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Nr. 02 / 2011 - Die Pallottiner

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pallottiswerk // <strong>Pallottiner</strong> im Porträt<br />

Mit den eigenen Augen hören<br />

Ein Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks<br />

richtet den Fokus auf Br. Willibald Wagenbach<br />

»Benutze die Hand, die dir am nächsten ist, sprich<br />

die eigene«. <strong>Die</strong>ses Motto trug Br. Willibald Wagenbach<br />

allen widrigen Umständen zum Trotz sein Leben<br />

hindurch.<br />

»Herzlich Willkommen und Grüß<br />

Gott dem Bayerischen Rundfunk«<br />

war am 17. März <strong>2011</strong> an der Rezeption<br />

der Hochschule in Vallendar auf<br />

der Informationstafel zu lesen. Was<br />

eigentlich als erste Orientierung für<br />

Gäste des Hauses, die zu Kursen und<br />

Weiterbildung hier eintreffen, gedacht<br />

ist, galt in diesem Fall einer Regisseurin,<br />

ihrem Kameramann, einem<br />

Toningenieur und einem Mitarbeiter<br />

in der Zentralstelle für Gehörlose aus<br />

München. Sie kamen zwar als Gäste,<br />

aber nicht um sich zu erholen oder<br />

weiterzubilden, sondern um einen<br />

Beitrag für das BR-Wochenmagazin<br />

für Hörgeschädigte »Sehen statt Hören«<br />

zu drehen.<br />

Einer, der dies lernen musste, da er<br />

nicht in der Isolation »versauern«<br />

wollte, ist Br. Willibald<br />

Wagenbach. Hörgeschädigt<br />

ist der <strong>Pallottiner</strong>-<br />

Bruder, der an Morbus<br />

Menière (Erkrankung<br />

des Innenohrs) leidet,<br />

bereits seit Ende des<br />

Zweiten Weltkriegs.<br />

Nicht von heute auf morgen<br />

verlor der 83-Jährige<br />

sein Gehör, sondern erst<br />

im Laufe der Nachkriegszeit.<br />

<strong>Die</strong> Konsequenz: Er<br />

brach sein Theologiestudium<br />

ab, blieb aber der<br />

Gemeinschaft treu, der<br />

er eigentlich als Priester<br />

dienen wollte.<br />

Du darfst Deine Stimme<br />

nicht verlieren, sagte<br />

er immer wieder zu sich<br />

selbst, als ihm der Arzt<br />

nach einer Operation<br />

mitteilte, er werde nie<br />

wieder hören können. So<br />

lernte Br. Willibald von<br />

den Lippen abzulesen,<br />

was die Ohren nicht mehr wahrnahmen,<br />

lernte die Gebärden- und Zeichensprache<br />

und wurde so einer von<br />

ihnen: den Gehörlosen und Hörgeschädigten.<br />

Als Autor des ersten Lehrbuches<br />

– dem Standardwerk für das<br />

Mundablesen in deutscher Sprache –<br />

gab er Generationen von Schülern<br />

neue Hoffnung. Zudem führte der<br />

»Vater des Mundablesens« innerhalb<br />

der vergangenen Jahrzehnte zahlreiche<br />

Lehrgänge durch.<br />

Auf diesem Weg entdeckte ihn auch<br />

das Bayerische Fernsehen, meldete<br />

sich an, schickte Fragen an Br. Willibald,<br />

reiste an, filmte und interviewte<br />

ihn an den Orten, die er jahrelang mit<br />

Leben füllte: in der Bibliothek, in der<br />

Sakristei und in der Kirche als Sakristan,<br />

in seinem Zimmer als Interpret<br />

seiner veröffentlichten Schriften und<br />

in einer gemütlichen Ecke des Rekreationssaals<br />

als Erzähler seines Lebens.<br />

Und zu berichten hat er eine ganze<br />

Menge. Dreißig Jahre ist es bereits<br />

her, dass er auf der Bundestagung des<br />

Deutschen Schwerhörigenbundes in<br />

Flensburg für seine großen Verdienste<br />

mit dem »Goldenen Ehrenzeichen«<br />

ausgezeichnet wurde. Oft waren<br />

es einfache Hilfestellungen, mit<br />

denen Br. Wagenbach den deutschen<br />

Sprachraum eroberte. Das von ihm<br />

entworfene Kärtchen verbreitete sich<br />

wie ein Lauffeuer.<br />

<strong>Die</strong> Botschaft war kurz, verständlich<br />

und direkt: »Ich bin hörbehindert.<br />

Sprechen Sie bitte langsam und deutlich.<br />

Schauen Sie mich an beim Sprechen,<br />

schreien Sie bitte nicht. Herzlichen<br />

Dank«. Eine Formel, die das<br />

Wesentliche in den Blick nimmt und<br />

exemplarisch für Br. Wagenbachs Einsatz<br />

für die häufig unsichtbare Behinderung<br />

steht. <br />

Nis / Pi<br />

»Sehen statt Hören« ist die »einzige<br />

Sendereihe in der deutschen<br />

Fernsehlandschaft, die im Bild sichtbar<br />

macht, was man sonst nur im<br />

Ton hört.« Hier werden Inhalte präsentiert<br />

- mit den visuellen Mitteln<br />

des Fernsehens, Gebärdensprache<br />

und offenen Untertiteln. Es werden<br />

Menschen ins Bild gesetzt, die entweder<br />

von Geburt an gehörlos leben<br />

oder durch Unfälle ihr Gehör verloren.<br />

Mit Hilfe solcher Lebensbilder<br />

soll dem Zuschauer vor Augen geführt<br />

werden, wie auch Menschen<br />

mit Behinderung sicher und kreativ<br />

durchs Leben gehen.<br />

2/<strong>2011</strong> // pallottiswerk<br />

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