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Materialheft zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus 2014 ...

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24 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Auf die Wortwahl kommt es an<br />

Foto: © Thomas Lobenwein<br />

Noch nie waren Themen wie Integration, Migration und Einwanderungsgesellschaft<br />

derart im Mainstream angekommen wie heute. Es vergeht kein Tag ohne mediale<br />

Berichterstattung <strong>zu</strong> diesen Themen. Gleichzeitig gibt es aber eine Unsicherheit über <strong>den</strong><br />

adequaten Sprachgebrauch: Welche Begriffe und Formulierungen drücken Diskriminierung<br />

und Abwertung aus und verfestigen auf Grund der mit ihnen verbun<strong>den</strong>en Zuschreibungen<br />

Stereotype und Vorurteile? Und welche gangbaren Alternativen gibt es?<br />

Ferda Ataman (Neue deutsche Medienmacher) geht es in ihrem Beitrag nicht um sprach -<br />

liche Bevormundung, sondern um das Hinterfragen von ausgrenzendem Sprach gebrauch<br />

und <strong>den</strong> Anstoß einer gesellschaftlichen Debatte.<br />

Neue Deutsche Medienmacher<br />

■Die Vielfalt unserer Einwanderungsgesellschaft findet sich<br />

weder in der Berichterstattung noch in <strong>den</strong> Redaktionsräumen<br />

wieder. Jeder fünfte Einwohner im Land besitzt einen sogenannten<br />

Migrationshintergrund, aber nur jeder fünfzigste Journalist.<br />

Auch in <strong>den</strong> einschlägigen Ausbildungsgängen <strong>zu</strong>m Journalismus<br />

sind Nachwuchskräfte mit Migrationshintergrund auffallend<br />

unterrepräsentiert. In <strong>den</strong> Medien fehlen oftmals Perspektiven von<br />

Migrant/innen und hinreichende Kompetenz für die Darstellung gesellschaftlicher<br />

Vielfalt. Die Neuen Deutschen Medienmacher<br />

(NDM) sind ein bundesweiter Zusammenschluss von Medienschaffen<strong>den</strong><br />

mit unterschiedlichen Herkunftsländern und sprachlichen<br />

Kompetenzen, die sich als gemeinnütziger Verein seit 2008 für mehr<br />

Vielfalt in <strong>den</strong> Medien und Einwanderungs-Perspektiven im öffentlichen<br />

Diskurs einsetzen. Das Netzwerk ist politisch unabhängig,<br />

nationalitäten- und konfessionsübergreifend. Zu <strong>den</strong> NDM zählen<br />

sich mehrere Hundert Medienschaffende<br />

aus ganz Deutschland.<br />

Sie arbeiten als feste und<br />

freie Journalistinnen und Journalisten<br />

für deutsche Medien – in<br />

Print, Online, TV, Hörfunk.<br />

■ www.neuemedienmacher.de<br />

info@neuemedienmacher.de<br />

■Auf die Wortwahl kommt es an. Das gilt bei Debatten<br />

um Migration und Integration im öffentlichen Diskurs<br />

ganz besonders. Zwar gibt es einen Konsens darüber, dass<br />

Deutschland ein Einwanderungsland ist. Dennoch ziehen<br />

viele Begriffe eine Grenze zwischen autochtonen Deutschen<br />

und Menschen aus Einwandererfamilien. Gängige Begriffe<br />

wie »Ausländer«, »Zuwanderer« oder »Frem<strong>den</strong>feindlichkeit«<br />

beschreiben ausschließlich die Perspektive der herkunftsdeutschen<br />

Mehrheitsbevölkerung und wer<strong>den</strong> mitunter<br />

auch für Menschen verwendet, die nicht <strong>zu</strong>gewandert<br />

oder fremd und manchmal auch deutsch sind. Das ist hinderlich<br />

für das gesellschaftliche Zusammenwachsen.<br />

Derzeit lässt sich <strong>zu</strong>dem eine große Unsicherheit bei Formulierungen<br />

beobachten: Warum soll man nicht mehr »Ausländerfeindlichkeit«<br />

sagen dürfen? Ist »Migrant« oder »Ausländer«<br />

die richtige Bezeichnung für »Menschen mit Migrationshintergrund«,<br />

wenn man letzteren Begriff vermei<strong>den</strong><br />

will?<br />

Der Mensch mit Migrationshintergrund gehört inzwischen<br />

<strong>zu</strong>r Liste der umstrittenen Begriffe. Als wäre die Formulierung<br />

nicht schon sperrig genug, ist bei Sprachsensiblen nun<br />

vom sogenannten Migrationshintergrund die Rede. Hier<br />

lohnt sich ein Blick über <strong>den</strong> Tellerrand: In Österreich läuft<br />

ebenfalls eine Debatte über Begrifflichkeiten. 2012 gab es<br />

hier die Petition »Stopp dem falschen Gerede vom Migrationshintergrund«.<br />

Die Initiative »SOS Mitmensch« protes -<br />

tiert damit <strong>gegen</strong> die statistische Definition der Anderen.<br />

Allerdings bietet sie keine Alternative, wodurch die Petition<br />

nur bedingt erfolgversprechend war.<br />

Was also sind mögliche Alternativen? Die »Neuen deutschen<br />

Medienmacher«, ein Zusammenschluss von Journalis -<br />

ten, regen <strong>zu</strong> einer breiten Debatte über diese Frage an. Es<br />

gibt <strong>zu</strong> Recht keine Institution oder Organisation, die für sich<br />

in Anspruch nehmen kann, Begriffe fest<strong>zu</strong>legen. Wohl jedoch<br />

können und müssen sogar endlich von verschie<strong>den</strong>en<br />

Seiten neue Ideen kommen, sonst verharren wir in Politik,<br />

Medien und Amtsdeutsch noch jahrelang in einer Sprache,<br />

die dem Alltag der Bundesrepublik nicht entspricht. Wer<br />

heute von »wir Deutschen und die Einwanderer« redet, sollte<br />

in dem »wir « auch die hier geborenen Kofis, Dunyas und

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