Broschuere_Fische
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<strong>Fische</strong>reiamt<br />
<strong>Fische</strong> in Berlin<br />
Bilanz der Artenvielfalt
<strong>Fische</strong> in Berlin<br />
Bilanz der Artenvielfalt
<strong>Fische</strong> in Berlin | Inhalt<br />
Inhalt<br />
Artenvielfalt der <strong>Fische</strong> bilanziert 7<br />
Gewässer und Fischgemeinschaften 8<br />
Fließgewässer 9<br />
Kanäle 9<br />
Gräben 10<br />
Flussseen 10<br />
Landseen 11<br />
Stehende Kleingewässer 11<br />
Gefährdungsursachen für <strong>Fische</strong> 12<br />
Abflussverhältnisse 12<br />
Mischwasserüberläufe 13<br />
Stauhaltungen und Querbauwerke 13<br />
Gewässerausbau und Uferbefestigung 15<br />
Schifffahrt 16<br />
Gewässerunterhaltung 17<br />
Die Fischfauna Berlins 19<br />
Datenerfassung 20<br />
Fischartenzusammensetzung und Hauptfischarten 21<br />
Spezieller Teil – Ergebnisse zu den einzelnen Arten 25<br />
Stint Osmerus eperlanus (LINNAEUS, 1758) 26<br />
Hecht Esox lucius (LINNAEUS, 1758) 28<br />
Aal Anguilla anguilla (LINNAEUS, 1758) 30<br />
Bitterling Rhodeus amarus (BLOCH, 1782) 32<br />
Gründling Gobio gobio (LINNAEUS, 1758) 34<br />
Giebel Carassius gibelio (BLOCH, 1782) 36<br />
Karausche Carassius carassius (LINNAEUS, 1758) 38<br />
Karpfen Cyprinus carpio (LINNAEUS, 1758) 40<br />
Aland Leuciscus idus (LINNAEUS, 1758) 42<br />
Blei Abramis brama (LINNAEUS, 1758) 44<br />
Döbel Leuciscus cephalus (LINNAEUS, 1758) 46<br />
Güster Abramis bjoerkna (LINNAEUS, 1758) 48<br />
Hasel Leuciscus leuciscus (LINNAEUS, 1758) 50<br />
Moderlieschen Leucaspius delineatus (HECKEL, 1843) 52<br />
Plötze Rutilus rutilus (LINNAEUS, 1758) 54<br />
Rapfen Aspius aspius (LINNAEUS, 1758) 56<br />
Rotfeder Scardinius erythrophthalmus (LINNAEUS, 1758) 58<br />
Ukelei Alburnus alburnus (LINNAEUS, 1758) 60<br />
Schleie Tinca tinca (LINNAEUS, 1758) 62<br />
Schlammpeitzger Misgurnus fossilis (LINNAEUS, 1758) 64<br />
Steinbeißer Cobitis taenia (LINNAEUS, 1758) 66<br />
Schmerle Barbatula barbatula (LINNAEUS, 1758) 68<br />
5
Wels Silurus glanis LINNAEUS, 1758 70<br />
Quappe Lota lota (LINNAEUS, 1758) 72<br />
Barsch Perca fluviatilis (LINNAEUS, 1758) 74<br />
Kaulbarsch Gymnocephalus cernuus (LINNAEUS, 1758) 76<br />
Zander Sander lucioperca (LINNAEUS, 1758) 78<br />
Dreistachliger Stichling Gasterosteus aculeatus (LINNAEUS, 1758) 80<br />
Zwergstichling Pungitius pungitius (LINNAEUS, 1758) 82<br />
Neozoa 84<br />
Rote Liste der <strong>Fische</strong> und Neunaugen Berlins 87<br />
Einstufungskriterien und Rote-Liste-Kategorien 87<br />
Checkliste der Fischarten Berlins 88<br />
Literatur 92<br />
Impressum 94<br />
6
<strong>Fische</strong> in Berlin | Vorwort<br />
Artenvielfalt der <strong>Fische</strong> bilanziert<br />
Die Flüsse und Seen sind Bestandteile der Kultur- und Stadtlandschaft. In den Berliner Gewässern<br />
leben 38 Fischarten, die dazu beitragen das ökologische Gleichgewicht zu erhalten.<br />
Die Berufs- und Angelfischerei sind bestrebt, diese Artenvielfalt zu erhalten und zu<br />
fördern.<br />
Um die Artenvielfalt in Gewässern und somit den Naturreichtum unserer Heimat zu bewahren<br />
und zu fördern, hat die Europäische Union im Jahr 2000 die Wasserrahmenrichtlinie<br />
verabschiedet. Vorrangiges Ziel der Richtlinie ist der gute Zustand aller Oberflächengewässer<br />
sowie des Grundwassers. Ein wesentlicher Indikator zur Bewertung des guten<br />
Zustands von Gewässern sind die <strong>Fische</strong> und deren Vielfalt.<br />
Um die internationalen und nationalen Biodiversitätsstrategien umzusetzen, bedarf es einer<br />
regelmäßigen Überwachung und Förderung der heimischen Fischbestände, welche eine<br />
wesentliche Aufgabe des Berliner <strong>Fische</strong>reiamtes ist. Es wurden mehr als 900 Einzelbefischungen<br />
in 154 Gewässern durchgeführt.<br />
Die vorliegende Broschüre zeigt eindrucksvoll, wie sich die Fischarten in den letzten 20<br />
Jahren entwickelt haben. Sie dokumentiert die Ergebnisse aus Bestandsuntersuchungen<br />
und fischökologischen Überwachungsprogrammen der letzten zehn Jahre. Das <strong>Fische</strong>reiamt<br />
Berlin wurde dabei durch kompetent wissenschaftliche Institutionen wie das „Leibniz-<br />
Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei“ und das „Institut für Binnenfischerei<br />
e.V. Potsdam-Sacrow“ unterstützt.<br />
Aus der Bestandssituation der nachgewiesenen 38 Fischarten in den Berliner Gewässern<br />
resultiert die Neufassung der Berliner Rote Liste der gefährdeten Rundmäuler und <strong>Fische</strong>.<br />
Berlin, im Dezember 2013<br />
Mittel aus der <strong>Fische</strong>reiabgabe des Landes Berlin ermöglichen die Untersuchungen und die Veröffentlichung.<br />
7
Gewässer und Fischgemeinschaften<br />
Berlins Gewässerlandschaft wurde im zweiten, dem sog.<br />
Brandenburger Stadium der Weichselkaltzeit geformt, welches<br />
vor etwa 10.300 Jahren endete. Das Berliner Urstromtal<br />
ist Teil des Glogau-Baruther Urstromtals, welches sich<br />
entlang der weichselzeitlichen Endmoränen des Brandenburger<br />
Stadiums erstreckt. Die Gewässerlandschaft Berlins<br />
ist in die norddeutsche Tiefebene eingebettet und wird<br />
durch die Flüsse Spree und Havel geprägt, die zusammen<br />
mit ihren seenartigen Erweiterungen annähernd zwei Drittel<br />
der insgesamt 5.952 ha (6,67 % der Stadtfläche) umfassenden<br />
Berliner Gewässerfläche bilden. Dahme und Spree<br />
fließen von Südosten in das Berliner Urstromtal und durchfließen<br />
das Stadtgebiet von Ost nach West auf einer Länge<br />
von 16,4 km bzw. 45,1 km. Die Havel tritt von Norden in das<br />
Berliner Urstromtal ein und durchfließt es von Nord nach<br />
Süd auf 27,1 km Länge. Die seenartige Erweiterung der Berliner<br />
Unterhavel ist mit 1.175 ha Fläche das größte Gewässer<br />
der Stadt.<br />
Neben den das Stadtbild prägenden Flüssen und Kanälen<br />
liegen insgesamt 58 Seen >1 ha zumindest teilweise auf<br />
Berliner Stadtgebiet. Unter diesen größeren Seen dominieren<br />
die durchflossenen, die sog. Flussseen, von denen der<br />
Große Müggelsee mit 766 ha Wasserfläche der größte ist.<br />
Der einzige größere, überwiegend durch Grundwasser gespeiste<br />
Landsee ist der im Südwesten Berlins auf der Grenze<br />
zu Brandenburg gelegene Groß-Glienicker See mit 67 ha.<br />
Zahlenmäßig dominieren kleinere und Kleinstgewässer.<br />
Berlin verfügt über eine Vielzahl von Teichen, Weihern,<br />
Tümpeln, Abgrabungsgewässern und künstlichen Regenrückhaltebecken,<br />
von denen insgesamt 388 registriert sind.<br />
Hinzu kommen 316 Ableiter und Gräben die – zum Teil verrohrt<br />
– eine Gesamtlänge von >390 km haben. Die Bewirtschaftung<br />
und Unterhaltung dieser stehenden und fließenden<br />
Klein- und Kleinstgewässer erfolgt überwiegend durch<br />
die Stadtbezirke.<br />
Die größeren Gewässer – Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet<br />
>10 km² und Seen mit einer Fläche >50 ha – sind<br />
berichtspflichtig nach Europäischer Wasserrahmenrichtlinie<br />
(WRRL). Für diese Gewässer ist im Turnus von sechs Jahren<br />
der ökologische Zustand nach Brüssel an die Europäische<br />
Kommission zu melden und sind Maßnahmen zu<br />
ergreifen, einen guten ökologischen Zustand zu erreichen.<br />
Infolgedessen konzentrieren sich gegenwärtig viele Arbeiten<br />
und Untersuchungen auf dieses reduzierte Gewässernetz<br />
der berichtspflichtigen Seen und Fließgewässer Berlins.<br />
Rund 200 km der Berliner Fließgewässer und zehn Seen unterliegen<br />
der Überwachung gemäß WRRL. Ein großer Teil<br />
der Fließgewässer sind künstliche Gewässer, Kanäle und<br />
Gräben. Aufgrund der Vielzahl durchflossener Seen dominiert<br />
auch bei den natürlichen Fließgewässertypen der Typ<br />
21: seeausflussgeprägtes Fließgewässer. Daneben entfallen<br />
substantielle Anteile auf die Fließgewässertypen 15: sandgeprägter<br />
Tieflandfluss, 14: sandgeprägter Tieflandbach<br />
und 11: organisch geprägter Bach. Kleinere Abschnitte im<br />
Mündungsbereich der Nebenflüsse sind als Typ 19: Niederungsgewässer<br />
klassifiziert und die Panke vom Verteilerbauwerk<br />
(Abzweig des Nordgrabens) bis etwa zur Pankstraße<br />
als Typ 12: kiesgeprägter Tieflandbach. Innerhalb eines<br />
Fließgewässers sind auch Typenwechsel möglich, analog<br />
zur natürlichen Längszonierung von Flüssen. So wechselt<br />
beispielsweise die Spree etwa in Höhe der Elsenbrücke<br />
(Fluss-km 22,05) den Typ vom seeausfluss- zum sandgeprägten<br />
Tieflandfluss (SenStadt 2005).<br />
Bei den berichtspflichtigen Seen handelt es sich überwiegend<br />
um Flussseen mit großen Einzugsgebieten vom Typ 10<br />
(geschichtet, Aufenthaltszeit des Wassers >30 d, Großer<br />
Wannsee und Tegeler See), 11 (ungeschichtet, Aufenthaltszeit<br />
>30 d, 3 Seen) und 12 (ungeschichtet, Aufenthaltszeit<br />
<strong>Fische</strong> in Berlin | Gewässer und Fischgemeinschaften<br />
sorgung und Besiedelungsmöglichkeiten für <strong>Fische</strong> wurden<br />
Fließgewässer, Kanäle, Gräben, Flussseen, Landseen und<br />
stehende Kleingewässer (
ke das anfallende Wasser nicht mehr bewältigen können,<br />
Schmutz- und Regenwasser (Mischungsverhältnis ca. 1:9)<br />
ungereinigt in das Gewässer abfließen.<br />
Aufgrund der monotonen Gewässerstrukturen und vergleichsweise<br />
hohen Belastungen werden die Kanäle vor allem<br />
von anspruchslosen, gegenüber Belastungen toleranten<br />
Fischarten besiedelt. Im Durchschnitt handelt es sich<br />
dabei um zehn Fischarten, wobei mehr als 90% aller <strong>Fische</strong><br />
auf die beiden Arten Plötze und Barsch entfallen. Insgesamt<br />
wurden 21 der in Berlin vorkommenden Fischarten auch in<br />
Kanälen nachgewiesen.<br />
Gräben<br />
Mit der 1876 begonnenen und einhundert Jahre währenden<br />
Nutzung von Rieselfeldern zur Abwasseraufbereitung wurden<br />
die sukzessive zunehmenden Rieselteichflächen durch<br />
ein dichtes Netz von Zu-, Ablauf- und Verbindungsgräben<br />
versorgt. Obwohl die meisten Gräben nach Aufgabe der Rieselfeldnutzung<br />
trocken fielen und verfüllt wurden, verfügt<br />
Berlin noch immer über eine Vielzahl von Gräben. Dabei<br />
handelt es sich um kleine, kaum strukturierte, weitgehend<br />
gerade verlaufende künstliche Fließgewässer. Etwa ein Viertel<br />
der im Berliner Gewässerverzeichnis ausgewiesenen<br />
Graben-km, insbesondere in den dicht bebauten Stadtteilen,<br />
sind verrohrt und für <strong>Fische</strong> nicht nutzbar. Die meisten<br />
Gräben führen heute nur sehr wenig Wasser, mit durchschnittlichen<br />
Abflüssen von 10-250 l/s. In niederschlagsarmen<br />
Jahren können sie auch völlig oder in Teilbereichen<br />
trocken fallen. Sofern der Grabenverlauf unbeschattet ist<br />
entwickeln sich dichte Pflanzenbestände (u.a. Schilf, Rohrglanzgras,<br />
Seggen), die den gesamten Abflussquerschnitt<br />
einnehmen. Deshalb ist die regelmäßige Mahd der Pflanzen<br />
auch Teil der üblichen Grabenunterhaltung.<br />
Die Gräben sind u.a. Hauptlebensraum der beiden einheimischen<br />
Stichlingsarten, Dreistachliger und Zwergstichling.<br />
Sie werden im Durchschnitt von fünf Fischarten besiedelt.<br />
Dem gegenüber war die Gesamtzahl von 26 in Gräben nachgewiesenen<br />
Fischarten überraschend hoch.<br />
Flussseen<br />
Flussseen sind eine charakteristische Besonderheit der<br />
norddeutschen Tieflandflüsse. Zum einen aufgrund des<br />
sehr geringen Gefälles der Flüsse und Flusstäler, zum anderen<br />
aufgrund der jungen Entstehungsgeschichte der Landschaft,<br />
bildeten sich entlang der Flussgebiete ausgedehnte<br />
seenartige Erweiterungen aus. Diese durchflossenen Seen<br />
vereinen in sich typische Stillwasser-Lebensräume und<br />
Fließgewässer-Einflüsse in den Zu- und Ablaufbereichen.<br />
Zudem sind sie über die sie durchströmenden Flüsse untereinander<br />
und mit typischen Flussstrecken und Fließgewässer-Lebensräumen<br />
verbunden. Infolgedessen beherbergen<br />
sie neben den typischen Stillgewässerfischarten auch Arten,<br />
die z.B. zum Laichen in die Flüsse einwandern sowie Flussfischarten,<br />
die den See zumindest periodisch zur Nahrungssuche<br />
nutzen.<br />
© Ulrich Werner<br />
Großer Müggelsee<br />
Bis auf den Tegeler See sind die großen Berliner Flussseen<br />
relativ flach mit mittleren Tiefen zwischen 2,1 m (Großer<br />
Zug) und 5,4 m (Großer Wannsee), erwärmen sich schnell<br />
und sind sehr nährstoffreich. Sie bieten damit den typischen<br />
Fischarten der Bleiregion sehr gute Aufwuchs- und Ernährungsbedingungen.<br />
© IGB, Dr. Christian Wolter und Christian Schomaker<br />
Wickhofgraben<br />
Die Flussseen sind der artenreichste Berliner Gewässertyp<br />
mit durchschnittlich 18 und einer Gesamtzahl von 32 darin<br />
nachgewiesenen Fischarten.<br />
10
<strong>Fische</strong> in Berlin | Gewässer und Fischgemeinschaften<br />
Landseen<br />
Als Landseen wurden die größeren Gewässer (>1 ha) klassifiziert,<br />
die überwiegend durch Grundwasser gespeist sind<br />
und – wenn überhaupt – nur über marginale Zu- oder Abflüsse<br />
verfügen. Im Gegensatz zu den Flussseen ist der Wasseraustausch<br />
weitaus geringer und die mittlere Aufenthaltszeit<br />
des Wassers im See beträgt mehrere Jahre bis<br />
Jahrzehnte. Auf eine weitere Differenzierung in natürliche<br />
und künstliche Landseen wurde verzichtet, da diese sich<br />
auch nicht in der Fischbesiedlung widerspiegelte und beide<br />
ungeachtet ihrer Entstehungsgeschichte gleichermaßen<br />
anthropogen überprägt sind, z.B. durch Fischbesatz.<br />
© FIA<br />
Klarensee im Bezirk Tempelhof-Schöneberg<br />
Aufgrund ihrer geringen Größe werden die einzelnen Kleingewässer<br />
aber nur von wenigen Fischarten – im Durchschnitt<br />
4 – besiedelt, wobei typische Stillwasserarten wie<br />
Schleie und Rotfeder weit verbreitet waren, aber auch Plötze<br />
und Hecht.<br />
© Ulrich Werner<br />
Krume Lanke<br />
Typische Fischarten nährstoffreicher, sommerwarmer<br />
Standgewässer finden in den Landseen geeignete Lebensbedingungen.<br />
Im Durchschnitt aller Seen wurden 10 Arten<br />
festgestellt, insgesamt 27.<br />
Stehende Kleingewässer<br />
In dieser Kategorie wurden alle Standgewässer
Gefährdungsursachen für <strong>Fische</strong><br />
Gewässer und ihre Fischgemeinschaften sind im urbanen<br />
Raum allein aufgrund der größeren Bevölkerungs- und Bebauungsdichte<br />
stärkeren Beeinträchtigungen und einem<br />
höheren Nutzungsdruck ausgesetzt. So sind (Stand<br />
31.12.2011) 70,4% des Stadtgebiets (62.742 ha) mehr oder<br />
weniger versiegelte Siedlungs- und Verkehrsflächen mit einer<br />
Bevölkerungsdichte von 55,8/ha (entspricht 5.580 Einwohner<br />
pro km²). Auf die Gesamtstadtfläche bezogen beträgt<br />
die Einwohnerdichte Berlins allerdings nur 3.930/km².<br />
Diese hatten im Jahr 2010 u.a. einen durchschnittlichen<br />
Wasserverbrauch von 111,6 l pro Person und Tag. Um diesen<br />
zu decken, gewannen die Berliner Wasserwerke im gleichen<br />
Jahr insgesamt 202,35 Mio. m³ Trinkwasser (etwa 6-7<br />
m³/s), zu 60% aus Uferfiltrat und weiteren 10% aus Grundwasseranreicherung.<br />
Die fünf Berliner Klärwerke behandelten 2011 pro Tag rund<br />
674.000 m³ Abwasser aus Haushalten, Gewerbe, Industrie,<br />
öffentlichen Einrichtungen sowie Regenwasser und leiteten<br />
insgesamt etwa 246 Mio. m³ gereinigtes Abwasser in die<br />
Gewässer ein. Im Durchschnitt der Jahre 2006-2009 emittierten<br />
sie dabei jährlich etwa 86,3 t Gesamt-Phosphat. Die<br />
Wasserqualität der Berliner Gewässer ist poly- bis hypertroph.<br />
Die Nährstoffkonzentrationen an den Berliner Messstellen<br />
lagen im Durchschnitt der Jahre 2006-2009 während<br />
der Vegetationsperiode für Gesamt-Phosphor bei 0,09-0,23<br />
mg/l und Gesamtstickstoff bei 1,6-6,7 mg/l. Die durchschnittliche<br />
jährliche Gesamt-Phosphorfracht betrug am<br />
Pegel Havel-Krughorn 184 t, wovon 113 t aus den Zuläufen<br />
nach Berlin stammten (SenGUV & MUGV 2011, SenStadt &<br />
MUGV 2012). Die jährliche Gesamtstickstofffracht beläuft<br />
sich auf 7.670 t N, davon 2.630 t N aus den Zuflüssen nach<br />
Berlin.<br />
Im Jahr 2002 noch neun, jetzt nur noch sieben Berliner Heizkraftwerke<br />
leiteten 2002 insgesamt 9,5 Mio. GJ Abwärme<br />
vor allem in die Spree und in den Teltowkanal ein. Die aktuellen<br />
Kühlwasserentnahmen betrugen im Mittel der Jahre<br />
2008-2010 nur noch 10,4 m³/s, gegenüber 22,05 m³/s der<br />
Periode bis 2002. Ungeachtet dessen summieren sich die<br />
bestehenden Entnahmegenehmigungen für Kühlwasser auf<br />
jährlich mehr als 670 Mio. km³, was einer durchschnittlichen<br />
Zirkulation von 20 m³/s und damit annähernd dem<br />
mittleren Abfluss der Spree entspricht.<br />
Neben den genannten bestehen weitere vielfältige Nutzungen<br />
der Berliner Gewässer, z.B. durch 29 kommerzielle <strong>Fische</strong>reien<br />
(14 im Haupt- und 15 im Nebenerwerb), die im<br />
Durchschnitt der Jahre 2000-2012 jährlich 231,2 t Fisch anlandeten.<br />
Daneben waren 31.152 Berliner im Jahr 2012 im<br />
Besitz eines <strong>Fische</strong>reischeins. Von diesen waren allerdings<br />
nur 22.915 mit Entrichtung der kalenderjährlichen <strong>Fische</strong>reiabgabe<br />
im gleichen Jahr gültig. Im Durchschnitt der Jahre<br />
2003-2012 besaßen 31.560 Berliner einen <strong>Fische</strong>reischein,<br />
von denen etwa ein Drittel ausschließlich in Berliner Gewässern<br />
angelt. Die durchschnittliche <strong>Fische</strong>ntnahme aus Berliner<br />
Gewässern durch Angler wurde auf 55,5 t pro Jahr geschätzt.<br />
Auf weitere Nutzungen und Entwicklungen die potentiell die<br />
Berliner Fischfauna gefährden wird im Folgenden detaillierter<br />
eingegangen.<br />
Abflussverhältnisse<br />
Insgesamt wird die Wasserqualität für <strong>Fische</strong> heute nicht<br />
mehr als limitierender Faktor angesehen. Dies könnte sich<br />
temporär, vor allem in den Sommermonaten durchaus ändern,<br />
wenn die Abflüsse weiter zurückgehen, da Einträge<br />
aller Art weniger verdünnt werden und die ohnehin schon<br />
geringen Fließgeschwindigkeiten weiter abnehmen. Beides<br />
belastet u.a. den Sauerstoffgehalt des Wassers, fördert das<br />
Auftreten von Sauerstoffdefiziten und schränkt damit die<br />
Nutzung der Gewässer durch anspruchsvollere Fischarten<br />
ein.<br />
Berlin hat relativ geringe jährliche Niederschlagshöhen von<br />
durchschnittlich 645 mm, weshalb die wasserwirtschaftlichen<br />
Verhältnisse wesentlich von den Zuflüssen der Spree<br />
und der Havel bestimmt werden. So betrugen die mittleren<br />
jährliche Abflüsse (MQ) der Jahre 2001-2010 in der Oberen<br />
Havel-Wasserstraße am Pegel Borgsdorf 11,5 m³/s, in der<br />
Spree am Pegel Sophienwerder 27 m³/s und im Teltowkanal<br />
an der Schleuse Kleinmachnow 8,6 m³/s (BfG & BAW<br />
2012). Im Vergleich zu den Jahresreihen 1996-2005 am Pegel<br />
Borgsdorf und 1979-1990 am Pegel Sophienwerder, verringerten<br />
sich die mittleren jährlichen Abflüsse der Havel<br />
um 27% und der Spree sogar um 40% (BfG & BAW 2012).<br />
Eine der Hauptursachen für die verringerten Abflüsse ist der<br />
Rückgang der Grubenwasserhebungen im Niederlausitzer<br />
Braunkohle-Tagebaugebiet von rund 30 m³/s Ende der<br />
12
<strong>Fische</strong> in Berlin | Gefährdungsursachen für <strong>Fische</strong><br />
1980er Jahre auf 13 m³/s bis Ende der 1990er Jahre sowie<br />
die Wiederauffüllung der Braunkohlerestlöcher.<br />
Mischwasserüberläufe<br />
Regelmäßig im Sommer – in den vergangenen Jahren deutlich<br />
weniger häufig – gibt es Meldungen über Fischsterben<br />
in den Berliner Kanälen. Der Grund dafür sind Mischwasserüberläufe<br />
in die Gewässer, bei denen u.a. organisches Material<br />
eingetragen wird, welches bei hohen Temperaturen<br />
sehr schnell und unter Nutzung von Sauerstoff abgebaut<br />
wird. Infolgedessen nimmt der Sauerstoffgehalt sehr schnell<br />
ab, entstehen kritische Sauerstoffdefizite und sterben die<br />
<strong>Fische</strong>, die nicht schnell genug andere, unbeeinflusste Gewässerabschnitte<br />
aufsuchen können. Arten mit höheren<br />
Sauerstoffansprüchen sind dabei besonders betroffen.<br />
Rund ein Viertel des Berliner Stadtgebiets im alten Stadtkern<br />
und im Bereich des inneren S-Bahnringes wird über<br />
Mischkanalisation entwässert. Dabei wird Schmutzwasser<br />
aus Haushalten, Gewerbe und Industrie zusammen mit dem<br />
anfallenden Regenwasser in einem gemeinsamen Kanal gesammelt<br />
und den Klärwerken zugeführt. Berlin besitzt<br />
1.902 km Mischwasserkanäle mit weiteren zusätzlichen<br />
Speichermöglichkeiten für Mischwasser.<br />
Werden im Falle von Starkregenereignissen bzw. anhaltenden,<br />
intensiven Regenfällen diese Zwischenspeichermöglichkeiten<br />
(aktuelles Stauraumvolumen 2010: 213.800 m³)<br />
erschöpft oder können die Pumpwerke das anfallende Wasser<br />
nicht mehr bewältigen, dann fließt das Mischwasser<br />
über Regenüberlaufkanäle ungereinigt in die Gewässer.<br />
Auch wenn dabei das Verhältnis von Schmutz- zu Regenwasser<br />
etwa bei 1:9 liegt, spült jedes Ereignis große Mengen<br />
organischen Materials in die Gewässer wo es unmittelbar<br />
von Mikroorganismen unter Zehrung von Sauerstoff umgesetzt<br />
wird. Die eingetragenen Nährstoffe (rund 12,7 t Gesamt-Phosphor<br />
2009) tragen darüber hinaus zur Eutrophierung<br />
der Gewässer bei. Die Menge der im Jahr 2010 insgesamt<br />
eingetragenen abfiltrierbaren Stoffe belief sich auf<br />
etwa 800 t. Die über die Mischkanalisation 2010 eingetragene<br />
Fracht hatte einen biochemischen Sauerstoffbedarf<br />
(BSB) von 600 t im Jahr (Gantner et al. 2012). Der BSB-Wert<br />
gibt die Menge des zum Abbau der organischen Verschmutzungen<br />
im Mischwasser benötigten Sauerstoffs an. Gerade<br />
im Sommer, wenn bei hohen Temperaturen das Sauerstoffbindevermögen<br />
und damit der Sauerstoffgehalt des Wassers<br />
ohnehin geringer sind, können solche Mischwasserüberläufe<br />
bei Starkregenereignissen zu akuten Sauerstoffmangelsituationen<br />
und Fischsterben führen. Um anoxischen<br />
Bedingungen und Fischsterben entgegenzuwirken, betreibt<br />
die Berliner Senatsverwaltung u.a. das 1997 in Dienst gestellte<br />
Belüftungsschiff „Rudolf Kloos“, welches schwerpunktmäßig<br />
auf den besonders betroffenen innerstädtischen<br />
Kanälen eingesetzt wird, wenn deren Sauerstoffgehalte<br />
des Wassers unter die kritischen 2,5 mg/l sinken.<br />
© FIA<br />
Rudolf Kloos im Einsatz<br />
Obwohl aufgrund bereits durchgeführter Sanierungsmaßnahmen<br />
und der zusätzlichen Belüftung betroffener Gewässer,<br />
die beobachteten Fischsterben infolge von Mischwasserüberläufen<br />
in den vergangenen Jahren nicht mehr so<br />
häufig waren, sind entlang der Berliner Gewässer 531 Regenüberläufe<br />
aktiv und es gelangen auf diesem Weg im Jahresdurchschnitt<br />
noch 6,4 Mio. m³ Mischwasser in die Gewässer.<br />
In den bereits sanierten Mischwassereinzugsgebieten<br />
konnte die Zahl der Regenwasserüberläufe auf 10-12 pro<br />
Jahr reduziert werden, gegenüber etwa 30-40 in den unsanierten<br />
(SenGUV 2009).<br />
Die Berliner Wasserbetriebe arbeiten an der Sanierung der<br />
Mischwasserkanalisation und der Erhöhung der Stauraumvolumina<br />
um 140.000 m³ mit dem Ziel, bis 2018 die jährliche<br />
Mischwassereinleitung auf 4,5 Mio. m³ zu reduzieren<br />
(SenGUV 2009).<br />
Stauhaltungen und Querbauwerke<br />
Staue, Wehre, Sohlschwellen und sonstige Querbauwerke<br />
werden bereits ab einem Höhenunterschied von 20 cm für<br />
einige Fischarten – z.B. Schmerlen und Steinbeißer – zu<br />
Wanderhindernissen. Bei einem Höhenunterschied >1 m<br />
sind sie nur noch für sehr wenige, schwimm- und sprungstarke<br />
Fischarten – z.B. Hecht – passierbar, >1,5 m weitgehend<br />
unpassierbar. Da alle Fischarten mehr oder weniger<br />
ausgedehnt wandern, stellen unpassierbare Querbauwerke<br />
eine immense Beeinträchtigung dar. Betroffen sind insbesondere<br />
solche Arten, zu deren Lebenszyklus obligatorische<br />
Laichwanderungen gehören, wie z.B. der Lachs, der vom<br />
13
Meer in die Flussoberläufe zum Laichen aufsteigen muss<br />
oder auch die Nase, die innerhalb eines Flusssystems stromauf<br />
wandert. Werden die Wanderrouten dieser <strong>Fische</strong> durch<br />
Hindernisse unterbrochen, können sie ihren Lebenszyklus<br />
nicht mehr vollenden und verschwinden aus einem Gewässersystem<br />
bzw. sterben aus. Besonders betroffen sind diadrome<br />
Wanderfische. Diese Arten wechseln obligatorisch<br />
zwischen marinen und Süßwasserlebensräumen und steigen<br />
dabei z.T. sehr weit in die Flussoberläufe auf, um geeignete<br />
grobkiesige Laichplätze aufzusuchen bzw. wandern<br />
aus den Oberläufen stromab, um das Meer zu erreichen. Ein<br />
einziges Wanderhindernis macht das darüber liegende Flusseinzugsgebiet<br />
für diese Arten unerreichbar und entzieht es<br />
ihnen als Lebensraum. Nur innerhalb eines Flussgebietes<br />
wandernde Arten können in der Regel ihre Wanderdistanzen<br />
adaptieren und – geeignete Lebensräume vorausgesetzt<br />
– auch in fragmentierten Flussabschnitten überleben.<br />
So erscheint es kaum verwunderlich, dass die beobachteten<br />
Aussterbeereignisse einheimischer Arten überwiegend auf<br />
Wanderhindernisse zurückzuführen sind.<br />
bei Bautzen. Der letzte Nachweis der Art in Berlin war der<br />
Fang eines männlichen Lachses in der Spree im Jahr 1787.<br />
Die letzten drei Störe wurden in Berlin in der Unterspree<br />
1860, 1867 und 1868 gefangen, das letzte Meerneunauge<br />
im August 1868 in der Havel bei Spandau, nahe der Spreemündung<br />
und die letzten Flussneunaugen 1875. Damit waren<br />
bereits zum Ende des 19. Jh. bis auf den Aal sämtliche<br />
diadrom wandernden Arten aus Berliner Gewässern verschwunden.<br />
Ein sehr wesentlicher Sekundäreffekt der Stauhaltungen ist<br />
die Reduzierung der natürlichen Abflussdynamik. In Staubereichen<br />
ist die Fließgeschwindigkeit verringert, z.B. in der<br />
Spree auf
<strong>Fische</strong> in Berlin | Gefährdungsursachen für <strong>Fische</strong><br />
ist ebenso geplant wie die Herstellung der Durchgängigkeit<br />
an den Staustufen Spandau, Charlottenburg und Mühlendamm,<br />
für die jeweils bereits Machbarkeitsstudien vorliegen.<br />
Die Passierbarkeit der beiden Spreewehre ist besonders<br />
wichtig für die Erschließung und Nutzung des gesamten<br />
Spreeeinzugsgebietes durch <strong>Fische</strong>.<br />
© IGB, Dr. Christian Wolter und Christian Schomaker<br />
Fischwanderhilfe in der Wuhle<br />
Die Sohlrampen oder Raugerinne Beckenpässe, welche jetzt<br />
die rückgebauten Wehre ersetzen, dienen nicht nur als<br />
Fischwanderhilfe, sondern bieten darüber hinaus grobes<br />
Sohlsubstrat als Lebensraum für rheophile (Strömung bevorzugende)<br />
Fischarten und Wirbellose sowie Laichplatz für<br />
kieslaichende Arten. Die Maßnahmen zeigten bereits einen<br />
ersten Erfolg. So wurde in einer der Fischwanderhilfen in<br />
der Erpe wieder die erste Bachschmerle nach mehr als 80<br />
Jahren in einem Berliner Gewässerabschnitt nachgewiesen.<br />
Gewässerausbau und Uferbefestigung<br />
Der Flachwasserbereich ist der produktive Teil der Uferzone,<br />
in dem die Stoff- und Energieumsätze am größten sind.<br />
Seine ökologische Bedeutung kann nicht überbewertet werden.<br />
Im naturnahen Zustand bietet er Lebensraum für<br />
untergetauchte Wasserpflanzen sowie ein Mosaik sog. Mikrohabitate,<br />
die in Tiefe, Strömung, Wellenschlag, Bodensubstrat,<br />
Totholz und Vegetationsbedeckung variieren und<br />
sehr komplexe Lebensraumstrukturen bieten. Deshalb sind<br />
auch die zu beobachtenden Fischdichten und die Artenvielfalt<br />
in der Uferzone höher als in anderen Gewässerbereichen.<br />
Die meisten Fischarten sind zumindest in bestimmten<br />
Lebensphasen auf Uferhabitate angewiesen, z.B. zur Fortpflanzung,<br />
viele leben sogar hauptsächlich dort. Darüber<br />
hinaus sind die Larven und Jungfische der meisten Fischarten<br />
auf Uferhabitate angewiesen, wo Flachwasserbereiche<br />
und Vegetation Schutz vor Räubern, Wellenschlag und Strömung<br />
bieten. Die höhere Produktivität der Uferzone in Verbindung<br />
mit höheren Wassertemperaturen und einer in der<br />
Regel guten Sauerstoffversorgung ermöglicht den Jungfischen<br />
optimales Wachstum.<br />
Der Verlust von Flachufern ist unweigerlich auch mit einem<br />
Rückgang des Jungfischaufkommens und der Artenvielfalt<br />
verbunden. Der Zusammenhang zwischen Ausbau und<br />
künstlicher Uferbefestigung und dem Rückgang einheimischer<br />
Fischarten und der Artenvielfalt eines Gewässers ist<br />
gut belegt. Begradigte Gewässertrassen mit steileren Uferböschungen<br />
bieten nur noch wenig Flachwasserzonen und<br />
geeignete Brutaufwuchsgebiete. Durch das Fehlen von<br />
Uferstrukturen und Einständen sind die <strong>Fische</strong> zudem stärker<br />
physikalischen Kräften durch Strömung und Wellenschlag<br />
ausgesetzt. Folgerichtig wurde das Fehlen geschützter<br />
Flachwasserbereiche auch als limitierender Faktor für<br />
die Rekrutierung von <strong>Fische</strong>n in Wasserstraßen identifiziert.<br />
Lediglich der Barsch ist von fehlenden Flachwasserbereichen<br />
und degradierten Uferstrukturen weniger betroffen<br />
als andere Arten, da seine Larven unmittelbar nach dem<br />
Schlupf ins Freiwasser wandern.<br />
In den Wasserstraßen der Region reicht der vom Licht<br />
durchdrungene, ökologisch relevante Flachwasserbereich<br />
bis in etwa 1-1,3 m Tiefe.<br />
Auch für die Berliner Gewässer wurde der ausbaubedingte<br />
Rückgang typischer Flussfischarten nach Abschluss der Kanalisierung<br />
und Niedrigwasserregulierung von Spree und<br />
Havel 1896 bzw. 1914 nachgewiesen. Heute ist der hydromorphologische<br />
Zustand der Spree und der Kanäle in Berlin<br />
durch begradigte Verläufe mit überdimensionierten Querschnitten<br />
im Rechteck-, Trapez- oder kombiniertem Rechteck-Trapez-Profil<br />
und befestigten Ufern (Stahl, Beton, Mauerwerk,<br />
Wasserbausteine) charakterisiert. Folgerichtig<br />
wurde die Gewässerstrukturgüte der Berliner Hauptfließgewässer<br />
fast ausschließlich als sehr stark bis vollständig verändert<br />
eingeschätzt. Hauptdefizite für <strong>Fische</strong> und andere<br />
aquatische Organismen sind neben der bereits genannten,<br />
fehlenden Längsdurchgängigkeit der Gewässer, der Mangel<br />
an vor Wellenschlag geschützten Flachwasserbereichen,<br />
das Fehlen überströmter Grobsubstrate, z.B. als Reproduktionsgebiet<br />
für kieslaichende Arten, sowie das großflächige<br />
Fehlen und der Rückgang von Wasserpflanzen.<br />
Die Urbanisierung bewirkt, neben dem Rückgang der Fischartenzahlen,<br />
auch eine veränderte Häufigkeitsverteilung<br />
der Hauptfischarten. Insbesondere die starke Uferverbauung<br />
im innerstädtischen Bereich wirkt sich negativ auf die<br />
Fischartendiversität aus. Jeder weitere Ausbau der Gewässer<br />
und die zunehmende Bebauung der Gewässerufer redu-<br />
15
ziert die fischökologische Wertigkeit der ufernahen Flachwasserbereiche<br />
und wird zu einem nachweisbaren<br />
Fischartenverlust führen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken,<br />
müssen Ufer ökologisch aufgewertet und strukturreicher<br />
gestaltet werden, u.a. auch durch den Einsatz<br />
alternativer, technisch-biologischer Ufersicherungen.<br />
Beispielsweise wurde 2004 unterhalb der Schleuse Charlottenburg<br />
ein vor Wellenschlag geschützter Flachwasserbereich<br />
geschaffen und ein benachbarter Stichkanal zum<br />
Flachwasserbereich erweitert. Weitere Flachwasserbereiche<br />
wurden in den Folgejahren im Teltowkanal angelegt. Erste<br />
Überprüfungen ihrer Wirksamkeit zeigten, dass sie sowohl<br />
das Jungfischaufkommen als auch die Ansiedlung und Häufigkeit<br />
von Wirbellosen und Wasserpflanzen effektiv förderten.<br />
Darüber hinaus lieferten diese Pilotobjekte auch zahlreiche<br />
Anregungen zu ihrer Optimierung. Im Westlichen<br />
Abzugsgraben ist die Schaffung von Kieslaichplätzen geplant.<br />
Eine Machbarkeitsstudie dafür liegt bereits vor.<br />
Im Gegensatz zu den Flüssen und Kanälen sind in den Berliner<br />
Seen z.T. noch sehr ausgedehnte Flachwasserbereiche<br />
mit unbefestigten Ufern und Wasserpflanzenbewuchs (zumeist<br />
Röhrichte) vorhanden. Diesen kommt bei der gegenwärtigen<br />
Gewässernutzung und -belastung eine wichtige<br />
Funktion als Refugium für die Fischreproduktion zu. Sie<br />
könnten ökologisch noch weiter aufgewertet werden, indem<br />
Totholz, wie z.B. ins Wasser gefallene Bäume dort belassen<br />
wird.<br />
Die insbesondere im Bereich der Unterhavel und am Müggelsee<br />
vorhandenen unverbauten Ufer dürfen nicht darüber<br />
hinwegtäuschen, dass es sich hier um einen defizitären<br />
Lebensraum handelt und der Verbauungsgrad der Gewässer<br />
insgesamt sehr hoch ist. Letzteres ist auch daran<br />
ersichtlich, dass nur etwa 26% der Ufer öffentlich zugänglich<br />
sind.<br />
Folgerichtig wurde in einem aktuellen Mediationsverfahren<br />
der Verbau von mehr als 16% der Gesamtuferlänge mit<br />
Steganlagen und harten Uferstrukturen als erheblich und<br />
wesentliche Beeinträchtigung bewertet. Dieser Auffassung<br />
ist beispielsweise auch das Amtsgericht Treptow/Köpenick<br />
gefolgt indem es die Erheblichkeitsschwelle von 16% akzeptierte.<br />
Jede weitere Inanspruchnahme oder Verbau von Uferzonen<br />
stehen einer Verbesserung des ökologischen Zustands der<br />
Berliner Gewässer und der darin lebenden Fischgemeinschaften<br />
entgegen und sollten unterbleiben. Vielmehr ist<br />
ein Rückbau vorhandener Uferbefestigungen aktiv zu fördern,<br />
wie er beispielsweise für einen 2 km langen Abschnitt<br />
der Spree im Bereich Plänterwald geplant wird.<br />
Schifffahrt<br />
Beeinträchtigungen durch Schifffahrt sind nur in den schiffbaren<br />
größeren Fließgewässern, Kanälen und Flussseen relevant.<br />
Die Schifffahrt war ein wesentlicher Treiber der o.g.<br />
Fließgewässerregulierungen und Uferbefestigungen infolge<br />
derer sensitive Flussfischarten zu Gunsten weniger umwelttoleranter<br />
Arten zurückgingen. Neben den o.g. strukturellen<br />
Defiziten der Gewässer infolge des Ausbaus zu Wasserstraßen,<br />
befanden sich schon Ende der 1990er Jahre an den Berliner<br />
Gewässern mehr als 1.116 größere Steganlagen,<br />
Yachthäfen und Marinas mit mehr als 27.371 Bootsliegeplätzen,<br />
im Mittel fünf Liegeplätze je Hektar. Die gleiche<br />
Erhebung (media mare 2000) ermittelte etwa 23.330 zugelassenen<br />
Motorboote, was bei einer Gesamtfläche der<br />
schiffbaren Gewässer von 5.190 ha einer durchschnittlichen<br />
Belastung von 4,5 Motorbooten/ha entspricht (bzw. 449/<br />
km²). Im Jahr 2011 schätzte der BUND die Zahl der Motorboote<br />
auf rund 50.000 (963/km² schiffbarer Gewässer),<br />
was mit einem substantiellen Anstieg der Steganlagen einhergegangen<br />
sein muss.<br />
Die betriebsbedingten Auswirkungen der Schifffahrt auf<br />
aquatische Organismen – schiffsinduzierte Strömungen,<br />
Absunk und Wellenschlag – sind ebenfalls erheblich. Strömung<br />
und Wellenschlag sind physikalische Kräfte, denen<br />
ein Fisch widerstehen muss, um einen Lebensraum nutzen<br />
zu können bzw. um nicht weggespült zu werden. Übersteigen<br />
die schiffsinduzierten Belastungen die Schwimmleistung<br />
der <strong>Fische</strong> – was bei Larven und Jungfischen der Fall ist<br />
– werden diese auf das Ufer gespült und dort verletzt oder<br />
getötet, oder in tiefere ungeeignete Gewässerbereiche verdriftet.<br />
Der kurzzeitige Absunk des Wasserspiegels neben<br />
einem vorbeifahrenden Schiff kann auch zum Trockenfallen<br />
von Eiern und Larven führen. Heckwellen könne auch noch<br />
in großer Entfernung vom Schiff die Uferzone belasten,<br />
Jungfische aufs Trockene spülen, Röhricht mechanisch<br />
schädigen oder auch die schwimmend verankerten Nester<br />
verschiedener Wasservögel überfluten und ausspülen. Fehlen<br />
strömungsberuhigte Refugien, dann ist die Reproduktion<br />
von <strong>Fische</strong>n in Wasserstraßen stark limitiert.<br />
Die Anzahl der geschleusten Wasserfahrzeuge im Jahr 2012<br />
(Tab. 1) vermittelt einen Eindruck über die Frequenz der<br />
Schiffspassagen und die daraus potentiell entstehenden<br />
schiffsinduzierten Belastungen der Uferzonen.<br />
16
<strong>Fische</strong> in Berlin | Gefährdungsursachen für <strong>Fische</strong><br />
Tab. 1: Anzahl der geschleusten Wasserfahrzeuge im Jahr 2012<br />
Schleuse Schleuse Schleuse Schleuse<br />
Spandau Plötzensee Charlottenburg Mühlendamm<br />
Güterschiffe 3.332 1.341 3.627 1.452<br />
Fahrgastschiffe 794 1.051 977 23.449<br />
Sportboote 14.063 3.962 7.912 6.345<br />
Summe 20.321 8.230 15.457 34.077<br />
Rund zwei Drittel aller Schleusungen am Mühlendamm waren<br />
Fahrgastschiffe, was auf die enorm hohe Belastung der<br />
Stadtspree im Bereich des Regierungsviertels durch den<br />
Ausflugsverkehr hinweist. An den übrigen Schleusen tragen<br />
Sportboote jeweils etwa die Hälfte zum Verkehrsaufkommen<br />
bei, in Spandau sogar fast zwei Drittel.<br />
Gewässerunterhaltung<br />
Arbeiten zur Gewässerunterhaltung dienen der Säuberung<br />
der Gewässer und der Freihaltung des Abflussprofils. Sie<br />
umfassen die Entfernung von Siedlungsmüll und Gegenständen<br />
aller Art aus den Gewässern, aber auch deren Krautung,<br />
Mahd, Grund- und Sohlräumung.<br />
© Ulrich Werner<br />
Schifffahrt auf der Unterhavel<br />
Die tatsächliche Belastung insbesondere durch die Freizeitschifffahrt<br />
dürfte weitaus höher sein, da große Gewässerflächen<br />
ohne Schleusungen befahren werden können. Zudem<br />
wird die Belastung durch Wellenschlag absehbar<br />
zunehmen. Da seit 2013 die Fahrt von Außenbordmotoren<br />
bis 15 PS Leistung keinen Bootsführerschein mehr erfordert,<br />
ist kaum zu verhindern, dass sich die Freizeitflotte<br />
stärker motorisiert. Der Trend zu immer stärkerer Motorisierung<br />
wurde in der Güterschifffahrt bereits vorweggenommen<br />
und wird durch diese Neuregelung nun insbesondere<br />
in der Klasse der kleinen Motorboote beschleunigt.<br />
Stärkere Motoren erlauben höhere Geschwindigkeiten, was<br />
auch höhere Wellen und Wellenbelastungen erzeugt.<br />
Insbesondere bei der Krautung und Sohlräumung der Gewässer,<br />
werden auch zahlreiche im Mahd- oder Räumgut<br />
befindliche <strong>Fische</strong> entnommen. In der Kulturlandschaft sind<br />
Gräben häufig die letzten Rückzugsgebiete für typische Arten<br />
der Flussauen und feuchten Niederungen, wie z.B.<br />
Schlammpeitzger. Diese Art wurde in der Vergangenheit<br />
häufig sogar erst während der Unterhaltungsarbeiten<br />
nachgewiesen, wenn die Tiere – meistens zu spät – im an<br />
Land aufgehäuften Mahdgut gefunden wurden. Mit der<br />
Entfernung von Wasserpflanzen, Totholz und anderen natürlichen<br />
Strukturen aus den Gewässern verlieren die <strong>Fische</strong><br />
wichtige Lebensräume, was sie zum Abwandern in andere<br />
Gewässerabschnitte nötigt. Die beräumten Gewässerstrecken<br />
werden arten- und individuenarm.<br />
Bei der Grundräumung werden zudem bodennah und im<br />
Sediment lebende Organismen, wie Muscheln oder Insektenlarven,<br />
aber auch <strong>Fische</strong> und der Wurzelhorizont der<br />
Pflanzengesellschaften geschädigt. Aufgewirbeltes Feinsediment<br />
kann zudem zur Sauerstoffzehrung führen und<br />
stromab gelegene Substrate überlagern.<br />
Eine ökologisch angepasste und für <strong>Fische</strong> und andere Organismen<br />
verträgliche Gewässerunterhaltung sollte sich<br />
prinzipiell auf die unbedingt erforderlichen Arbeiten beschränken,<br />
in möglichst großen Zeitintervallen erfolgen<br />
und zu Zeiten, in denen das Beeinträchtigungspotential<br />
möglichst gering ist. Für <strong>Fische</strong> wäre dies der Frühherbst,<br />
September – Oktober. Dann sind zum einen die Jungfische<br />
groß und schwimmstark genug, dass sie einer Krautung<br />
ausweichen können und zum anderen sind die Wassertem-<br />
17
peraturen noch so hoch, dass die <strong>Fische</strong> allgemein aktiv<br />
sind und noch nicht ihre Winterlager aufgesucht haben.<br />
© SenStadtUm, Detlev Winter<br />
Gewässerunterhaltung am Tegeler Fließ<br />
Krautungs- und Mahdarbeiten sind aus Gründen des Artenschutzes<br />
prinzipiell nur abschnittsweise durchzuführen. Die<br />
Ufer sollten einzeln und alternierend bearbeitet werden,<br />
wenn möglich überjährlich, was bedeutet, im ersten Jahr ein<br />
Ufer abschnittsweise zu bearbeiten und im darauf folgenden<br />
das andere. Die einzelnen Abschnitte sollten nicht länger<br />
als 100 m sein und gegen die Fließrichtung bearbeitet<br />
werden. Zwischen den Abschnitten sind unbearbeitete Pufferzonen<br />
von mindestens 5 m zu belassen, in größeren Gewässern<br />
bis 20 m. Die Schnitthöhe sollte mindestens 10 cm<br />
über dem Boden bzw. der Gewässersohle liegen. Einmündende<br />
Nebengräben sind nicht zeitgleich mit ihrem Vorfluter<br />
zu krauten. Bei der Sohl- oder Stromrinnenkrautung ist<br />
es besonders wichtig, das Mahdgut im oberen Drittel der<br />
Böschung, maximal auf der Böschungsoberkante abzulegen<br />
und dort für zwei Tage zu belassen. Das bietet den mit dem<br />
Mahdgut entnommenen Tieren die Möglichkeit, in das Gewässer<br />
zurückzukehren. Steinbeißer überleben beispielsweise<br />
im Mahdgut noch 24 h nach einer Krautung, Großmuscheln<br />
48 h (Brandt 2010).<br />
Im Rahmen einer ökologisch orientierten Gewässerunterhaltung<br />
ist darüber hinaus zu prüfen, ob auf Sohlräumungen<br />
gänzlich verzichtet werden kann und inwieweit Totholz<br />
u.ä. natürliche Strukturelemente im Gewässer belassen<br />
werden können.<br />
Viele der Berliner Gräben erweckten den Eindruck, dass bereits<br />
ein längerer Unterhaltungsturnus umgesetzt wurde<br />
und Mahd – bzw. Räumarbeiten keinesfalls in jedem Jahr<br />
erfolgen.<br />
18
<strong>Fische</strong> in Berlin | Die Fischfauna Berlins<br />
Die Fischfauna Berlins<br />
Vorangegangene Darstellungen der Berliner Fischfauna in<br />
Broschüren (Vilcinskas & Wolter 1993, Wolter et al. 2003)<br />
und Themenkarten des Berliner Umweltatlas (Wolter & Vilcinskas<br />
1993, Wolter 2004), dienten ebenfalls der Aktualisierung<br />
von Fischbestandsdaten und der konsequenten<br />
Fortführung der Fischbestandserfassung in Berliner Gewässern.<br />
Die Arbeiten waren aber in erheblichem Umfang von<br />
Einzeluntersuchungen abhängig, z.B. im Rahmen von Genehmigungsverfahren,<br />
Forschungsprojekten und der Gewässerüberwachung<br />
durch das <strong>Fische</strong>reiamt. Unterstützt<br />
wurden sie zudem durch Informationen der Berufs- und Angelfischerei.<br />
Die so erfassten Informationen zu Fischartenvorkommen<br />
wurden über die Jahre akkumuliert und aktualisiert.<br />
Fischwanderhilfen in Wuhle und Erpe. Daneben konnten<br />
weitere <strong>Fische</strong>rfassungen im Rahmen von Einzeluntersuchungen<br />
ausgewertet werden, wie z.B. Bestandskontrollen<br />
in den Verbandsgewässern des Landesanglerverbands Berlin.<br />
Dies hat sich mit Inkrafttreten der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />
(WRRL) grundsätzlich geändert. Erstmals<br />
wurde der gute ökologische Zustand eines Gewässers als<br />
gleichrangiges Umweltqualitätsziel festgeschrieben und<br />
erstmals auch die Fischfauna als einer von vier obligatorischen<br />
Indikatoren für die Gewässerqualität benannt.<br />
Um die ökologische Qualität der Gewässer anhand von Arteninventar,<br />
Häufigkeit und Altersstruktur der Fischgemeinschaft<br />
sowie dem Vorkommen gewässertypspezifischer,<br />
störungsempfindlicher Fischarten bewerten zu<br />
können, war ein Monitoringprogramm erforderlich. Deshalb<br />
wurden bis 2006 mehr als 80 Messstellen für die regelmäßige<br />
Überwachung der Fischfauna in den Berliner Gewässern<br />
ausgewiesen. Diese Messstellen werden seit 2006<br />
jedes zweite Jahr befischt. Damit ist bis heute ein Grunddatensatz<br />
zur Fischbestandsentwicklung in Berliner Gewässern<br />
entstanden, wie er in dieser Qualität bislang nicht zur<br />
Verfügung stand.<br />
© Ulrich Werner<br />
Schleppnetzbefischung im Tegeler See<br />
Insgesamt entstand so im Zeitraum von 2003 bis 2013 eine<br />
Datenbasis mit 922 Einzelbefischungen aus 154 Gewässern,<br />
die erstmals auch semiquantitative Analysen und Trendermittlungen<br />
der Berliner Fischfauna und auch die Neufassung<br />
der Berliner Roten Liste der gefährdeten Rundmäuler<br />
und <strong>Fische</strong> ermöglichte. Eine Übersicht sämtlicher Probestrecken<br />
gibt Abb. 1. Zur Vereinfachung wurden die<br />
Schleppstrecken nur mit ihrem Anfangspunkt dargestellt.<br />
Ergänzt wurden die Daten aus dem Fischbestandsmonitoring<br />
für die WRRL durch kontinuierliche Untersuchungen<br />
der großen Gewässer durch das Berliner <strong>Fische</strong>reiamt mittels<br />
Schleppnetzbefischungen sowie zahlreichen, aus der<br />
<strong>Fische</strong>reiabgabe geförderten Forschungsprojekten, z.B.<br />
zum fisch-ökologischen Potential der Berliner Kanäle, der<br />
Wasserstraßen im Elbeeinzugsgebiet oder der Nebengewässer<br />
des Tegeler Fließes, zum Fischbestand der Landseen,<br />
von ausgewählten Kleinseen, zur Verbreitung von FFH-<br />
Fischarten in Berliner Gewässern und zur Bewertung der<br />
19
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Abb. 1 Lage der 2003-2013 befischten Gewässerstrecken. Fließgewässer, Kanäle und<br />
Gräben wurden zur Kategorie „Fließgewässer“ zusammengefasst, Landseen und<br />
Kleingewässer als „Standgewässer“.<br />
Datenerfassung<br />
Ausgewertet wurden <strong>Fische</strong>rfassungen zwischen Frühjahr<br />
2003 und Juni 2013. In diesem Zeitraum wurde jedes dargestellte<br />
Gewässer mindestens einmal befischt. Die meisten<br />
und insbesondere alle größeren, nach WRRL berichtspflichtigen<br />
Gewässer wurden mehrfach und an verschiedenen<br />
Probenahmestellen befischt.<br />
Alle Gewässer wurden elektrisch befischt. Die <strong>Fische</strong>reidurchführung<br />
erfolgte nach den anerkannten methodischen<br />
Grundsätzen und grundsätzlich mit Gleichstromaggregaten.<br />
Bewatbare Gräben und Kleingewässer wurden<br />
mit einem tragbaren, batteriebetriebenen Gerät befischt,<br />
größere Gewässer vom Boot aus mit einem generatorgetriebenen<br />
mit höherer Leistung. Mit Hilfe des Gleichstromaggregates<br />
wird im Wasser ein elektrisches Feld erzeugt. In<br />
diesem befindliche <strong>Fische</strong> greifen, entsprechend ihrer Länge<br />
und Stellung zu den Feldlinien unterschiedliche Spannungen<br />
ab. Je nach Stärke derselben reichen die Reaktionen der<br />
<strong>Fische</strong> von Flucht über positive Galvanotaxis (gerichtetes<br />
Schwimmen zur Anode) bis hin zur Galvanonarkose. Der<br />
Wirkungsradius der Fangelektrode beträgt ca. 2 m.<br />
Bei qualifizierter Anwendung ist die Elektrofischerei das<br />
schonendste Verfahren zur Fischbestandserfassung, da die<br />
<strong>Fische</strong> weniger mit Netzmaterial u.ä. in Berührung kommen<br />
als bei anderen Fangmethoden, weshalb sie kaum Schuppen-<br />
oder Schleimhautverletzungen aufweisen. Sie ist zudem<br />
bei rauen Bodensubstraten, wie Blocksteinwurf, Steinschüttungen<br />
oder Pflanzenbeständen, auch die effizienteste<br />
aller Fangmethoden. Aufgrund dessen wurde die Elektrobefischung<br />
auch die Standard-Erfassungsmethode für die<br />
fischbasierte Gewässerbewertung gemäß WRRL in Fließgewässern.<br />
20
<strong>Fische</strong> in Berlin | Die Fischfauna Berlins<br />
Die Längen der einzelnen Befischungsstrecken variierten<br />
zwischen 300 m und 3.000 m Uferlinie, je nach Gewässerbreite,<br />
Strukturvielfalt und Fangerfolg. Ziel war es, das Artenspektrum<br />
möglichst vollständig zu erfassen. Allerdings<br />
sind bei der Elektrofischerei pelagisch (im Freiwasser) lebende,<br />
bzw. große, scheue Individuen aller Fischarten im<br />
Fang unterrepräsentiert. Die Fluchtdistanz der genannten<br />
<strong>Fische</strong> ist weitaus größer als das effektive Fangfeld der Anode,<br />
so dass sie nur zufällig erfasst werden. Insgesamt ist die<br />
Selektivität der Elektrofischerei allerdings weitaus geringer<br />
als die anderer Methoden, bei vergleichbarem Arbeits- und<br />
Zeitaufwand.<br />
In den Landseen wurden zusätzlich Multimaschenstellnetze<br />
parallel zu den Elektrobefischungen eingesetzt, zum Fang<br />
von <strong>Fische</strong>n im Freiwasser (die bei den Elektrobefischungen<br />
methodisch unterrepräsentiert sind). Stellnetze fangen<br />
nach dem Prinzip, dass sich ein Fisch bei dem Versuch, das<br />
Netz zu durchschwimmen, mascht, d.h. die Netzmasche<br />
umschließt seinen Körper so fest, dass er nicht mehr entkommen<br />
kann. Die beste Fängigkeit wird erzielt, wenn der<br />
Körperumfang des <strong>Fische</strong>s 25% größer ist als der Maschenumfang,<br />
was nur bei einem sehr eingeschränkten Längenspektrum<br />
der Fall ist. Aus diesem Grund sind Stellnetze extrem<br />
größenselektiv. Die gewählte Maschenweite bestimmt<br />
das Größenspektrum und damit z.T. auch das Artenspektrum<br />
der zu fangenden <strong>Fische</strong>.<br />
Bei Multimaschennetzen werden Netzblätter mit unterschiedlichen<br />
Maschenweiten zusammengesetzt, was ihnen<br />
den Vorteil einer geringeren Größenselektivität verschafft<br />
gegenüber Netzen einheitlicher Maschenweite. Bei den Freiwasserbefischungen<br />
der Berliner Landseen wurden 30m<br />
lange und 1,5 m hohe Multimaschen-Grundstellnetze gesetzt.<br />
Die Anzahl der Netze richtete sich nach der Gewässergröße.<br />
Jedes Netz bestand aus insgesamt 12 Blättern mit<br />
den Maschenweiten 5 – 6,25 – 8 – 10 – 12,5 – 15,5 – 19,5 – 24<br />
– 29 – 35 – 43 – 55 mm. Die Stellzeit betrug maximal zwei<br />
Stunden, um Verletzungen der sich maschenden <strong>Fische</strong> zu<br />
minimieren.<br />
In den Flussseen und großen Fließgewässern führte das <strong>Fische</strong>reiamt<br />
Berlin zusätzlich Schleppnetzbefischungen<br />
durch. Diese dienten, analog zu den Stellnetzbefischungen,<br />
ebenfalls der Erfassung der bei den Elektrobefischungen<br />
unterrepräsentierten Freiwasser-<strong>Fische</strong>. Im Gegensatz zu<br />
den Stellnetzen, die nur fangen, wenn ein Fisch versucht sie<br />
zu durchschwimmen, wird ein Schleppnetz aktiv durchs<br />
Wasser gezogen, wo es dann auch inaktive <strong>Fische</strong> fängt. Damit<br />
eignet es sich weitaus besser für Einschätzungen der<br />
Häufigkeit von Freiwasserfischen als Stellnetze, erfordert<br />
aber auch einen erheblich höheren technischen und Arbeitsaufwand.<br />
Das <strong>Fische</strong>reiamt Berlin hat im August 2004 das <strong>Fische</strong>reiforschungsschiff<br />
„PISCATOR“ in Dienst gestellt, welches u.a.<br />
regelmäßig zur Durchführung von Schleppnetzbefischungen<br />
eingesetzt wird. Beim Schleppnetz handelt es sich um<br />
einen hinter dem Schiff gezogenen Netzsack mit Netzflügeln,<br />
dessen Öffnung durch sog. Scherbretter offen gehalten<br />
wird. Die Maschenweite im Netzsack (Steert) bestimmt<br />
die kleinste Länge der im Netz zurückgehaltenen <strong>Fische</strong>,<br />
darüber hinaus ist es kaum größenselektiv. Vom <strong>Fische</strong>reiamt<br />
wurden unterschiedliche Schleppnetze verschiedener<br />
Bauart und Maschenweiten im Steert eingesetzt. Die<br />
Schleppstrecken variierten zwischen wenigen 100 m und<br />
2-3 km Länge.<br />
Insgesamt wird durch die Verwendung verschiedener Gerätetypen<br />
die Fangselektivität des einzelnen kompensiert,<br />
was die Repräsentanz der Fischbestandserfassung, besonders<br />
der Arterfassung steigert.<br />
Die Standardauswertung der Fänge beinhaltet das Bestimmen,<br />
Zählen und Messen aller gefangenen <strong>Fische</strong>, stichprobenartig<br />
wird zusätzlich gewogen. Bei sehr vielen <strong>Fische</strong>n<br />
einer Alters- bzw. Längengruppe wird nur eine repräsentative<br />
Stichprobe vermessen und die übrigen Individuen nur<br />
gezählt. So werden zur Schonung der Tiere der Fang schneller<br />
bearbeitet und die <strong>Fische</strong> zügiger zurückgesetzt.<br />
Fischartenzusammensetzung und Hauptfischarten<br />
In den Berliner Gewässern wurden aktuell 38 Fischarten<br />
nachgewiesen. Gegenüber der letzten Zusammenstellung<br />
aus dem Jahr 2003 sind fünf Arten neu hinzugekommen.<br />
Eine Art, die Regenbogenforelle, wurde in den letzten zehn<br />
Jahren nicht mehr nachgewiesen.<br />
Von den nachgewiesenen Fischarten gehören 29 zur autochthonen,<br />
d.h. einheimischen Fauna. Dies ist ein Zugewinn<br />
von einer Art gegenüber 2003. Nach dem Verschwinden des<br />
letzten Vorkommens in der Panke um 1920, gelang es der<br />
Schmerle die Berliner Gewässer natürlich wieder zu besiedeln.<br />
In der Erpe wurde sie 2010 erstmals wieder auf Berliner<br />
Stadtgebiet gefunden. Der Rückbau der dort ehemals<br />
vorhandenen Wehre war der Ausbreitung der Schmerle<br />
ganz sicher förderlich.<br />
Neun der nachgewiesenen Fischarten sind nicht einheimisch,<br />
sog. Neozoa. Dies bedeutet ebenfalls einen Zuwachs.<br />
In den vergangenen zehn Jahren wurden vier nicht einheimische<br />
bzw. exotische Arten neu nachgewiesen: Bachsaib-<br />
21
Präsenz (%)<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Abb. 2: Vorkommenshäufigkeit der nachgewiesenen<br />
Fischarten (Präsenz) relativ<br />
zur Gesamtzahl der untersuchten Gewässer<br />
(154).<br />
Plötze<br />
Barsch<br />
Hecht<br />
Rotfeder<br />
Schleie<br />
Aal<br />
Blei<br />
Ukelei<br />
Karausche<br />
Giebel<br />
Gründling<br />
Güster<br />
Moderlieschen<br />
Kaulbarsch<br />
Aland<br />
Rapfen<br />
Zander<br />
Dreistachliger<br />
Karpfen<br />
Bitterling<br />
Stint<br />
Schlammpeitzger<br />
Steinbeißer<br />
Quappe<br />
Zwergstichling<br />
Hasel<br />
Wels<br />
Goldfisch<br />
Döbel<br />
Sonnenbarsch<br />
Silberkarpfen<br />
Graskarpfen<br />
Blaubandbärbling<br />
Marmorkarpfen<br />
Bachsaibling<br />
Goldorfe<br />
Schmerle<br />
Zwergwels<br />
ling, Blaubandbärbling, Goldorfe und Sonnenbarsch. Dagegen<br />
wurden Regenbogenforelle und Brauner Zwergwels<br />
(Ameiurus nebulosus) nicht mehr nachgewiesen. Da der<br />
Braune Zwergwels in der Lausitz und in den Einzugsgebiet<br />
der Spree und der Schwarzen Elster vorkommt, wurde 2003<br />
noch angenommen, dass beide Zwergwelsarten in Berliner<br />
Gewässern präsent sind, was sich bei der aktuellen Erfassung<br />
nicht bestätigte. Alle gefangenen Zwergwelse gehörten<br />
der Art Schwarzer Zwergwels (Ameiurus melas) an. Ungeachtet<br />
der Neunachweise – auch hier handelte es sich nur<br />
um wenige Exemplare oder Einzelfische – sind die Vorkommen<br />
der nicht einheimischen Fischarten nach wie vor rückläufig.<br />
Die geringe Verbreitung und Präsenz der nicht einheimischen<br />
Fischarten in Berlin verdeutlicht auch Abb. 2. Unter<br />
den insgesamt selten vorkommenden Fisch-Neozoa war der<br />
Goldfisch noch am weitesten verbreitet und in 6,5% aller<br />
Gewässer präsent, gefolgt vom Sonnenbarsch in 3,2%. Drei<br />
Arten haben nur ein einziges Vorkommen. Damit sind die<br />
Exoten in den Berliner Gewässern seltener als jede einheimische<br />
Fischart, mit Ausnahme des Döbels und der gerade<br />
neu eingewanderten Schmerle.<br />
In Berlin insgesamt am weitesten verbreitet war die Plötze,<br />
die in 72% aller 154 befischten Berliner Gewässer nachgewiesen<br />
wurde (Abb. 2). Beinahe ebenso weit verbreitet und<br />
22
<strong>Fische</strong> Titel der in Berlin Broschüre | Die | Fischfauna Titel des Kapitels<br />
Berlins<br />
Plötze<br />
Barsch<br />
Hecht<br />
Rotfeder<br />
Schleie<br />
Aal<br />
Blei<br />
Ukelei<br />
Karausche<br />
Giebel<br />
Gründling<br />
Güster<br />
Moderlieschen<br />
Kaulbarsch<br />
Aland<br />
Rapfen<br />
Zander<br />
Dreistachliger<br />
Karpfen<br />
Bitterling<br />
Stint<br />
Schlammpeitzger<br />
Steinbeißer<br />
Quappe<br />
Zwergstichling<br />
Hasel<br />
Wels<br />
Goldfisch<br />
Döbel<br />
Sonnenbarsch<br />
Silberkarpfen<br />
Graskarpfen<br />
Blaubandbärbling<br />
Marmorkarpfen<br />
Bachsaibling<br />
Goldorfe<br />
Schmerle<br />
Zwergwels<br />
Präsenz (%)<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Abb. 3: Vorkommenshäufigkeit der nachgewiesenen<br />
Fischarten (Präsenz) relativ<br />
zu den Hauptgewässertypen Fließgewässer<br />
(N= 46), Flusssee (N= 15) und Standgewässer<br />
(N= 93)<br />
nahezu gleichauf waren Barsch und Hecht mit einer Präsenz<br />
in 67% bzw. 66% aller Gewässer. Hechte sind insbesondere<br />
in den Kleingewässern weit verbreitet, wo fast<br />
überall einzelne Exemplare zu finden waren.<br />
Die Nachweishäufigkeit des Aals ist das Resultat umfangreicher<br />
Besatzmaßnahmen und erlaubt daher kaum Rückschlüsse<br />
auf die Gewässerqualität. Dagegen ist die weite<br />
Verbreitung von Plötze, Barsch, Kaulbarsch, Blei, Rotfeder,<br />
Güster und Ukelei in den Fließgewässern und insbesondere<br />
in den Flussseen Ausdruck dessen, dass diese Arten sich vergleichsweise<br />
gut mit den Lebensbedingungen in Berliner<br />
Gewässern arrangieren können. Bis auf die Rotfeder gehören<br />
die genannten Fischarten zum anpassungsfähigen Typ<br />
der eurytopen Arten, die keine besonderen Lebensraumansprüche<br />
stellen. Sie zeigen darüber hinaus, wie vollständig<br />
sich der Charakter der Hauptfließgewässer Berlins von der<br />
Barben- zur Bleiregion gewandelt hat.<br />
Die Darstellung der Vorkommenshäufigkeit der Fischarten<br />
nach Haupt-Gewässertypen erlaubt zusätzliche Rückschlüsse<br />
auf deren bevorzugten Lebensraum (Abb. 3).<br />
Beispielsweise wurden die typischen Flussfische Gründling,<br />
Aland und Rapfen nur in rund einem Drittel aller Gewässer<br />
gefunden (Abb. 2), waren dagegen aber in mindestens 80%<br />
23
25<br />
20<br />
Abb. 4: Fischartenhäufigkeit in den unterschiedenen<br />
Gewässertypen. Der<br />
Punkt markiert den Mittelwert und die<br />
Linie das Intervall in dem die Gewässer<br />
eines Typs mit 95%iger Wahrscheinlichkeit<br />
liegen (Konfidenzintervall). N gibt<br />
die Anzahl der Gewässer je Typ.<br />
Fischartenzahl<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
N = 16 11 19 15 38 55<br />
Fließgewässer Kanal Graben Flusssee Landsee Kleingewässer<br />
der Flussseen präsent (Abb. 3). Zahlreiche weitere Arten,<br />
z.B. Zander, Stint, Quappe oder Wels haben ihr Hauptverbreitungsgebiet<br />
in den Flussseen.<br />
Für die weitere Bewertung der Fischartenverteilung in Berliner<br />
Gewässern wurden die Hauptgewässertypen weiter differenziert,<br />
da sich die eingangs dargestellten Unterschiede<br />
zwischen den Gewässertypen auch auf deren Besiedlung<br />
durch <strong>Fische</strong> auswirken. So wurden bei den Fließgewässern<br />
die natürlichen Fließgewässer, Kanäle und Gräben unterschieden,<br />
bei den Standgewässern Landseen und Kleingewässer.<br />
Die Flussseen vereinen als eigenständige Kategorie<br />
die Eigenschaften stehender und fließender Gewässer und<br />
sind darüber hinaus eine regionale Besonderheit von Tieflandfließgewässerlandschaften.<br />
Die früher noch zusätzlich<br />
unterschiedenen Kategorien Klärwerksableiter und Regenrückhaltebecken<br />
wurden nicht mehr beibehalten, so dass<br />
die aktuelle Differenzierung insbesondere die durchschnittliche<br />
Gewässergröße widerspiegelt sowie bei den Kanälen<br />
ihren künstlichen Ursprung.<br />
Die detailliertere Darstellung der Fischartenzahlen je Gewässertyp<br />
zeigt drei Gruppen unterschiedlicher Artenvielfalt.<br />
Die artenreichsten Gewässer waren erwartungsgemäß<br />
die durchflossenen Seen und großen Fließgewässer. Kanäle<br />
und Landseen nehmen eine intermediäre Stelle ein, wobei<br />
sie sich bezüglich der Artenzahlen extrem ähnlich sind. Die<br />
geringsten Artenzahlen fanden sich in den Kleingewässern,<br />
unabhängig davon, ob diese fließen oder nicht. Allerdings<br />
deutet das Gesamtartenspektrum der in den fließenden (26<br />
Arten) und stehenden (28 Arten) Kleingewässern nachgewiesenen<br />
Arten darauf hin, dass die Artenzusammensetzung<br />
sehr variabel und schwer vorhersagbar ist. Innerhalb<br />
der fließenden und stehenden Gewässer wurden die geringsten<br />
Artenzahlen jeweils in den kleinsten Gewässern<br />
beobachtet (Abb. 4).<br />
Von den 38 insgesamt im Berliner Stadtgebiet aktuell vorkommenden<br />
Fischarten wurden 32 in den Flussseen, 29 in<br />
Fließgewässern, 28 in stehenden Kleingewässern, 27 in<br />
Landseen, 26 in Gräben und 21 in den innerstädtischen Kanälen<br />
nachgewiesen.<br />
Im Gegensatz zu den Kleingewässern weisen die Kanäle im<br />
urbanen Bereich eher eine geringe Gesamtfischartenzahl<br />
auf. Wenn <strong>Fische</strong> die Möglichkeit haben, ungünstigen Umweltbedingungen<br />
durch Kompensationswanderungen zu<br />
entgehen, machen sie davon offensichtlich Gebrauch.<br />
Für die Darstellung der Verbreitung der einzelnen Arten<br />
wurden zur verbesserten Übersichtlichkeit nur die Hauptgewässertypen<br />
Fließgewässer, Flussseen und Standgewässer<br />
unterschieden.<br />
24
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Ergebnisse zu den einzelnen Arten<br />
Spezieller Teil –<br />
Ergebnisse zu den einzelnen Arten<br />
25
Stint<br />
Osmerus eperlanus (LINNAEUS, 1758)<br />
Da Binnenstinte in der Regel nur einmal laichen und relativ<br />
kurzlebig sind, unterliegt der Bestand eines Gewässers starken<br />
Schwankungen. Nach massenhaftem Auftreten in sog.<br />
Stintjahren folgen regelmäßig Bestandseinbrüche, weil für<br />
die dann ebenfalls massenhaft schlüpfende Brut die Nahrung<br />
fehlt.<br />
© Jörg Freyhof<br />
Verbreitung<br />
Stinte besiedeln das Einzugsgebiet der Küsten des Nordostatlantiks<br />
von Skandinavien bis zur Biskaya einschließlich<br />
Nord- und Ostsee. Nach der letzten Eiszeit haben sich in<br />
größeren Seen und Flüssen stationäre Formen ausgebildet.<br />
Als Freiwasserfische besiedeln Stinte im Binnenland nur<br />
große Seen und Flussseen dauerhaft.<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Stinte haben einen langgestreckten, beinahe runden, grau<br />
bis silbrig gefärbten Körper und ein vergleichsweise großes,<br />
stark bezahntes, oberständiges Maul. Die Maulspalte reicht<br />
unter die Augen. Ein weiteres Charakteristikum ist die Fettflosse,<br />
eine kleine strahlenlose Flosse zwischen Rücken- und<br />
Schwanzflosse, die den Stint als Vertreter der Ordnung der<br />
Lachsartigen kennzeichnet.<br />
Ebenfalls sehr charakteristisch ist sein auffälliger Geruch,<br />
der an grüne Gurke erinnert. Beim Stint sind zwei Wanderformen<br />
zu unterscheiden. Küstennahe Populationen zeigen<br />
ein anadromes Wanderverhalten, d.h. sie ziehen von den<br />
marinen Nahrungsgründen in die Flussunterläufe um dort<br />
zu laichen. Die Binnenform lebt stationär im Süßwasser,<br />
wobei auch hier Teile der Population zum Laichen in die Zuflüsse<br />
der großen Seen ziehen. Die Eiablage erfolgt im März-<br />
April über sandigen bis kiesigen Substraten in den Zuflüssen,<br />
aber auch am Brandungsufer der Seen. Der Laich eines<br />
Weibchens kann bis 40.000 Eier umfassen. Die Geschlechtsreife<br />
erreichen die Tiere mit 1-2 Jahren. Stinte sind monozyklisch,<br />
d.h. der Großteil der Elterntiere stirbt nach dem<br />
Ablaichen.<br />
Der Binnenstint wird maximal 10-12 cm lang, während die<br />
anadrome Form Körperlängen bis 30 cm erreichen kann.<br />
Beide Formen besiedeln die Freiwasserregion und ernähren<br />
sich fast ausschließlich von Zooplankton.<br />
Aus Brandenburger Gewässern sind 81 aktuelle Fundorte<br />
bekannt, wobei sich die Zahl der Gewässer, in denen der<br />
Stint als häufig oder massenhaft angeführt wurde, gegenüber<br />
1998 verdoppelt hat.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin wurden Stinte aktuell bei 38 Probebefischungen in<br />
15 Gewässern nachgewiesen. In seinem Hauptverbreitungsgebiet<br />
– den großen Flussseen – ist der Stint flächendeckend<br />
präsent. Der große Zuwachs an Vorkommen gegenüber<br />
2003 (10 Vorkommen) ist vor allem darauf zurückzuführen,<br />
dass 2012 ein sog. Stintjahr war. Im vergangenen Jahr war<br />
das Stintaufkommen so massenhaft, dass die Tiere in Größenordnungen<br />
in die Spree zogen und sogar in einem kleinen,<br />
mit der Müggelspree in Verbindung stehenden Standgewässer<br />
gefangen wurden.<br />
Aus dem Großen Müggelsee ist bekannt, dass auch die Stinte<br />
eines Gewässers unterschiedliche Laichstrategien verfolgen.<br />
Während ein Teil der Population im See laicht, zieht ein<br />
anderer alljährlich in die Löcknitz, wo sie beispielsweise unterhalb<br />
der Straßenbrücke nach Fangschleuse ablaichen.<br />
Gleiches ist auch für die Unterhavel oder den Tegeler See zu<br />
erwarten, wurde aber hier noch nicht beobachtet. Der geplante<br />
Rückbau der Wehre im Tegeler Fließ könnte die dafür<br />
erforderlichen Voraussetzungen schaffen und neue Laichplätze<br />
für den Stint erschließen.<br />
26
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Stint<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Stint (Binnenstint)<br />
Anzahl Nachweise 38<br />
Anzahl Gewässer 2013: 15, 2003: 10, 1993: 13<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 3, Flussseen: 11, Standgewässer: 1<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Gefährdungskategorie<br />
Freiwasserzone größerer Seen und Flussseen<br />
Müggelsee, Dämeritzsee, Unterhavel, Wannsee, Tegeler See, Oberhavel<br />
Vorwarnliste (V)<br />
Rote Liste Berlin: Vorwarnliste (V)<br />
FFH-Anhang: -<br />
27
Hecht<br />
Esox lucius (LINNAEUS, 1758)<br />
Hechte werden im Allgemeinen bis 15 Jahre alt, wobei sie<br />
>1 m Länge und 15 kg Stückmasse erreichen. Weitaus größere<br />
Einzelexemplare sind allerdings nicht selten.<br />
Verbreitung<br />
Der Hecht besiedelt fließende und stehende Binnengewässer<br />
der Nordhalbkugel. In Europa fehlt er auf der Iberischen<br />
Halbinsel und im Norden Skandinaviens. In Brandenburg ist<br />
er mit 1.185 aktuellen Fundorten die zweithäufigste Fischart.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Hecht hat einen sehr markanten, langgestreckten und<br />
seitlich leicht abgeflachten Körper. Die Grundfarbe ist grün<br />
mit dunklen Querbinden oder Marmorierungen. Sein typisches,<br />
weites, entenschnabelförmiges Maul ist mit etwa<br />
700 spitzen, leicht nach hinten gebogenen Zähnen besetzt.<br />
Rücken- und Afterflosse stehen sich gegenüber und sind<br />
weit nach hinten verschoben, wo sie zusammen mit der<br />
Schwanzflosse eine große Vortriebsfläche bieten. Damit ist<br />
der Hecht in der Lage, aus dem Stand blitzartig zu beschleunigen,<br />
was ihn als ausgeprägten Lauerräuber kennzeichnet.<br />
Der Hecht zählt zu den primär piscivoren, d.h. Fisch fressenden<br />
Arten. In der Regel werden die Junghechte bereits ab<br />
etwa 23 mm Körperlänge piscivor.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
Mit 366 aktuellen Nachweisen aus 102 Gewässern gehört<br />
der Hecht auch in Berlin zu den häufigsten Fischarten, unmittelbar<br />
nach Barsch und Plötze. Wenn 2003 noch eingeschätzt<br />
wurde, dass die Mehrzahl der Vorkommen auf Besatz<br />
beruht, so ist dies aktuell nicht zutreffend. Die aktuellen<br />
Vorkommen – insbesondere auch in den fischereilich nicht<br />
bewirtschafteten Kleingewässern – beruhen auf natürlicher<br />
Reproduktion. Die kontinuierliche Verbesserung der Wasserqualität<br />
wird den Hechtbestand weiterhin begünstigen.<br />
Auffällig war die weite Verbreitung und Präsenz des Hechts<br />
in den Kleinstgewässern und Gräben, wo er größtenteils<br />
nachgewiesen wurde. Allerdings war er in den jeweiligen<br />
Gewässern eher kleinwüchsig und auch nicht sehr zahlreich.<br />
Gutwüchsige Bestände fanden sich dagegen in den<br />
mittelgroßen und größeren Seen, wie z.B. im Tegeler See,<br />
Seddinsee, Nikolassee oder in den Kaulsdorfer Seen.<br />
Hechte bevorzugen Gewässer mit größeren Sichttiefen, da<br />
sie sich bei der Jagd vorwiegend optisch orientieren. Darüber<br />
hinaus stellen sie keine hohen Ansprüche an die Wasserqualität<br />
und tolerieren auch noch Sauerstoffgehalte<br />
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Hecht<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Hecht<br />
Anzahl Nachweise 366<br />
Anzahl Gewässer 2013: 102, 2003: 98, 1993: 84<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 30, Flussseen: 13, Standgewässer: 59<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Langsam fließende Gewässer und Seen<br />
In Berlin flächendeckend in annähernd allen Fließgewässern und mittleren bis<br />
großen Seen präsent<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
29
Aal<br />
Anguilla anguilla (LINNAEUS, 1758)<br />
Aale sind sehr tolerant gegenüber niedrigen Sauerstoffgehalten<br />
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Aal<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Aal<br />
Anzahl Nachweise 349<br />
Anzahl Gewässer 2013: 78, 2003: 99, 1993: 86<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 31, Flussseen: 15, Standgewässer: 32<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Gefährdungskategorie<br />
Stehende und fließende Gewässer, durch Besatz auch in geschlossenen Standgewässern<br />
weit verbreitet<br />
Oberhavel, Unterhavel, Spree, Teltowkanal, Innere Kanäle, Müggelsee<br />
Rote Liste BRD: nicht bewertet<br />
Rote Liste Berlin: nicht bewertet<br />
FFH-Anhang: -<br />
31
Bitterling<br />
Rhodeus amarus (BLOCH, 1782)<br />
© Andreas Hartl<br />
Verbreitung<br />
Der Bitterling besiedelt Mittel- und Osteuropa nördlich der<br />
Alpen. Er fehlt auf den Britischen Inseln, in Dänemark und<br />
Skandinavien. In Deutschland und Europa galt der Bitterling<br />
bereits Mitte der 1980er Jahre als selten. Allerdings wurde<br />
jüngst die Schutzwürdigkeit des Bitterlings in weiten Teilen<br />
Europas in Frage gestellt (van Damme et al. 2007). Eine umfassende<br />
Recherche historischer Überlieferungen und archäologischer<br />
Daten der letzten zwei Jahrtausende führte<br />
zu der Schlussfolgerung, dass Bitterlinge nur im Rheineinzugsgebiet<br />
heimisch waren, während es sie u.a. im Elbegebiet<br />
nicht vor dem 16. Jh. gab. Die Einbürgerung nach 1492<br />
würde den Bitterling zu den nicht einheimischen Arten stellen<br />
(van Damme et al. 2007).<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Bitterling hat einen seitlich abgeflachten, leicht hochrückigen<br />
Körper. Rücken- und Afterflosse sind relativ groß<br />
und stehen sich gegenüber (gegenständig). Der Rücken ist<br />
graugrün gefärbt, Seiten und Bauch sind silbrig. Ein charakteristischer<br />
dunkler, blaugrüner Längsstreifen erstreckt<br />
sich von der Körpermitte bis zur Schwanzwurzel. Während<br />
der Laichzeit von April bis August schillern die Männchen<br />
regenbogenfarben und bilden einen Laichausschlag auf der<br />
Schnauze. Die schlichter gefärbten, geschlechtsreifen Weibchen<br />
sind an einem fadenartigen Fortsatz vor der Afterflosse<br />
erkennbar, der Legeröhre. Bitterlinge haben eine bei<br />
europäischen Süßwasserfischen einmalige Fortpflanzungsstrategie.<br />
Mit ihrer Legeröhre positionieren die Weibchen<br />
ihre 2,5-3 mm großen Eier in der Mantelhöhle von Großmuscheln<br />
der Gattungen Unio oder Anodonta, wo sie sich in<br />
den Wimpernfeldern der Kiemen festsetzen. Die Larven<br />
schlüpfen nach etwa 36 h mit 3-4 mm Länge, verbleiben<br />
aber noch rund einen Monat im Kiemenraum der Muschel,<br />
bis sie mit 10-11 mm Länge frei schwimmen.<br />
In Brandenburg ist der Bitterling aktuell relativ weit verbreitet.<br />
Mit 289 Nachweisen waren auch im Vergleich zu früheren<br />
Jahren deutlich mehr Vorkommen zu verzeichnen.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
Die Zahl der Bitterlingsvorkommen in Berliner Gewässern<br />
hat sich sehr positiv entwickelt. Waren 2003 nur noch zwei<br />
der bekannten Vorkommen zu bestätigen, so wurde die Art<br />
in den letzten Jahren in 19 Gewässern nachgewiesen. Bitterlinge<br />
wurden in insgesamt 36 Befischungsstrecken gefangen.<br />
Gute Bestände fanden sich u.a. im Einzugsgebiet<br />
des Tegeler Fließes und – überraschenderweise – in der<br />
Wuhle. Sehr stabil erscheinen auch die Bestände in den Teufelsseen.<br />
Infolge der positiven Bestandsentwicklung wurde der Bitterling<br />
in der Roten Liste Berlins von „vom Aussterben bedroht“<br />
nach „gefährdet“ zurückgruppiert.<br />
Bitterlinge werden im zweiten Lebensjahr mit einer Länge<br />
von 33-35 mm geschlechtsreif. Ihre maximale Körperlänge<br />
erreichen sie mit 4-7 cm. Als typische Art der Auegewässer<br />
sind Bitterlinge sehr tolerant gegenüber hohen Temperaturen<br />
und niedrigen Sauerstoffgehalten. Sie sind sogar dazu<br />
in der Lage, unter anoxischen (sauerstofffreien) Bedingungen<br />
einen anaeroben Stoffwechsel zu nutzen und so über<br />
Monate zu überleben.<br />
32
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Bitterling<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Bitterling<br />
Anzahl Nachweise 36<br />
Anzahl Gewässer 2013: 19, 2003: 2, 1993: 10<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 4, Flussseen: 1, Standgewässer: 14<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Langsam fließende Gewässer und Seen mit Großmuschelvorkommen<br />
Tegeler Fließ, Teufelssee (Grunewald), Teufelssee (Berlin-Köpenick), Körnersee,<br />
Wuhle, Wuhleteich<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: gefährdet (3)<br />
FFH-Anhang: II<br />
33
Gründling<br />
Gobio gobio (LINNAEUS, 1758)<br />
eine der häufigen Fischarten und zahlreicher als heute. Ungeachtet<br />
dessen haben sich seine Bestände in den letzten<br />
Jahren stabilisiert. Aktuell sind in Brandenburg 755 Fundorte<br />
bekannt.<br />
In Brandenburg besiedelt eine zweite Gründlingsart, der<br />
Stromgründling, die Hauptläufe von Elbe, Oder und auch<br />
der Havel. Bislang ist diese Art aber noch nicht nachweislich<br />
bis Berlin vorgedrungen.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Gründlinge haben einen langgestreckten, walzenförmigen<br />
Körper. Das Maul ist unterständig, in den Mundwinkeln sitzt<br />
je eine Bartel. Die Grundfarbe ist dunkel, blaugrau-bräunlich.<br />
Entlang der Seiten reihen sich bläulich schimmernde<br />
unregelmäßige Flecken und Punkte. Auffällig ist die starke<br />
Pigmentierung sämtlicher Flossen mit unregelmäßig angeordneten<br />
Punkten.<br />
Die nur selten länger als 15 cm werdenden Gründlinge leben<br />
bodenorientiert und ernähren sich von wirbellosen Bodentieren,<br />
wie Insektenlarven. Gründlinge zählen zu den rheophilen,<br />
typischen Flussfischen, kommen aber auch in zahlreichen<br />
Seen vor. Voraussetzung ist, dass sich zumindest<br />
am Brandungsufer der Seen sandige Sohlsubstrate ohne<br />
Schlammauflage finden. Diese benötigt der Gründling als<br />
psammophile Art (Sandlaicher mit benthischen Larven) zur<br />
Fortpflanzung. Gründlinge laichen von Mai bis Juli. Als echte<br />
Portionslaicher, bei denen nicht alle Eier gleichzeitig reifen,<br />
legen die Weibchen bis zu 3.000 Eier in 3-8 Schüben ab. Geschlechtsreif<br />
werden die Tiere mit 2-3 Jahren.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin ist die Anzahl der Gründlingsvorkommen seit 20<br />
Jahren relativ stabil. Aktuell wurden 203 Nachweise geführt<br />
und die Art in 50 Berliner Gewässern festgestellt. Den Verbreitungsschwerpunkt<br />
bilden die Fließgewässer und Flussseen.<br />
Besonders häufig waren Gründlinge im Tegeler Fließ. Gute<br />
Bestände wurden auch in den flachen Uferzonen von Oberund<br />
Unterhavel festgestellt sowie im Zeuthener See. In diesen<br />
Gewässern hat auch die Häufigkeit des Gründlings zugenommen.<br />
Dagegen waren beispielsweise die 2003<br />
festgestellten Vorkommen in den innerstädtischen Kanälen<br />
rückläufig. Hier gibt es aktuell nur Einzelnachweise aus vier<br />
Kanälen.<br />
Gründlinge sind bezüglich des Sauerstoffgehaltes vergleichsweise<br />
anspruchsvoll, so dass Konzentrationen unter<br />
2 mg/l nicht überlebt werden.<br />
Verbreitung<br />
Gründlinge besiedeln Europa von der Iberischen Halbinsel<br />
bis zum Ural und zum Kaspischen Meer. In Berliner und<br />
Brandenburger Gewässern war der Gründling historisch<br />
34
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Gründling<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Gründling<br />
Anzahl Nachweise 203<br />
Anzahl Gewässer 2013: 50, 2003: 47, 1993: 48<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 18, Flussseen: 13, Standgewässer: 19<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Kleine bis große Fließgewässer, Flussseen und größere Seen mit sandigem<br />
Substrat<br />
Oberhavel, Unterhavel, Tegeler Fließ, Spree, Zeuthener See, Müggelsee, Kiessee<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: Vorwarnliste (V)<br />
FFH-Anhang: -<br />
35
Giebel<br />
Carassius gibelio (BLOCH, 1782)<br />
Giebel werden bis 30 cm, in seltenen Fällen sogar bis 50 cm<br />
lang und bis zu 3 kg schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Giebel hat einen gedrungenen, leicht hochrückigen Körper<br />
mit relativ großen Schuppen. Das Maul ist endständig<br />
und trägt im Gegensatz zum ähnlichen Schuppenkarpfen<br />
keine Barteln. Die lange dunkle Rückenflosse ist an ihrem<br />
freien Rand gerade bis leicht nach innen gewölbt (konkav),<br />
was den Giebel sicher von der ähnlich aussehenden Karausche<br />
unterscheidet.<br />
Giebel besiedeln bevorzugt Standgewässer, wo sie insbesondere<br />
in Kleingewässern, Auegewässern und Seen in<br />
einem fortgeschrittenen Stadium der Verlandung sehr konkurrenzstark<br />
sind. Im Frühjahr, bei höheren Wasserständen<br />
durchwandern sie allerdings auch sehr ausgedehnt die<br />
Fließgewässer. Giebel sind extrem anspruchslos in Bezug<br />
auf die Wasserqualität und sehr tolerant gegenüber hohen<br />
Temperaturen und niedrigen Sauerstoffgehalten. Analog zu<br />
Bitterling und Karausche überleben sie auch kurzzeitig anoxische<br />
(Sauerstoff-freie) Bedingungen.<br />
Die Fortpflanzungsperiode erstreckt sich von Mai bis Juli.<br />
Zwar können Giebel durchaus zweigeschlechtliche Populationen<br />
ausbilden, aber in den meisten Gewässern finden<br />
sich reine Weibchenbestände, die sich gynogenetisch, d.h.<br />
durch Jungfernzeugung vermehren. Dabei werden die Eier<br />
der Giebel durch Spermien anderer karpfenartigen <strong>Fische</strong><br />
zur Entwicklung angeregt, ohne dass es zu einer Befruchtung<br />
kommt. Auf diese Weise kann ein einziges Giebelweibchen<br />
eine neue Population gründen, was die Art auch zu<br />
einem sehr guten Erstbesiedler (Pionierart) macht.<br />
Verbreitung<br />
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Giebels liegt in<br />
Ostasien. In Mitteleuropa wurde er bereits im Frühmittelalter<br />
parallel mit dem Karpfen verbreitet, weshalb er heute zu<br />
den prähistorisch (weit vor 1492) eingebürgerten, einheimischen<br />
Fischarten zählt. Aufgrund seines Anpassungsvermögens<br />
und seiner artspezifischen Fortpflanzungsstrategie ist<br />
der Giebel heute in Europa weit verbreitet. In Brandenburg<br />
sind aktuell 225 Vorkommen bekannt. Obwohl der Giebel im<br />
Zusammenleben mit anderen Fischarten deutlich konkurrenzstärker<br />
ist als die Karausche, steht er in seiner Verbreitung<br />
hinter dieser zurück.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin wurde der Giebel in 134 Befischungsstrecken und<br />
52 Gewässern nachgewiesen. Damit ist die Anzahl der Gewässerstrecken<br />
in denen Giebel präsent sind hier deutlich<br />
höher als bei der Karausche, ganz im Gegensatz zum Umland.<br />
Diese weitere Verbreitung könnte ein Indiz für seine<br />
o.g. größere Konkurrenzstärke sein, die in urbanen Gewässern<br />
möglicherweise besonders zum Tragen kommt. Ungeachtet<br />
dessen ist auch in den Berliner Gewässern die Zahl<br />
der Vorkommen rückläufig.<br />
Der Verbreitungsschwerpunkt des Giebels in Berlin liegt in<br />
den Gräben und Kleingewässern. Relativ häufig ist er im Obersee<br />
und im Lietzensee. Von den größeren Gewässern wird er<br />
regelmäßig in der Unterhavel und im Grimnitzsee gefangen.<br />
Der Giebel gilt als der wildlebende Vorfahr des inzwischen<br />
seit fast 1.000 Jahren domestizierten und als eigene Art beschriebenen<br />
Goldfischs Carassius auratus. In Goldfischteichen<br />
werden immer wieder naturfarbene Individuen gefangen,<br />
die sich nicht vom Giebel unterscheiden lassen und<br />
möglicherweise aus Rückkreuzungen hervorgegangen sind.<br />
So können freigesetzte Goldfische aus Gartenteichen auch<br />
neue Giebelpopulationen initiieren. Sehr wahrscheinlich<br />
bietet die natürliche Farbe auch einen besseren Schutz vor<br />
Räubern. So besteht beispielsweise der Goldfischbestand im<br />
Eckernpfuhl nur noch aus naturfarbenen Individuen, bei denen<br />
der ausgeprägte Schleierschwanz noch deutliches<br />
Zeugnis ihrer Herkunft gibt.<br />
36
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Giebel<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Giebel<br />
Anzahl Nachweise 134<br />
Anzahl Gewässer 2013: 52, 2003: 66, 1993: 63<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 14, Flussseen: 10, Standgewässer: 28<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Stehende und langsam fließende Gewässer<br />
Unterhavel, Grimnitzsee, Lietzensee sowie in einer Vielzahl der untersuchten<br />
Landseen<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
37
Karausche<br />
Carassius carassius (LINNAEUS, 1758)<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Die Karausche hat einen seitlich abgeflachten, hochrückigen<br />
Körper mit relativ großen Schuppen und einer auffälligen,<br />
messingfarbenen bis goldgelben Grundfärbung. Die<br />
Flossen sind graubraun bis bräunlich gefärbt. Das kleine<br />
Maul ist endständig. Die lange Rückenflosse ist an ihrem<br />
freien Rand nach außen gewölbt (konvex), wodurch sich die<br />
Karausche sicher vom ähnlichen Giebel unterscheiden lässt.<br />
Karauschen können in seltenen Fällen bis 50 cm lang und<br />
3 kg schwer werden. Allerdings erreichen sie in den meisten<br />
Gewässern nur Längen bis 20 cm. Karauschen sind limnophile<br />
<strong>Fische</strong>, d.h. sie bevorzugen Stillgewässer oder langsam<br />
strömende Fließgewässer. Dabei zeigen sie eine Vorliebe<br />
für verkrautete Ufer und schlammigen Grund. Im Hinblick<br />
auf die Wassergüte sind sie extrem anpassungsfähig.<br />
Karauschen tolerieren Wassertemperaturen >35°C und<br />
kommen bis zu sechs Wochen ohne Sauerstoff aus, da sie in<br />
Sauerstoffmangelsituationen auf einen anaeroben Stoffwechsel<br />
umstellen können. Analog zu Bitterling und Giebel<br />
kennzeichnet sie diese Anpassung als spezialisierten Bewohner<br />
typischer Flussauen-Gewässer. Diese Fähigkeit ermöglicht<br />
es ihnen, in Gewässern zu überleben, die temporär<br />
aussticken. In solchen Gewässern ist sie oft die einzige<br />
Fischart. Karauschen laichen in den Sommermonaten von<br />
Juni bis August, vorzugsweise an Wasserpflanzen. Dabei<br />
legt ein einziges Weibchen bis zu 300.000 Eier. Aufgrund<br />
des hohen Vermehrungspotentials kann die Karausche in<br />
Gewässern ohne Fressfeinde sehr hohe Bestandsdichten bilden.<br />
Im Gegensatz dazu sind Karauschen im Zusammenleben<br />
mit anderen Arten eher konkurrenzschwach und selten<br />
anzutreffen. Karauschen fressen ein breites Spektrum<br />
an wirbellosen Bodenorganismen, verschmähen aber auch<br />
pflanzliche Kost nicht. Wenn hohe Bestandsdichten zu Nahrungsmangel<br />
führen, werden weniger hochrückige Hungerformen<br />
ausgebildet, die dem Giebel sehr ähneln und als<br />
Steinkarauschen bezeichnet werden.<br />
© Andreas Hartl<br />
Verbreitung<br />
Karauschen sind von Westeuropa bis nach Sibirien verbreitet.<br />
In Brandenburg sind aktuell noch 435 Vorkommen bekannt,<br />
gegenüber mehr als 800 im Jahr 1998. Auch bundesweit<br />
ist die Zahl der Karauschengewässer rückläufig, womit<br />
die Art zu den am stärksten gefährdeten Deutschlands<br />
zählt, mit dem dramatischsten Bestandsrückgang. Ursache<br />
ist neben dem großräumigen Verlust von Auegewässern,<br />
dem Hauptlebensraum der Art, vor allem die Sanierung vieler<br />
Kleinstgewässer, die dann nicht mehr aussticken. Auch<br />
trägt der Verlust von als Karauschenhabitat geeigneten<br />
Klein- und Kleinstgewässern durch Baulandgewinnungsmaßnahmen,<br />
Verfüllung, Grundwasserabsenkung u.ä. zum<br />
Rückgang der Art bei.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin hat die Anzahl der bekannten Vorkommen der<br />
Karausche weiter abgenommen, von 85 Gewässern 1992<br />
auf 69 im Jahr 2003 und nur noch 53 in den letzten zehn<br />
Jahren. Dieser drastische Rückgang führte in der überarbeiteten<br />
Roten Liste der Rundmäuler und <strong>Fische</strong> Berlins zur<br />
Eingruppierung der Karausche als stark gefährdete Fischart.<br />
Der Rückgang ist umso dramatischer zu bewerten, da<br />
bei der aktuellen Erfassung überwiegend Kleingewässer,<br />
Gräben und Landseen, d.h. potentiell geeignete Karauschengewässer<br />
befischt wurden.<br />
Gute Karauschenbestände beherbergen aktuell noch die<br />
Nebengewässer des Tegeler Fließes, wie z.B. der Teich am<br />
Eichwerder Steg, die Bucher Teiche, die Waldseen in Zehlendorf<br />
und Hermsdorf oder auch der Lietzengraben.<br />
38
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Karausche<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Karausche<br />
Anzahl Nachweise 91<br />
Anzahl Gewässer 2013: 53, 2003: 69, 1993: 85<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 12, Flussseen: 5, Standgewässer: 36<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Stehende und langsam fließende Gewässer, typische Auenart<br />
Karpfenteich (Buch), Inselteich, Teich am Eichwerder Steg, Waldsee (Zehlendorf),<br />
Waldsee (Hermsdorf), Lietzengraben, Murellenteich<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: stark gefährdet (2)<br />
Rote Liste Berlin: stark gefährdet (2)<br />
FFH-Anhang: -<br />
39
Karpfen<br />
Cyprinus carpio (LINNAEUS, 1758)<br />
von Uferflächen und damit ein erfolgreiches Aufwachsen<br />
der Karpfenbrut.<br />
Allerdings reichen wenige erfolgreiche Vermehrungen in<br />
unregelmäßigen Abständen zum Erhalt des Bestandes, da<br />
Karpfen langlebig sind und mindestens 50 Jahre erreichen<br />
können. Sie werden dabei in seltenen Fällen über 1 m lang<br />
und mehr als 35 kg schwer. Karpfen besiedeln bevorzugt<br />
stehende und langsam fließende Gewässer mit verkrauteten<br />
Ufern und schlammigem Grund.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Die bekannten Zuchtformen des Karpfens haben einen gedrungenen,<br />
leicht hochrückigen Körper. Die am häufigsten<br />
verbreitete Form ist der Spiegelkarpfen mit wenigen, unregelmäßig<br />
verteilten Schuppen an den Flossenbasen und<br />
auf dem Schwanzstiel. Die vollständig beschuppte Form<br />
wird oft fälschlicherweise als Wildform bezeichnet. Sie ist<br />
schlanker als die übrigen Rassen. Das leicht unterständige<br />
Maul des Karpfens ist rüsselartig ausstülpbar und mit je<br />
einem Paar kurzer und langer Barteln versehen. Karpfen<br />
können damit den Gewässerboden bis 15 cm tief nach Nahrung<br />
– wirbellosen Bodentieren – durchwühlen. Aufgrund<br />
dieser wühlenden Lebensweise können Karpfen in übermäßig<br />
hohen Bestandsdichten die Resuspension von Nährstoffen<br />
aus dem Sediment fördern und damit zur Verschlechterung<br />
der Wassergüte beitragen.<br />
Selbst stellen sie keine hohen Ansprüche an die Wasserqualität<br />
und tolerieren sowohl Wassertemperaturen bis zu 38°C<br />
als auch geringe Sauerstoffgehalte
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Karpfen<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Karausche<br />
Anzahl Nachweise 40<br />
Anzahl Gewässer 2013: 26, 2003: 77, 1993: 75<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 3, Flussseen: 5, Standgewässer: 18<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Mittlere bis große Fließ- und Standgewässer<br />
Durch Besatz in vielen Gewässern verbreitet<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
41
Aland<br />
Leuciscus idus (LINNAEUS, 1758)<br />
Große Individuen sind sekundär piscivor, d.h. fakultativ<br />
Fisch fressend. Alande werden bis 20 Jahre alt und erreichen<br />
dabei in seltenen Fällen über 70 cm Körperlänge.<br />
© Jörg Freyhof<br />
Verbreitung<br />
Das Verbreitungsgebiet des Alands erstreckt sich von Belgien<br />
und Ostfrankreich im Westen bis nach Asien. Im Süden<br />
wird es durch die Alpen und den Balkan begrenzt. Besiedelt<br />
werden bevorzugt die großen Ströme im Bereich der Bleiregion,<br />
aber auch stauregulierte Gewässer und Kanäle. Der<br />
Aland zählt zu den Charakterfischarten der Wasserstraßen<br />
des Norddeutschen Tieflands. In Brandenburg wurden aktuell<br />
327 Vorkommen registriert und Alande waren an etwa<br />
jeder fünften Messstelle präsent.<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Aland hat einen langgestreckten, seitlich abgeflachten<br />
Körper mit einem endständigen Maul. Vom ähnlichen Döbel<br />
unterscheidet er sich durch seine kleineren und zahlreicheren<br />
Schuppen sowie die am freien Rand konkav, d.h. nach<br />
innen gewölbte Afterflosse. Diese und die Bauchflossen sind<br />
rötlich gefärbt, Rücken- und Schwanzflosse dunkelgrau. Die<br />
Iris des Alands ist goldfarben, was ihn von der Plötze (Iris<br />
rot) unterscheidet. Im Zierfischhandel ist eine vollständig<br />
rötlich-orange bis rotgolden gefärbte Varietät des Alands<br />
als Satzfisch für Gartenteiche zu erwerben, die Goldorfe.<br />
Wie die übrigen einheimischen Vertreter der Gattung Leuciscus<br />
wird auch der Aland den rheophilen, Strömung bevorzugenden<br />
Fischarten zugeordnet. Allerdings bevorzugen<br />
Alande die langsam fließenden Flussunterläufe und werden<br />
auch häufig in stehenden Nebengewässern und insbesondere<br />
den Flussseen gefangen.<br />
Für die Eiablage bevorzugen Alande Wasserpflanzen. Fehlen<br />
diese, können Alande auf verschiedene andere Hartsubstrate,<br />
wie Totholz, Steine oder Wurzeln ausweichen. Diese Anpassungsfähigkeit<br />
in Bezug auf das Laichsubstrat ist kennzeichnend<br />
für phyto-lithophile <strong>Fische</strong>. Während der Laichzeit<br />
im April-Mai legt ein Weibchen bis zu 100.000 klebrige Eier.<br />
Im Hinblick auf Strömungsverhältnisse, Uferstrukturen und<br />
Wassergüte sind Alande sehr anpassungsfähig und tolerieren<br />
sowohl hohe Temperaturen als auch niedrige Sauerstoffgehalte.<br />
Alande sind omnivor, d.h. Allesfresser. Das<br />
Nahrungsspektrum schließt neben wirbellosen Bodenorganismen<br />
auch Anfluginsekten und insbesondere Fisch ein.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
Der Aland ist ein typischer Fisch der Bleiregion größerer<br />
Fließgewässer zu denen auch die Hauptfließgewässer Berlins<br />
zählen. Folgerichtig wurde die Art in allen größeren<br />
Flüssen, Kanälen und sämtlichen Flussseen nachgewiesen.<br />
Insgesamt wurden 185 Nachweise aus 41 Gewässern geführt.<br />
Die Zahl der Vorkommen ist seit 20 Jahren stabil, die<br />
Bestandsentwicklung positiv. Der Verbreitungsschwerpunkte<br />
des Alands liegen zum einen im Südosten Berlins,<br />
zum anderen in der unteren Spree. In der Spree und im Teltowkanal<br />
waren Alande besonders häufig, wo sie sich vielfach<br />
unterhalb von Wehranlagen oder im Bereich von Einmündungen<br />
konzentrieren.<br />
Im Lichtenrader Dorfteich wurde als einzigem Fundort auch<br />
die goldfarbene Variante, die Goldorfe nachgewiesen. Da<br />
Goldorfen als Zierfische und Exoten zu betrachten sind erfolgte<br />
ihre Kartendarstellung zusammen mit den nicht einheimischen<br />
Fischarten.<br />
42
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Aland<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Aland<br />
Anzahl Nachweise 185<br />
Anzahl Gewässer 2013: 41, 2003: 43, 1993: 32<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 24, Flussseen: 12, Standgewässer: 5<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Unterlauf größerer Fließgewässer, Flussseen<br />
Spree, Teltowkanal, Oberhavel, Unterhavel, Griebnitzsee, Müggelsee, Innerstädtische<br />
Kanäle<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
43
Blei<br />
Abramis brama (LINNAEUS, 1758)<br />
Der Blei besiedelt bevorzugt größere, stehende und langsam<br />
fließende Gewässer mit schlammigem Grund. In diesen<br />
bildet er oft so große Bestände, dass das Metapotamal der<br />
Flussunterläufe klassisch Bleiregion genannt wurde. Bezüglich<br />
der Wassergüte ist der Blei sehr anpassungsfähig, toleriert<br />
Temperaturen bis 36°C und Sauerstoffgehalte 15°C – tragen die Männchen<br />
einen auffälligen Laichausschlag in Form weißer Knötchen<br />
auf dem Körper und verteidigen am Ufer Reviere. Die Weibchen<br />
legen bis zu 300.000 Eier. Bleie werden in seltenen Fällen<br />
>75 cm lang und bis 8 kg schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Blei hat einen hochrückigen, seitlich stark abgeflachten<br />
Körper mit silbergrauer bis bronzener Grundfärbung. Die<br />
Flossen sind grau. Auffällig ist die lange Afterflosse. Das<br />
Maul ist leicht unterständig und rüsselartig ausstülpbar,<br />
was der Nahrungsaufnahme aus dem Sohlsubstrat dient<br />
und den Blei für eine bodenorientierte Lebensweise prädestiniert.<br />
Bleie können das Sediment bis in 5-7 cm Tiefe durchwühlen,<br />
um ihre Hauptnahrung, Insektenlarven, Tubificiden,<br />
Mollusken und Kleinkrebse aufzunehmen. Bei hohen<br />
Zooplanktondichten („Wasserflöhe“) gehen Bleie zu einer<br />
filtrierenden Ernährung über, bei der sie das Wasser durch<br />
die Kiemen pumpen und die Nahrung mittels der Kiemenreusendornen<br />
zurückgehalten wird.<br />
Von der ähnlich aussehenden Güster ist der Blei insbesondere<br />
durch die Länge der Brustflossen zu unterscheiden.<br />
Diese reichen angelegt mit ihren Spitzen bis zum Ansatz der<br />
Bauchflossen. Bei der Güster enden sie deutlich davor. Auch<br />
ist beim Blei der Durchmesser des Auges kleiner als der des<br />
Mauls, bei der Güster größer.<br />
Verbreitung<br />
Das vom Blei besiedelte Gebiet erstreckt sich von Westfrankreich<br />
bis nach Asien. In Mitteleuropa wird es im Süden<br />
von den Pyrenäen und den Alpen begrenzt. Nach der klassischen,<br />
längszonalen Einteilung der Fließgewässer ist der<br />
Blei die Leitfischart des Metapotamals, der sog. Bleiregion<br />
im Unterlauf von Flüssen. Bleie sind in allen großen Strömen<br />
der Region ubiquitär verbreitet und wurden hier bereits<br />
im Mittelalter als häufige Fischart mit zahlreichen Vorkommen<br />
beschrieben. Aktuell wurden in Brandenburger<br />
Gewässern 830 Vorkommen festgestellt und der Blei an<br />
jeder zweiten Messstelle nachgewiesen.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
Mit 439 Nachweisen aus 73 Berliner Gewässern zählt der<br />
Blei zu den häufigen Fischarten im Stadtgebiet. In den vergangenen<br />
10 Jahren wurde er in allen größeren Berliner<br />
Flüssen, Flussseen und Kanälen nachgewiesen. In Gräben<br />
und Kleingewässern fehlt er natürlicherweise und wird dort,<br />
wenn überhaupt, nur im Frühjahr gefangen, wenn er zum<br />
Laichen auch in kleinere Gräben zieht.<br />
Seit den 1980er Jahren wurden u.a. Bleie befischt und entnommen,<br />
um die Nahrungskette zu manipulieren und so die<br />
Gewässergüte zu verbessern (Wegfang der Zooplankton<br />
fressenden <strong>Fische</strong> um den Fraßdruck auf Blaualgen und<br />
Phytoplankton zu erhöhen). Durch diese sog. Gewässergütebewirtschaftung<br />
hat sich das Wachstum der Bleie in den<br />
Berliner Gewässern deutlich verbessert und sie erreichen<br />
heute marktfähige, gute Speisefischgröße, auch wenn sie<br />
als solche zu Unrecht wenig begehrt und kaum absetzbar<br />
sind.<br />
Besonders gutwüchsig und häufig sind Bleie in der Unterhavel,<br />
im Großen Müggelsee, Seddinsee, Gosener und Teltowkanal,<br />
sowie in der Spree im Stadtgebiet.<br />
44
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Blei<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Blei<br />
Anzahl Nachweise 439<br />
Anzahl Gewässer 2013: 73, 2003: 96, 1993: 88<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 22 , Flussseen: 15 , Standgewässer: 36<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Unterlauf mittlerer bis größerer Fließgewässer, Flussseen, größere Standgewässer<br />
In allen größeren Fließgewässern, Flussseen und Seen präsent<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
45
Döbel<br />
Leuciscus cephalus (LINNAEUS, 1758)<br />
Der Döbel gehört zu den rheophilen Fischarten und besiedelt<br />
bevorzugt Fließgewässer der unteren Forellen- bis hin<br />
zur Barbenregion, kommt aber auch in der Bleiregion und<br />
gelegentlich in durchflossenen Seen vor. In Bezug auf die<br />
Wasserqualität sind Döbel nicht sehr anspruchsvoll. Hohe<br />
Nährstoffgehalte werden gut vertragen, sofern der Sauerstoffgehalt<br />
nicht unter 1 mg/l sinkt, Wassertemperaturen<br />
bis 35°C werden ebenfalls noch toleriert. Für den Erhalt einer<br />
Döbelpopulation ist der Zugang zu wenig verschlammten,<br />
groben Sohlsubstraten wichtig. Döbel sind lithophile<br />
<strong>Fische</strong>, die über grobkörnigem Kies ablaichen und deren<br />
Larven am Boden im Kies-Lückensystem leben, bis sie<br />
schwimm- und freßfähig sind. Döbel sind Portionslaicher,<br />
d.h. der bis 100.000 Eier umfassende Laich eines Weibchens<br />
reift unterschiedlich und wird innerhalb der von Mai bis Juli<br />
andauernden Laichzeit in mehreren Schüben abgelegt. Aufgrund<br />
seiner Laichsubstrat-Präferenz zählt der Döbel in<br />
Tieflandflüssen zu den sensitivsten Indikatoren für flusstypische<br />
Gewässerstrukturen. Döbel sind omnivor und nutzen<br />
ein breites Nahrungsspektrum, welches von Insektenlarven<br />
über wirbellose Bodentieren, Anfluginsekten und Fisch, bis<br />
hin zu pflanzlicher Nahrung und Obst reicht. Döbel sind sekundär<br />
piscivore <strong>Fische</strong>, bei denen mit zunehmender Größe<br />
Fisch als Nahrungsbestandteil an Bedeutung gewinnt. Insbesondere<br />
größere Exemplare entwickeln sich zunehmend<br />
zu Fischfressern. Döbel können mehr als 20 Jahre alt und<br />
dabei bis 80 cm lang und mehr als 4 kg schwer werden.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Döbel hat einen torpedoförmigen Körper mit einem großen<br />
Kopf und einem breiten, endständigen Maul, weshalb<br />
er auch Dickkopf genannt wird. Auffällig sind seine großen,<br />
dunkel geränderten Schuppen, die auf den Körperseiten<br />
eine deutliche Netzzeichnung entstehen lassen. Die paarigen<br />
und die Afterflosse sind kräftig rot gefärbt, Rücken- und<br />
Schwanzflosse dunkelgrau. Vom Aland und ähnlichen karpfenartigen<br />
<strong>Fische</strong>n ist er anhand seiner Afterflosse gut zu<br />
unterscheiden. Im Gegensatz zu den genannten Arten ist<br />
deren freier Rand beim Döbel konvex, nach außen gewölbt.<br />
Verbreitung<br />
Der Döbel ist in Europa weithin verbreitet und besiedelt nahezu<br />
alle großen Stromgebiete. Während er mit abnehmender<br />
Fließgeschwindigkeit im Tiefland seltener wird, kann er<br />
in Mittelgebirgsflüssen und im Bereich der Barbenregion<br />
große Individuendichten erreichen. In Forellengewässern<br />
werden Döbelbestände auch als Indikator für Degradation<br />
bewertet. In den stauregulierten Fließgewässern im Berliner<br />
Umland sind Döbel nach wie vor laichplatzlimitiert, weshalb<br />
sich der Bestand auch bei verbesserter Wasserqualität nur<br />
langsam erholt. Aktuell sind 363 Fundorte des Döbels in<br />
Brandenburger Gewässern registriert.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
Historisch zählten die Berliner Hauptfließgewässer Havel<br />
und Spree zur Barbenregion im Übergang zur Bleiregion,<br />
mit dem Döbel als typischer Begleitfischart. Stauregulierung<br />
und Ausbau haben diese Gewässer so weit verändert,<br />
dass ihr Charakter heute der Bleiregion entspricht. Als eine<br />
Folge starb die Barbe als ursprüngliche Leitfischart aus und<br />
damit einher ging ein drastischer Rückgang rheophiler Arten,<br />
u.a. des Döbels. Die Anzahl der Vorkommen des Döbels<br />
in Berlin hat sich auf geringem Niveau stabilisiert und ist<br />
gegenüber 2003 unverändert. Allerdings ist auch die Gesamtzahl<br />
von 14 Nachweisen gering und unterstreicht, dass<br />
der Döbel in keinem Berliner Gewässer häufig ist. Analog zu<br />
Brandenburg ist die Art im Stadtgebiet laichplatzlimitiert,<br />
da die geringen Fließgeschwindigkeiten der Gewässer nicht<br />
ausreichen, die für den Döbel essentiellen grob-kiesigen<br />
Laichsubstrate vor der Verschlammung zu bewahren. Das<br />
Neuenhagener Mühlenfließ (Erpe) und die Oberhavel sind<br />
aktuell die Hauptvorkommen des Döbels in der Stadt. Weitere<br />
Nebenflüsse, wie Tegeler Fließ und Panke erscheinen<br />
nach Wiederherstellung der Durchgängigkeit ebenfalls für<br />
die Art gut geeignet.<br />
46
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Döbel<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Döbel<br />
Anzahl Nachweise 14<br />
Anzahl Gewässer 2013: 7, 2003: 7, 1993: 15<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 3, Flussseen: 4, Standgewässer: 0<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Mittlere bis größere Fließgewässer<br />
Oberhavel, Neuenhagener Mühlenfließ, Dämeritzsee<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: gefährdet (3)<br />
FFH-Anhang: -<br />
47
Güster<br />
Abramis bjoerkna (LINNAEUS, 1758)<br />
Güstern sind Schwarmfische und besiedeln zusammen mit<br />
dem Blei bevorzugt die Freiwasser- bzw. Profundalregion<br />
großer Flüsse. Dort ernähren sie sich vor allem von wirbellosen<br />
Bodentieren, wie Insektenlarven und Tubificiden. Güstern<br />
werden kaum älter als 10 Jahre und länger als 30 cm,<br />
erreichen aber in großen Flüssen wie der Oder bis 45 cm und<br />
2 kg.<br />
Verbreitung<br />
Güstern besiedeln mitteleuropäische Gewässer von Westfrankreich<br />
bis zum Ural. Im Süden erstreckt sich ihr Verbreitungsgebiet<br />
bis zu den Pyrenäen und den Alpen. Die Art<br />
gehört zu den häufigen und am weitesten verbreiteten<br />
Fischarten mit zahlreichen Vorkommen und oft massenhaftem<br />
Auftreten. In Brandenburg wurde sie aktuell in 764 Gewässern<br />
nachgewiesen.<br />
© Jörg Freyhof<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Güstern besitzen einen seitlich abgeflachten, hochrückigen<br />
Körper mit langer Afterflosse und einer silbrigen bis grausilbrigen<br />
Grundfärbung. Die Ansätze der paarigen Flossen,<br />
insbesondere der Brustflossen sind rötlich. Die Brustflossen<br />
reichen angelegt nicht bis an den Ansatz der Bauchflossen,<br />
was die Güster vom ähnlichen Blei unterscheidet. Ein weiteres<br />
Unterscheidungsmerkmal ist der Durchmesser des<br />
Auges, der bei der Güster deutlich größer ist als der Mauldurchmesser,<br />
beim Blei kleiner. Das Maul ist leicht unterständig.<br />
Die Güster ist eine eurytope Art, die fließende und<br />
stehende Gewässer gleichermaßen besiedelt. Ihre Ansprüche<br />
an die Wasserqualität sind gering und in Bezug auf<br />
Temperatur und Sauerstoff unspezifisch. Minimale Sauerstoffgehalte<br />
um 1 mg/l werden ebenso toleriert wie Temperaturen<br />
>30-33°C. Die Güster ist eine phytophile, d.h. an<br />
Pflanzenmaterial laichende Fischart, die ihre Eier bei Wassertemperaturen<br />
>15°C unter lebhaftem Geplätscher an<br />
Wasserpflanzen oder überfluteter Ufervegetation ablegt.<br />
Während der Laichzeit von Mai bis Juli haben die Männchen<br />
einen starken Laichausschlag im Kopfbereich. Güstern sind<br />
Portionslaicher. Die Eier reifen in mehreren Schüben und<br />
werden zwei- bis dreimal im Abstand von etwa 10 Tagen<br />
abgegeben. Güstern sind mit zwei bis drei Jahren geschlechtsreif.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
Die Güster wurde aktuell bei 194 Befischungen in 49 Berliner<br />
Gewässern nachgewiesen. Allerdings widerspiegelt der<br />
deutliche Rückgang der Zahl der Vorkommen gegenüber<br />
2003 keine reale Bestandsabnahme. Im Beobachtungszeitraum<br />
wurde eine Vielzahl von Kleingewässern und Gräben<br />
befischt, in denen die Art natürlicherweise fehlt.<br />
Die Güster ist nach wie vor weit verbreitet und in allen für<br />
sie geeigneten Gewässern, wie den Flussseen, großen Fließgewässern<br />
und Kanälen präsent. Sie zählt zu den Charakterfischarten<br />
regulierter Flüsse und Kanäle der Region. Hinweise<br />
auf einen realen Rückgang der Bestände fanden sich<br />
dagegen nicht. Besonders großwüchsig und häufig war die<br />
Güster im Seddinsee und zur Laichzeit im Frühjahr auch im<br />
Grabensystem der Gosener Wiesen.<br />
48
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Güster<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Güster<br />
Anzahl Nachweise 194<br />
Anzahl Gewässer 2013: 49, 2003: 79, 1993: 74<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 15, Flussseen: 13, Standgewässer: 21<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Mittelgroße bis große Fließgewässer, Flussseen und Seen<br />
In allen größeren Fließgewässern und Flussseen weit verbreitet<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
49
Hasel<br />
Leuciscus leuciscus (LINNAEUS, 1758)<br />
Hasel sind omnivor und fressen neben Insektenlarven, wirbellosen<br />
Bodentieren oder Anfluginsekten, gelegentlich<br />
auch Zooplankton. Hasel werden selten älter als acht Jahre,<br />
35-40 cm lang und bis 800 g schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Hasel besitzen einen langgestreckten, hochovalen Körper.<br />
Das Maul ist klein und unterständig mit einer markanten,<br />
wulstartigen Verdickung über der Oberlippe. Die Grundfärbung<br />
des Hasels ist silbrig-grau glänzend bis grau. Rückenund<br />
Schwanzflosse sind immer grau, die übrigen Flossen<br />
können auch gel-braun oder gelblich gefärbt sein. Die<br />
Schuppen sind relativ groß, haben aber nicht die dunkle<br />
Netzzeichnung wie beim Döbel. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal<br />
ist der freie Rand der Afterflosse, der beim<br />
Hasel deutlich konkav, beim Döbel konvex ist.<br />
Wie die anderen einheimischen Vertreter der Gattung Leuciscus<br />
gehört auch der Hasel zu den rheophilen, d.h. strömungsliebenden<br />
Fischarten. Er besiedelt bevorzugt kleinere<br />
strukturreiche Fließgewässer von der Barben- bis zur Forellenregion.<br />
Einzelexemplare werden aber auch regelmäßig in<br />
Kanälen, stauregulierten Flüssen und durchflossenen Seen<br />
nachgewiesen. Hasel zeigen eine höhere Strömungspräferenz<br />
als Aland oder Döbel.<br />
Hasel sind lithophile Kieslaicher mit benthischen Larven.<br />
Die Laichzeit erstreckt sich von März bis Anfang April. Bei<br />
Wassertemperaturen ab 10°C werden je nach Größe des<br />
Weibchens bis zu 20.000 Eier über grobkörnigem Kies abgelegt.<br />
Hasel tolerieren hohe Wassertemperaturen bis >33°C,<br />
sind aber sehr empfindlich gegenüber geringen Sauerstoffgehalten<br />
von unter 2 mg/l.<br />
Verbreitung<br />
Das Verbreitungsgebiet des Hasels erstreckt sich von Westeuropa<br />
bis nach Asien. Im Süden wird es durch die Pyrenäen<br />
und die Alpen begrenzt. Kleine naturnahe Fließgewässer<br />
mit einer hohen Strömungsvielfalt und dementsprechend<br />
ausgeprägter Breiten- und Tiefenvarianz sowie Strukturvielfalt<br />
– der bevorzugte Lebensraum des Hasels – sind<br />
zumindest im norddeutschen Tiefland ein gefährdeter Biotoptyp.<br />
Im Berliner Umland haben sich die Bestände auf geringem<br />
Niveau stabilisiert. Aktuell sind in Brandenburg 221<br />
Vorkommen registriert.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin wurden 23 Nachweise des Hasels in 12 Gewässern<br />
geführt. Damit ist die Anzahl der besiedelten Gewässer seit<br />
1993 unverändert, was für die Stabilität der Populationen<br />
spricht, wenn auch auf einem sehr geringen Häufigkeitsniveau.<br />
Interessanterweise fehlt der Hasel in den meisten potentiell<br />
geeigneten, rascher fließenden Nebengewässern<br />
von Spree und Havel, wie Panke, Wuhle und Tegeler Fließ.<br />
Nur in der Erpe wurde er festgestellt, was ein Hinweis auf<br />
die Bedeutung der Durchgängigkeit und des Rückbaus der<br />
Wehre für diese Art ist.<br />
Die meisten aktuellen Nachweise des Hasels stammen aus<br />
Flussseen, wo er regelmäßig, aber in geringen Stückzahlen<br />
im Fang auftritt. Relativ zahlreich sind Hasel in der Müggelspree<br />
und in der Löcknitz. In beiden Flüssen bildet der Hasel<br />
einen reproduktiven Bestand, von dem aus Individuen in<br />
den Dämeritzsee ziehen. Darüber hinaus stammen regelmäßige<br />
Nachweise aus dem Langen See und dem Zeuthener<br />
See sowie aus Ober- und Unterhavel.<br />
50
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Hasel<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Hasel<br />
Anzahl Nachweise 23<br />
Anzahl Gewässer 2013: 12, 2003: 12, 1993: 12<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 6, Flussseen: 6, Standgewässer: 0<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Kleine bis große Fließgewässer mit zumeist rascher Strömung<br />
Oberhavel, Unterhavel, Dämeritzsee, Langer See, Zeuthener See<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: gefährdet (3)<br />
FFH-Anhang: -<br />
51
Moderlieschen<br />
Leucaspius delineatus (HECKEL, 1843)<br />
Die Laichzeit des phytophilen Moderlieschens erstreckt sich<br />
von Mai bis Juli. Das pro Weibchen bis zu 100 Eier umfassende<br />
Gelege wird an Wasserpflanzen, insbesondere Röhricht<br />
gelegt. Mittels einer kurzen Legeröhre heftet das<br />
Weibchen die Eier in Form spiralförmiger Ketten an senkrecht<br />
stehende Pflanzenstengel. Hier werden sie bis zum<br />
Schlupf vom Männchen bewacht und mit den Brustflossen<br />
befächelt, um sauerstoffreiches Wasser zuzuführen. Aufgrund<br />
ihres Vermehrungspotentials sind Moderlieschen<br />
gute Erstbesiedler und typische Fischarten der Flussauen<br />
und Auengewässer.<br />
© Jörg Freyhof<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Moderlieschen sind kleine, bis 8 cm lange, silbrig glänzende<br />
<strong>Fische</strong> mit einem gestreckten, seitlich nur wenig abgeflachten<br />
Körper. Ihr Maul ist oberständig. Moderlieschen ähneln<br />
in ihrem Habitus dem Ukelei, sind aber kleinwüchsiger und<br />
deutlich korpulenter. Im Gegensatz zum Ukelei haben sie<br />
auch nur eine unvollständige, relativ kurze Seitenlinie, die<br />
sich maximal über die ersten 10-12 Schuppen erstreckt. Die<br />
Schuppen sitzen locker und fallen bei Berührungen leicht<br />
aus.<br />
Das Moderlieschen ist eine schwarmbildende Fischart, mit<br />
einer ausgeprägten Vorliebe für stehende Gewässer, wobei<br />
sie auch kleinste Tümpel, Pfuhle und Sölle besiedelt. An die<br />
Wasserqualität stellen sie nur sehr geringe Ansprüche.<br />
Hohe Temperaturen (bis 37°C) werden ebenso toleriert wie<br />
minimale Sauerstoffgehalte von 0,6 mg/l. Moderlieschen<br />
bilden auch in organisch stark belasteten Gewässern Massenentwicklungen.<br />
Moderlieschen werden selten älter als<br />
2-3 Jahre und laichen in der Regel nur ein einziges, selten<br />
zwei Mal. Analog zum Stint unterliegt die Populationsstärke<br />
deshalb starken Schwankungen und es wechseln Massenentwicklungen<br />
mit Jahren geringer Bestandsdichte. Moderlieschenvorkommen<br />
werden daher auch häufig übersehen<br />
und nur in Jahren massenhaften Auftretens auffällig.<br />
Moderlieschen bevorzugen oberflächennahe Wasserschichten,<br />
wo sie sich von Plankton und Anflugnahrung ernähren.<br />
Verbreitung<br />
Moderlieschen sind in Mittel- und Osteuropa verbreitet. Sie<br />
fehlen auf den Britischen Inseln und im überwiegenden Teil<br />
Skandinaviens. Im norddeutschen Tiefland sowie im Berliner<br />
Umland sind sie weit verbreitet. In Brandenburg wurden<br />
aktuell 350 Vorkommen dokumentiert. Verbreitungsschwerpunkte<br />
sind hier die Teichwirtschaften sowie Kleinund<br />
Kleinstgewässern aber insbesondere auch Auegewässer,<br />
wie z.B. im unteren Odertal.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin wurde das Moderlieschen aktuell an 88 Messstellen<br />
in 47 Gewässern nachgewiesen. Damit ist die Zahl der<br />
Vorkommen gegenüber 2003 unverändert. Präsenz und Bestand<br />
haben sich in den vergangenen Jahren stabilisiert,<br />
sofern man bei den natürlichen Bestandsschwankungen<br />
von stabilen, d.h. sich selbst erhaltenden Beständen ausgehen<br />
kann. Erwartungsgemäß fand sich der Verbreitungsschwerpunkt<br />
der Art in den Standgewässern, in Landseen<br />
(15 Vorkommen) und Kleingewässern (18).<br />
Hauptvorkommen, d.h. in den vergangenen Jahren vorübergehend<br />
hohe Bestände wurden in der Wuhle und im Wuhlesee<br />
beobachtet, in den Waldseen Hermsdorf und Zehlendorf,<br />
in der Bogenseekette, im Malchower See, Südparkteich,<br />
Lietzensee, Hubertussee, Dianasee, Königssee, Hundekehlesee,<br />
Britzer Kirchteich und im Stieglakebecken. In der kleinen<br />
Grunewaldseenkette und im Waldsee Zehlendorf wurden<br />
auch schon in vergangenen Berichtsperioden starke<br />
Bestände des Moderlieschens dokumentiert. Hier scheint<br />
die Art besonders gute Lebensbedingungen zu finden, was<br />
sich in einer kontinuierlichen, individuenreichen Bestandsentwicklung<br />
widerspiegelt.<br />
52
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Moderlieschen<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Moderlieschen<br />
Anzahl Nachweise 88<br />
Anzahl Gewässer 2013: 47, 2003: 47, 1993: 41<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 10, Flussseen: 4, Standgewässer: 33<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Gefährdungskategorie<br />
Stehende und langsam fließende Gewässer<br />
Wuhle, Waldsee (Hermsdorf), Bogenseekette, Malchower See, Südparkteich,<br />
Lietzensee, Hubertussee, Dianasee, Königssee, Hundekehlesee, Waldsee (Zehlendorf),<br />
Britzer Kirchteich, Stieglakebecken<br />
Rote Liste BRD: Vorwarnliste (V)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
53
Plötze<br />
Rutilus rutilus (LINNAEUS, 1758)<br />
geschlechtsreif, die Männchen bereits mit ca. 10 cm Länge.<br />
Plötzen ernähren sich omnivor, d.h. sie nutzen ein sehr<br />
breites Nahrungsspektrum von wirbellosen Bodentieren<br />
über Zooplankton bis hin zu Pflanzenteilen. Plötzen sind<br />
Schwarmfische, die bevorzugt die Uferregion der Gewässer<br />
besiedeln. Sie werden selten älter als 15 Jahre und in Ausnahmefällen<br />
bis >45 cm lang und >2 kg schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Plötzen haben einen gestreckten, seitlich abgeflachten Körper.<br />
Ihre Grundfarbe ist ein grau-silbrig glänzender Ton. Die<br />
Flossen sind leicht rötlich bis kräftig rot (insbesondere die<br />
paarigen Flossen) gefärbt, weshalb sie gelegentlich mit der<br />
Rotfeder verwechselt wird. Im Gegensatz zu letztgenannter<br />
ist das Maul der Plötze endständig. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal<br />
ist die Stellung von Rücken- und Bauchflossen<br />
zueinander. Bei der Plötze stehen die Ansätze beider<br />
Flossen senkrecht übereinander. Bei der Rotfeder ist der Ansatz<br />
der Rückenflosse hingegen deutlich in Richtung<br />
Schwanz (caudal) hinter den Ansatz der Bauchflossen verschoben.<br />
Die Iris der Plötze ist rötlich gefärbt, weshalb sie<br />
auch Rotauge genannt wird, während die der Rotfeder goldfarben<br />
ist.<br />
Die Plötze gehört zu den eurytopen Fischarten, die keine<br />
Präferenz für Stand- oder Fließgewässer zeigen. Darüber<br />
hinaus ist sie im Hinblick auf Wassergüte, Laichsubstrat<br />
und Nahrungsspektrum ausgesprochen anpassungsfähig.<br />
Wassertemperaturen werden bis maximal 38°C toleriert,<br />
minimale Sauerstoffgehalte bis 90% des Gesamtfischbestandes. Das ausgeprägte<br />
Anpassungsvermögen der Plötze prädestiniert sie<br />
für das Überleben in anthropogen beeinträchtigten Gewässern.<br />
Plötzen werden weiterhin als Besatzfische vermarktet. Berliner<br />
<strong>Fische</strong>r liefern jährlich mehr als 20 t lebende Plötzen<br />
an Angelvereine oder <strong>Fische</strong>reiverbände im Süden und Westen<br />
Deutschlands. Die gezielte Befischung der Plötzenbestände<br />
im Rahmen der Gewässergütebewirtschaftung hat<br />
zudem zu einem besseren Wachstum der Tiere und deutlich<br />
höheren Stückmassen geführt, was die Art nun auch wieder<br />
als Angel- und Speisefisch interessant macht. Lohnende<br />
Ziele sind hier vor allem die Spree-Dahme-Seen.<br />
54
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Plötze<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Plötze<br />
Anzahl Nachweise 659<br />
Anzahl Gewässer 2013: 111, 2003: 116, 1993: 102<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 32, Flussseen: 15, Standgewässer: 64<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Stehende und fließende Gewässer<br />
In fast allen Berliner Gewässern präsent<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
55
Rapfen<br />
Aspius aspius (LINNAEUS, 1758)<br />
Rapfen erreichen ein Höchstalter von etwa 15 Jahren und<br />
werden dabei bis 1 m lang und 10 kg schwer.<br />
Verbreitung<br />
Der Rapfen besiedelte Europa im Westen ursprünglich nur<br />
bis zum Elbe-Einzugsgebiet, wurde Mitte der 1990er Jahre<br />
aber auch im Rhein angesiedelt, wo er sich heute gut entwickelt.<br />
Im Osten begrenzen Ural und Kaspisches Meer sein<br />
Verbreitungsgebiet, im Süden die Donau. Er fehlt in weiten<br />
Teilen Skandinaviens und auf den Britischen Inseln.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Rapfen hat einen langgestreckten, seitlich leicht abgeflachten<br />
Körper und einen relativ großen, spitz wirkenden<br />
Kopf. Der Körper ist silbrig glänzend bis grau gefärbt, die<br />
Flossen sind dunkelgrau. Bei juvenilen Rapfen können die<br />
paarigen Flossen auch rötlich bis rotbraun gefärbt sein. Das<br />
weite, zahnlose Maul ist endständig, die Spitze des Unterkiefers<br />
bei adulten Exemplaren leicht nach oben gebogen.<br />
Die Maulspalte reicht bis unter die Augen, was den Rapfen<br />
von allen übrigen einheimischen karpfenartigen <strong>Fische</strong>n<br />
unterscheidet.<br />
Rapfen sind primär piscivor und ernähren sich als adulte<br />
(erwachsene) Tiere ausschließlich von <strong>Fische</strong>n. Hauptbeutefisch<br />
ist der Ukelei, der – wie der Rapfen – ebenfalls bevorzugt<br />
die Freiwasserregion der großen Flüsse und Flussseen<br />
besiedelt. Der Rapfen ist eine typische Flussfischart (rheophil),<br />
wobei er langsam fließende Gewässer bevorzugt. Seine<br />
Ansprüche an die Wasserqualität sind höher als bei den<br />
meisten anderen Karpfenfischen. So benötigt er einen minimalen<br />
Sauerstoffgehalt von 2 mg/l. Temperaturen >30°C<br />
werden dagegen problemlos toleriert.<br />
Rapfen besiedeln aktuell alle Unterläufe der großen Ströme<br />
im norddeutschen Tiefland sowie die meisten Kanäle. Obwohl<br />
Rapfen bei Bestandsuntersuchungen aus methodischen<br />
Gründen unterrepräsentiert sind, beläuft sich die aktuelle<br />
Zahl der Vorkommen in Brandenburg auf 258. Er<br />
zählt damit zu den häufigeren Fischarten im Berliner Umland,<br />
mit einer stabilen Bestandsentwicklung.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In den vergangenen zehn Jahren wurden 133 Nachweise geführt<br />
und 35 Vorkommen des Rapfens in Berliner Gewässern<br />
dokumentiert. Rapfen neigen als Raubfische nicht zu<br />
Massenentwicklungen und sind in den einzelnen Gewässern<br />
regelmäßig anzutreffen, aber nicht besonders häufig. Auffallend<br />
zahlreich waren daher die Vorkommen in Ober- und<br />
Unterhavel, in der Spree und den Spree-Dahme Seen<br />
Müggel-, Dämeritz-, Zeuthener und Langer See sowie im<br />
Teltowkanal.<br />
In den Havelseen und in der Spree erscheint die Rapfenpopulation<br />
stabil bis leicht zunehmend, obwohl die Bewertung<br />
der Bestandsentwicklung des Rapfens vergleichsweise aufwendig<br />
ist. Als Freiwasserfisch wird er bei der Standard-<br />
Fischüberwachung nicht repräsentativ erfasst und – obgleich<br />
als Fangobjekt begehrt – auch kaum gezielt beangelt<br />
oder kommerziell genutzt.<br />
Rapfen laichen hauptsächlich von März bis Mitte April, nach<br />
kurzen, stromauf gerichteten Laichwanderungen. Als lithophile<br />
<strong>Fische</strong> nutzen sie gut überströmte, grobkörnige Substrate,<br />
in deren Lückensystem die Eier geschützt sind und wo<br />
sich die geschlüpfte Brut bis zum Freischwimmen aufhält.<br />
Große Weibchen legen bis zu 1 Millionen klebrige Eier. Die<br />
Brut schlüpft nach rund 2 Wochen.<br />
Die Berliner Bestände rekrutieren sich in vergleichsweise<br />
wenigen, bekannten Laicharealen, von denen der Westliche<br />
Abzugsgraben das bedeutendste innerhalb des Stadtgebiets<br />
ist.<br />
56
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Rapfen<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Rapfen<br />
Anzahl Nachweise 133<br />
Anzahl Gewässer 2013: 35, 2003: 36, 1993: 34<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 18, Flussseen: 13, Standgewässer: 4<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Freiwasserzone größerer Fließgewässer und angeschlossene Standgewässer<br />
Oberhavel, Unterhavel, Tegeler See, Spree, Teltowkanal, Müggelsee, Müggelspree,<br />
Dämeritzsee, Zeuthener See, Langer See<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: II, V<br />
57
Rotfeder<br />
Scardinius erythrophthalmus (LINNAEUS, 1758)<br />
Brut, sondern auch zur Ernährung genutzt. Von den einheimischen<br />
Arten wurden bei der Rotfeder nach der Nase<br />
(Chondrostoma nasus) die größten Volumenanteile pflanzlicher<br />
Nahrung ermittelt. Daneben fressen Rotfedern auch<br />
Insektenlarven, Mollusken, Schnecken, Zoo-plankton und<br />
Anflugnahrung.<br />
Rotfedern erreichen Längen von 20-30 cm und Stückmassen<br />
bis 450 g, in Ausnahmefällen werden sie bis 50 cm groß<br />
und mehr als 2 kg schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Rotfedern haben einen gedrungenen, relativ hochrückigen<br />
Körper. Die Grundfärbung ist messingfarben, die Flossen<br />
sind leuchtend rot (Namensgebung). Rotfedern haben ein<br />
oberständiges Maul und eine goldgelbe bis orangefarbene<br />
Iris. Beides unterscheidet sie von der Plötze, deren Maul ist<br />
endständig und die Iris rot. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal<br />
ist die Stellung der Rücken- und Bauchflossen zueinander.<br />
Bei der Rotfeder ist der Ansatz der Rückenflosse<br />
deutlich nach caudal (Richtung Schwanz) hinter den Ansatz<br />
der Bauchflossen verschoben. Bei der Plötze stehen beide<br />
Flossenansätze senkrecht übereinander.<br />
Rotfedern sind typische Stillwasserarten (limnophil) mit<br />
hervorragenden Anpassungen an Klein- und Auegewässer.<br />
So sind sie sehr tolerant gegenüber organischen Belastungen<br />
des Wassers, hohen Temperaturen bis 38°C und geringen<br />
Sauerstoffgehalten von 0,4 mg/l. Sie bevorzugen Gewässer<br />
mit ausgedehnter Ufervegetation und dichten<br />
Wasserpflanzenbeständen.<br />
Rotfedern sind phytophil, d.h. ihr bevorzugtes Laichsubstrat<br />
sind untergetauchte Wasserpflanzen, an die die klebrigen<br />
Eier geheftet werden. Die Laichzeit beginnt bei Temperaturen<br />
>15 °C und erstreckt sich von Mai bis Juni. Pro<br />
Weibchen werden 50.000-200.000 Eier gelegt. Die Brut<br />
schlüpft nach drei bis zehn Tagen und heftet sich mit Hilfe<br />
von am Kopf befindlichen Klebedrüsen an Wasserpflanzen.<br />
Wasserpflanzen (submerse Makrophyten) werden nicht nur<br />
als Laichsubstrat und Deckung für die heranwachsende<br />
Verbreitung<br />
Das ausgedehnte Verbreitungsgebiet der Rotfeder reicht<br />
von Westeuropa bis Mittelasien. Im Süden wird es durch die<br />
Pyrenäen und die Alpen begrenzt. Im Berliner Umland ist die<br />
Rotfeder weit verbreitet und bildet vielerorts stabile Bestände.<br />
Die Rotfeder profitiert von der in den vergangenen Jahrzehnten<br />
deutlich verbesserten Wasserqualität und dem<br />
damit verbundenen, vermehrten Aufkommen von Wasserpflanzen.<br />
Aktuell wurden in Brandenburg 848 Vorkommen<br />
dokumentiert.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In den Berliner Gewässern gehört die Rotfeder mit 282<br />
Nachweisen und 93 dokumentierten Vorkommen zu den<br />
häufigsten Fischarten. Den Verbreitungsschwerpunkt der<br />
Art bilden die Standgewässer, wobei hier insbesondere auch<br />
die Kleingewässer besiedelt werden. Rotfedern waren, wenn<br />
auch nicht überall zahlreich, in mehr als 70% der befischten<br />
Klein- und Kleinstgewässer präsent.<br />
Die Zahl der Rotfedervorkommen ist gegenüber 2003 unverändert,<br />
aber in den meisten Gewässern haben sich die<br />
Bestände im Beobachtungszeitraum positiv entwickelt.<br />
Gute Rotfederbestände mit großwüchsigen Exemplaren<br />
wurden in Ober- und Unterhavel, im Teltowkanal sowie in<br />
Müggel-, Dämeritz-, Seddin- und Zeuthener See nachgewiesen.<br />
Im Tegeler Fließ und in vielen Landseen war die Rotfeder<br />
zwar sehr häufig, aber kleinwüchsig.<br />
58
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Rotfeder<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Rotfeder<br />
Anzahl Nachweise 282<br />
Anzahl Gewässer 2013: 93, 2003: 93, 1993: 78<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 21, Flussseen: 13, Standgewässer: 59<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Seen, Teiche und langsam fließende Gewässer mit starkem Pflanzenbewuchs<br />
Oberhavel, Unterhavel, Tegeler Fließ, Mehrzahl der Landseen, Teltowkanal,<br />
Müggelsee, Dämeritzsee, Seddinsee, Zeuthener See<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
59
Ukelei<br />
Alburnus alburnus (LINNAEUS, 1758)<br />
ist. Ukeleis werden mit zwei Jahren geschlechtsreif und erreichen<br />
selten mehr als 20 cm Maximallänge.<br />
Verbreitung<br />
Das Verbreitungsgebiet des Ukeleis erstreckt sich von Westfrankreich<br />
bis zum Ural. Im Süden wird es von den Pyrenäen,<br />
den Alpen, dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer<br />
begrenzt. Die Art fehlt im Norden Skandinaviens und auf<br />
den Britischen Inseln.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Ukelei hat einen sehr schlanken, langgestreckten, seitlich<br />
stark abgeflachten Körper. Der Kopf ist relativ klein, das<br />
Maul oberständig. Die großen Schuppen lösen sich bei Berührung<br />
sehr schnell vom Körper. Die Grundfarbe ist silbrigglänzend<br />
mit dunklem, grünlich schimmerndem Rücken.<br />
Die Flossen sind grau. Als Unterscheidungsmerkmal zum<br />
ähnlich aussehenden Moderlieschen hat der Ukelei eine bis<br />
zur Schwanzwurzel durchgehende Seitenlinie. Auch ist der<br />
Körper des Ukeleis auffallend schlanker als der des Moderlieschens.<br />
Der Ukelei ist eine eurytope Fischart, die sowohl fließende<br />
als auch stehende Gewässer besiedelt. Bevorzugt werden<br />
die Unterläufe der großen Flüsse und durchflossenen Seen<br />
in der Bleiregion, wo die Art am häufigsten ist. Hier nutzt er<br />
bevorzugt die Freiwasserregion nahe der Wasseroberfläche,<br />
wo er überwiegend Anfluginsekten und Zooplankton frisst.<br />
Ukeleis stellen keine besonderen Ansprüche an die Wassergüte<br />
und das Laichsubstrat. Hohe Wassertemperaturen<br />
(30-35°C) werden ebenso toleriert wie Sauerstoff-Minima<br />
von 1,6 mg/l. Als phyto-lithophile Art nutzt der Ukelei diverse<br />
Hartsubstrate zur Eiablage, wie grobkörnigen Kies, Wasserpflanzen<br />
sowie mit Algen überwachsene Steine und Wurzeln.<br />
Ukeleis sind Portionslaicher. Der klebrige, pro<br />
Weibchen bis 1.500 Eier umfassende Laich wird von April bis<br />
Juli in 2-4 Schüben im Abstand von jeweils etwa zwei Wochen<br />
abgegeben. Die nach 3 bis 10 Tagen schlüpfende Brut<br />
hält sich im Substrat auf, bis der Dottervorrat aufgebraucht<br />
Verbreitungsschwerpunkte des Ukeleis liegen in den größeren<br />
Fließgewässersystemen und Flussseen im Einzugsgebiet<br />
der großen Ströme, im Berliner Umland vor allem von Elbe<br />
und Oder sowie in zahlreichen Seen im Nordosten Brandenburgs<br />
und im Gebiet von Havel und Spree. Der Ukelei wurde<br />
aktuell mit 688 Vorkommen dokumentiert und gehört mit<br />
einer Präsenz von 40% zu den häufigen Fischarten in Brandenburg.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin wurden aktuell 202 Nachweise geführt und der<br />
Ukelei für 56 Gewässer dokumentiert. Die geringere Zahl<br />
der Vorkommen gegenüber 2003 ist insbesondere darauf<br />
zurückzuführen, dass diesmal neben den häufiger befischten,<br />
berichtspflichtigen Gewässern gemäß WRRL, insbesondere<br />
Gräben und kleine Standgewässer befischt wurden, in<br />
denen Ukeleis natürlicherweise nicht vorkommen. Der Bestand<br />
des Ukeleis in den Berliner Gewässern ist stabil.<br />
Besonders häufig ist die Art in der Oberhavel, im Tegeler<br />
See, im gesamten Bereich der Unterhavel inklusive der angeschlossenen<br />
Seen sowie in der Spree, den Spree-Dahme-<br />
Seen und im Gosener Kanal.<br />
60
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Ukelei<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Ukelei<br />
Anzahl Nachweise 202<br />
Anzahl Gewässer 2013: 56, 2003: 75, 1993: 61<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 21, Flussseen: 14, Standgewässer: 21<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Stehende und fließende Gewässer<br />
Oberhavel, Tegeler See, Unterhavel, Griebnitzsee, Großer Wannsee, Kleine<br />
Wannseekette, Spree, Müggelsee, Müggelspree, Dämeritzsee, Langer See,<br />
Zeuthener See, Gosener Kanal<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
61
Schleie<br />
Tinca tinca (LINNAEUS, 1758)<br />
mit Hilfe von am Kopf befindlichen Klebedrüsen an Wasserpflanzen<br />
an, bis ihr Dottervorrat aufgebraucht ist.<br />
Schleien ernähren sich überwiegend von wirbellosen Bodentieren,<br />
wie Schnecken, Muscheln, Würmern und Insektenlarven.<br />
Schleien werden im Allgemeinen 15-20 Jahre alt,<br />
bis 60 cm lang und 3 kg schwer, in seltenen Fällen bis 80 cm<br />
lang und bis 7 kg schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Schleien sind aufgrund ihrer markanten Körperform und<br />
-färbung unverwechselbar. Ihr gestreckter, seitlich kaum<br />
abgeflachter Körper hat eine gelb-grüne, grünliche bis gelbbraune<br />
Grundfärbung mit typischem Messingglanz. Die<br />
Flossen sind dunkelgrau, die Flossenränder stark abgerundet.<br />
Bei den Männchen sind die ersten zwei Strahlen der<br />
deutlich größeren Bauchflossen stark verdickt. Dies führt zu<br />
einer auffälligen Krümmung ihrer Bauchflossen, wodurch<br />
beide Geschlechter äußerlich einfach zu unterscheiden sind.<br />
Die Schuppen sind klein, länglich und tief in der sehr schleimigen<br />
Haut verborgen. Das Maul der Schleie ist endständig,<br />
leicht vorstülpbar und trägt in den Mundwinkeln je einen<br />
kleinen Bartfaden.<br />
Verbreitung<br />
Das große Verbreitungsgebiet der Schleie erstreckt sich von<br />
Westeuropa bis Sibirien. Besiedelt werden vor allem sommerwarme<br />
Tieflandgewässer, während sie in Flussoberläufen<br />
und in größeren Höhelagen in der Regel fehlt. Durch<br />
Besatz wurde sie allerdings auch in viele höher gelegene<br />
Seen und Stauseen verbracht, wo sie in der Regel sehr langsamwüchsige<br />
Bestände bildet. Im Berliner Umland sind<br />
Schleien weit verbreitet und mit 901 dokumentierten Vorkommen<br />
die fünft-häufigste Fischart in Brandenburg.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin sind Schleien ebenfalls weit verbreitet. Im zurückliegenden<br />
Beobachtungszeitraum wurde die Art bei 215 Befischungen<br />
in 87 Gewässern nachgewiesen. So wurde sie in<br />
neun von zehn Flussseen und mehr als 60% der Standgewässer<br />
gefangen. Auch wenn die Zahl der Vorkommen in<br />
den letzten Dekaden relativ konstant ist, nehmen die Bestände<br />
der Schleie in den Gewässern deutlich zu. Sehr auffällig<br />
ist dies u.a. in der Müggelspree.<br />
Schleien sind limnophil, d.h. sie bevorzugen als Lebensraum<br />
stehende oder langsam fließende Gewässer. Besonders<br />
häufig ist die Schleie in flachen, nährstoffreichen und stark<br />
verkrauteten Seen, weshalb dieser Gewässertyp fischfaunistisch<br />
auch als Hecht-Schlei-See charakterisiert wird. Als<br />
typische Arten der Flussaue-Gewässer stellen sie nur geringe<br />
Ansprüche an die Wasserqualität und tolerieren Wassertemperaturen<br />
bis 37°C und Sauerstoffminima 15-17°C ihre Eier (bis zu 300.000 pro<br />
Weibchen) in mehreren Schüben abgeben, typischerweise in<br />
den Sommermonaten Juni-Juli. Die Brut schlüpft bei 20°C<br />
Wassertemperatur nach drei bis vier Tagen und heftet sich<br />
Hohe Schleienbestände wurden auch in der Oberhavel, im<br />
Groß Glienicker See, im Lietzengraben und in der Panke beobachtet.<br />
In den beiden Fließgewässern waren die Schleien<br />
zwar zahlreich aber kleinwüchsig. Der Großteil der festgestellten<br />
Bestände reproduziert sich natürlich. Schleienbesatz<br />
zur Stützung der Berliner Bestände ist unnötig und in<br />
den letzten zehn Jahren daher weitgehend eingestellt worden.<br />
62
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Schleie<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Schleie<br />
Anzahl Nachweise 215<br />
Anzahl Gewässer 2013: 87, 2003: 95, 1993: 80<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 22, Flussseen: 9, Standgewässer: 56<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Stehende bis langsam fließende Gewässer mit reichem Pflanzenbewuchs<br />
Oberhavel, Groß Glienicker See, Lietzengraben, Panke und in einer Vielzahl der<br />
untersuchten Berliner Landseen<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
63
Schlammpeitzger<br />
Misgurnus fossilis (LINNAEUS, 1758)<br />
Schlammpeitzger sind limnophil, d.h. sie bevorzugen Standgewässer.<br />
Hier bilden sie insbesondere in Klein- und Auegewässern<br />
sowie Gräben oft starke Bestände, sind aber darüber<br />
hinaus in allen größeren, langsam fließenden Gewässern<br />
mit verkrauteten Uferbereichen präsent. An die Wassergü-te<br />
stellen sie keine hohen Ansprüche. Im Gegenteil, sie<br />
gehören zu den wenigen einheimischen Fischarten, die temporär<br />
anoxische, d.h. sauerstofffreie Bedingungen überstehen.<br />
Möglich wird dies durch die Fähigkeit des Schlammpeitzgers<br />
zur akzessorischen Atmung („Darmatmung“).<br />
Hierfür schluckt er an der Wasseroberfläche Luft und presst<br />
diese in eine mit zahlreichen Blutgefäßen ausgestattete<br />
Aussackung des Enddarms. Dieses Anpassungsvermögen<br />
ermöglicht es den Tieren, schlammige, pflanzen- und nährstoffreiche<br />
und damit oft sauerstoffarme Gräben und Kleingewässer<br />
zu besiedeln, in denen andere Fischarten nicht<br />
dauerhaft überleben können. Auch das temporäre Austrocknen<br />
des Gewässers können Schlammpeitzger überdauern,<br />
indem sie sich bis zu einem halben Meter tief in den<br />
Grund eingraben. Schlammpeitzger sind damit speziell an<br />
Auegewässer und Kleingewässer im fortgeschrittenen Sukzessionsstadium<br />
angepasst.<br />
Schlammpeitzger sind phytophil. Die Eier – pro Weibchen<br />
bis zu 15.000 Stück – werden obligatorisch an Wasserpflanzen<br />
geheftet. Dadurch wird beispielsweise verhindert, dass<br />
die Eier im Schlamm des Gewässerbodens versinken und im<br />
dort anoxischen Milieu absterben. Die Laichzeit erstreckt<br />
sich von April bis Juli.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Schlammpeitzger haben einen aalartig langgestreckten,<br />
hinten seitlich abgeflachten Körper. Am Maul befinden sich<br />
insgesamt 10 Barteln, vier auf der Unterlippe und sechs auf<br />
der Oberlippe und in den Mundwinkeln. Entlang des Körpers<br />
erstrecken sich gelbe und braune Längsbinden, die die Art<br />
unverwechselbar machen. Beim Schlammpeitzger lassen<br />
sich die Geschlechter äußerlich unterscheiden. Die Männchen<br />
sind schlanker als die Weibchen und haben einen verdickten<br />
zweiten Brustflossenstrahl, wodurch letztere spitz<br />
wirkt. Die Brustflossen der Weibchen sind dagegen abgerundet.<br />
Das Nahrungsspektrum des Schlammpeitzgers umfasst<br />
kleine wirbellose Bodentiere, Insektenlarven und Aufwuchs.<br />
Schlammpeitzger werden bis 30 cm lang.<br />
Verbreitung<br />
Das Verbreitungsareal des Schlammpeitzgers reicht von<br />
Mitteleuropa im Westen bis zum Ural im Osten. Im Süden<br />
wird es von den Alpen und dem Balkan begrenzt. Der<br />
Schlammpeitzger fehlt auf den Britischen Inseln und in<br />
Skandinavien. Besiedelt werden vor allem sommerwarme<br />
Tieflandgewässer. In größeren Höhenlagen und Flussoberläufen<br />
fehlt der Schlammpeitzger hingegen. Im Berliner<br />
Umland ist die Art mit 204 Vorkommen registriert. Die Brandenburger<br />
Bestände scheinen unverändert und stabil, obgleich<br />
es vielerorts weiterhin Schwierigkeiten bereitet, z.B.<br />
den Reproduktionserfolg zu bewerten.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin hat sich die Zahl der dokumentierten Vorkommen<br />
gegenüber 2003 beinahe verdreifacht. Schlammpeitzger<br />
wurden aktuell an 20 Messstellen in 14 Gewässern nachgewiesen.<br />
Das mit Abstand individuenreichste und daher auch<br />
unbedingt schützenswerte Schlammpeitzgervorkommen<br />
wurde in den Nebengewässern des Tegeler Fließes festgestellt.<br />
Eher überraschend war dagegen der Nachweis einzelner<br />
Tiere in der Wuhle. Für die meisten Gewässer mit Einzelnachweisen<br />
lassen sich keine gesicherten Aussagen zur<br />
Bestandsentwicklung des Schlammpeitzgers treffen. Allerdings<br />
wird letztere aufgrund der deutlichen Zunahme der<br />
Schlammpeitzgervorkommen für die Berliner Gewässer insgesamt<br />
positiv bewertet.<br />
64
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Schlammpeitzger<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Schlammpeitzger<br />
Anzahl Nachweise 20<br />
Anzahl Gewässer 2013: 14, 2003: 5, 1993: 8<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 10, Flussseen: 2, Standgewässer: 2<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Flachwasserzonen stehender und langsam fließender Gewässer<br />
Tegeler Fließ mit Nebengewässern, darüber hinaus Einzelnachweise aus Spree,<br />
Wuhle, Müggelsee, Unterhavel und dem Gosener Graben<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: stark gefährdet (2)<br />
Rote Liste Berlin: stark gefährdet (2)<br />
FFH-Anhang: II<br />
65
Steinbeißer<br />
Cobitis taenia (LINNAEUS, 1758)<br />
Steinbeißer sind phytophil. In der sich von April bis Juli erstreckenden<br />
Laichzeit werden bei Wassertemperaturen<br />
>18°C pro Weibchen bis zu 200 Eier an Wasserpflanzen (bevorzugt<br />
fädige Grünalgen) abgelegt. Die Larven verbergen<br />
sich bis zur Schwimm- und Fressfähigkeit in den Pflanzenpolstern<br />
und Algenmatten und sind sogar in der Lage, die<br />
dort temporär auftretenden hohen pH-Werte zu tolerieren.<br />
Die Nahrung des Steinbeißers besteht aus kleinen wirbellosen<br />
Bodenorganismen, die er aus dem Sediment filtert.<br />
Dafür werden Sand und Detritus „durchkaut“ (namensgebend!),<br />
d.h. aufgenommen, die Nahrungsbestandteile in<br />
den Kiemenreusendornen zurückgehalten und Unverdauliches<br />
durch die Kiemenspalten entlassen.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Steinbeißer gehören wie der Schlammpeitzger zur Familie<br />
der Schmerlen (Cobitidae) und haben einen aalartig langgestreckten,<br />
hinten seitlich abgeflachten Körper, der aber insgesamt<br />
kaum länger als 12 cm ist. Der Kopf ist auf der Oberseite<br />
der Schnauze auffällig gewölbt und trägt unter jedem<br />
Auge einen aufrichtbaren, gegabelten Dorn, weshalb der<br />
Steinbeißer auch gelegentlich als Dorngrundel bezeichnet<br />
wird. Die Nasenöffnungen sind röhrenförmig verlängert.<br />
Das stark unterständige Maul trägt 6 kurze Barteln auf der<br />
Oberlippe. Die Grundfarbe des Körpers ist sandfarben bis<br />
gelblich-braun. Unterhalb der Seitenlinie zieht sich ein auffälliges<br />
Band großer, dunkler Flecken bis zum Schwanzstiel.<br />
Darüber befinden sich ein zweites schmales dunkles Band<br />
sowie weitere Bänder mit zahlreichen sehr feinen braunen<br />
Punkten.<br />
Steinbeißer zählen zu den typischen Flussfischarten und besiedeln<br />
die Uferregion fließender und stehender Gewässer<br />
mit sandigem Grund und einer leichten organischer Auflage.<br />
Tagsüber graben sich Steinbeißer häufig in die oberste<br />
Substratschicht ein. Die Anpassungsfähigkeit des Steinbeißers<br />
in Bezug auf Wassergüte und Uferstruktur scheint ausgeprägter<br />
zu sein, als bisher in der Literatur beschrieben. Er<br />
scheint durchaus relativ niedrige Sauerstoffgehalte und<br />
hohe Temperaturen zu tolerieren.<br />
Verbreitung<br />
Steinbeißer besiedeln fast ganz Europa und Asien, von Portugal<br />
im Westen bis Japan im Osten, wobei innerhalb des<br />
Verbreitungsgebietes zahlreiche Arten bekannt sind, die im<br />
Feld nicht immer problemlos zu unterscheiden sind. Im Berliner<br />
Umland nehmen die Bestände des Steinbeißers zu und<br />
die Art ist in Ausbreitung begriffen, was offenbar auf die<br />
flächendeckende, deutliche Verbesserung der Wasserqualität<br />
in den Gewässern zurückzuführen ist. Aktuell sind in<br />
Brandenburg 391 Vorkommen des Steinbeißers dokumentiert,<br />
womit sich die Anzahl der bekannten Fundorte in den<br />
letzten zehn Jahren beinahe verdoppelt hat. Daneben sind<br />
in Brandenburger Gewässern zwei weitere Arten präsent,<br />
die bislang noch nicht in Berlin beobachtet wurden, Donau-<br />
Steinbeißer und Goldsteinbeißer.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin haben sich Steinbeißerbestand und Zahl der Vorkommen<br />
ebenfalls sehr positiv entwickelt. Aktuell sind 44<br />
Nachweise aus 14 Gewässern dokumentiert. Einen starken,<br />
reproduzierenden Bestand beherbergt nach wie vor der<br />
Große Müggelsee. Daneben fanden sich Steinbeißer vergleichsweise<br />
zahlreich in der Uferzone der Unterhavel, im<br />
Gewässersystem der Tiefwerder Wiesen sowie im Grimnitz-,<br />
Dämeritz-, Seddin- und Groß Glienicker See.<br />
66
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Steinbeißer<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Steinbeißer<br />
Anzahl Nachweise 44<br />
Anzahl Gewässer 2013: 14, 2003: 10, 1993: 3<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 4, Flussseen: 7, Standgewässer: 3<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Langsam bis schnell fließende Gewässer, Flussseen<br />
Unterhavel, Kleiner u. Großer Jürgengraben, Hauptgraben, Fauler See, Grimnitzsee,<br />
Müggelsee, Dämeritzsee, Seddinsee, Groß Glienicker See<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: Vorwarnliste (V)<br />
FFH-Anhang: II<br />
67
Schmerle<br />
Barbatula barbatula (LINNAEUS, 1758)<br />
Schmerlen sind nachtaktiv und fressen bevorzugt Insektenlarven<br />
und Kleinkrebse. Als Kleinfischart erreichen sie zumeist<br />
Körperlängen von 10 cm, maximal 12-16 cm.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Körper der Schmerlen ist aalartig gestreckt, vorne leicht<br />
dorsoventral (vom Rücken zum Bauch) und am Schwanzende<br />
seitlich abgeplattet. Die Grundfarbe ist braun mit dunklem<br />
Rücken aber insgesamt sehr variabel, von uni bis zu einer<br />
sehr auffälligen hell-dunklen Marmorierung. Das Maul<br />
ist stark unterständig und trägt 6 Barteln auf der Oberlippe<br />
und in den Mundwinkeln. Am unteren Rand der Augen befindet<br />
sich je ein kurzer, stumpfer Stachel. Die freien Ränder<br />
der kräftigen Flossen sind abgerundet.<br />
Schmerlen sind rheophile Flussfische, die alle Fließgewässertypen<br />
von der Forellen- bis zur Bleiregion besiedeln, aber<br />
die kleinen bis mittelgroßen bevorzugen. Eher selten werden<br />
dagegen Seen besiedelt und wenn, dann große, klare. In<br />
kleinen Fließgewässern können Schmerlen auch Dominanzbestände<br />
bilden. Massenentwicklungen der Schmerle in Forellengewässern<br />
sind als Störungsanzeiger zu bewerten.<br />
Wie bereits ihre weite Verbreitung in den verschiedenen<br />
Fließgewässerregionen nahelegt, sind Schmerlen bezüglich<br />
der Wasserqualität relativ anspruchslos. Sie tolerieren Temperaturen<br />
bis 34°C und Sauerstoffgehalte von 2 mg/l.<br />
Als psammophile, auf Sand laichende Fischart, sind Schmerlen<br />
auch weniger als andere Flussfische auf die fließgewässertypischen<br />
Grobsubstrate angewiesen. Die Laichzeit erstreckt<br />
sich von April bis Juni. Während dieser Zeit zeigen<br />
die Tiere an der Innenseite der Bauchflossen einen körnigen<br />
Laichausschlag.<br />
Verbreitung<br />
Das Verbreitungsgebiet der Schmerle erstreckt sich über<br />
ganz Europe nördlich der Pyrenäen, der Alpen und des Kaukasus<br />
bis zum 66. Breitengrad. Im norddeutschen Tiefland<br />
sind Schmerlen weit verbreitet und besiedeln hier auch die<br />
Unterläufe der großen Ströme. In den kleinen Standgewässern<br />
der Flussauen fehlen sie dagegen. In degradierten Tiefland-Forellenbächen<br />
ist die Schmerle bisweilen sehr häufig.<br />
Im Berliner Umland werden Vorkommen und Verbreitungssituation<br />
der Schmerle als stabil eingeschätzt, obwohl die<br />
Bestandsgrößen in einigen Gewässern weiterhin rückläufig<br />
sind. Aktuell sind in Brandenburg 278 Fundorte dokumentiert.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin waren Schmerlen historisch dokumentiert. Bis<br />
etwa 1920 wurde die Art noch in der Panke nachgewiesen,<br />
wo sie infolge der zunehmenden Gewässerverschmutzung<br />
verschwand. Das nächstgelegene Vorkommen fand sich im<br />
Neuenhagener Mühlenfließ (Erpe), wo seit den 1980er Jahren<br />
sporadische Bestandskontrollen den Fortbestand der<br />
Art bestätigten. Eine Ausbreitung in den auf Berliner Stadtgebiet<br />
gelegenen Unterlauf war bis 2010 allerdings nicht<br />
erfolgt.<br />
Mit dem Rückbau der Wehre in der Erpe und ihrem Ersatz<br />
durch raue Rampen wurden offenbar Bedingungen geschaffen,<br />
die die Ausbreitung der Schmerle und möglicherweise<br />
auch ihre Reproduktion und Bestandszunahme förderten.<br />
Im Jahr 2010 wurden auf der untersten, auf Berliner Stadtgebiet<br />
gelegenen Fischwanderhilfe einzelne Schmerlen gefangen,<br />
so dass die einst verschollene Art in Berlin wieder<br />
präsent ist. Ob und inwieweit sich ihre Bestände stabilisieren<br />
und ausbreiten, werden die kommenden Jahre zeigen.<br />
68
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Schmerle<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Schmerle<br />
Anzahl Nachweise 1<br />
Anzahl Gewässer 2013: 1, 2003: 0, 1993: 0<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 1, Flussseen: 0, Standgewässer: 0<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Rasch fließende Bäche und Flüsse mit sandigem oder kiesigem Substrat<br />
Einzelnachweis aus dem Neuenhagener Mühlenfließ (Erpe)<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: extrem selten (R)<br />
FFH-Anhang: -<br />
69
Wels<br />
Silurus glanis (LINNAEUS, 1758)<br />
Sie sind dämmerungs- bzw. nachtaktive Jäger.<br />
Welse können wahrscheinlich bis 80 Jahre alt und dann bis<br />
3 m lang und 150 kg schwer werden. In der Regel sind sie<br />
jedoch selten größer als 2 m und schwerer als 50-60 kg.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Welse haben einen langgestreckten, schuppenlosen Körper<br />
der im Kopfbereich dorsoventral (horizontal), hinten seitlich<br />
abgeflacht ist. Das breite Maul trägt insgesamt sechs Barteln,<br />
zwei sehr lange seitlich am Oberkiefer und vier kürzere<br />
am Unterkiefer. Das breite Maul ist mit hunderten kleiner<br />
Hechelzähne besetzt. Die Grundfärbung ist braun-schwarz<br />
bis grau-schwarz marmoriert.<br />
Welse sind eurytop und typische Bewohner großer strukturreicher<br />
Fließ- und Standgewässer. Sie sind sehr territorial<br />
und bevorzugen Gewässer mit komplexen Uferstrukturen,<br />
die als Einstände und Verstecke geeignet sind. An die Wasserqualität<br />
stellen sie nur geringe Ansprüche. Welse bevorzugen<br />
warme Gewässer und tolerieren Temperaturen<br />
>35°C. Der Sauerstoffgehalt sollte jedoch nicht dauerhaft<br />
unter 2 mg/l sinken.<br />
Als phytophile Fischart laicht der Wels an Wasserpflanzen<br />
im Uferbereich. Hier bauen die Welse Nester aus Pflanzenmaterial,<br />
in die die Weibchen bis zu 100.000 Eier legen. Die<br />
Männchen bewachen das Nest bis zum Schlüpfen der Brut.<br />
Auf dieses Verhalten sind auch die extrem seltenen, aber<br />
von den Medien gerne aufgegriffenen Angriffe großer Welse<br />
auf Badende zurückzuführen. Die Laichzeit liegt im Zeitraum<br />
Juni-Juli bei Wassertemperaturen über 20°C. Welse<br />
werden nach 3-4 Jahren geschlechtsreif.<br />
Verbreitung<br />
Das Verbreitungsareal des Welses reicht heute vom Ebro im<br />
Westen und der Donau im Süden bis nach Asien. Er fehlt in<br />
Skandinavien. Sein natürliches Verbreitungsgebiet wurde<br />
ursprünglich im Süden von den Alpen und im Westen von<br />
der Elbe begrenzt. Durch Besatz kommt er inzwischen auch<br />
in Italien sowie in der Weser und im Rhein vor. Im Berliner<br />
Umland liegen Verbreitungsschwerpunkte des Welses in<br />
Oder, Havel und Spree, während die Elbe offensichtlich<br />
schwächer besiedelt ist. Durch Besatzmaßnahmen wurden<br />
Welse beinahe flächendeckend verbreitet und auch in vielen<br />
ungeeigneten Kleinseen angesiedelt. Kurzfristige deutliche<br />
Bestandszunahmen der Art wurden als Invasion interpretiert<br />
und die fischereirechtlichen Schonvorschriften in Brandenburg<br />
aufgehoben. Anhand der aktuell dokumentierten<br />
Zahl von 306 Vorkommen in Brandenburg erscheint diese<br />
Reaktion allerdings nicht nachvollziehbar.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin wurden im Beobachtungszeitraum 15 Nachweise<br />
in 11 Gewässern geführt, weniger als die Hälfte der 2003<br />
registrierten Vorkommen. Letzteres ist sicher auch darauf<br />
zurückzuführen, dass der Anteil der vom Wels nicht besiedelbaren<br />
Kleinstgewässer und Gräben diesmal relativ hoch<br />
war. In den großen Flussseen wurde der Wels dagegen in<br />
jedem zweiten Gewässer nachgewiesen. Allerdings ist auch<br />
hier anzumerken, dass aufgrund der geringen Durchschnittstiefe<br />
und der Strukturarmut der Berliner Gewässer,<br />
dem Wels nur vergleichsweise wenig geeignete Strecken zur<br />
Verfügung stehen. Damit übereinstimmend pendeln auch<br />
die Anlandungen der Berliner Berufsfischer seit 2000 zwischen<br />
400 kg und 700 kg Jahresertrag. Ein Schwerpunkt der<br />
Welsverbreitung liegt im Südosten Berlins, wo sich die Art in<br />
der Müggelspree natürlich rekrutiert und von dort die<br />
Spree-Dahme-Seen besiedelt. Große Welse werden auch regelmäßig<br />
im Schlachtensee gefangen.<br />
Welse sind primär piscivor und fressen überwiegend <strong>Fische</strong>,<br />
verschmähen aber auch Wasservögel und Kleinsäuger nicht.<br />
70
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Wels<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Wels<br />
Anzahl Nachweise 15<br />
Anzahl Gewässer 2013: 11, 2003: 28, 1993: 18<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 1, Flussseen: 7, Standgewässer: 3<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Mittlere bis große stehende und fließende Gewässer<br />
Oberhavel, Plötzensee, Müggelsee, Müggelspree, Dämeritzsee, Seddinsee,<br />
Langer See, Schlachtensee<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
71
Quappe<br />
Lota lota (LINNAEUS, 1758)<br />
Quappen fressen überwiegend Bodentiere, wobei sie aufgrund<br />
ihres großen Mauls relativ große Beuteorganismen<br />
nutzen können. Als sekundär piscivore <strong>Fische</strong> gehen insbesondere<br />
die großen Individuen zu Fischnahrung über. Quappen<br />
sind sehr schnell- und großwüchsig, was aber das Vorhandensein<br />
von Temperaturrefugien erfordert. Fehlen<br />
diese, bleiben bei höheren Sommertemperaturen die größeren<br />
Exemplare >25 cm Länge im Wachstum zurück. Aus diesem<br />
Grund sind die meisten isolierten Bestände kleinwüchsig<br />
mit Längen bis 40 cm und Stückmassen um die 600 g.<br />
Dagegen werden die wandernden Populationen in Oder und<br />
Elbe bis 80 cm lang und 4 kg schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Die Quappe hat einen langgestreckten, im Kopfbereich dorsoventral<br />
(horizontal) hinten seitlich abgeflachten Körper.<br />
Die Grundfärbung ist braun mit dunkler Marmorierung. Ihr<br />
weites, leicht unterständiges Maul trägt zahlreiche, nach<br />
hinten gebogene Zähnen und am Unterkiefer einen einzelnen<br />
langen Bartfaden. Diese Bartel und die kehlständigen<br />
Bauchflossen charakterisieren die Quappe als einen Vertreter<br />
aus der Familie der Dorsche. Quappen besitzen zwei Rückenflossen,<br />
von denen die zweite sowie die Afterflosse sehr<br />
langgezogen sind und den Hinterleib säumen.<br />
Die Quappe ist eine rheophile Fischart, die Fließgewässer<br />
von der Brackwasser- bis zur Forellenregion, aber auch größere<br />
Stillgewässer besiedelt, wobei sie kühle Gewässer bevorzugt.<br />
Quappen tolerieren eine gewisse organische Belastung,<br />
so lange diese nicht zu Sauerstoffdefiziten 20°C führen bereits zu Stressreaktionen,<br />
maximal werden 28-30°C toleriert. Die Quappe<br />
gehört zu den wenigen einheimischen Fischarten, die in den<br />
Wintermonaten, von Dezember bis Januar laichen. Beginnend<br />
im November, wenn die Wassertemperatur unter 8°C<br />
sinkt, sammeln sich die Quappen und wandern zu den<br />
stromauf gelegenen Laichplätzen. Quappen sind litho-pelagophile<br />
Laicher. Pro Weibchen werden bis zu 1 Mio. Eier<br />
über hartgründigen, grobsandigen bis kiesigen Substraten<br />
im Hauptstrom gelegt. Die Larven schlüpfen nach 6 bis 10<br />
Wochen und driften anschließend im Freiwasser (pelagisch).<br />
Verbreitung<br />
Die Quappe besiedelt zirkumpolar die Nordhalbkugel, wobei<br />
drei geographische Rassen unterschieden werden. Sie fehlt<br />
in Südwest- und Südosteuropa sowie in weiten Teilen der<br />
Britischen Inseln. Nördlich der Pyrenäen und des Balkans<br />
kommt sie in allen Flüssen vor. Im Berliner Umland finden<br />
sich stabile Quappenbestände vor allem in Elbe und Oder.<br />
Die meisten übrigen Vorkommen sind dagegen kleinwüchsig,<br />
mit geringen Individuendichten. Aktuell sind in Brandenburg<br />
418 Vorkommen dokumentiert, von denen die<br />
Fließgewässerpopulationen einen positiven Bestandstrend<br />
zeigen, die in Standgewässern einen gleichbleibenden.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin besiedelt die Quappe insbesondere die großen<br />
Fließgewässer und Flussseen. Insgesamt wurden in den<br />
letzten zehn Jahren 53 Quappennachweise in 13 Gewässern<br />
geführt. In diesen Gewässern haben sich die Bestände der<br />
Art stabilisiert und nehmen zu. Zu den Gewässern mit einem<br />
gegenwärtig zwar zahlenmäßig noch relativ geringen<br />
aber kontinuierlich zunehmenden Quappenbe-stand gehören<br />
Ober- und Unterhavel, Tegeler See, Unterspree und der<br />
Große Müggelsee.<br />
Als potentielle Laichplätze der Quappe im innerstädtischen<br />
Bereich werden der Westliche Abzugsgraben und das Unterwasser<br />
des Wehrs Charlottenburg vermutet. Der Nachweis<br />
einer erfolgreichen Reproduktion steht aber noch aus.<br />
72
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Quappe<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Quappe<br />
Anzahl Nachweise 53<br />
Anzahl Gewässer 2013: 13, 2003: 21, 1993: 20<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 3, Flussseen: 8, Standgewässer: 2<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Gefährdungskategorie<br />
Fließgewässer und größere durchflossene Seen<br />
Oberhavel, Unterhavel, Unterspree, Tegeler See, Müggelsee<br />
Rote Liste BRD: Vorwarnliste (V)<br />
Rote Liste Berlin: gefährdet (3)<br />
FFH-Anhang: -<br />
73
Barsch<br />
Perca fluviatilis (LINNAEUS, 1758)<br />
werden nur geringe Ansprüche gestellt und hohe Temperaturen<br />
ebenso toleriert wie Sauerstoff-Minima um 1 mg/l.<br />
Barsche sind omnivore Allesfresser die insbesondere Wirbellose,<br />
wie Insektenlarven oder Kleinkrebse fressen, im<br />
Freiwasser auch Zooplankton und die als erwachsene Individuen<br />
häufig auch zu Fischnahrung übergehen. Große Barsche<br />
ernähren sich aber nicht zwangsläufig piscivor. Barsche<br />
werden in der Regel bis maximal 50 cm lang und über<br />
3 kg schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Die Körperform des Barsches ist gedrungen und leicht hochrückig.<br />
Wie alle Vertreter der Barschartigen (Familie Percidae)<br />
haben Barsche zwei Rückenflossen von denen die vordere<br />
ausschließlich aus Stachelstrahlen besteht. Das weite<br />
Maul und der im Vergleich zur Körperlänge relativ große<br />
Kopf kennzeichnen ihn als räuberisch lebende Fischart. Die<br />
Grundfärbung des Körpers ist grünlich bis dunkelgrün,<br />
graugrün, zum fast weißen Bauch hin heller werdend. Die<br />
Seiten sind mit 6-9 deutlich ausgeprägten, dunklen Querbinden<br />
gezeichnet. Die Rückenflossen sind in der Regel dunkelgrau<br />
gefärbt, die paarigen Flossen, die Afterflosse sowie<br />
die Schwanzflosse meistens rot.<br />
Barsche sind eurytop und besiedeln nahezu sämtliche Fließund<br />
Standgewässer gleichermaßen erfolgreich. Bevorzugt<br />
werden große mesotrophe Seen mit ausgeprägter Freiwasserregion<br />
und reichlich Pflanzenbewuchs. Barsche zeigen<br />
ein ausgeprägtes Anpassungsvermögen im Hinblick auf<br />
Wassergüte, Gewässerstrukturen und potentielle Laichsubstrate.<br />
Als phyto-lithophile Fischart nutzen Barsche jede<br />
Form von Hartsubstrat zur Eiablage. Die Eier, pro Weibchen<br />
bis zu 300.000 Stück, werden als gallertartiges Laichband<br />
an Pflanzen, Wurzeln oder Steinen festgeklebt. Die Eiablage<br />
beginnt bei 7-9°C Wassertemperatur und erstreckt sich von<br />
März bis Anfang Mai. Die Barschlarven ziehen unmittelbar<br />
nach dem Schlupf ins Freiwasser. Da Barsche so weniger<br />
von fehlenden Uferstrukturen und degradierten Brutaufwuchsgebieten<br />
betroffen sind, sind sie in monotonen Kanälen<br />
in der Regel bestandsbildend. An die Wasserqualität<br />
Verbreitung<br />
Das Verbreitungsgebiet des Barschs reicht von Frankreich<br />
im Westen bis nach Sibirien im Osten. In Mitteleuropa wird<br />
sein Verbreitungsgebiet im Süden von den Pyrenäen und<br />
den Alpen begrenzt. Barsche sind in allen Gewässertypen<br />
der Region verbreitet und häufig. Ausbau und Regulierung<br />
der Fließgewässer und Uferbefestigungen an vielen Seen<br />
haben sein Vorkommen eher begünstigt. In den großen Gewässern<br />
sind Barsche omnipräsent. Aktuell wurden in Brandenburg<br />
1.150 Vorkommen dokumentiert, womit die Art<br />
nach Plötze und Hecht die dritthäufigste in Brandenburg<br />
ist.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berliner Gewässern ist der Barsch die zweithäufigste<br />
Fischart mit 620 Nachweisen aus 103 Gewässern. Der Bestand<br />
ist stabil und eher zunehmend. Mit Ausnahme einiger<br />
Kleinstgewässer und Gräben besiedelt er alle Gewässertypen.<br />
In den meisten untersuchten Gewässern zählt der<br />
Barsch zu den häufigen bis dominierenden Fischarten. Barsche<br />
dominieren insbesondere in den Kanälen mit monoton<br />
ausgebauten Ufern, wo sie einen signifikant höheren Anteil<br />
am Gesamtfischbestand (bis >60%) erreichen, als in naturnäheren<br />
und strukturreicheren Gewässerstrecken (
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Barsch<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Barsch<br />
Anzahl Nachweise 620<br />
Anzahl Gewässer 2013: 103, 2003: 115, 1993: 100<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 32, Flussseen: 15 , Standgewässer: 56<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
In fast allen Gewässern und Gewässertypen weit verbreitet<br />
Mit Ausnahme kleinster Gräben und Fließe sowie ausstickungsgefährdeter<br />
Landseen in nahezu allen Gewässern präsent<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
75
Kaulbarsch<br />
Gymnocephalus cernuus (LINNAEUS, 1758)<br />
Kaulbarsche sind dämmerungs- und nachtaktive Bodenfische,<br />
die sich von benthischen Wirbellosen, wie Insektenlarven,<br />
Muscheln und Krebsen ernähren. In Binnengewässern<br />
werden Kaulbarsche selten über 15 cm lang, im Haff bis maximal<br />
25 cm.<br />
© Jörg Freyhof<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Die Körperform des Kaulbarsches ist gedrungen, der Kopf<br />
im Verhältnis zur Länge vergleichsweise groß und dick. An<br />
den Kiemendeckeln sitzt jeweils ein langer Dorn. Im Gegensatz<br />
zu den beiden anderen einheimischen Barscharten sind<br />
beim Kaulbarsch die erste und zweite Rückenflosse miteinander<br />
verwachsen. Die Grundfärbung ist braun, braun-grün<br />
bis dunkelgrün mit einem typischen Messingglanz. Im Gegensatz<br />
zu Barsch und Zander weisen Kaulbarsche auf den<br />
Seiten anstelle der Querbinden zahlreiche unregelmäßig<br />
verteilte Punkte auf.<br />
Als eurytope Fischarten haben Kaulbarsche keine ausgeprägte<br />
Strömungspräferenz und besiedeln Fließgewässer<br />
und Standgewässer gleichermaßen, bevorzugt die Flussunterläufe<br />
im Übergang zum Brackwasser (Kaulbarsch-Flunder-Region)<br />
und große Seen. In Gräben und Kleingewässern<br />
kommt er dagegen nicht vor. An die Wasserqualität stellt er<br />
vergleichsweise geringe Anforderungen und toleriert auch<br />
noch Sauerstoff-Minima von 1 mg/l, aber Kaulbarsche sind<br />
empfindlich gegenüber hohen Wassertemperaturen >25°C.<br />
Kaulbarsche sind phyto-lithophile <strong>Fische</strong>, die sämtliche<br />
Hartsubstrate zur Eiablage nutzen. Die Eier werden von<br />
März bis April im Uferbereich als Streifen oder Klumpen auf<br />
harten Substraten, wie Holz, Wurzeln, oder Steinen abgelegt.<br />
Ein einzelnes Weibchen legt bis zu 100.000 der sehr<br />
kleinen Eier. Die Brut schlüpft nach etwa 10 Tagen.<br />
Verbreitung<br />
Der Kaulbarsch hat ein ausgedehntes Verbreitungsgebiet,<br />
das von Mitteleuropa nördlich der Alpen und der Pyrenäen<br />
bis nach Sibirien reicht. Nach der klassischen Einteilung der<br />
Fließgewässer ist er die Leitfischart des Unterlaufs von Flüssen<br />
kurz vor der Mündung ins Meer, der Kaulbarsch-Flunder-Region.<br />
Im Berliner Umland, in den Einzugsgebieten<br />
von Elbe und Oder, waren Kaulbarsche gemäß der historischen<br />
Angaben stets häufig bis massenhaft vorhanden.<br />
Auch heute ist die Art in der Region noch weit verbreitet.<br />
Aktuell wurden in Brandenburg 615 Vorkommen dokumentiert.<br />
In den einzelnen Gewässern variiert seine Häufigkeit<br />
jedoch sehr stark und nimmt lokal vielfach ab.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In den Berliner Gewässern wurden Kaulbarsche aktuell bei<br />
298 Befischungen in 43 Gewässern nachgewiesen. Die Anzahl<br />
der Vorkommen ist gegenüber 2003 rückläufig, was<br />
insbesondere dadurch begründet ist, dass aktuell deutlich<br />
mehr Kleingewässer und Gräben untersucht wurden, die<br />
Kaulbarsche normalerweise nicht besiedeln. Erwartungsgemäß<br />
wurde der Kaulbarsch in sämtlichen Flussseen und allen<br />
größeren Fließgewässern registriert, wobei er nirgendwo<br />
häufig war. Insgesamt scheinen die Bestände auf relativ<br />
geringem Niveau stabil zu sein.<br />
Die bedeutendsten Vorkommen innerhalb der Berliner Gewässer<br />
fanden sich in Ober- und Unterhavel, im Großen<br />
Wannsee, im Großen Müggelsee, in der Spree, den innerstädtischen<br />
Kanälen sowie in den Spree-Dahme-Seen.<br />
76
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Kaulbarsch<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Kaulbarsch<br />
Anzahl Nachweise 298<br />
Anzahl Gewässer 2013: 43, 2003: 71, 1993: 60<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 18, Flussseen: 15, Standgewässer: 10<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Unterlauf mittlerer und kleiner Fließgewässer, Flussseen<br />
Oberhavel, Unterhavel, Wannsee, Kleine Wannseekette, Spree, Teltowkanal,<br />
Müggelsee, Dämeritzsee, Langer See, Zeuthener See<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
77
Zander<br />
Sander lucioperca (LINNAEUS, 1758)<br />
Wassertemperaturen um 12-16°C bis zu 300.000 Eier pro<br />
Weibchen gelegt. Die Männchen bewachen das Nest, bis die<br />
Larven nach etwa einer Woche schlüpfen. Der Zander ist die<br />
größte heimische Barschart und wird >1 m lang und bis zu<br />
16 kg schwer.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Der Körper des Zanders ist langgestreckt und spindelförmig.<br />
Seine Grundfärbung ist silbrig-grau bis grau-grün. Die<br />
Seiten sind durch 8-12 dunkle Querbinden gezeichnet. Die<br />
paarigen und die Afterflosse sind einheitlich grau gefärbt,<br />
Rücken- und Schwanzflosse noch dunkel gesprenkelt. Wie<br />
alle Barschartigen hat auch der Zander zwei Rückenflossen,<br />
von denen die vordere ausschließlich aus Stachelstrahlen<br />
besteht. Zander besitzen ein endständiges Maul mit markanten<br />
Fangzähnen.<br />
Zander sind eurytope <strong>Fische</strong>, die sowohl stehende als auch<br />
fließende Gewässer besiedeln. Bevorzugt werden die langsam<br />
fließenden Flussunterläufe und große, flache Seen. Sie<br />
stellen nur geringe Ansprüche an die Wasserqualität und<br />
tolerieren Wassertemperaturen bis 31°C ebenso wie Sauerstoff-Minima<br />
90% präsent,<br />
ebenso in den schiffbaren Fließgewässern und Kanälen.<br />
Dementsprechend fanden sich in Ober- und Unterhavel,<br />
im Niederneuendorfer See, im Großen Wannsee, Griebnitzsee,<br />
in der Stadtspree, den innerstädtischen Kanälen sowie<br />
im Teltowkanal und im Großen Müggelsee sehr gute Zanderbestände.<br />
78
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Zander<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Zander<br />
Anzahl Nachweise 201<br />
Anzahl Gewässer 2013: 34, 2003: 60, 1993: 60<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 14, Flussseen: 14, Standgewässer: 6<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Größere Fließ- und Standgewässer<br />
Oberhavel, Tegeler See, Unterhavel, Großer Wannsee, Kleine Wannseekette,<br />
Griebnitzsee, Spree, Innere Kanäle, Teltowkanal, Müggelsee, Dämeritzsee,<br />
Seddinsee, Zeuthener See, Langer See<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
79
Dreistachliger Stichling<br />
Gasterosteus aculeatus (LINNAEUS, 1758)<br />
bewacht sein Nest und pflegt darin den Laich mehrerer<br />
Weibchen.<br />
Stichlinge bevorzugen strukturierte, verkrautete, seichte<br />
Ufer mit geschützten bzw. strömungsberuhigten Bereichen.<br />
Besonders präferiert werden Wasserstern-Polster (Callitriche<br />
sp.). An die Wasserqualität werden nur geringe Ansprüche<br />
gestellt und Temperaturen von 33-35°C ebenso toleriert<br />
wie Sauerstoff-Minima
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Dreistachliger Stichling<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Flussseen<br />
Standgewässer<br />
Dreistachliger Stichling<br />
Anzahl Nachweise 214<br />
Anzahl Gewässer 2013: 28, 2003: 59, 1993: 58<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 17, Flussseen: 6, Standgewässer: 5<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Kleinere Fließgewässer, Gräben und Flachwasserzonen von Standgewässern<br />
Panke, Wuhle, Lietzengraben, Laake<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: ungefährdet (*)<br />
FFH-Anhang: -<br />
81
Zwergstichling<br />
Pungitius pungitius (LINNAEUS, 1758)<br />
Länge ist der Zwergstichling neben dem Bitterling die<br />
kleinste einheimische Fischart.<br />
Verbreitung<br />
Der Zwergstichling besiedelt zirkumpolar die Einzugsgebiete<br />
der Fließgewässer auf der Nordhalbkugel. Dabei dringt er<br />
auch bis ins Brackwasser vor. In Deutschland liegt seine<br />
südliche Verbreitungsgrenze etwa bei 51° nördlicher Breite.<br />
Im Berliner Umland sind die Bestände stabil mit regelmäßigen<br />
Häufigkeiten und nur gelegentlich zu beobachtenden<br />
Massenentwicklungen in kleinen Fließgewässern oder Gräben.<br />
Aktuell sind in Brandenburg 270 Vorkommen dokumentiert.<br />
© Andreas Hartl<br />
Artbeschreibung und Umweltansprüche<br />
Zwergstichlinge weisen eine gegenüber dem Dreistachligen<br />
Stichling deutlich schlankere, langgestrecktere Körperform<br />
auf. Das Maul ist leicht oberständig. Die ersten 8-11 Strahlen<br />
der Rückenflosse sind als einzeln stehende, aufrichtbare<br />
Stachelstrahlen ausgeprägt, weshalb die Art auch Neunstachliger<br />
Stichling genannt wird. Die Bauchflossen tragen<br />
je einen kräftigen Stachelstrahl. Der Körper ist weitgehend<br />
unbeplattet, Knochenschilder befinden sich nur auf dem<br />
Schwanzstiel.<br />
Zwergstichlinge sind eurytop, ohne Präferenzen für Fließoder<br />
Standgewässer. Bevorzugt besiedelt werden verkrautete<br />
Kleingewässer und Gräben, wo er im Gegensatz zum<br />
Dreistachligen Stichling selbst kleinste Rinnsale noch nutzt.<br />
Analog zum Dreistachligen ist auch der Zwergstichling ariadnophil,<br />
d.h. er baut ein Nest und betreibt Brutpflege.<br />
Während der von Mai bis August anhaltenden Laichzeit zeigen<br />
die Männchen eine schwarze Laichfärbung mit leuchtend<br />
hellblauen Brustflossenstacheln. Sie grenzen dann<br />
Reviere ab, in denen sie das Nest aus pflanzlichem Material<br />
bauen. Ein Weibchen legt pro Saison etwa 100 Eier. Das<br />
Männchen bewacht sein Nest und pflegt darin den Laich<br />
mehrerer Weibchen bis zum Schlupf der Brut.<br />
Vorkommen und Bestandssituation in Berlin<br />
In Berlin wurden Zwergstichlinge bei 70 Befischungen in 13<br />
Gewässern nachgewiesen. Ungeachtet der relativ hohen<br />
Zahl befischter Kleingewässer wurden aktuell weniger Vorkommen<br />
erfasst als 2003. Dass die Art in den Flussseen<br />
nicht nachgewiesen wurde ist weniger überraschend als die<br />
fehlenden Nachweise aus den kleinen Standgewässern.<br />
Übereinstimmend mit den Befunden aus 2003 finden<br />
Zwergstichlinge in Teichen, Pfuhlen u.ä. kleinen und kleinsten<br />
Standgewässern offenbar keine geeigneten Lebensbedingungen.<br />
Dagegen werden kleine Gräben vergleichsweise<br />
gut besiedelt. So fand sich die Art in der überwiegenden<br />
Zahl der Nebengräben zum Tegeler Fließ, aber auch in Gräben<br />
und Fließgewässern wie dem Lietzengraben, der Panke,<br />
Wuhle, Alten Wuhle, Laake und im Fließgraben wurden individuenreiche<br />
Bestände festgestellt.<br />
Im Hinblick auf die Wassergüte sind Zwergstichlinge sehr<br />
anpassungsfähig. Sie tolerieren Wassertemperaturen von<br />
33-35°C sowie Sauerstoff-Minima
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Zwergstichling<br />
Messstelle<br />
Nachweis<br />
Fließgewässer<br />
Standgewässer<br />
Zwergstichling<br />
Anzahl Nachweise 70<br />
Anzahl Gewässer 2013: 13, 2003: 19, 1993: 19<br />
Vorkommen 2013 nach Gewässertyp Fließgewässer: 12, Flussseen: 0, Standgewässer: 1<br />
Gewässerpräferenz<br />
Hauptvorkommen in Berlin<br />
Kleinere, langsam fließende Gewässer mit reichem Pflanzenbewuchs<br />
Tegeler Fließ inkl. Nebengewässern, Lietzengraben, Panke, Wuhle, Alte Wuhle,<br />
Fließgraben, Laake<br />
Gefährdungskategorie Rote Liste BRD: ungefährdet (*)<br />
Rote Liste Berlin: Vorwarnliste (V)<br />
FFH-Anhang: -<br />
83
Neozoa<br />
Neozoa oder gebietsfremde Arten sind Tierarten, die unter<br />
direkter (z.B. Fischbesatz) oder indirekter (z.B. im Ballastwasser<br />
von Schiffen, Kanalverbindung) Mitwirkung des<br />
Menschen in ein Gebiet außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets<br />
gelangt sind und dort wild leben. Neobiota<br />
können sich etablieren und potentiell invasiv werden, indem<br />
sie einheimische Arten beeinträchtigen und gefährden.<br />
Deshalb wird die gezielte Ansiedlung neuer Neobiota heute<br />
weitgehend abgelehnt. Auch das aktuelle <strong>Fische</strong>reirecht<br />
und die Genehmigungspraxis des Berliner <strong>Fische</strong>reiamtes<br />
haben sich als wirksame Instrumente erwiesen, den Besatz<br />
der Berliner Gewässern mit faunenfremden Fischarten einzudämmen.<br />
Nicht kontrollieren lassen sich hingegen indirekte Eintragspfade,<br />
wie z.B. das illegale Freisetzen ungewünschter oder<br />
zu groß gewordener <strong>Fische</strong> aus heimischen Aquarien und<br />
Gartenteichen, was natürlich in urbanen Gebieten mit hoher<br />
Einwohnerdichte besonders relevant ist. Hier ist die Gefahr<br />
des Einbringens von Krankheiten und Parasiten sehr<br />
hoch, weil dies oft erst der Grund dafür ist, die Tiere zu entfernen.<br />
Bei den meisten der in den Fängen registrierten<br />
Zierfische handelte es sich um Warmwasserarten, die kaum<br />
eine Chance haben, den Winter zu überleben. Insofern ist<br />
das Aussetzen der <strong>Fische</strong> in offene Gewässer nicht nur<br />
rechtswidrig, es ist außerdem weder tierschutzkonform<br />
noch zweckdienlich.<br />
Auch wenn aktuell Einzelfunde neuer Neobiota gelangen,<br />
ist die Zahl ihrer Vorkommen insgesamt weiter rückläufig<br />
und die Präsenz von Fisch-Neobiota in den Berliner Gewässern<br />
ist als gering einzustufen. Zwei Arten, die Regenbogenforelle<br />
und der Braune Zwergwels, wurden in den vergangenen<br />
zehn Jahren nicht mehr nachgewiesen. Fisch-Neozoa<br />
gehören zu den seltensten Arten im Stadtgebiet, weshalb<br />
gegenwärtig keine Gefährdung der einheimischen Arten<br />
durch sie zu erwarten ist. Nachfolgend werden die in Berliner<br />
Gewässern präsenten acht Arten kurz vorgestellt.<br />
Goldfisch Carassius auratus (LINNAEUS, 1758)<br />
Der Goldfisch ähnelt in Körperbau, Lebensweise und Umweltansprüchen<br />
dem Giebel, der als seine Stammform gilt.<br />
Goldfische werden als Besatz für Gartenteiche und Aquarien<br />
in unterschiedlich gefärbten und geformten Varietäten<br />
angeboten und tauchen auch regelmäßig in offenen Gewässern<br />
auf. Unter den klimatischen Bedingungen in urbanen<br />
Gewässern können sie sich dort auch vermehren. Goldfische<br />
wurden in 10 Berliner Gewässern nachgewiesen. Interessanterweise<br />
bildeten den Bestand des Eckernpfuhls ausschließlich<br />
naturfarbene Individuen, die nur noch anhand<br />
ihrer übergroßen Flossen und der ausgeprägten Schleierschwänze<br />
als Goldfische zu erkennen waren.<br />
Silberkarpfen Hypophthalmichthys molitrix<br />
(VALENCIENNES, 1844)<br />
Marmorkarpfen Hypophthalmichthys nobilis<br />
(RICHARDSON, 1845)<br />
Silberkarpfen und Marmorkarpfen stammen ursprünglich<br />
aus China und wurden ausgesetzt, um die <strong>Fische</strong>reierträge<br />
zu erhöhen. Beide Arten können sich von Phytoplankton ernähren,<br />
das sie aus dem Wasser filtern. Durch die direkte<br />
Nutzung des Phytoplanktons, sprich der Primärproduktion,<br />
sollte die Nahrungskette verkürzt und der <strong>Fische</strong>rtrag gesteigert<br />
werden. Heute besteht daran kein Bedarf und beide<br />
Arten werden nicht mehr besetzt. Da sie sich unter den hiesigen<br />
klimatischen und Gewässer-Bedingungen nicht reproduzieren<br />
können, ist das Erlöschen der Bestände zu erwarten,<br />
was sich aufgrund der Langlebigkeit der Tiere aber<br />
noch etwas hinziehen kann.<br />
Der Bestandstrend ist rückläufig. Wurden 1993 noch 15<br />
Vorkommen des Silberkarpfens festgestellt, waren es 2003<br />
nur noch 7 und sind es aktuell noch 5. Zwei Einzelnachweise<br />
des Marmorkarpfens (darunter ein Totfund) sind neu. Allerdings<br />
kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich unter<br />
den Silberkarpfennachweisen in der Vergangenheit nicht<br />
auch Marmorkarpfen befanden, da beide Arten leicht zu<br />
verwechseln sind.<br />
Beide Arten haben einen auffälligen, scharfen Bauchkiel,<br />
der beim Silberkarpfen über die gesamte Bauchlänge verläuft,<br />
beim Marmorkarpfen nur zwischen Bauch- und Afterflosse.<br />
84
<strong>Fische</strong> in Berlin | Spezieller Teil – Neozoa<br />
Nachweis<br />
Bachsaibling<br />
Blaubandbärbling<br />
Goldfisch<br />
Silberkarpfen<br />
Sonnenbarsch<br />
Zwergwels<br />
Goldorfe<br />
Graskarpfen<br />
Marmorkarpfen<br />
Messstelle<br />
Graskarpfen Ctenopharyngodon idella<br />
(VALENCIENNES, 1844)<br />
Graskarpfen stammen ebenfalls ursprünglich aus China. Sie<br />
sind herbivor, d.h. ernähren sich von Wasserpflanzen. Sie<br />
wurden insbesondere zur biologischen Kontrolle der Verkrautung<br />
von Meliorationsgräben eingeführt und werden<br />
im Berliner Umland auch heute noch gelegentlich zur biologischen<br />
Krautung von Gewässern besetzt. Dabei wird meistens<br />
zu viel besetzt, weil die wärmeliebenden <strong>Fische</strong> erst bei<br />
Wassertemperaturen >20°C aktiv werden und fressen. Sie<br />
nehmen dann täglich bis zu 30% ihrer Körpermasse an<br />
Pflanzenmaterial auf, während bei kühleren Temperaturen<br />
keine Effekte zu beobachten sind (weshalb dann häufig<br />
nachbesetzt wird).<br />
In den Berliner Gewässern werden keine Graskarpfen besetzt.<br />
Altbestände können sich, wie Silber- und Marmorkarpfen,<br />
unter den hiesigen klimatischen und Gewässer-<br />
Bedingungen nicht reproduzieren und werden mittelfristig<br />
erlöschen. Von den 18 bekannten Fundorten des Graskarpfens<br />
in Berliner Gewässern 1992 wurden 2003 noch 6 bestätigt<br />
und aktuell nur noch 3.<br />
Schwarzer Zwergwels Ameiurus melas<br />
(RAFINESQUE, 1820)<br />
Zwergwelse sind ursprünglich in Nordamerika beheimatet,<br />
wurden aber bereits 1885 zur Hebung der Fischzucht nach<br />
Deutschland importiert. Der Schwarze Zwergwels möglicherweise<br />
sogar erst Anfang des 20. Jh., was sich nicht mehr<br />
85
exakt rekonstruieren lässt. Beide Arten haben die in sie gesetzten<br />
wirtschaftlichen Erwartungen nicht erfüllt.<br />
Im Jahr 2003 waren Zwergwelsvorkommen in 3 Berliner<br />
Gewässern bekannt, allerdings ohne die Arten zu unterscheiden.<br />
Letzteres ist an den großen ersten Strahlen der<br />
Brustflossen einfach möglich. Beim Schwarzen Zwergwels<br />
ist der erste Brustflossenstrahl glatt, bei Braunen Zwergwels<br />
A. nebulosus ist er dagegen gesägt.<br />
Aktuell wurde nur noch ein Vorkommen im Karpfenpfuhl<br />
nachgewiesen, bei dem es sich eindeutig um den Schwarzen<br />
Zwergwels handelte.<br />
Bachsaibling Salvelinus fontinalis<br />
(MITCHILL, 1814)<br />
Der Bachsaibling stammt ursprünglich aus Nordamerika<br />
und wurde bereits in den 1880er Jahren zur Förderung der<br />
<strong>Fische</strong>rei in Deutschland eingeführt. Hier ist er nach wie vor<br />
eine wichtige Wirtschaftsfischart mit zunehmender Bedeutung.<br />
Bachsaiblinge sind Kieslaicher, besiedeln sommerkühle Gewässer<br />
und sind sehr empfindlich gegenüber niedrigen Sauerstoffgehalten<br />
(30°C), d.h. sie haben in Summe weitaus höhere Umweltansprüche<br />
als sämtliche anderen in Berlin vorkommenden<br />
Fischarten. Insofern wäre seine Etablierung in Berliner Gewässern<br />
sogar als Erfolg zu bewerten, der sich aber mittelfristig<br />
nicht einstellen wird.<br />
Der einzige Nachweis eines Exemplars im Neuenhagener<br />
Mühlenfließ (Erpe) ist daher die Ausnahme.<br />
Blaubandbärbling Pseudorasbora parva<br />
(TEMMINCK & SCHLEGEL, 1842)<br />
Der Blaubandbärbling stammt ursprünglich aus Ostasien.<br />
Von dort wurde er 1960 unbeabsichtigt zusammen mit<br />
Eiern von Gras- und Silberkarpfen nach Rumänien importiert.<br />
Nach Deutschland gelangte die Art zwischen 1964 und<br />
1980, vermutlich mit der Einfuhr von Graskarpfen. Heute<br />
sind Karpfenteichwirtschaften das Hauptverbreitungsgebiet<br />
des Blaubandbärblings und die Art wird nach wie vor<br />
unbeabsichtigt mit unzureichend sortiertem oder unsortiertem<br />
Karpfenbesatz verbreitet. So könnten Blaubandbärblinge<br />
zusammen mit Goldorfen und anderen <strong>Fische</strong>n durch<br />
Besatz auch in den Lichtenrader Dorfteich gelangt sein. In<br />
diesem und im Fließgraben wurden aktuell einige Exemplare<br />
des Blaubandbärblings nachgewiesen.<br />
Sonnenbarsch Lepomis gibbosus<br />
(LINNAEUS, 1758)<br />
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Sonnenbarschs<br />
ist der Osten Nordamerikas. Sonnenbarsche wurden seit<br />
den 1870er und 1880er Jahren wiederholt nach Europa gebracht<br />
und gezüchtet. Aus den Nachzuchten wurden viele<br />
deutsche Aquarienfreunde beliefert und wenig später war<br />
die Art auch vielerorts in offenen Gewässern zu fangen.<br />
In Berlin wurden im heißen Sommer 2003 Sonnenbarsche<br />
im Pohlesee beobachtet. Dieses Vorkommen konnte später<br />
nicht mehr bestätigt werden. Aktuelle Nachweise liegen aus<br />
fünf Gewässern vor, aus dem Garibalditeich, Großen Spektesee,<br />
Großen Müggelsee, Dämeritzsee und aus dem Neuenhagener<br />
Mühlenfließ. Gefangen wurden jeweils nur einzelne<br />
Exemplare.<br />
Goldorfe Leuciscus idus (LINNAEUS, 1758)<br />
Die Goldorfe ist kein Neozoon im engeren Sinn, sondern<br />
eine Zuchtform des Alands. Sie ähnelt diesem in Größe und<br />
Körperform, hat aber eine sehr auffällige orange bis orange-rote<br />
Färbung. Sie wird als Zierfisch für Gartenteiche<br />
angeboten und mit einer besonders oberflächennahen<br />
Lebensweise beworben. Ein farblich sehr auffälliger, oberflächennah<br />
auf Futter wartender Fisch ist extrem gefährdet<br />
durch Fischfresser aller Art. Insofern ist diese Zuchtform in<br />
offenen Gewässern wenig überlebensfähig und wird als<br />
exotische Spielart von Züchtern den Neobiota gleichgestellt.<br />
Ein Exemplar wurde aktuell im Lichtenrader Dorfteich gefangen.<br />
86
<strong>Fische</strong> in Berlin | Rote Liste Titel der <strong>Fische</strong> Broschüre und Neunaugen | Titel des Kapitels Berlins<br />
Rote Liste der <strong>Fische</strong> und<br />
Neunaugen Berlins<br />
Die Gefährdungssituation von Pflanzen und Tieren wird seit<br />
mehr als drei Jahrzehnten in Roten Listen der bestandsbedrohten<br />
Arten dargestellt. Diese Listen sind zwar juristisch<br />
unverbindlich, jedoch ein bewährtes Instrument in der<br />
Naturschutzpraxis, als Entscheidungshilfen in der Landschaftsplanung,<br />
Eingriffsbewertung sowie im Natur- und<br />
Artenschutz. Das Grundprinzip ist relativ simpel: Wenn Arten<br />
besonders hohe Umweltansprüche haben oder sehr störungsempfindlich<br />
reagieren, sind sie bei Beeinträchtigungen<br />
in der Regel als erste betroffen, gehen zurück oder<br />
verschwinden ganz aus einem Gebiet. Umgekehrt lässt das<br />
Vorkommen bestandsbedrohter Arten in einem Gebiet darauf<br />
schließen, dass selbst anspruchsvolle Arten noch ausreichende<br />
Lebensbedingungen finden, was positiv bewertet<br />
wird. Darüber hinaus lässt sich – im Falle der <strong>Fische</strong> – aus<br />
dem Zustand der Population einer bestandsbedrohten Art<br />
auf die Lebensraumqualität des Gewässers schließen.<br />
Je größer der lokale Bezug einer Roten Liste und je höher<br />
der Gefährdungsgrad einer Art, desto wertvoller und überregional<br />
bedeutsamer für den Artenschutz sind die Vorkommen<br />
zu bewerten. Der Wert Roter Listen in der Umweltbewertung<br />
beruht auf deren regelmäßiger Aktualisierung und<br />
Revision sowie einer nachvollziehbaren und fundierten Einstufung<br />
der Arten.<br />
Die vorliegende dritte Rote Liste der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler<br />
dokumentiert und bewertet den aktuellen Grad der Gefährdung<br />
einheimischer Fischarten in Berliner Gewässern. Nach<br />
einer ersten Fassung für ganz Berlin 1993 (Wolter et al.<br />
1994) und ihrer Aktualisierung 2003 (Wolter et al. 2003,<br />
2005), liegt nun eine grundsätzlich neue Fassung vor. Möglich<br />
wurde dies zum einen durch die Erarbeitung eines bundesweit<br />
einheitlichen Verfahrens mit definierten Einstufungskriterien<br />
zur Klassifizierung bestandsbedrohter Arten<br />
(Ludwig et al. 2006) und zum anderen durch die eingangs<br />
genannte neue Qualität der kontinuierlichen Fischbestandsüberwachung<br />
im Rahmen der Umsetzung der WRRL. Erst<br />
diese regelmäßig durchgeführten Befischungen erlauben<br />
die Einschätzung und Bewertung von Bestandsentwicklungen<br />
in einer Qualität, wie sie für eine nachvollziehbare Gefährdungseinstufung<br />
unerlässlich ist.<br />
Die regionale Rote Liste der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler Berlins<br />
ist relativ speziell, weil sie einen kleinen und dazu hoch urbanen<br />
Bezugsraum hat. Dies ist insofern ein Nachteil, da<br />
nur Teile des Spree-Havel-Systems und damit auch der darin<br />
lebenden Fischpopulationen einbezogen und bewertet<br />
werden. Dafür liefern Kenntnisse der Bestandsentwicklung<br />
von Fischarten – auch anspruchsvolleren – in urbanen Gewässern<br />
wichtige Hinweise auf das ökologische Potenzial<br />
von erheblich beeinträchtigten Gewässern, Toleranzen von<br />
und Entwicklungsmöglichkeiten für Fischarten sowie effiziente<br />
Gewässerrevitalisierung.<br />
Einstufungskriterien und Rote-Liste-Kategorien<br />
Die Einstufung der Arten folgte strikt der aktuellen methodischen<br />
Anleitung zur Erstellung Roter Listen (Ludwig et al.<br />
2006). Das Methodenhandbuch sowie der Erfassungsbogen<br />
und eine Anleitung zum Ausfüllen stehen auf der Internetseite<br />
des Bundesamts für Naturschutz (BfN) zum Download<br />
zur Verfügung unter http://www.bfn.de/0322_fortent.html.<br />
Im Wesentlichen werden vier Kriterien bewertet (Details in<br />
Ludwig et al. 2006):<br />
1) aktuelle Bestandsituation. Sie erstreckt sich auf die letzten<br />
maximal 25 Jahre. Bewertet wird in acht Häufigkeitsklassen:<br />
ausgestorben, extrem selten, sehr selten,<br />
selten, mäßig häufig, häufig, sehr häufig und unbekannt.<br />
2) langfristiger Bestandstrend. Dieser betrachtet die letzten<br />
50-150 Jahre. Bewertet wird in sieben Trendklassen:<br />
sehr starker Rückgang, starker Rückgang, mäßiger<br />
Rückgang, Rückgang mit unbekanntem Ausmaß, gleichbleibend,<br />
deutliche Zunahme und ungenügende Datenlage.<br />
3) kurzfristiger Bestandstrend. Dieser betrachtet die letzten<br />
zehn bis maximal 25 Jahre. Bewertet wird in sechs<br />
Trendklassen: sehr starke Abnahme, starke Abnahme,<br />
Abnahme mäßig oder im Ausmaß unbekannt, gleichbleibend,<br />
deutliche Zunahme und ungenügende Datenlage.<br />
4) Risikofaktoren. Ist eine Verschlechterung der Bestandssituation<br />
in den nächsten zehn Jahren zu erwarten? Bewertet<br />
wird das Vorliegen von Beeinträchtigungsfaktoren<br />
anhand von zehn vorgegebenen Gruppen potenzieller<br />
Risikofaktoren.<br />
87
Für die Neufassung der Berliner Roten Liste <strong>Fische</strong> wurden<br />
die aktuelle Bestandssituation und der kurzfristige Bestandstrend<br />
basierend auf den Befischungsdaten der letzten<br />
zehn Jahre klassifiziert. Für die Bewertung des langfristigen<br />
Bestandstrends wurden die Bezugszeiträume der<br />
letzten drei Roten Listen (1985-2013) historischen Angaben<br />
zur Fischfauna gegenübergestellt. Die Risikofaktoren wurden<br />
auf Grundlage bekannter Stadtplanungen, Planungen<br />
der Flussgebietsgemeinschaft Elbe zur Erreichung der Umweltqualitätsziele<br />
der WRRL und der dargestellten Gefährdungsursachen<br />
für <strong>Fische</strong> bewertet.<br />
Die einheimischen Rundmäuler und Fischarten wurden in<br />
nachfolgende Rote-Liste-Kategorien eingestuft, wobei die<br />
Kategorien 0-3 sind die eigentlichen Gefährdungskategorien<br />
sind:<br />
0 Ausgestorben oder verschollen<br />
Arten, die nicht präsent sind oder von denen aktuell<br />
keine wildlebenden Populationen mehr bekannt sind.<br />
1 Vom Aussterben bedroht<br />
Arten, die so schwerwiegend bedroht sind, dass sie voraussichtlich<br />
in absehbarer Zeit aussterben, wenn die Gefährdungsursachen<br />
weiter fortbestehen.<br />
V Vorwarnliste<br />
Arten, die merklich zurückgegangen, aber aktuell noch<br />
nicht gefährdet sind. Bei weiterem Bestandsrückgang ist<br />
eine Einstufung in die Kategorie „Gefährdet“ wahrscheinlich.<br />
* Ungefährdet<br />
Arten, die derzeit nicht als gefährdet angesehen werden,<br />
weil ihre Bestände zugenommen haben oder relativ stabil<br />
sind.<br />
D Daten unzureichend<br />
Die Informationen zur Verbreitung und Gefährdung<br />
oder zur Biologie sind unzureichend. Eine Gefährdungseinschätzung<br />
ist zwar erwünscht, kann jedoch mangels<br />
zuverlässiger Daten nicht getroffen werden.<br />
♦ Nicht bewertet<br />
Diese Arten werden von der Gefährdungsanalyse ausgeschlossen.<br />
Die Kategorie bringt zum Ausdruck, dass eine<br />
Bewertung nicht erwünscht oder nicht möglich ist. Hierbei<br />
handelt es sich z.B. um nicht einheimische Arten (Neobiota)<br />
oder um Arten, bei denen eine regionale Gefährdungseinschätzung<br />
nicht repräsentativ ist (Aal).<br />
2 Stark gefährdet<br />
Arten, die erheblich zurückgegangen oder durch<br />
menschliche Einflüsse stark bedroht sind. Bei einem<br />
Fortbestehen der Gefährdung werden die Arten voraussichtlich<br />
in die Kategorie „vom Aussterben bedroht“ eingestuft.<br />
3 Gefährdet<br />
Arten, die merklich zurückgegangen sind oder durch<br />
menschliche Einflüsse bedroht sind. Bei einem Fortbestehen<br />
der Gefährdung rücken die Arten voraussichtlich<br />
in die Kategorie „stark gefährdet“ auf.<br />
G Gefährdung unbekannten Ausmaßes<br />
Arten, die gefährdet sind, bei denen die vorliegenden<br />
Informationen aber für eine exakte Zuordnung zu den<br />
Kategorien 1 bis 3 nicht ausreichen.<br />
R Extrem selten<br />
Extrem seltene oder nur sehr lokal vorkommende Arten,<br />
deren Bestände nicht abgenommen haben und die aktuell<br />
nicht bedroht, aber gegenüber unvorhersehbaren Gefährdungen<br />
aufgrund ihrer Seltenheit sehr anfällig sind.<br />
88
<strong>Fische</strong> in Berlin | Rote Liste der <strong>Fische</strong> und Neunaugen Berlins<br />
Checkliste der Fischarten Berlins<br />
Tab. 2: Gesamtliste der in Berliner Gewässern vorkommenden Fischarten mit Rote Liste Einstufung und Kriterien (N= nicht einheimische Art)<br />
Name Rote Liste Kriterien<br />
Kategorie<br />
Bestand<br />
aktuell<br />
Aal Anguilla anguilla ♦ nb<br />
Trend lang Trend kurz Risiko<br />
Aland Leuciscus idus * mh < ^ =<br />
Bachneunauge Lampetra planeri 0 ex<br />
Bachsaibling Salvelinus fontinalis ♦ N nb<br />
Barbe Barbus barbus 0 ex<br />
Barsch Perca fluviatilis * sh > = =<br />
Bitterling Rhodeus amarus 3 ss < = =<br />
Blaubandbärbling Pseudorasbora parva ♦ N nb<br />
Blei Abramis brama * h = = =<br />
Döbel Squalius cephalus 3 ss < = =<br />
Dreistachliger Stichling Gasterosteus aculeatus * mh < = =<br />
Europäischer Stör Acipenser sturio 0 ex<br />
Flussneunauge Lampetra fluviatilis 0 ex<br />
Giebel Carassius gibelio * mh > = =<br />
Goldfisch Carassius auratus ♦ N nb<br />
Graskarpfen Ctenopharyngodon idella ♦ N<br />
Gründling Gobio gobio V mh
Die Fischfauna der Berliner Gewässer umfasst insgesamt 44<br />
Rundmäuler und Fischarten, davon 36 einheimische. Alle<br />
drei einheimischen Rundmaularten und vier Fischarten sind<br />
ausgestorben bzw. verschollen (Tab. 3). Die ursprünglich<br />
verschollenen und aktuell wieder eingewanderte Schmerle<br />
ist noch extrem selten, fünf weitere Arten sind selten und<br />
nur zwei sehr häufig (Tab. 3). Letzteres ist Ausdruck dessen,<br />
dass die Berliner Gewässer als urbane Gewässer eher einen<br />
extremen Lebensraum bieten, den die meisten Arten nur<br />
eingeschränkt nutzen können.<br />
Besonders hervorzuheben ist, dass nicht zuletzt mit den<br />
Planungen und Umsetzungen zur ökologischen Aufwertung<br />
der Gewässer und der Erfüllung der Umweltqualitätsziele<br />
der WRRL (guter ökologischer Zustand bzw. Potenzial), keine<br />
Risikofaktoren vorliegen, die eine weitere Verschlechterung<br />
in der kommenden Dekade erwarten lassen. Allerdings<br />
zeigten drei Arten in den letzten zehn Jahren einen negativen<br />
Bestandstrend.<br />
Tab. 3: Auswertung der Einstufungskriterien (ohne Neobiota).<br />
Kriterium 1: Aktuelle Bestandssituation absolut prozentual<br />
ex ausgestorben oder verschollen 7 20,0%<br />
es extrem selten 1 2,9%<br />
ss sehr selten 5 14,3%<br />
s selten 5 14,3%<br />
mh mäßig häufig 10 28,6%<br />
h häufig 5 14,3%<br />
sh sehr häufig 2 5,7%<br />
? unbekannt 0 0,0%<br />
Kriterium 2: Langfristiger Bestandstrend absolut prozentual<br />
<strong>Fische</strong> in Berlin | Rote Liste der <strong>Fische</strong> und Neunaugen Berlins<br />
Auch die Gesamtbilanz ist durchaus positiv (Tab. 4). Bis auf<br />
den Aal wurden alle einheimischen Rundmäuler und <strong>Fische</strong><br />
kategorisiert. Neben einem leicht reduzierten aber immer<br />
noch hohen Anteil ausgestorbener oder verschollener Arten<br />
sind nur noch sechs bestandsgefährdet. Zwei von vier in<br />
Berlin vorkommenden Fischarten des Anhangs II FFH-RL<br />
zählen allerdings ebenfalls dazu, Bitterling und Schlammpeitzger<br />
(Tab. 2). Die beiden anderen, Steinbeißer und Rapfen,<br />
sind aufgrund ihrer positiven Bestandsentwicklung nur<br />
noch auf der Vorwarnliste bzw. nicht gefährdet (Tab. 2).<br />
Gegenüber der letzten Roten Liste (Wolter et al. 2003, 2005)<br />
wurden elf Arten in ihrer Gefährdung zurückgestuft, d.h.<br />
deren Bestände haben sich positiv entwickelt und 23 Arten<br />
blieben unverändert. Für keine einzige Art haben sich die<br />
Eingruppierung und damit die Bewertung ihrer Gefährdung<br />
verschlechtert.<br />
Tab. 4: Gesamtbilanz<br />
Bilanzierung der Anzahl etablierter Arten absolut prozentual<br />
Gesamtzahl etablierter Arten 44 100,0%<br />
Neobiota 8 18,2%<br />
Indigene und Archaeobiota 36 81,8%<br />
bewertet 35 79,5%<br />
nicht bewertet (♦) 1 2,3%<br />
Bilanzierung der Roten-Liste-Kategorien absolut prozentual<br />
Bewertete Indigene und Archaeobiota 35 100,0%<br />
0 Ausgestorben oder verschollen 7 20,0%<br />
1 Vom Aussterben bedroht 0 0,0%<br />
2 Stark gefährdet 2 5,7%<br />
3 Gefährdet 4 11,4%<br />
G Gefährdung unbekannten Ausmaßes 0 0,0%<br />
Bestandsgefährdet 6 17,1%<br />
Ausgestorben oder bestandsgefährdet 13 37,1%<br />
R Extrem selten 1 2,9%<br />
Rote Liste insgesamt 14 40,0%<br />
V Vorwarnliste 4 11,4%<br />
* Ungefährdet 17 48,6%<br />
D Daten unzureichend 0 0,0%<br />
91
Literatur<br />
BfG, BAW. 2012. Wasserwirtschaftliche Verhältnisse des Projektes 17 für den Bereich des<br />
WNA Berlin. 6. Fassung, Teilbericht 1, Entwurf 06.12.2012. Koblenz: Bundesanstalt für<br />
Gewässerkunde & Karlsruhe: Bundesanstalt für Wasserbau, BfG-Bericht BfG-1777.<br />
Brandt T. 2010. Einfluss der Gewässerunterhaltung auf Steinbeißer (Cobitis taenia) und<br />
Großmuscheln (Anodonta ssp.) im Meerbach am Steinhuder Meer, Niedersachsen.<br />
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Gantner K., Barjenbruch M., Kober P., Schücke D. 2012. Reduzierung des Frachteintrags<br />
aus Mischwasserentlastungen. Abschlussbericht. Berlin: technische Universität Berlin,<br />
FG Siedlungswasserwirtschaft.<br />
Ludwig G., Haupt H., Gruttke H., Binot-Hafke M. 2006. Methodische Anleitung zur Erstellung<br />
Roter Listen gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze. BfN-Skripten 191: 1-97.<br />
media mare. 2000. Kapazitäten und Entwicklungspotentiale wasserseitiger Nutzungsformen<br />
in Berlin. Berlin: Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie.<br />
SenGUV. 2009. Ergänzender Länderbericht Berlins zum Entwurf des Bewirtschaftungsplans<br />
für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe. Berlin: Senatsverwaltung für Gesundheit,<br />
Umwelt und Verbraucherschutz (SenGUV).<br />
SenGUV, MUGV. 2011. Reduzierung der Nährstoffbelastungen von Dahme, Spree und Havel<br />
in Berlin sowie der Unteren Havel in Brandenburg. Gemeinsames Handlungskonzept<br />
der Wasserwirtschaftsverwaltungen der Bundesländer Berlin und Brandenburg. Teil 1:<br />
Ableitung der länderübergreifenden Bewirtschaftungsziele. Berlin: Senatsverwaltung<br />
für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (SenGUV) & Potsdam: Ministerium für<br />
Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg (MUGV).<br />
SenStadt. 2001. Abwasserbeseitigungsplan Berlin unter besonderer Berücksichtigung der<br />
Immissionszielplanung Oktober 2001. Berlin: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
(SenStadt).<br />
SenStadt. 2004. Dokumentation der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie in Berlin<br />
(Länderbericht). Berlin: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (SenStadt).<br />
SenStadt, MUGV. 2012. Reduzierung der Nährstoffbelastungen von Dahme, Spree und<br />
Havel in Berlin sowie der Unteren Havel in Brandenburg. Gemeinsames Handlungskonzept<br />
der Wasserwirtschaftsverwaltungen der Bundesländer Berlin und Brandenburg.<br />
Teil 2: Quantifizierung und Dokumentation der pfadspezifischen Eintragsquellen.<br />
Berlin: Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (SenGUV) &<br />
Potsdam: Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg<br />
(MUGV).<br />
92
<strong>Fische</strong> in Berlin | Literatur<br />
van Damme D., Bogutskaya N., Hoffmann R.C., Smith C. 2007. The introduction of the European<br />
bitterling (Rhodeus amarus) to west and central Europe. Fish and Fisheries 8:<br />
79-106.<br />
Vilcinskas A., Wolter C. 1993. <strong>Fische</strong> in Berlin. Verbreitung, Gefährdung, Rote Liste. Berlin:<br />
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz (Hrsg.).<br />
Wolter C. 2004. Karte: 02.08 Fischfauna (Ausgabe 2004). Digitaler Umweltatlas Berlin,<br />
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas<br />
Wolter C., Vilcinskas A. 1993. Karte: Fischfauna. In: Umweltatlas Berlin, Erste Gesamtberliner<br />
Ausgabe, Bd. 1: Wasser. Berlin: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz<br />
(Hrsg.).<br />
Wolter C., Arlinghaus R., Grosch U.A., Vilcinskas A. 2003. <strong>Fische</strong> und <strong>Fische</strong>rei in Berlin.<br />
Solingen: VNW Verlag Natur & Wissenschaft.<br />
Wolter C., Arlinghaus R., Grosch U.A., Vilcinskas A. 2005. Rote Liste und Gesamtartenliste<br />
der <strong>Fische</strong> und Neunaugen (Pisces et Cyclostomata) von Berlin. In: Rote Listen der gefährdeten<br />
Pflanzen und Tiere von Berlin. Der Landesbeauftragte für Naturschutz und<br />
Landschaftspflege & Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.). CD-ROM.<br />
Wolter C., Vilcinskas A., Geißler T. 1994. Kommentierte Rote Liste der gefährdeten Rundmäuler<br />
(Cyclostomata) und <strong>Fische</strong> (Pisces) Berlins. Brennpunkte des lokalen Naturschutzes<br />
in Berlin & Brandenburg 9: 1-15.<br />
93
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung und Umwelt<br />
Kommunikation<br />
Württembergische Straße 6<br />
10707 Berlin<br />
www.stadtentwicklung.berlin.de<br />
Inhalte und Bearbeitung<br />
Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung und Umwelt<br />
<strong>Fische</strong>reiamt Berlin<br />
in Zusammenarbeit mit<br />
Leibniz-Institut für Gewässerökologie<br />
und Binnenfischerei<br />
Müggelseedamm 310, 12587 Berlin<br />
Dr. Christian Wolter,<br />
Christian Schomaker<br />
www.igb-berlin.de<br />
Redaktion<br />
<strong>Fische</strong>reiamt Berlin<br />
Dipl. Biol. Susanne Jürgensen<br />
Jens Puchmüller<br />
Layout<br />
Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung und Umwelt<br />
Titelfotos<br />
Luftbild: Dirk Laubner<br />
<strong>Fische</strong>: Andreas Hartl<br />
Druck<br />
medialis<br />
Berlin, Dezember 2013<br />
94