Strafprozessordnung (StPO) - Kölner Anwaltverein
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Oberlandesgericht, 1. Strafsenat Seite 16<br />
Rechtsprechungsübersicht<br />
April 2009 - Juni 2009<br />
§ 46 StGB<br />
Übermaßverbot<br />
SenE v. 23.06.2009 - 82 Ss 37/09 -<br />
… Der Senat … weist bezüglich der Tat vom 23. April 2008 (Diebstahl von Vitaminpulver<br />
im Wert von 1,45 Euro) für die neue Hauptverhandlung auf Folgendes hin:<br />
Das Übermaßverbot schließt die Verhängung von Freiheitsstrafe bei geringfügigen Straftaten<br />
oder Bagatelldelikten nicht generell aus (SenE v. 07.03.2008 - 82 Ss 15/08 -; so<br />
auch OLG Oldenburg StraFo 2008, 297; OLG Stuttgart NStZ 2007, 37; BayObLG NJW<br />
2003, 2926; OLG Braunschweig NStZ-RR 2002, 75; OLG Celle NStZ-RR 2004, 142; anders<br />
für den Diebstahl einer Milchschnitte im Wert von 0,26 €: OLG Stuttgart NJW 2002,<br />
3188). Auch bei Straftaten mit geringer Schadenshöhe kann die Verhängung einer kurzen<br />
Freiheitsstrafe jedenfalls dann verfassungsrechtlich unbedenklich sein, wenn der Täter<br />
mehrfach und zudem einschlägig vorbestraft ist (BayObLG NJW 2003, 2926; OLG Hamm<br />
VRS 106, 189). In einem solchen Fall kann es aber unter dem Gesichtspunkt eines gerechten<br />
Schuldausgleichs und aus der Beachtung des Übermaßverbots geboten sein, auf<br />
die Mindeststrafe gemäß § 38 Abs. 2 StGB zu erkennen (SenE v. 11.02.2009 - 83 Ss<br />
2/09 -; SenE v. 03.03.2009 - 81 Ss 8/09 -; OLG Oldenburg StraFo 2008, 297; OLG Stuttgart<br />
NStZ 2007, 37; OLG Braunschweig NStZ-RR 2002, 75; OLG Celle NStZ-RR 2004,<br />
142).<br />
§ 47 StGB<br />
Urteilsgründe<br />
SenE v. 24.04.2009 - 82 Ss 4/09 -<br />
Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 47 StGB soll die Verhängung<br />
kurzfristiger Freiheitsstrafen weitestgehend zurückgedrängt werden und nur noch ausnahmsweise<br />
unter ganz besonderen Umständen in Betracht kommen (vgl. BGHSt 24, 40,<br />
42 f.; OLG Hamm, VRS 97, 410 [411]). Die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter sechs<br />
Monaten hat danach regelmäßig nur dann Bestand, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung<br />
aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar<br />
erweist (vgl. BGHR, StGB, § 47 Abs. 1 Umstände 7 = NStZ 1996, 429; BGH, StV 1994,<br />
370; OLG Hamm, VRS 97, 410 [411] m. w. N.). In den Fällen, in denen die Bildung einer<br />
Gesamtstrafe in Betracht kommt, ist § 47 StGB für jede verhängte Einzelstrafe zu prüfen<br />
(vgl. BGHSt 24, 164, 165; VRS 39, 95, 96). Damit die Anwendung des § 47 StGB auf<br />
Rechtsfehler geprüft werden kann, bedarf es einer eingehenden und nachprüfbaren Begründung<br />
(vgl. BGH, StV 1982, 366; StV 1994, 370; OLG Schleswig, StV 1982, 367; StV<br />
1993, 29, 30; Senat, NJW 1981, 411; SenE vom 03.01.2003 - Ss 536/02 -; SenE vom<br />
29.08.2003 - Ss 336-337/03 -; SenE vom 16.04.2004 - Ss 130/04 -; SenE vom<br />
14.02.2007 - 81 Ss 14/07 -; vgl. a. Dahs/Dahs, Die Revision im Strafrecht, 6. Auflage,<br />
Rdnr. 394). Das Urteil muss dazu eine auf den Einzelfall bezogene, die Würdigung von<br />
Tat und Täterpersönlichkeit umfassende Begründung dafür enthalten, warum eine kurzfristige<br />
Freiheitsstrafe unerlässlich ist. Formelhafte Wendungen genügen nicht (vgl. BGH,<br />
StV 1982, 366; OLG Köln, DAR 1971, 301; Hanack, in Löwe-Rosenberg, <strong>StPO</strong>, 25. Auflage,<br />
§ 337 Rdnr. 225; OLG Hamm, [28.06.01] VRS 101, 120 [121]). Der Tatrichter hat