Programmheft 31102011 - Universität für Musik und darstellende ...
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17.00 Prof. Dr. Peter Revers<br />
„…bizarr, wie chinesisch“. Falsche Noten?<br />
Falsches Hören? Falsche Ausgaben?<br />
Zur Person<br />
Peter Revers, geb. 1954 in Würzburg, Studium der <strong>Musik</strong>wissenschaft, Psychologie,<br />
Philosophie sowie Komposition in Salzburg <strong>und</strong> Wien. 1980 Promotion,<br />
1981 künstlerisches Diplom, 1981-1996 Lehrtätigkeit an den <strong>Musik</strong>hochschulen<br />
bzw. Universitäten in Wien, Salzburg <strong>und</strong> Hamburg. 1988/89 Forschungsstipendiat<br />
der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Universität Hamburg<br />
(dort 1993 Habilitation in <strong>Musik</strong>wissenschaft). Seit 1996 Ordinarius für <strong>Musik</strong>geschichte<br />
an der Kunstuniversität Graz. 2001 - 2009 Präsident der Österreichischen<br />
Gesellschaft für <strong>Musik</strong>wissenschaft. Forschungsschwerpunkte: Mahler,<br />
Sibelius, Mozart, <strong>Musik</strong> des 18. - 21. Jahrh<strong>und</strong>erts, Ostasienrezeption in der<br />
abendländischen <strong>Musik</strong>geschichte. Jüngste größere Publikation: Peter Revers/<br />
Oliver Korte (Hrsg.), „Gustav Mahler - Interpretationen seiner Werke“, 2 Bde.,<br />
Laaber 2011.<br />
<strong>Musik</strong>geschichte<br />
Universität für <strong>Musik</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>darstellende</strong> Kunst<br />
Graz<br />
peter.revers@gmx.at<br />
Abstract<br />
In einer Rezension der Allgemeinen <strong>Musik</strong>alischen Zeitung aus dem Jahr 1826<br />
wurden der 1., 3. <strong>und</strong> 5. Satz von Beethovens Streichquartett op. 130 als „mystisch,<br />
wohl auch mitunter bizarr, schroff <strong>und</strong> capriciös“, <strong>und</strong> der Finalsatz, die<br />
Große Fuge, als „unverständlich, wie Chinesisch“ qualifiziert. In seinen Memoiren<br />
beklagt sich Hector Berlioz bitter über Korrekturen, die der französische<br />
<strong>Musik</strong>theoretiker François-Joseph Fétis an Beethovens 5. Symphonie<br />
vorgenommen hat, <strong>und</strong> resümiert sarkastisch: „Beethoven konnte unmöglich<br />
Vorstellungen von Harmonik haben, die nicht mit denen des großen Fétis<br />
übereinstimmten“. In beiden Fällen dokumentiert sich ein Spannungsfeld zwischen<br />
angenommenen „falschen Noten“ einerseits <strong>und</strong> einem auf tradierten<br />
Voraussetzungen basiertes (<strong>und</strong> dadurch möglicherweise falsches) Hören andererseits.<br />
Im Falle von Fétis hat sich dies nicht auf die Ebene der Rezension<br />
beschränkt, sondern auf die Werkausgabe <strong>und</strong> damit auf einen für Interpretationen<br />
verbindlichen Notentext niedergeschlagen. Mein Vortrag versucht<br />
diesem subtilen Spannungsfeld von (möglicherweise) falschen Noten, durch<br />
Konventionen bedingtem falschen Hören <strong>und</strong> – daraus resultierend – „falschen“<br />
editorischen Entscheidungen nachzuspüren <strong>und</strong> zugleich die Rolle der<br />
Werkinterpretation <strong>und</strong> der zugr<strong>und</strong>e liegenden Notentexte kritisch ins Blickfeld<br />
zu nehmen.<br />
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