzt erst richtig an.<br />
Es ist möglich, dass ein gewandelter Emmerich<br />
von seiner Pilgerfahrt zurückgekommen ist.<br />
Warum nicht auch all die Anderen, wir, du, ich?<br />
Rechte Pilger trennen sich nicht. Sie bleiben<br />
einander angehörig, vielleicht auch als<br />
Angehörige Jesu, der ihnen wie in Emmaus<br />
an vielen Orten ihrer Wanderschaft das Brot<br />
gereicht hatte, als sie ihn noch gar nicht<br />
kannten.<br />
Wie halte ich es nun mit jenem markigen<br />
Spruch des alten Onkels? Es fehlt an einem<br />
kleinen Wort, einem verneinenden dazu: „Der<br />
Mensch hat nicht da zu bleiben, wohin ihn<br />
seine Mutter geboren hat!“<br />
Seiner Enge entgehen und hinfinden zu dem<br />
Tisch, wo ihm das Brot bereitet ist, kann er nur<br />
durch das Wagnis der Pilgerschaft; nicht allein<br />
mit den Füßen, auch in seinem Denken, Fühlen<br />
und Glauben.<br />
Christian Wesenberg (21.02.11)<br />
Möglichkeiten, den vielen Einengungen zu<br />
entgehen, die das Leben bedrücken. Die Sorge<br />
um den wahren Lebenssinn, der im ausweglos<br />
erscheinenden täglichen Trott zu ersticken<br />
droht, führt in die Depression – oder bricht<br />
sich Bahn in einer Bewegung, die ausholt, neue<br />
Wege sucht und Land gewinnt.<br />
Pilger treffen heute auf Ihresgleichen, die<br />
doch alle so verschieden geprägt sind. Daraus<br />
können unendlich bereichernde Begegnungen<br />
und Erfahrungen erwachsen; im miteinander<br />
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