Nr. 02 / 2011 - Die Pallottiner
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pallottiswerk // Unio<br />
Langer Atem, viele Gespräche, mutiges Auftreten<br />
Lissy Eichert lebt, denkt und fühlt seit 25 Jahren<br />
im Geist Vinzenz Pallottis<br />
Nur selten vergeht Lissy Eichert das<br />
Lachen. Und wenn doch einmal, dann<br />
reagiert sie schnell und ergreift Partei –<br />
zumeist für Benachteiligte.<br />
»Studienplatz statt Kaffee« könnte<br />
die Überschrift des ersten Kapitels<br />
der Biografie über Lissy Eicherts erste<br />
Schritte auf pallottinischem Gelände<br />
lauten. Zwar kam sie an jenem Tag<br />
im August 1985 auch noch in den<br />
Genuss des koffeinhaltigen Heißgetränks,<br />
doch die von ihrer Mutter und<br />
Pater Niederschlag gestellte »Falle«<br />
hatte längst zugeschnappt.<br />
So verließ die Sauerländerin, die eigentlich<br />
Grundschullehramt in Siegen<br />
studieren wollte, Vallendar mit<br />
der Immatrikulation für das bevorstehende<br />
Wintersemester in der Tasche.<br />
Von Vinzenz Pallotti und dessen Vision<br />
von einer lebendigen Kirche hatte<br />
sie bis dahin »wenig Ahnung«.<br />
Das sollte sich jedoch schlagartig<br />
ändern. Lissy Eichert nennt es »bestätigende<br />
Zeichen«, die ihren weiteren<br />
Lebensweg in eine bestimmte<br />
Richtung lenkten. Auch inspiriert<br />
durch das internationale Symposium<br />
zur Spiritualität Vinzenz Pallottis im<br />
150. Gründungsjahr der Vereinigung<br />
des katholischen Apostolats (Unio)<br />
beschloss sie, zusammen mit zwei<br />
Kommilitonen, eine pallottinische<br />
Wohngemeinschaft zu gründen. Ab<br />
sofort wurde pallottisch gedacht –<br />
und zwar radikal ins Heute durchbuchstabiert.<br />
Spirituell, solidarisch, ökologisch: Sie<br />
wollte das in ihrem Leben verwirklichen,<br />
was sie von Pallotti verstanden<br />
hat. Mitverantwortlich, Bewegung in<br />
die Kirche zu bringen. Mitverantwortlich,<br />
Migrantenkinder zu integrieren.<br />
Mitverantwortlich, die Schöpfung<br />
zu bewahren. <strong>Die</strong>se drei Eckpfeiler<br />
gaben ihr dabei Halt, denn sie waren<br />
verbindend und verbindlich zugleich.<br />
<strong>Die</strong> logische Konsequenz: Lissy beschloss<br />
bereits nach kurzer Zeit, sich<br />
fester an die Unio zu binden. Aufgenommen<br />
wurde sie im März 1986<br />
in Rom durch den amerikanischen<br />
<strong>Pallottiner</strong>pater Flavian Bonifazi, angebunden<br />
war sie damals an die Gemeinschaft<br />
in Milwaukee.<br />
25 Jahre sind seither vergangen. Ihre<br />
3er-WG in Vallendar hat sie längst<br />
gegen eine in Berlin-Neukölln eingetauscht.<br />
In der Christophorus-<br />
Gemeinde lebt, denkt und fühlt sie<br />
als Pastoralreferentin gemeinsam mit<br />
P. Kalle Lenz, Br. Klaus Schneider<br />
und vielen Mitstreitern »Kirche im<br />
sozialen Brennpunkt«.<br />
Ein Projekt, das die drei vor fast<br />
20 Jahren ins Auge fassten und mit<br />
Zustimmung der Provinzleitung der<br />
<strong>Pallottiner</strong> in die Tat umsetzten. Was<br />
damals als mutiges Experiment begann,<br />
ist heute aus dem Hauptstadt-<br />
Kiez nicht mehr wegzudenken. <strong>Die</strong><br />
45-Jährige sieht in der Unterstützung<br />
für diese neue Lebens- und Arbeitsgemeinschaft<br />
durch den damaligen Provinzial,<br />
P. Karl Heinen, einen »Meilenstein<br />
für die Unio«.<br />
Einer, dem im Laufe der Jahre noch<br />
viele – mal große für alle auffällige,<br />
mal kleine eher unauffällige – folgen<br />
sollten: Wenn Hartz IV-Empfängern<br />
Gelder für Weiterbildungsmaßnahmen<br />
gestrichen, tragische Flüchtlingsschicksale<br />
mit Füßen getreten<br />
oder die Augen vor familiärer Gewalt<br />
gegenüber Frauen verschlossen werden,<br />
dann läuten Lissys Alarmglocken<br />
Sturm. »Langer Atem, viele Gespräche<br />
und manchmal ein entschiedenes<br />
Auftreten den Behörden gegenüber«,<br />
schildert sie kurz und prägnant ihre<br />
Arbeitsphilosophie.<br />
Doch was hier sachlich klingt und von<br />
außen betrachtet nach Don Quijotes<br />
Kampf gegen die Windmühlen aussieht,<br />
organisiert sich für sie in Wirklichkeit<br />
in vielen Netzwerken. Alleine<br />
fühle sie sich im Widerstand gegen<br />
Ungerechtigkeit selten. Und Alternativen<br />
zu dieser Lobbyarbeit für die<br />
Ausgegrenzten und Benachteiligten<br />
in der Gesellschaft kennt die Mittvierzigerin<br />
keine. »Denn wer spricht<br />
sonst für jene, die ihre Rechte nicht<br />
selbst einklagen?«<br />
Nis<br />
2/<strong>2011</strong> // pallottiswerk<br />
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