Weihnachten oder die geweihte Nacht - der Lorber-Gesellschaft eV

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32 Alles in uns schweige GL 6/2008 Wahrnehmung Gottes nicht am Anfang, aber sie ist intendiert. Deshalb ist Wahr-nehmen erst einmal die Übung, sich und andere so wahr zu nehmen, wie sie und - auch ich jetzt - sind. Dabei gilt es Wertungen zu unterlassen und erst recht Abwertungen. Viele Menschen beginnen sich, da wo sie sich intensiver wahrnehmen, über sich zu ärgern. Sätze wie: „Da war ich doch längst drüber weg“ oder „ich müsste das doch endlich loslassen“ oder „ich komm keinen Schritt weiter“ hören wir immer wieder. Die Einladung der Wahrnehmung ist aber nicht Beurteilung, sondern Annehmen. Ich übe – immer wieder neu ein - mich anzunehmen, mich zu akzeptieren. Daraus erwachsen die Veränderungen. Mit der Wahrnehmung beginnen die ersten Klärungsprozesse. Klärung bedeutet nicht sich selbst nur zu bedenken (wir tragen oft viel zu viele Be-Denken mit uns), sondern es ist die Wahrnehmung vom dem, was mich im Leben fördert und von dem, was mich an einem gelingendem Leben hindert. Aus der Wahrnehmung und dieser Unterscheidung wachsen Entscheidungen über das, was ich weiter mit mir trage und was ich zurücklasse. Im Schweigen wird dies oft klar und deutlich. Wie gesagt, Klärung ist weniger Bedenken, als ein Hineinspüren in die unklaren Dinge meines Lebens. Klärung bedeutet einspüren und sich einlassen in die eigene Lebensgeschichte mit ihren gelungenen, verletzenden, stärkenden und auch eintönigen Seiten. Im Hineinspüren erwachsen neue Prioritäten, entsteht oft langsam und allmählich eine sich wandelnde Lebensgestaltung. Für die meisten von uns ist Klärung ein kontinuierlicher Prozess, der aus dem Schweigen erwächst und im Schweigen wächst. Dies schließt nicht aus, dass es schlagartige Erkenntnisse gibt, aber auch für diese braucht dann der Mensch Zeit zum Annehmen und Integrieren. Aus dem Wahrnehmen und dem Klären kann dann ein Versöhungsprozess eingeleitet werden. Oft wollen Menschen - gerade bei alten Wunden - den Versöhnungsprozess recht schnell. Aber Versöhnung beginnt in jedem Einzelnen von uns. Da wo ich in mir und mit mir einen Teil der Versöhnung vollzogen habe, da kann ich mich auch mit dem anderen Menschen versöhnen. Viel zu oft wird Vergebung gesucht, bevor die Zeit und die Situation dazu reif ist. Manchmal ist ein „schlechtes Gewissen“ kein guter Ratgeber. Aber auch hier helfen die Zeiten des inneren Schweigens. Wer sich
GL 6/2008 Alles in uns schweige 33 Zeit nimmt, hat auch Zeit. Neben der Selbstbegegnung und Klärung geschieht fast unbemerkt etwas anderes. Es ist fast so, als ob in dem Maße, in dem sich mein Inneres lichtet, etwas anderes durchstrahlen kann. Das Schweigen klärt auch da und hilft wahrzunehmen was ist. Je mehr das Reden in uns schweigt, desto mehr können wir hören, spüren, empfangen was immer da ist - Gottes Gegenwart gewinnt Raum, wo wir leer werden. Menschen spüren - oft ganz erstaunt - immer wieder; da wo sie sich versöhnt haben, war der Versöhnungsprozess mit Gott und durch Gott gleichzeitig und oft auch unbewusst schon geschehen. „So weit und so viel der Mensch entleert ist, so weit und so viel mehr ist er empfänglich. Will man ein Fass füllen, so muss zuvor heraus was drinnen ist.“ Johannes Tauler Schweigen wird so zu einer Chance • Ich nehme mir Zeit innezuhalten. • Ich merke, was mich beschäftigt und laufe nicht mehr einfach funktionierend, wie der Hamster im Rad. • Ich spüre, was mir (und vielleicht auch anderen) wirklich wesentlich ist. • Ich merke, wer ich wirklich bin. • Ich spüre (wieder), was mir gut tut und mich und andere fördert. • Im Schweigen mach ich eigene Erfahrungen, statt über Sehnsüchte und Theorien zu reden. • Im Schweigen komme ich zur Besinnung und lebe weniger besinnungslos vor mich hin. • Im Schweigen gewinnen die Worte neues Gewicht. Texte der Bibel, Lieder, Gebete erschließen sich mir ganz neu. • Im Schweigen höre ich sensibler, nach außen und nach innen. • Im Schweigen nähere ich mich leichter der Wirklichkeit Gottes, da ich achtsamer bin. • Im Schweigen kann die Gegenwart Gottes mich leichter erreichen - ohne b(B)edenken öffne ich mich unmittelbar. • Im Schweigen entdecke ich - alles in uns schweige, denn Gott ist da. Sieben Schritte ins Schweigen 1. Schritt: Täglich eine kleine Zeit innehalten - ich komme zur Besinnung Ich halte inne und unterbreche meinen Alltag, meine Routine. Ich suche mir einen Ort, an dem ich nicht gestört werde. Vor allem am Anfang ist
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