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Archivnachrichten Nr. 46 , März 2013 (application/pdf 2.8 MB)

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Fotografische Dokumentation<br />

jüdischer Friedhöfe in Baden-Württemberg<br />

Analog und Online<br />

Die Sorge für die Verstorbenen gilt in der<br />

anthropologischen Forschung als einer<br />

der wichtigsten Indikatoren für den<br />

Beginn menschlicher Kultur überhaupt.<br />

Indem er sich um die Bestattung der<br />

sterblichen Überreste von Angehörigen<br />

der eigenen Gemeinschaft kümmerte,<br />

offenbarte bereits der prähistorische<br />

Mensch wie auch immer geartete Vorstellungen<br />

von einem Jenseits und eine<br />

über den Tod hinausgehende Verbundenheit<br />

von Individuum und Gemeinschaft.<br />

Im jüdisch-christlichen Kulturkreis entwickelte<br />

sich die Erdbestattung in einem<br />

Sarg als die übliche Form der Beisetzung,<br />

die auf einem besonderen, eigens dafür<br />

vorgesehenen Bereich, dem Friedhof, zu<br />

erfolgen hatte. Die Unantastbarkeit der<br />

Totenruhe, die für jüdische Bestattungen<br />

im Unterschied zu den christlichen unabdingbar<br />

gilt, hat zur Folge, dass jüdische<br />

Friedhöfe nicht nach bestimmten Ruhefristen<br />

geräumt und neu belegt werden.<br />

Soweit sie der nationalsozialistischen<br />

Barbarei entgingen, konnten auch in<br />

Baden-Württemberg jüdische Friedhöfe<br />

vielfach über viele Generationen bis in<br />

die Gegenwart wachsen. Da es bis ins<br />

20. Jahrhundert hinein üblich war, auf<br />

den Grabsteinen neben dem Namen des<br />

Bestatteten auch den des Vaters zu nennen,<br />

bilden diese Inschriften auch für die<br />

historisch-genealogische Forschung<br />

Quellen von höchstem Wert.<br />

All diese Friedhöfe sind heute geschützte<br />

Kulturdenkmale. Auf Grund eines Beschlusses<br />

des baden-württembergischen<br />

Landtages aus dem Jahre 1989, der die<br />

Dokumentation und Erhaltung jüdischer<br />

Friedhöfe in Baden Württemberg zum<br />

Inhalt hatte, erhielt das Landesdenkmalamt<br />

Baden-Württemberg den Auftrag<br />

einer umfassenden Dokumentation aller<br />

einschlägigen Grabsteine. Wesentliche<br />

Grundlage dieser Arbeit waren Abzüge<br />

von Fotos, die vom Zentralarchiv zur<br />

Erforschung der Geschichte der Juden in<br />

Deutschland in Heidelberg zwischen<br />

1985 und 1992 von fast allen jüdischen<br />

Grabsteinen in Baden-Württemberg<br />

angefertigt worden waren.<br />

Der Kopiensatz mit rund 85 000 Abzügen<br />

wurde nach Abschluss des Projekts<br />

im Mai 2008 zusammen mit den vom<br />

Landesdenkmalamt erarbeiteten Friedhofsdokumentationen<br />

in Papierform<br />

und einer Datenbank mit Dokumentationsergebnissen<br />

für einen großen Teil<br />

der Gräber an das Staatsarchiv Ludwigsburg<br />

abgegeben. Diese Datenbank enthält<br />

neben historischen, kunst- und<br />

sprachwissenschaftlichen Details insbesondere<br />

auch genealogisch relevante<br />

Sachverhalte.<br />

Im Zuge eines von der Kulturgutstiftung<br />

Baden-Württemberg finanzierten<br />

Projekts wurde diese wertvolle Überlieferung<br />

2011 im Staatsarchiv Ludwigsburg<br />

als Bestand EL 228 b II für die Online-<br />

Nutzung erschlossen. Die aus vielen Einzeltabellen<br />

bestehende Datenbank wurde<br />

in einem für das Findmittelsystem des<br />

Landesarchivs geeignetes Format aufbereitet,<br />

der gesamte Fotobestand eingescannt,<br />

jedes Foto mit individueller Signatur<br />

versehen und – soweit möglich –<br />

Friedhof für Friedhof manuell mit den<br />

zur Verfügung gestellten Datenbankinhalten<br />

verknüpft. Damit ist der 1985–<br />

1992 flächendeckend fotografisch gesicherte<br />

Zustand der Grabsteine in Verbindung<br />

mit den Erschließungsdaten<br />

für weitere Forschungen weltweit über<br />

das Internet abrufbar.<br />

Stephan Molitor<br />

Dokumentation in Schwarz-Weiß. Übersichtsaufnahme<br />

des jüdischen Friedhofs in Aufhausen,<br />

Stadt Bopfingen, Ostalbkreis.<br />

Aufnahme: Cermelj & Urschitz vom 26.03.1990<br />

Vorlage: StAL EL 228 b II <strong>Nr</strong> 56811<br />

1<br />

40<br />

<strong>Archivnachrichten</strong> <strong>46</strong> / <strong>2013</strong>

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