Feldstein-Horioka Paradoxon und internationales Risk-Sharing - KOFL

Institutionenökonomik und Public Choice II 

(Internationale Beziehungen), FS 2009 

Feldstein-Horioka Paradoxon und internationales Risk-Sharing 

PD Dr. Kersten Kellermann 

Institutionenökonomik und Public Choice II (Internationale Beziehungen) FS 2009 / Feldstein-Horioka Paradoxon und internationales Risk-Sharing S 1

Agenda 

Agenda 

• Saldenmechanik 

• Feldstein-Horioka Paradoxon 

• Internationales Risk-Sharing 


Saldenmechanik 


• EB t = S t –I t 

• Die Ertragsbilanz gemäss Zahlungsbilanzstatistik dokumentiert die 

Leistungstransaktionen einer Volkswirtschaft mit dem Ausland. 

• Sie setzt sich aus den Teilbilanzen Waren- und Dienstleistungsbilanz, 

der Bilanz der laufenden Übertragungen und der Bilanz der 

Faktoreinkommen (Arbeits- und Kapitaleinkommen) zusammen. 

• Der Ertragsbilanzsaldo entspricht in der VGR dem Saldo aus den 

inländischen Ersparnissen und Investitionen. 

• Die Addition des Saldos der Vermögensübertragungen zum 

Ertragsbilanzsaldo ergibt den Finanzierungssaldo der 

Volkswirtschaft. 



Saldenmechanik (Forts.) 

• Quotengleichung 

⎛ EB⎞ 

⎜ ⎟ 

⎝ Y ⎠ 

t 

⎛ 

= ⎜ 

⎝ 

S 

Y 

⎞ 

⎟ 

⎠ 

t 

⎛ 

− ⎜ 

⎝ 

I 

Y 

⎞ 

⎟ 

⎠ 

t 

• Die Quotengleichung stellt eine Identität dar. 

• In der geschlossenen Volkswirtschaft gilt EB t = 0 und damit S t = I t 

• In offenen Volkswirtschaften sind positive oder negative 

Ertragsbilanzsalden möglich. 


Feldstein-Horioka-Paradoxon 

Feldstein / Horioka Hypothese (1980) 

• Makroökonomisches Konzept zur Messung der Kapitalmobilität 

• Untersucht wird die Korrelation von Ersparnis- und Investitionsquoten 

• FH Hypothese (1980): Ein enger statistischer Zusammenhang 

zwischen nationalen Spar- und Investitionsquoten ist ein Hinweis auf 

geringe Kapitalmobilität. 

• Bei hoher internationaler Kapitalmobilität ist davon auszugehen, dass 

die globale Ersparnis – unabhängig davon in welchen Ländern sie 

entsteht – in den Volkswirtschaften zur Investition wird, die rentable 

Investitionsmöglichkeiten bieten. 



Feldstein / Horioka (FH) Hypothese (aus dem Jahr 1980) 

• Theoretische Grundlagen 

- Konvergenzhypothese (=> VL Termin 1. April 2009) 

- Das standard-deterministische Modell der intertemporalen 

Leistungsbilanz geht von abnehmenden Grenzerträgen der 

nationalen Investitionen aus. Im Gleichgewicht entspricht die 

marginale Grenzproduktivität in der Volkswirtschaft dem Weltzins. 

Ein exogener positiver oder negativer Schock auf die Ersparnis 

bewirkt in der offenen Volkswirtschaft keinen Effekt auf die 

Investition. Ein positiver Schock auf die Ersparnis führt zu 

Kapitalabflüssen (Obstfeld und Rogoff, 1996, Kapitel 1). 

- Alternativer Ansatz: Kraay und Ventura (2000), Ventura (2003), 

risikobehaftete Anlagen (Obstfeld und Taylor, 2007, S. 67) 



Feldstein / Horioka (FH) Hypothese (1980) 

• Der Korrelationskoeffizient zwischen der nationalen Spar- und Investitionsquote 

wird als „saving-retention-coefficient“ bzw. „beta“ 

bezeichnet und im Weiteren mit SRK abgekürzt. 

• Schätzgleichung: 

⎛ 

⎜ 

⎝ 

I 

Y 

⎞ 

⎟ 

⎠ 

t 

= α 

• Der SRK sollte sich in einer offenen Volkswirtschaft 

0 

- signifikant von eins unterscheiden und 

- mit zunehmender Offenheit der Volkswirtschaften kleiner werden. 

+ β 

• Feldstein und Horioka (1980, S. 318 und 320) formulieren: “In the extreme case, in which 

country i is infinitesimally small relative to the world economy the value of beta implied by 

perfect capital mobility would be zero. But even for a relatively large country the value of 

beta would only be of the order of magnitude of its share of total world capital…Testing the 

hypotheses, that beta equals one is therefore equivalent to testing the hypotheses that the 

international capital flows do not depend on domestic saving rates“. 

⎛ 

⎜ 

⎝ 

S 

Y 

⎞ 

⎟ 

⎠ 

t 

+ u 

t 



Wie sind Feldstein / Horioka vorgegangen? 

• Querschnittsuntersuchung für 16 OECD Länder 

• Zeitraum: 1960-1974 

• Panel: 16 Länder, 5 bzw.10-Jahresdurchschnitte 

• Ergebnis: 

- Nationale Spar- und Investitionsquoten sind hoch korreliert 

- SRK in einer Grössenordnung von 0,87 und 0,91 

• Das FH-Ergebnis hat sich vielfach bestätigt und wird von Obstfeld / 

Taylor (2007) als „stylized but very robust fact“ bezeichnet. 


FH-Koeffizienten (neuere Schätzungen nach Obstfeld / Taylor, 2007) 

FH-Koeffizienten ± 2 Standardfehler, für 5 bzw. 10 Jahresdurchschnitte 

Institutionenökonomik und Public Choice II (Internationale Beziehungen) FS 2009 / Feldstein-Horioka Paradoxon und internationales Risk-Sharing

FH-Koeffizienten (neuere Schätzungen nach Obstfeld / Taylor, 2007) 

FH-Koeffizienten ± 2 Standardfehler, Querschnittsuntersuchung, Jahresdaten 



Kontroverse Diskussion der FH-Ergebnisse 

• Theoretische Kritik 

- Langfristzusammenhang: Intertemporale Budgetrestriktion der Volkswirtschaft 

- Kurzfristzusammenhang: Simultanität von Ersparnis und Investition 

• Kritik am ökonometrischen Vorgehen 

- Querschnittsanalyse: Querschnittsuntersuchungen, wie sie von Feldstein und 

Horioka (1980) durchgeführt wurden, sowie Kointegrationsuntersuchungen 

bilden letztlich den langfristigen Zusammenhang von Spar- und 

Investitionsquoten ab und können so auch als Test für die Gültigkeit 

nationaler, intertemporaler Budgetrestriktionen interpretiert werden. 

- Für die kurzfristige Korrelation von Ersparnis und Investition kann die nationale 

Budgetrestriktion jedoch nicht als Erklärungsfaktor herangezogen werden. 



Intertemporale Budgetrestriktion einer Volkswirtschaft 

• Das FH-Ergebnis kann auch als Ausdruck der Gültigkeit der intertemporalen 

Budgetrestriktion einer Volkswirtschaft (IBRV) interpretiert 

werden. 

• Nach der IBRV muss EB t / Y t langfristig gegen einen konstanten 

Mittelwert konvergieren. Damit ist ein Ponzi-Spiel bezüglich der 

Auslandsverschuldung ausgeschlossen. 

• Konvergiert EB t / Y t langfristig gegen einen konstanten Mittelwert, 

so können kurz- und mittelfristig dennoch erhebliche negative 

Ertragsbilanzsalden realisiert werden. Diese sind als Ausdruck der 

- langfristigen Zahlungsfähigkeit einer Volkswirtschaft und einem 

- geringen länderspezifischen Risiko der Volkswirtschaft zu werten. 



Statistischer Nachweis der IBRV 

• Statistischer Nachweis: Die stochastische Zeitreihe EB t / Y t muss 

stationär sein. 

• Ökonometrische Tests auf Nichtstationariät: 

- Augmented Dicky-Fuller Test (ADF-Test) 

- Phillips-Perron-Test (vgl. Kirchgässner und Wolters, 2006). 

• In der Literatur liegen verschiedene Untersuchungen vor, in deren 

Rahmen die Stationaritätseigenschaften des Leistungsbilanzsaldos 

untersucht werden. 



Kurzfristzusammenhang 

• Langfristig verlangt die IBRV bzw. das Solvency-Kriterium das 

Spar- und Investitionsquoten einen Gleichlauf aufweisen. Damit wird 

gewährleistet, dass der Ertragsbilanzsaldo stationär ist. 

• Langfristbeziehungen bilden den trendmässigen Zusammenhang ab. 

• Kurzfristig können Spar- und Investitionsquoten divergieren. 

• Eine Unterscheidung des Langfrist- bzw. Kurzfristzusammenhangs 

zwischen Spar- und Investitionsquote ist unter bestimmten 

Bedingungen im Fehlerkorrektur-Modell (ECM) möglich. 

• Der Kurzfristzusammenhang erfasst die Reaktion der Investitionsquote 

auf Schocks der Sparquote. 



Unterscheidung von verschiedenen Schocks 

• Unterscheiden lassen sich 

- globale Schocks, 

- idiosynkratische oder länderspezifische Schocks, 

- antizipierte Schocks, 

- nicht antizipierte Schocks, 

- permanente Schocks (random walk) sowie 

- transitorische Schocks. 



FH Untersuchung für die Schweiz (aus dem Jahr 2005) 

• Gesamter Untersuchungszeitraum 1952-1998 

• Teilperioden 1952-1980, 1980-1998 

• Ergebnisse 

- 1952-1980: Langfristkoeffizient von Eins, Kointegrationsbeziehung 

von I/Y und S/Y, Stationarität des Ertragsbilanzsaldos 

- 1980-1998: Ertragsbilanzsaldo ist nicht stationär, keine Kointegrationsbeziehung 

von I/Y und S/Y, Kurzfristkoeffizient bei 0,35 

- Strukturbruch um das Jahr 1980, im Zusammenhang mit 

- der Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen im Jahr 1974 und 

- Veränderungen im internationalen Umfeld Ende der 1970er Jahre. 


Internationales Risk-Sharing 


• Auswirkungen von Outputschocks auf die Ertragsbilanz 

• Stabilisieren internationale Finanztransfers die Einkommen der Inländer 

sowie die Inlandnachfrage in Bezug auf kurzfristige 

Produktivitätsschocks? 

• Die Volatilität des Outputs wird als exogen angenommen. 

• Theoretische Grundlage: intertemporaler Ansatz der Ertragsbilanz 

• Asdrubali et al. (1996) sowie Sørensen / Yosha (1996) verbinden 

diesen Theorieansatz mit der Diskussion um das internationale Risk 

Sharing. 

• Untersucht wird ob: 

- Folgerisiken kurzfristiger Produktivitätseinbrüche ex post oder ex ante 

international geteilt werden. 

- Grenzüberschreitende Nettofinanztransfers weisen dann eine Tendenz zur 

Absorption von Produktivitätsschocks auf, wenn sich diese nur abgeschwächt 

auf die Einkommen der Inländer bzw. die Inlandnachfrage reflektieren. 



Drei Kanäle zum Risk-Sharing 

• Saldo der internationalen Kapitaleinkommen 

• Saldo der internationalen Arbeitseinkommen 

• Kapitalexporte 



Saldo der internationalen Kapitaleinkommen 

• Internationale Vermögensdiversifizierung 

- Kann als ein Versicherungsinstrument gegen nationale und 

temporäre Einbrüche der Vermögenserträge interpretiert werden. 

- Der Erwerb von Vermögenswerten im Ausland führt zu Zuflüssen 

an Vermögenseinkommen, die nicht auf regionale Schocks reagieren 

müssen. 

- Der sich ergebende Saldo aus Vermögenseinkommenszuund 

-abflüssen stabilisiert damit potentiell das nationale 

Einkommen gegen asymmetrisch wirkende nationale Einbrüche 

der Kapitalerträge. 



Saldo der internationalen Arbeitseinkommen 

• Der Saldo der Arbeitseinkommen kann eine gewisse Stabilisierung 

des aggregierten Erwerbseinkommens der Inländer gegen asymmetrische 

Outputschocks bewirken. 

• Arbeitseinkommen sind im Vergleich zu den Vermögenseinkommen 

weit schwerer gegen Schocks zu versichern. 

• Grenzgänger beziehen Arbeitseinkommen aus dem Ausland, die von 

nationalen Produktivitätsschocks unabhängig sind. 

• Aus Sicht des einzelnen Arbeitnehmers spielt dieses Stabilisierungsargument 

bei der Entscheidung, Grenzgänger zu werden oder 

Arbeitseinsätze im Ausland zu leisten, sicherlich keine ausschlaggebende 

Rolle. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Stabilisierungseffekt 

als unbeabsichtigtes Nebenprodukt entsteht. 



Kapitalexport 

• Aus dem intertemporalen Ansatz der Ertragsbilanz wissen wir, wie 

der Ertragsbilanzsaldo EB t = S t –I t auf Produktivitätsschocks reagiert. 

• Nettokapitalimporte bzw. -exporte stellen ein potentielles Anpassungsinstrument 

dar, um den Verbrauch der Inländer zu stabilisieren. 

• Ceteris paribus führt ein antizipierter, positiver Produktivitätsschock, 

der sich in einem entsprechenden Anstieg von Y t niederschlägt, das 

permanente Bruttoinlandprodukt jedoch unverändert lässt, zu einem 

Anstieg des Ertragsbilanzsaldos. 



Ex-post und ex-ante Stabilisatoren 

• Die internationale Vermögensdiversifizierung wird als Instrument zur 

intertemporalen Einkommensstabilisierung ex-ante eingesetzt. 

• Die internationale Ersparnisübertragung wird ex-post eingesetzt, d.h. 

erst nach Eintreten des exogenen Produktivitätsschocks. 

• Inlandnachfrage INL = Y + AK + LÜ - (S - I) 



Quantifizierung der Stabilisierungsbeiträge 

• Varianzkomponentenzerlegung 

- Identität: 

mit Cov und Var als Operatoren für die Kovarianz und die 

Varianz. 



Quantifizierung der Stabilisierungsbeiträge (Forts.) 


Stabilisierungsbeiträge in der Schweiz: 1980/Q1–1998/Q4 


Stabilisierungsbeiträge in der Schweiz: Regionaler Produktivitätsschock in Teilzeiträume 


Stabilisierungsbeiträge in der Schweiz: Gesamter Produktivitätsschock in Teilzeiträume 


Literatur 

Literatur 

• Asdrubali, P., B. E. Sørensen, and O. Yosha (1996), Channels of Interstate Risk Sharing: United 

States 1963-1990, Quarterly Journal of Economics 111, 1081-1110. 

• Glick, R. and K. Rogoff (1995), Global versus country-specific productivity shocks and the current 

account, Journal of Monetary Economics 35, 159-192. 

• Kellermann, K. (2005), Internationale Kapitalmobilität in der kurzen und der langen frist: Eine Feldstein- 

Horioka-Untersuchung für die Schweiz, Jahrbuch für Regionalwissenschaft 25, 45-65. 

• Kellermann, K. und C.-H. Schlag (2004), Auswirkungen von Outputschocks auf die Salden der 

Ertragsbilanz - Eine empirische Analyse für die Schweiz, Aussenwirtschaft 59, 435-455. 

• Kirchgässner, G. und J. Wolters (2006), Einführung in die moderne Zeitreihenanalyse, Verlag Vahlen, 

München. 

• Kraay, A. and J. Ventura (2000), Current Accounts in Debtor and Creditors Countries, Quarterly 

Journal of Economics 115, 1137-1166. 

• Obstfeld, M. and K. Rogoff (1996), Foundations of International Macroeconomics, MIT Press, 

Cambridge MA. 

• Obstfeld, M. and A. M. Taylor (2007), Global Capital Markets: Integration, Crisis, and Growth, 

Cambridge University Press. 

• Sørensen, B. E. and O. Yosha (1996), International Risk Sharing and European Monetary Unification, 

Foerder Institute Working Paper, 40-96, Tel Aviv University. 

• Ventura, J. (2003), Towards a theory of current account, World Economy, 483-512.

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