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150 Jahre - Buxtehuder SV

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<strong>150</strong> <strong>Jahre</strong><br />

wackere Sportler den Männer-Turnverein gründeten (Teil 1)<br />

ein Dampfer nach Hamburg!<br />

Von Bernd Utermöhlen,<br />

<strong>Buxtehuder</strong> Stadtarchivar<br />

Buxtehude war 1862, im Jahr der Gründung<br />

des „Männer Turn-Vereins zu Buxtehude“<br />

eine kleine, aber – wie der<br />

Adressbucheintrag (links) von 1862<br />

zeigt – selbstbewusste Landstadt im<br />

König reich Hannover. Im Jahr 1815<br />

wur den 1.855 Einwohner gezählt. Bis<br />

1862 war die Einwohnerzahl auf 2.600<br />

gestiegen und hatte sich zum Ende des<br />

Jahrhunderts im Jahr 1895 mit 3.635<br />

nahezu verdoppelt. Ein rapider Wandel<br />

hatte die Stadt ergriffen.<br />

Ein breiter Graben<br />

umschloss die Stadt<br />

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war ihr<br />

Aussehen allerdings noch sehr mittelalterlich<br />

geprägt. Drei Stadttore sicherten<br />

die Zugänge zur Stadt. Die Stadtmauer<br />

war noch weitgehend vorhanden,<br />

dazu an den Ecken der Stadt befestigung<br />

vier Zwinger, diese allerdings zum Teil<br />

nur noch als Ruinen. Der 60 bis 70 m<br />

breite Stadtgraben um schloss die Stadt<br />

vollkommen. Wie eine kleine Insel lag<br />

die Stadt inmitten des Moorstreifens<br />

zwischen Geest und Marsch.<br />

Mit seinen „hochmalerischen Stadtmau<br />

ern und Stadttoren“ war die alte<br />

Han se stadt Buxtehude im 19. Jahr hun -<br />

dert das „Entzücken der Hamburger<br />

Künstlerschaft“ geworden. Die Maler<br />

der Romantik, wie Louis Gurlitt, Jacob<br />

und Martin Gensler sowie Adolf Kiste<br />

besuchten in den 1820er und 1830er <strong>Jahre</strong>n<br />

die Stadt und hielten ihr Aus sehen<br />

in zahlreichen künstlerischen An sichten<br />

fest.<br />

Noch in seinen Jugend erinnerungen<br />

schwärmte Louis Gurlitt, dessen Mutter<br />

aus Buxtehude stammte, vom Besuch<br />

bei den Verwandten: „Und nun erst das<br />

altertümliche Buxtehude, mit uralten<br />

Toren und Türmen, die Kähne, mit welchen<br />

wir auf der Viver um die Stadt fahren<br />

konnten, Onkel Ebersteins Garten<br />

vor dem Tore, die Linde in welcher in drei<br />

Etagen Tische und Bänke zum be quemen<br />

Sitzen angebracht waren, das altertümliche<br />

Geburtshaus meiner guten<br />

Mutter, mit hohem Giebel, immer ein<br />

Stück über dem andern hervortretend,<br />

oben eine kunstvolle vom Onkel geschmiedete<br />

Wetterfahne, die große Eingangspforte,<br />

von beiden Seiten von hervortretenden<br />

Zimmerverlänge run gen<br />

gegen die Straße eingefaßt, auf der Diele<br />

die Schmiedewerkstatt, mein Schlafzimmer<br />

in halber Höhe in die große<br />

Werkstatt hineingebaut – noch jetzt weiß<br />

ich mich vollkommen des seligen Ge -<br />

fühls zu erinnern, mit welchem ich, halb<br />

schlafend, halb wa chend, früh morgens<br />

die ersten Schlä ge auf dem Amboß von<br />

meinem Onkel und seinen Söhnen ertönen<br />

hörte.“ Die Künstler spürten, dass<br />

eine Epoche zu Ende ging und waren fas-<br />

ziniert von den Überresten des Mittelalters,<br />

die allmählich verschwanden.<br />

Das letzte der drei<br />

Stadt-Tore fiel 1865<br />

Bereits nach der Reformation waren die<br />

Liebfrauenkapelle und die St.-An nen-<br />

Kapelle aufgegeben worden. 1865 wurde<br />

auch die Heilig-Geist-Ka pelle samt<br />

angebautem Armenhaus abgerissen, so<br />

dass allein die St.-Petri-Kirche als Gotteshaus<br />

in der Stadt verblieb. Die Befes -<br />

tigungsanlagen wurden vollends niedergelegt,<br />

die noch vorhandenen Wehrtürme<br />

wurden verkauft, die Tore abgerissen:<br />

das Moortor 1828, das Marschtor<br />

1851, das Geesttor 1865. Zudem<br />

wurde in den 1860er Jah ren in der ge -<br />

samten Innenstadt das Straßenpflaster<br />

erneuert. Buxtehude war eine große<br />

Baustelle. Dem entspricht, was ein Besucher<br />

aus Ham burg 1862, also im Jahr<br />

der Gründung des „Männer Turn-Vereins<br />

zu Buxte hude“, in einem Brief<br />

schreibt: „In Bux tehude angelangt be -<br />

stellten wir uns im Schützenhause Mittagessen<br />

und besahen die Stadt, welche<br />

halb Schutt hau fen ist, aber sich sehr<br />

malerisch ausnimmt.“<br />

Der Hafen wurde zum<br />

Industrie-Standort<br />

Durch seine Lage an der schiffbaren Este<br />

Buxtehude aus der Vogelschau, 1881<br />

Aufgenommen und gezeichnet von Carl Benjamin Franz<br />

Kübel. Holzstich von Caspar Risse. Stadtarchiv Buxtehude<br />

9<br />

konnte Buxtehude früh am Pro zess der<br />

Industrialisierung teilnehmen, und das<br />

Hafengebiet entwickelte sich zu einem<br />

Industriestandort. Eine Ze mentfabrik,<br />

eine Dampfsägerei, eine Ölmühle, eine<br />

Schiffswerft und – auf der 1849 aufgeschütteten<br />

Hafeninsel – eine Steingutfabrik<br />

waren um 1860 hier ansässig.<br />

Aber auch innerhalb der Stadt gab<br />

es Fabriken bzw. fabrikartige Gewerbe -<br />

be triebe, wie zwei Seifenfabriken, von<br />

de nen die Kählersche seit 1752 bestand,<br />

mehrere Gerbereien, die zum Teil seit<br />

über 100 <strong>Jahre</strong>n Leder herstellten.<br />

Ab 1860 entstand<br />

die neue Flethmühle<br />

Vor allem aber gab es einen Betrieb, dessen<br />

Tradition bis zur Stadtgründung<br />

zurückreichte, die Flethmühle. Sie wurde<br />

in den 1860er <strong>Jahre</strong>n grundlegend<br />

modernisiert. Die alten in Fachwerk aufgeführten<br />

Wassermühlenbauten wurden<br />

abgerissen und an ihrer Stelle in zwei<br />

Bauabschnitten, 1861 und 1869, das bis<br />

heute bestehende Mühlengebäude<br />

errichtet. Es war mit zwei Turbinen ausgestattet,<br />

zu denen 1876 noch ein<br />

Dampfkessel hinzukam.<br />

Weitere Fabriken befanden sich<br />

außerhalb der Stadtmauern: Vor dem<br />

Geest tor am Ende der Bleicherstraße lag<br />

die Lederfabrik Wachenfeld, die sich<br />

zum größten <strong>Buxtehuder</strong> Betrieb entwickeln<br />

sollte. Esteaufwärts schlossen<br />

sich eine Leimfabrik und in Altkloster<br />

die Wintersche Papierfabrik an, bei der<br />

in den 1840er <strong>Jahre</strong>n mittels moderner<br />

Maschinen industrielle Fertigungs me -<br />

thoden eingeführt wurden.<br />

Fortsetzung nächste Seite<br />

Aus der Vogelschau sind in der Altstadt<br />

etliche mit Dampfkraft arbeitende Betriebe<br />

zu erkennen. Rechts im Bild, am Westviver,<br />

stehen drei Schornsteine von einer<br />

Pack- und Papp-Papierfabrik, einer<br />

Branntweinbrennerei und einer Wollspinnerei.<br />

Am Ende des Fleths befindet sich die<br />

dampfbetriebene Fleth mühle, links daneben<br />

die Seifen fabrik Kähler. Etwas außerhalb<br />

der Stadt liegt links neben der Este<br />

die Lederfabrik Wachenfeld.<br />

Auf der 1881 eröffneten Bahnstrecke<br />

Harburg-Cuxhaven erreicht gerade ein Zug<br />

den Bahnhof Buxtehude.<br />

Dahinter sieht man die Schornsteine der<br />

Winterschen Papierfabrik in Altkloster rau -<br />

chen. Das links oben eingerückte Bild zeigt<br />

das 1877 errichtete Gebäude der Technischen<br />

Fachschulen (der späteren Fachhochschule<br />

und heutigen Hochschule 21).<br />

1880 hat Buxtehude 3.529 Einwohner,<br />

Altkloster 1.112.

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