ALPHA QUINTO Diplomarbeit - Landesarbeitsgemeinschaft anderes ...
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3.2 Ursachen der Illiteralität und Ziele der Alphabetisierungsarbeit<br />
Die für deutsche Illiterate festgestellten Ursachen (siehe Kapitel 2.5 der vorliegenden<br />
Arbeit) können nicht eins zu eins auf Menschen mit Migrationshintergrund übertragen<br />
werden. Oft war es den betroffenen Personen nicht oder nur bedingt möglich, in ihrem<br />
Herkunftsland eine Schule zu besuchen. Daher haben sie keine oder nur eine geringe<br />
Grundbildung erhalten und wandern somit als totale oder funktionale Illiterate nach<br />
beispielsweise Deutschland ein. Dieses Problem betrifft vor allem Frauen aus ländlichen<br />
Regionen (vgl. Nickel 2002, S. 6; vgl. Szablewski-Çavuş 2001, S. 21).<br />
Betrachtet man sich die Problematik der Zielgruppe, darf man nicht dem Trugschluss<br />
erliegen, lediglich den Import von Illiteralität zu sehen. Dies würde zu einer<br />
verkürzten Betrachtung des Problems führen. Eventuell vorhandene muttersprachliche<br />
Schriftsprachkompetenz kann durch Nicht-Anwenden dieser Fähigkeit zu sekundärer<br />
Illiteralität führen. Durch die Migration in die Bundesrepublik Deutschland verändert<br />
sich das Alltagsleben schlagartig, insbesondere auf der schriftsprachlichen Ebene. Die<br />
Auseinandersetzung mit dem eigenen Defizit erfolgt für illiterate Migranten in einem<br />
bisher unbekannten Ausmaß. In ihrem Herkunftsland existieren meist andere Anforderungen<br />
im Schriftsprachbereich und durch die allgemein bekannte niedrige Alphabetisierungsquote<br />
muss z.B. die Verwaltung des Landes darauf Rücksicht nehmen. Weiter<br />
wird in den Herkunftsländern fehlende Literalität weitaus weniger stigmatisiert. In<br />
Deutschland hingegen wird Illiteralität viel stärker stigmatisiert und als Problem angesehen,<br />
was auch zu sozialer Exklusion führen kann (vgl. Rippien 1984, S. 83; vgl. auch<br />
Schramm 1995, S. 101; vgl. auch Szablewski-Çavuş 2001, S. 21 und 1991a, S. 43.).<br />
Für Migranten stellen sich in Deutschland die erhöhten Anforderungen vor allem in drei<br />
Kommunikationsbereichen:<br />
- Kommunikation mit öffentlichen Institutionen,<br />
- Kommunikation im Alltag,<br />
- Kommunikation mit dem Heimatland (vgl. Szablewski-Çavuş 2001, S. 22).<br />
Szablewski-Çavuş sieht in den genannten Anforderungen verdeutlicht,<br />
„dass der Prozess der Migration einen nicht unerheblichen Teil des Problemdrucks<br />
von MigrantInnen ohne Schriftsprachkenntnisse bedingt. Aufgrund der<br />
Migration unterscheidet sich der Problemdruck für diese Gruppe sowohl von<br />
dem deutschsprachiger Analphabeten als auch von dem der Analphabeten im<br />
Herkunftsland“ (Szablewski-Çavuş 2001, S. 22).<br />
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