Ausgabe 11/2013 - Kulturnews
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Filmkritiken<br />
Die Nonne<br />
F <strong>2013</strong>, <strong>11</strong>4 Min.,<br />
Regie: Guillaume Nicloux<br />
mit Pauline Étienne, Martina Gedeck,<br />
Isabelle Huppert<br />
ab 31. 10. (Camino)<br />
HISTORIENDRAMA Suzanne Simonin (Pauline<br />
Étienne) weiß es nicht, aber sie ist ein uneheliches<br />
Kind ihrer Mutter (Martina Gedeck). Des -<br />
halb kann Suzanne auch nicht verstehen,<br />
warum sie ins Kloster geschickt wird. Als sie<br />
sich weigert, das Gelübde abzulegen, wird sie<br />
wieder nach Hause geschickt. Doch schließlich<br />
setzt sich die Familie durch. Guillaume<br />
Nicloux’ Verfilmung von Denis Diderots Roman<br />
„La religieuse“ zeigt ungeschönt, wie in der<br />
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im<br />
Bürgertum Entscheidungen getroffen wurden<br />
und welche Folgen diese Entscheidungen hatten.<br />
Am Ende aber ist es ein Film über eine<br />
größtmögliche Emanzipation; das Mobbing,<br />
das die selbstbewusste Suzanne im Kloster<br />
erleidet, wird plastisch und brutal in Szene<br />
gesetzt, ihre charakterliche Stärke vor diesem<br />
Hintergrund eindring lich inszeniert. Nicloux<br />
verzichtet fast durchgängig auf eine ruhige<br />
Stativkamera, hält aber meist ohne Schwenks<br />
oder Zooms einfach drauf, wodurch selbst<br />
Bilder der Gewalt noch etwas Intimes und<br />
Gefühlvolles besitzen. (jw)<br />
Blue Jasmine<br />
USA <strong>2013</strong>, 98 Min.,<br />
Regie: Woody Allen<br />
mit Cate Blanchett, Sally Hawkins, Alec Baldwin<br />
ab 7. <strong>11</strong>. (Warner Bros.)<br />
DRAMA Lange war Jasmine (Cate Blanchett)<br />
das Jetset gewohnt: Saint-Tropez, Paris, Strand -<br />
haus auf Martha’s Vineyard, Juwelen, Yachten,<br />
High Society. Doch seit ihr Ehemann Hal<br />
(Baldwin) als Finanzbetrüger aufflog, ist das<br />
Luxusleben vorbei – und die perspektivlose Jas -<br />
mine muss mit zerrütteten Nerven zu ihrer<br />
Adoptivschwester Ginger (Hawkins) ziehen …<br />
Meisterlich wandelt Blanchett auf Jasmines<br />
schmalem Grat zwischen Contenance und<br />
Kata strophe, Opfer und Täterin. Und selten hat<br />
Allen einen so düsteren Film gedreht, ausgerechnet<br />
im sonnigen San Francisco, nie war er<br />
so ge sellschaftskritisch. Es ist Allens<br />
Kommentar zur Finanzkrise, zu Milliardenjongleuren<br />
wie Bernie Maddoff, zu hohlen,<br />
ultrareichen Existenzen hinter der Fassade aus<br />
glitzernden Brillanten und monströsen<br />
Nobelautos, zu grenzenloser Gier, die allen, die<br />
damit in Berührung kommen, das Leben zersetzt.<br />
Allen zementiert mit bitterem Humor und<br />
einigen unrunden Schau spieler leistungen, was<br />
der ewige Pessimist immer schon propagierte:<br />
Des Menschen Tun und Wirken ist auf Lug<br />
und Trug gebaut. Fliegt er auf, bleiben nichts<br />
als potemkinsche Dörfer der Seele. Keine übermäßig<br />
originelle Feststellung. Dass sie aber<br />
vom alten Melancholiker von der Upper East<br />
Side kommt, dessen Filme sich gerne in der<br />
Komfortzone intellektueller Groß städter und der<br />
digitalen Vormoderne aufgehalten haben,<br />
macht sie dann doch zu einer außergewöhnlichen<br />
Angelegenheit. (vs)<br />
Das große Heft<br />
D/HU/AT/F <strong>2013</strong>, <strong>11</strong>3 Min.,<br />
Regie: János Szászs<br />
mit András Gyémánt, Lásló Gyémánt,<br />
Piroska Molnár<br />
ab 7. <strong>11</strong>. (Piffl Medien)<br />
DRAMA Der ungarische Regisseur János Szász<br />
mutet seinem Publikum viel zu. Die Adaption<br />
des Romans „Le grand Cahier“ von Autorin<br />
Ágota Kristóf erzählt eine bis aufs Minimum<br />
reduzierte Familiengeschichte zu Zeiten des<br />
Zweiten Weltkriegs, die sich ganz auf zwei<br />
namenlose dreizehnjährige Zwillingsbrüder<br />
(András und László Gyémánt) konzentriert. Die<br />
beiden werden von ihrer Mutter zur Oma gegeben,<br />
die in ihrem winzigen Grenzdorf als Hexe<br />
verschrien ist, die Jungs hart arbeiten lässt und<br />
sie misshandelt. Was den Brüdern den Willen<br />
zum Überleben gibt, ist das große Heft – ein<br />
Geschenk ihres Vaters, in das sie ihre Erleb nis -<br />
se eintragen. Gemeinsam beschließen sie, noch<br />
härter als ihr Leben zu werden, denken sich<br />
Übungen aus, mit denen sie die Qualen besser<br />
überstehen können. Hauptsache, sie bleiben<br />
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