Archivnachrichten Nr. 46 , März 2013 (application/pdf 2.8 MB)
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1 | Epaulette und Kragen einer Kutscheruniform.<br />
Vorlage: Fürstlich Hohenzollernsche Sammlungen<br />
Sigmaringen, 2012<br />
Aufnahme: Christine Dölker<br />
1<br />
Jeder soll sich musterhaft betragen<br />
Dienstvorschriften der Fürstlich Hohenzollernschen Hofverwaltung<br />
Die am 16. März 1833 erlassene Verordnung<br />
für die Hochfürstliche Livrée-Dienerschaft<br />
ist nur ein Beispiel zahlreicher<br />
Dienstvorschriften, die am Hofe der<br />
Fürsten von Hohenzollern galten und<br />
meist durch weitere Verfügungen beschränkt<br />
oder ergänzt wurden. Diese<br />
Regelwerke waren Bestandteil individueller<br />
Dienstakten, wurden aber auch,<br />
wie das vorliegende Beispiel zeigt, in den<br />
Diensträumen ausgehängt.<br />
Inhaltlich gemein ist allen Vorschriften<br />
die hierarchische Ordnung der Dienerschaft<br />
und die über allem stehende<br />
Loyalität der Bediensteten dem Fürsten<br />
gegenüber: Die Livrée-Dienerschaft steht<br />
zunächst unter dem Hoffourier. Dieselbe<br />
wird ernstlich aufgefordert, treu, fleißig<br />
und eifrig zu seyn. […] Reinlichkeit in Kleidern<br />
und den Dienstverrichtungen wird<br />
von jedem streng gefordert. In 13 Paragraphen<br />
wurden nicht nur die Dienstzeiten,<br />
sondern auch das Betragen bei Tisch und<br />
den Gästen gegenüber, die Kleiderordnung<br />
sowie das Verhalten bei Ausfahrten<br />
oder Kirchgängen geregelt – denn das<br />
Verhalten der Livrée-Dienerschaft hatte<br />
inner- wie außerhalb des Schlosses als<br />
vorbildlich zu gelten.<br />
Rund anderthalb Jahre nach Inkrafttreten<br />
der Verordnung äußerte ein Bediensteter<br />
seinen Unmut über diese<br />
Dienstvorschrift respektive seinen direkten<br />
Vorgesetzten. Dieser, Hoffourier<br />
Frick, meldete am 19. Dezember 1834<br />
dem Hofmarschallamt: […] Es wurde<br />
vor einigen Tagen […] in der Vorzimmer<br />
Ordnung der Name Hof-Fourier mit Bleystiften<br />
ausgestrichen und unten auf den<br />
Rand Hofmarschall geschrieben. Frick,<br />
nach jahrelangem Dienst als Tapezier<br />
erst jüngst zum Hoffourier berufen, sah<br />
darin eine Gefährdung der inneren Ordnung<br />
und wohl auch seiner eigenen<br />
Position. Erste Verhöre der Bediensteten<br />
waren ergebnislos verlaufen, so dass<br />
[…]nach Abermaliger Frist von mehren<br />
Wochen eine Bekanntmachung ertheilt<br />
und sämtliche Bedienste unter Androhung<br />
einer Strafe von einem Gulden bei wiederholten<br />
Fall verantwortlich gemacht wurden.<br />
Bestrebt, die Ordnung wieder herzustellen,<br />
bat er schließlich das Hofmarschallamt<br />
um Hilfe: Da also auch dieses ohne<br />
Berüksichtigung blieb, so wird ein Hochfürstl[iches]<br />
Hofmarschallamt gehorsamst<br />
gebetten, um zu Verhüttung der bei Unfuge<br />
die geeignete Mittel anwenden zu<br />
wollen um dem Dienst so wohl und auch<br />
mir selbsten die gehörige Sactisfaction zu<br />
verschaffen, ohne welche die Ordnung<br />
nicht erhalten werden kann.<br />
Welches Ende dieser Vorfall nahm ist<br />
aus den Akten nicht ersichtlich. Über die<br />
Ursache des Unmuts des unbekannten<br />
Bediensteten kann nur spekuliert werden.<br />
In der Dienstakte des Hoffouriers Frick<br />
ist der Vorfall nicht dokumentiert, wohl<br />
aber die Auszeichnung, die derselbe als<br />
Zeichen der Zufriedenheit mit seiner<br />
stets eifrigen und unverdrossenen Pflichterfüllung,<br />
und der wohlverdienten Anerkennung<br />
seiner langjährigen treuen<br />
Anhänglichkeit an das Fürstliche Haus<br />
am 31. Dezember 1835 erhielt.<br />
Christine Dölker<br />
14<br />
<strong>Archivnachrichten</strong> <strong>46</strong> / <strong>2013</strong>