Nr. 02 / 2011 - Die Pallottiner

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pallottiswerk // Pallottiner weltweit »Mit Liebe, durch Liebe und für die Liebe erziehen« Sozialwerk »Lar dos Meninos«: Neue Lebensperspektiven für mehr als 1000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene wöchentlich Auch wenn P. Schwind hier den Mittelpunkt bildet, setzte er seine ganze Energie in den vergangenen Jahrzehnten stets für das Wohl der Kinder ein. Wenn Pater Josef Schwind im Herbst nach mehr als fünfzig Jahren seine zweite Heimat Brasilien in Richtung Rom verlässt, blickt er gewiss auch mit einer Portion Stolz auf die vergangenen Jahrzehnte zurück. Und das mit gutem Recht. Denn was P. Schwind in den letzten dreißig Jahren in der Stadt Presidente Prudente – rund 600 Kilometer von der Metropole São Paolo entfernt – für Kinder, Jugendliche und deren Familien auf die Beine gestellt hat, ist vor allem eines: beeindruckend. Das Sozialwerk »Lar dos Meninos« – was ins Deutsche übersetzt »Kinderheim« heißt – ist in den vergangenen Jahrzehnten durch den unermüdlichen Einsatz des gebürtigen Unterfranken zu einer vielbeachteten Institution an der Peripherie der 200.000-Einwohner-Stadt geworden. Denn der heute 79-jährige Pallottinerpater gab auf viele drängende soziale Fragen rasche und konkrete Antworten. Das frühere Waisenhaus, das bereits 1957 im Stadtzentrum von Pallottinern gegründet wurde, erfüllte nicht mehr die Ansprüche, die er an eine solche Einrichtung stellte. Ihm stand früh schon das Vorbild der SOS-Kinderdörfer vor Augen. Gedacht, getan. Der notwendig gewordene Ortswechsel im Jahr 1990 sorgte für den Befreiungsschlag und legte die Weichen für die Zukunft. Beengte Wohnverhältnisse wichen von da an einer offeneren und dadurch persönlicheren Atmosphäre. Es entstanden ein Kinderdorf, Kindertagesstätten, Betreuungsangebote mit Hausaufgabenhilfe und Freizeitgestaltung, berufsfördernde Maßnahmen, Mutter-Kind-Kurse und zahlreiche andere Projekte. Immer wieder rief er neue ins Leben. Die Initiative »Regenbogen« ist nur eine unter vielen. Sie eröffnet jungen Mädchen ab 12 Jahren, die sich und ihre Familie durch Prostitution über Wasser hielten, die Chance für einen Neuanfang. »Mehr als 1000 Personen werden hier wöchentlich unterstützt, betreut, erzogen oder ausgebildet«, berichtet P. Schwind. Getreu dem pädagogischen Prinzip: »Erziehen mit Liebe, durch Liebe und für die Liebe«, um dadurch Kreativität und Bildung zu fördern und eine Zukunft in Freiheit und Würde zu ermöglichen. Die Entscheidung, zu expandieren, hat der ehemalige Leiter des Werks nie bereut. Zu kostbar waren für ihn die neuen Lebensperspektiven, die er gemeinsam mit seinem großen Team von ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern, jedem Einzelnen und dessen Familie aufzeigen und auf Dauer sichern konnte. Wenn es um das Wohl des Anderen ging, traten oft auch seine großen Sorgen um ausbleibende oder verspätete staatliche Zuschüsse oder die eigene Gesundheit in den Hintergrund. Eine andere Sorge des deutschen Pallottiners ist längst verflogen, denn das Werk sei laut P. Schwind inzwischen auch von den brasilianischen Oberen »mit großer Aufmerksamkeit angenommen« worden. Dies beweist schon die Tatsache, dass mit dem ehemaligen Provinzial und heutigen Vize-Provinzial der São Paolo-Provinz, P. José Elias Fadul, ein Pater mit großer Leitungserfahrung die Nachfolge P. Schwinds angetreten hat. Nis Mit wachen Augen blicken die Kinder des Sozialwerks in eine bessere Zukunft: Kreativität und Bildung können dazu der Schlüssel sein. 10 pallottiswerk // 2/2011
pallottiswerk // Unio Langer Atem, viele Gespräche, mutiges Auftreten Lissy Eichert lebt, denkt und fühlt seit 25 Jahren im Geist Vinzenz Pallottis Nur selten vergeht Lissy Eichert das Lachen. Und wenn doch einmal, dann reagiert sie schnell und ergreift Partei – zumeist für Benachteiligte. »Studienplatz statt Kaffee« könnte die Überschrift des ersten Kapitels der Biografie über Lissy Eicherts erste Schritte auf pallottinischem Gelände lauten. Zwar kam sie an jenem Tag im August 1985 auch noch in den Genuss des koffeinhaltigen Heißgetränks, doch die von ihrer Mutter und Pater Niederschlag gestellte »Falle« hatte längst zugeschnappt. So verließ die Sauerländerin, die eigentlich Grundschullehramt in Siegen studieren wollte, Vallendar mit der Immatrikulation für das bevorstehende Wintersemester in der Tasche. Von Vinzenz Pallotti und dessen Vision von einer lebendigen Kirche hatte sie bis dahin »wenig Ahnung«. Das sollte sich jedoch schlagartig ändern. Lissy Eichert nennt es »bestätigende Zeichen«, die ihren weiteren Lebensweg in eine bestimmte Richtung lenkten. Auch inspiriert durch das internationale Symposium zur Spiritualität Vinzenz Pallottis im 150. Gründungsjahr der Vereinigung des katholischen Apostolats (Unio) beschloss sie, zusammen mit zwei Kommilitonen, eine pallottinische Wohngemeinschaft zu gründen. Ab sofort wurde pallottisch gedacht – und zwar radikal ins Heute durchbuchstabiert. Spirituell, solidarisch, ökologisch: Sie wollte das in ihrem Leben verwirklichen, was sie von Pallotti verstanden hat. Mitverantwortlich, Bewegung in die Kirche zu bringen. Mitverantwortlich, Migrantenkinder zu integrieren. Mitverantwortlich, die Schöpfung zu bewahren. Diese drei Eckpfeiler gaben ihr dabei Halt, denn sie waren verbindend und verbindlich zugleich. Die logische Konsequenz: Lissy beschloss bereits nach kurzer Zeit, sich fester an die Unio zu binden. Aufgenommen wurde sie im März 1986 in Rom durch den amerikanischen Pallottinerpater Flavian Bonifazi, angebunden war sie damals an die Gemeinschaft in Milwaukee. 25 Jahre sind seither vergangen. Ihre 3er-WG in Vallendar hat sie längst gegen eine in Berlin-Neukölln eingetauscht. In der Christophorus- Gemeinde lebt, denkt und fühlt sie als Pastoralreferentin gemeinsam mit P. Kalle Lenz, Br. Klaus Schneider und vielen Mitstreitern »Kirche im sozialen Brennpunkt«. Ein Projekt, das die drei vor fast 20 Jahren ins Auge fassten und mit Zustimmung der Provinzleitung der Pallottiner in die Tat umsetzten. Was damals als mutiges Experiment begann, ist heute aus dem Hauptstadt- Kiez nicht mehr wegzudenken. Die 45-Jährige sieht in der Unterstützung für diese neue Lebens- und Arbeitsgemeinschaft durch den damaligen Provinzial, P. Karl Heinen, einen »Meilenstein für die Unio«. Einer, dem im Laufe der Jahre noch viele – mal große für alle auffällige, mal kleine eher unauffällige – folgen sollten: Wenn Hartz IV-Empfängern Gelder für Weiterbildungsmaßnahmen gestrichen, tragische Flüchtlingsschicksale mit Füßen getreten oder die Augen vor familiärer Gewalt gegenüber Frauen verschlossen werden, dann läuten Lissys Alarmglocken Sturm. »Langer Atem, viele Gespräche und manchmal ein entschiedenes Auftreten den Behörden gegenüber«, schildert sie kurz und prägnant ihre Arbeitsphilosophie. Doch was hier sachlich klingt und von außen betrachtet nach Don Quijotes Kampf gegen die Windmühlen aussieht, organisiert sich für sie in Wirklichkeit in vielen Netzwerken. Alleine fühle sie sich im Widerstand gegen Ungerechtigkeit selten. Und Alternativen zu dieser Lobbyarbeit für die Ausgegrenzten und Benachteiligten in der Gesellschaft kennt die Mittvierzigerin keine. »Denn wer spricht sonst für jene, die ihre Rechte nicht selbst einklagen?« Nis 2/2011 // pallottiswerk 11
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