zum Download - Linksfraktion Düsseldorf
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Untersuchung<br />
zur linken Haushaltspolitik in der<br />
Stadt <strong>Düsseldorf</strong><br />
für soziale Gerechtigkeit<br />
1
Gliederung<br />
1. Gliederung<br />
2. Vorbemerkungen 4<br />
2.1. Wie viel Geld brauchen die Kommunen wirklich 4<br />
2.2. Rückblick auf die bundesweite Entwicklung der Kommunalfinanzen 2012 5<br />
2.3. Verfassungsgarantie für eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen 6<br />
2.4. Stadthaushalt <strong>Düsseldorf</strong> seit Jahren formal ausgeglichen – doch der Preis ist hoch 8<br />
2.5. <strong>Düsseldorf</strong> bleibt schuldenfrei – koste es was es wolle? 9<br />
2.6. Risikovorsorge tragen Bürgerinnen und Bürger 11<br />
2.7. Steuereinnahmen steigen, die Sozialausgaben aber auch 13<br />
2.8. Prognose für die Entwicklung der Kommunalfinanzen bis 2016 21<br />
2.9. Ursachen kommunaler Haushaltsdefizite 25<br />
3. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse 26<br />
4. Untersuchung der Haushaltspotenziale bei den Realsteuern 28<br />
5. Untersuchung der Haushaltspotenziale bei den Gemeinschaftssteuern 31<br />
2<br />
6. Ideenbörse für örtliche Verbrauchs- und Aufwandssteuern (kommunales<br />
33<br />
Steuerfindungsrecht)<br />
7. Linke Grundsätze für die Gestaltung von Gebühren- und Entgeltmodellen 34<br />
8. Linke Grundsätze für die wirtschaftliche Betätigung der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> 35<br />
9. Positionen zu den Prüfungsfeststellungen der örtlichen/überörtlichen<br />
35<br />
Rechnungsprüfung<br />
10. Positionen <strong>zum</strong> Maßnahmenkatalog der Verwaltung zur Haushaltskonsolidierung 40<br />
11. Städtische Einflussmöglichkeiten auf Zuweisungen/Erstattungen des Landes/ 41<br />
Bundes<br />
11.1. Kommunale Gestaltungspotenziale bei den Schlüsselzuweisungen des Landes 41<br />
11.2 Kommunale Gestaltungspotenziale bei den besonderen Zuweisungen des Landes 41<br />
12. Maßnahmen/Projekte Demokratisierung/Steuerung des laufenden<br />
42<br />
Haushaltsvollzugs<br />
13. Einführung/Weiterentwicklung des Projektes „Bürgerhaushalt“ 42<br />
14. Entwicklung von Fraktionspositionen zur Personalpolitik/Personalkosten 44<br />
15. Positionen zur Kreditfinanzierung von Investitionen und <strong>zum</strong> Projekt „schuldenfreier 44<br />
Haushalt“ bzw. „Schuldenbremse“<br />
16. Positionen zu den so genannten alternativen Finanzierungskonzepten (u. a. 45<br />
Öffentlich-Private-Partnerschaften/PPP, Öffentlich-Öffentliche-Partnerschaften/<br />
ÖÖP),<br />
16.1. Grundsätzliche Anmerkungen 47<br />
16.2. Kommunale Handlungsoptionen 47<br />
17. Neue Finanzierungsmodelle für die soziale Infrastruktur bzw. für die nachhaltige 49<br />
Finanzierung von Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen<br />
17.1. Das Genossenschaftsmodell 49<br />
17.2. Kulturzukunftsbeitrag 50<br />
18. Projektentwicklung für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik (auch zur 50<br />
Reduzierung der kommunalen Kosten im Bereich SGB II)<br />
19. Mobilität als soziales Grundrecht – Projekt „Fahrscheinloser ÖPNV“ und/oder 53<br />
„Sozialticket“ (Beispiel Erfurt)<br />
20. Wohnen als Grundrecht – Finanzierung sozialer (kommunaler) Wohnungsbau, 56<br />
Sicherung der Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums, Förderung des<br />
Genossenschaftsmodels<br />
20.1. Wohnungsaufsichtsgesetz 56<br />
20.2. Satzung <strong>zum</strong> Schutz und Erhalt von Wohnraum (Beispiel: Stadt Dortmund) 57<br />
21. Schlussbemerkungen 57<br />
22. Anlagen – Begriffsbestimmung (Auswahl) 58
Vorwort<br />
Es ist mittlerweile bekannt, dass DIE LINKE. Ratsfraktion <strong>Düsseldorf</strong> mit der Haushaltspolitik der<br />
Stadtverwaltung und der Ratsfraktionen CDU/FDP nicht einverstanden ist. Das haben wir in unseren<br />
Haushaltsanträgen der letzten Jahre deutlich gemacht.<br />
Der Standard-Vorwurf gegenüber der LINKEN, sie verstehe nichts von Finanzen, stelle nur Forderungen auf und<br />
kann nicht aufzeigen, wie eine Gegenfinanzierung dieser „überzogenen“ Forderungen geschehen soll, wird auch<br />
in <strong>Düsseldorf</strong> von den bürgerlichen Parteien und Medien erhoben.<br />
Wir haben uns in diesem Jahr entschlossen, uns nicht nur grundsätzlich mit der Haushaltspolitik der Stadt<br />
<strong>Düsseldorf</strong> auseinander zu setzen, sondern auch gemeinsam mit dem ausgewiesenen Fachmann für<br />
kommunale Finanzen und kommunales Recht, Betriebswirt und Abgeordneter der LINKEN im Thüringer<br />
Landtag, Frank Kuschel, den Haushalt der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> zu analysieren. Frank Kuschel hat eine<br />
Untersuchung der städtischen Haushalte für die Jahre 2013 und 2014 erstellt und einige Vorschläge für eine<br />
andere Haushaltspolitik erarbeitet. Dabei wurden die Potentiale sowohl bei den städtischen Einnahmen<br />
als auch bei den Ausgaben für eine nachhaltige, soziale und zukunftsorientierte Politik in <strong>Düsseldorf</strong><br />
herausgearbeitet.<br />
Das vorliegende Papier ist auf einer Klausurtagung der Fraktion diskutiert worden und wir haben uns<br />
entschlossen, es zu veröffentlichen. Wir sehen die Ausführungen als Diskussionsgrundlage nicht nur im<br />
Kreisverband der LINKEN <strong>Düsseldorf</strong>, sondern auch mit den EinwohnerInnen der Stadt. Die Ergebnisse dieser<br />
Diskussion werden Grundlage der weiteren Arbeit der Ratsfraktion sein, auch über die Kommunalwahl 2014<br />
hinaus.<br />
Wir danken Frank Kuschel für seine umfangreiche und gehaltvolle Arbeit.<br />
<strong>Düsseldorf</strong> im November 2013<br />
Angelika Kraft-Dlangamandla<br />
(Fraktionssprecherin)<br />
Gilbert Yimbou<br />
(Fraktionssprecher)<br />
Informationen <strong>zum</strong> Verfasser:<br />
Fachberater für Kommunal- und Verwaltungsrecht<br />
Verwaltungsbetriebswirt (VWA)<br />
Stellvertretender Bürgermeister der Stadt Ilmenau (bis 1988)<br />
Bürgermeister der Stadt Großbreitenbach (bis 1990)<br />
Geschäftsführer des Kommunalpolitischen Forums Thüringen e.V. (bis 2011)<br />
Mitglied des Thüringer Landtags<br />
Mitglied des Kreistages Ilm-Kreis<br />
Mitglied des Stadtrates Arnstadt<br />
Geschäftsführender Gesellschafter des THK-Verlag UG<br />
Weitere Informationen unter www.frankkuschel.de<br />
3
Untersuchung zur linken Haushaltspolitik in der<br />
Stadt <strong>Düsseldorf</strong> für soziale Gerechtigkeit<br />
Frank Kuschel – Fachberater für Kommunal- und Verwaltungsrecht – Verwaltungsbetriebswirt (VWA)<br />
Die Fraktion der LINKEN im Stadtrat <strong>Düsseldorf</strong> erteilte mir den Auftrag, Untersuchungen zur linken Haushaltspolitik<br />
in der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> vorzunehmen und Empfehlungen für die praktische Arbeit der Stadtratsfraktion<br />
zu unterbreiten. Grundlage der Untersuchungen waren der Haushaltsplan 2013 und der Entwurf des Haushaltsplanes<br />
2014.<br />
Auch in der städtischen Haushaltspolitik soll der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit zur Wirkung kommen.<br />
Bestandteil der Arbeit ist die Begleitung einer Klausur der Fraktion zur städtischen Haushaltspolitik. Diese<br />
Klausur fand vom 11. bis 13. Oktober 2013 statt.<br />
2. - Vorbemerkungen<br />
Zunächst soll an dieser Stelle eine kurze Darstellung aktueller Entwicklungen im Bereich der Kommunalfinanzen<br />
erfolgen. Dem folgt auf Grundlage der Vorberichte zu den Haushaltsplänen 2013 und 2014 eine Kurzbewertung<br />
der Haushaltssituation der Stadt <strong>Düsseldorf</strong>. Schließlich erfolgt eine Prognose der Entwicklung der<br />
Kommunalfinanzen bis 2016.<br />
2.1. - Wie viel Geld brauchen die Kommunen wirklich?<br />
Als inhaltlicher Einstieg eignet sich eine Presseinformation der Präsidentin des Landtages von Nordrhein-<br />
Westfalen vom 13. September 2013 unter der Überschrift: „Wie viel Geld brauchen die Kommunen wirklich?“<br />
Hier der Wortlaut der Presseinformation:<br />
„Das war die zentrale Frage in einer Anhörung heute im Kommunalausschuss. Auf Antrag der FDP-Fraktion soll<br />
das Land eine Untersuchung machen lassen, um herauszufinden, wie hoch der tatsächliche Finanzbedarf der<br />
Städte und Gemeinden ist.<br />
Bisher werde nur ein fiktiver Wert statistisch ermittelt und eine vom Land festgelegte Gesamtsumme, bemessen<br />
nach den Einnahmen des Landes, nach den Regeln des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) auf die<br />
Kommunen in NRW verteilt.<br />
Nicht nur diese Regeln gehörten überarbeitet, sondern auch, dem vorausgehend, eben die Feststellung des<br />
realen Bedarfs an Geld, das die Kommunen benötigen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Damit soll der kommunale<br />
Finanzausgleich insgesamt gerechter gestaltet werden.<br />
Die Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen hielten die Frage nach dem tatsächlichen Bedarf der Städte<br />
und Gemeinden für berechtigt. Allerdings habe es in Thüringen, wo der Bedarf ermittelt worden sei und nun auf<br />
dieser Basis Geld vom Land fließe, keineswegs zu einer Befriedung geführt; viele Kommunen seien vor Gericht<br />
gezogen.<br />
Wenn jedenfalls eine Bedarfserhebung gemacht werden solle, dann müsse solches erstens auch verfassungsrechtlich<br />
verankert werden und zweitens ebenso für das Land und seine Aufgaben erfolgen, betonte etwa Dr.<br />
Dörte Diemert vom Städtetag Nordrhein-Westfalen. Claus Hamacher vom Städte- und Gemeindebund NRW,<br />
der auch für den nordrhein-westfälischen Landkreistag sprach, war ausgesprochen dankbar für den Antrag der<br />
FDP. Es müsse endlich darum gehen, wie viel Geld die Kommunen real bräuchten. Derzeit gebe es mit dem<br />
kommunalen Finanzausgleich quasi nur einen relativen Armutsvergleich. Hamacher sprach sich wie Diemert<br />
dafür aus, eine finanzielle Mindestausstattung der Kommunen unabhängig von den Einnahmen des Landes in<br />
der Verfassung festzuschreiben.<br />
4<br />
Auch Matthias Wohltmann vom Deutschen Landkreistag hielt eine Bedarfsfeststellung zwar für schwierig, aber<br />
möglich, auch für notwendig und verfassungsmäßig geboten. Denn die Aufgaben der Kommunen müssten die<br />
Ausgaben bestimmen, nicht umgekehrt. Er wies auf die Gleichwertigkeit der Aufgaben des Landes einerseits<br />
und der Kommunen andererseits hin und forderte, wenn das Land mehr Einnahmen als erwartet habe, müssten<br />
die Kommunen gleichermaßen davon profitieren.
Anderer Meinung war der Wissenschaftler Prof. Dr. Janbernd Oebbecke von der Universität Münster. Er hielt<br />
eine objektive wissenschaftliche Darstellung der tatsächlichen Bedarfe für nicht möglich. Zudem wäre der<br />
Aufwand unverhältnismäßig hoch, meinte er, denn ein solches Verfahren bringe nicht einen Euro mehr in den<br />
gemeinsamen Topf von Land und Kommunen. Er bezweifelte darüber hinaus den Sinn einer Bedarfserhebung,<br />
denn mehr Geld sei schlicht nicht da.<br />
Es gebe keinen Anspruch der Kommunen auf eine Mindestausstattung ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit<br />
des Landes, meinte der Münchener Jurist Prof. Dr. Stefan Korioth. Zudem seien die Erfahrungen aus<br />
Thüringen nicht besonders ermutigend. „Wenn man Neuland betritt, muss man sich darauf einstellen, dass man<br />
ein lernendes System installiert“, hielt ihm Gerhard Micosatt von der Forschungsgesellschaft für Raumfinanzpolitik<br />
aus Bottrop entgegen. Natürlich müsse man das System nach den ersten Erfahrungen anpassen. Das Land<br />
NRW spreche immer nur von angemessener Finanzausstattung der Kommunen, nicht aber von aufgabenangemessener<br />
Finanzausstattung. Da sei es kein Wunder, dass die Finanzierung von Aufgaben nicht gewährleistet<br />
sei. Vom Grundsatz her sei deshalb eine Bedarfserhebung nötig, wenn auch schwierig - aber nicht unmöglich.<br />
Nur: Die Offenlegung bestimmter Wertentscheidung durch die Politik müsse vor der Bedarfserhebung stehen.<br />
Prof. Dr. Thiess Büttner, Volkswirt aus Nürnberg, begründete, warum aus seiner Sicht eine Bedarfserhebung<br />
nicht funktionieren könne: Der öffentliche Sektor verkaufe seine Leistungen nicht, was die Bewertung schwierig<br />
mache. Wenn also jemand bewerten wolle, wie viel Geld die Kommunen für ihre Aufgaben bräuchten, dann<br />
müsste er jede einzelne Aufgabe definieren, ausgestalten, ihre Umsetzung bestimmen - genau das aber führe<br />
die kommunale Selbstverwaltung ad absurdum.<br />
Wenn der Bedarf der Kommunen ermittelt werde, sei auch der des Landes zu ermitteln - auf diesen Punkt kam<br />
noch einmal der Wissenschaftler Prof. Dr. Thomas Döring zu sprechen. Wenn man beide Bedarfe ermittle,<br />
komme man wieder beim Anfang heraus: Beiden Ebenen fehle es an Geld; der gemeinsame Topf reiche nicht<br />
für beide - „symmetrische Pleite“ von Land und Kommunen nannte das Micosatt.<br />
Mario Hesse von der Universität Leipzig beschrieb Bedingungen, unter denen eine Bedarfsmessung möglich<br />
sei: Man müsse in dem Prozess den Pflichtigkeitsgrad der Aufgaben bemessen. In Thüringen beispielsweise<br />
habe das Land zugestanden, den Kommunen die Kosten für ihre Pflichtaufgaben vollständig zu erstatten, für<br />
freiwillige Aufgaben gebe es 60 Prozent. In den Gesamtbedarf, der sich so errechnete, seien die Einnahmen<br />
der Kommunen aus allen Quellen hineingerechnet worden. Heraus sei gekommen, dass die Kommunen in den<br />
letzten Jahren tendenziell weniger Geld vom Land bekämen als zuvor. Deshalb stehe vor der Entscheidung einer<br />
Bedarfsermittlung erst einmal die Frage sowohl für das Land als auch für die Kommunen, ob dieser Weg wirklich<br />
gewollt sei. Ebenso müsse bedacht werden, welche Konsequenzen eine bedarfsorientierte Finanzierung<br />
für Kommunen hätte, falls sich die Einnahmeseite des Landes positiv entwickele: Dann würden die Kommunen,<br />
anders als derzeit, davon nicht mehr profitieren.“<br />
(Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags, Redaktion: Hans Zinnkann, Pressesprecher; Florian Melchert,<br />
stv. Pressesprecher, Telefon: 0211/884-2850 Telefax: 0211/884-2250, E-Mail: hans.zinnkann@landtag.nrw.de)<br />
2.2. - Rückblick auf die bundesweite Entwicklung der<br />
Kommunalfinanzen im Jahr 2012<br />
Auch wenn im Jahr 2012 in den Kernhaushalten der Städte, Landkreise und Gemeinden ein positiver Finanzierungssaldo<br />
in Höhe von 1,8 Milliarden Euro erzielt werden konnte, kann für die kommunalen Haushalte keine<br />
Entwarnung gegeben werden.<br />
Vielmehr ist das bundesweite Ergebnis des Jahres 2012 vor dem folgenden Hintergrund deutlich zu relativieren:<br />
1. Verschärfung der Disparitäten zwischen Kommunen unterschiedlicher Länder und in den Ländern,<br />
2. Ungebremster Anstieg der kommunalen Ausgaben für soziale Leistungen trotz weiterhin entspannter Lage<br />
am Arbeitsmarkt,<br />
3. Weiterer Anstieg der Kassenkredite der Städte, Landkreise und Gemeinden auf mittlerweile 47,5 Milliarden<br />
Euro,<br />
4. Scharfes Absinken der Investitionen unter das Niveau des Jahres 2008,<br />
5. Verschlechterung des Finanzierungssaldos in den neuen Ländern.<br />
Die kommunalen Einnahmen stiegen im Jahr 2012 mit 5,1 Milliarden Euro bzw. 2,8 Prozent lediglich halb so<br />
stark wie im Vorjahr. Sie betrugen 188,8 Milliarden Euro. Eine Hauptursache für den Einnahmenanstieg des<br />
5
Jahres 2012 waren die im Vorjahr massiv gestiegenen Steuereinnahmen der Länder, eine weitere die erhöhte<br />
Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter durch den Bund. Beides führte je nach Vorgehen in dem<br />
einzelnen Land zu mehr oder weniger deutlich erhöhten Landeszuweisungen. Hinzuweisen ist auch auf die<br />
weiterhin positive Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen. Sowohl der Einnahmen- als auch der Ausgabenanstieg<br />
wurden im Übrigen durch das Auslaufen des Konjunkturprogramms gebremst.<br />
Der Ausgabenanstieg betrug lediglich 0,9 Prozent bzw. 1,7 Milliarden Euro, so dass im Jahr 2012 Ausgaben<br />
in Höhe von 187,0 Milliarden Euro anfielen. Die Entwicklung auf der Ausgabenseite war durch einen scharfen<br />
Rückgang der Investitionen von 10,6 Prozent gekennzeichnet. Dieser Rückgang verdeutlicht, dass in den<br />
vergangenen Jahren die kommunale Investitionsschwäche durch das Konjunkturprogramm lediglich überdeckt,<br />
aber nicht grundsätzlich behoben werden konnte. Auch die überraschend positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt<br />
machte sich im Jahr 2012 leider nicht durch einen allgemeinen Rückgang der Ausgaben bei den sozialen<br />
Leistungen bemerkbar. Ursache hierfür sind die weiterhin wachsenden Ausgaben der kommunalen Träger für<br />
die konjunkturunabhängigen sozialen Leistungen, wie die Jugendhilfe, die Hilfe zur Pflege oder die Eingliederungshilfe<br />
für Menschen mit Behinderung. Sie stiegen deutlich stärker als die sonstigen Ausgaben oder auch<br />
die Einnahmen. Die kommunale Investitionsschwäche ist somit im Jahr 2012 ebenso unübersehbar wie der sich<br />
weiter vergrößernde Anteil der sozialen Leistungen. Diese betragen mittlerweile mehr als das Doppelte der<br />
Investitionen.<br />
Der Finanzierungssaldo zwischen Einnahmen und Ausgaben war somit im Ergebnis erstmals seit der Finanzkrise<br />
wieder positiv. Trotz des insgesamt positiven Finanzierungssaldos stiegen im Vergleich <strong>zum</strong> Vorjahr die<br />
Kassenkredite um ca. 3,6 Milliarden Euro auf 47,5 Milliarden Euro. Nicht zuletzt hieran zeigt sich, dass die<br />
Unterschiede in der Haushaltssituation der Kommunen zunehmen.<br />
(Quelle: Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände „Aktuelle Finanzlage der Kommunen“, 06/2013)<br />
2.3. - Verfassungsgarantie für eine angemessene<br />
Finanzausstattung der Kommunen<br />
Das Grundgesetz (Art. 28 Abs. 2 Satz 1) sichert den Kommunen das Recht auf Selbstverwaltung zu. Dieses<br />
Recht umfasst auch die finanzielle Eigenverantwortung. Dies bedeutet jedoch keine verfassungsrechtliche<br />
Garantie für eine angemessene Finanzausstattung, <strong>zum</strong>indest auf Bundesebene.<br />
Jedoch haben bereits einige Landesverfassungsgerichte diesen Verfassungsanspruch der Kommunen auf eine<br />
angemessene Finanzausstattung anerkannt. Dieser Verfassungsanspruch der Kommunen richtet sich somit<br />
gegen die Länder und (noch) nicht gegen den Bund.<br />
Verfassungsrechtlich sind die Kommunen Bestandteile der Länder. Insofern gestalten sich die föderalen Finanzbeziehungen<br />
der Kommunen auf die Länder.<br />
Direkte Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Kommunen sind hingegen verfassungsrechtlich<br />
unzulässig.<br />
Andererseits hat der Bund bis vor wenigen Jahren (bis zur Föderalismusreform I) in Kooperation mit den<br />
Ländern den Kommunen eine Vielzahl kostenintensiver Aufgaben (insbesondere im Sozialbereich) zugeordnet,<br />
ohne dass die Kommunen dabei einen Konnexitätsanspruch gegen den Bund hätten. Der kommunale Konnexitätsanspruch<br />
richtet sich immer gegen die Länder.<br />
Dies ist ein derzeit gänzlich ungelöstes Problem der bundesdeutschen Finanzverfassung.<br />
Der Bund kann zwar seit der Föderalismusreform I keine neuen Aufgaben auf die Kommunen übertragen, jedoch<br />
können Veränderungen bei den bereits übertragenen Aufgaben jederzeit vorgenommen werden.<br />
Die Länder können ohnehin durch Gesetz weitere Aufgaben auf die Kommunen übertragen. Den Kommunen<br />
steht dabei ein Anspruch auf Kostenerstattung zu. Die Kostenerstattung erfolgt in der Praxis dabei aber nie<br />
kostendeckend.<br />
Bund, Länder und Gemeinden vertreten in der bundesstaatlichen Finanzverfassung nachvollziehbar eigene Interessen.<br />
Dabei geht es im Kern um die Verteilung der Finanzmittel. Die Umverteilungsregelungen sind stark politisch<br />
geprägt. In Folge gibt es Blockadetendenzen der einzelnen föderalen Ebenen. Getroffene Kompromisse<br />
sind meist politisch begründet und halten einer sachlichen, wissenschaftlich begründeten Prüfung nicht stand.<br />
Die bundesdeutsche Finanzverfassung hat somit strukturelle Schwächen.<br />
Seit 1969 wurde die bundesdeutsche Finanzverfassung nie strukturell oder grundsätzlich als Gesamtsystem<br />
novelliert (vgl. „Neuordnung der föderalen Finanzverfassung Deutschlands ab 2020“, Bertelsmann Stiftung<br />
2012, S. 5ff)<br />
6<br />
Die Grundzüge der bundesdeutschen Finanzverfassung sind im Grundgesetz (GG) geregelt. Technische Details<br />
<strong>zum</strong> Verfahren der Finanzbeziehungen der föderalen Ebenen und der Verteilung der öffentlichen Finanzmittel<br />
sind im Maßstäbe- und Finanzausgleichgesetz von 2001 geregelt.
Geregelt sind dabei Fragen des vertikalen Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern und des horizontalen<br />
Finanzausgleichs zwischen den Bundesländern.<br />
Systematisch wird bei den Steuerarten unterschieden, ob das Aufkommen einer konkreten föderalen Ebene<br />
zugeordnet wird (Trennsystem, Realsteuern) oder das Aufkommen zwischen den föderalen Ebenen aufgeteilt<br />
wird (Verbundsystem, Gemeinschaftssteuern).<br />
Grundsätzlich sind die Bundesländer für die (angemessene) Finanzausstattung der Kommunen verantwortlich<br />
(Patronatsfunktion der Länder in Bezug auf die Kommunen).<br />
Deshalb gibt es in den Flächenländern kommunale Finanzausgleichssysteme.<br />
Ziele dieser kommunalen Finanzausgleichssysteme der Bundesländer sind:<br />
• Sicherung einer kontinuierlichen Einnahmebasis der Kommunen,<br />
• Verhinderung einer prozyklischen Ausgabenpolitik der Kommunen,<br />
• Nivellierung der Steuerkraftunterschiede zwischen den Kommunen zur Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse.<br />
Die Finanzausgleichssysteme der 13 Flächenbundesländer weisen sehr unterschiedliche Regelungen auf. Diese<br />
Differenzierungen haben im Wesentlichen politische Ursachen.<br />
Das Grundgesetz regelt, dass die Länder die Kommunen an den Ländereinnahmen aus den Gemeinschaftssteuern<br />
beteiligen müssen (obligatorischer Steuerverbund). Die Beteiligung der Kommunen an den weiteren<br />
Einnahmen des Landes ist fakultativ (vgl. Art. 106 Abs. 7 GG).<br />
Bislang hat kein Landesverfassungsgericht eine bestimmte, in Zahlen gefasste Mindestquote der angemessenen<br />
Finanzausstattung für freiwillige Aufgaben als verfassungsgeboten ausgegeben (vgl. u. a. ThürVerfGH,<br />
Urteil vom 21. Juni 2005, S. 49: Keine Bestimmung „jeweils einer Kennzahl oder gar dem Betrag nach.“)<br />
Tendenziell gewähren die Verfassungsgerichte den Kommunen eine „frei Spitze“ für die Erfüllung der sogenannten<br />
„freiwilligen Aufgaben“ (nicht gesetzlich vorgegebenen Aufgaben). Diese „freie Spitze“ wird bei 5 bis 10<br />
Prozent des Gesamtetats gesehen (vgl. u. a. Schoch, Verfassungsrechtlicher Schutz der kommunalen Finanzautonomie,<br />
1997, S. 153 Hennecke, Jenseits von Bückeburg, NdsVBl. 1998, S. 25)<br />
„…muss der Umfang der Mittel, die der Kommune zur Verfügung stehen, mindestens so groß sein, dass die<br />
Gemeinden ‚zu einem absoluten Mindestmaß kommunaler Selbstverwaltungstätigkeit in der Lage sind’“ (vgl.<br />
ThürVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2005 – NVwZ-RR 2005, 665 (672).<br />
Bei der Finanzierung pflichtiger und freiwilliger kommunaler Selbstverwaltungsaufgaben gibt es eine verfassungsrechtliche<br />
Rangfolge der Finanzierungsquellen und Deckungsmittel. Originäre kommunale Einnahmen<br />
(Steuern, Abgaben, Entgelte) gehen den Einnahmen aus Zuweisungen des Landes vor (vgl. Einnahmegrundsätze<br />
in der GO, Christian Wladhoff, Kommunale Einnahmen im Überblick in: Henneke/Pünder/Waldhoff (Hrsg.),<br />
Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 7 Rdnr. 5). Daraus erwächst die Verpflichtung der Kommunen, zunächst<br />
selbst ihre Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen bzw. die Konsolidierungsbedarfe auszuschöpfen (vgl. Thür-<br />
VerfG, Urteil vom 21. Juni 2005, S. 32).<br />
Der allgemeine Finanzausgleich dient nicht der Vermeidung von Unterschieden, die auf eigene Entscheidungen<br />
der Kommunen zurückgehen, sondern dem Ausgleich „interkommunal bestehender strukturbedingter Unterschiede<br />
in der Finanzkraft (vgl. Henneke in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Auflage 2011, Art.<br />
106, Rn 79, ebenso Hennecke in Henneke/Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 25 Rn. 6)<br />
Die bundesstaatliche Finanzverfassung muss so gestaltet sein, dass sie den Anforderungen eines modernen<br />
Sozialstaates gerecht wird und gleichzeitig den föderalen Ebenen Anreize für eine eigenverantwortliche und<br />
nachhaltige Haushaltspolitik bietet.<br />
Bei einer Reform der Finanzverfassung muss zunächst die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und<br />
Kommunen neu geregelt werden. Auf Grundlage der Neudefinition des Aufgabenkatalogs der einzelnen föderalen<br />
Ebenen muss es zu einer aufgabengerechten Verteilung der Staatseinnahmen kommen.<br />
Überlegenswert ist dabei u. a., dass die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern durch direkte Zuweisungen<br />
des Bundes ergänzt werden, die sich an den Zweckausgaben bundesgesetzlich vorgegebener Aufgaben<br />
orientiert (vgl.: „Neuordnung der föderalen Finanzverfassung Deutschlands ab 2020“, Bertelsmann Stiftung<br />
2012, S. 26ff). Man spricht hier vom Paradigmenwechsel von der Durchführungs- zur Veranlassungskonnexität<br />
über zweckgebundene Bundeszuweisungen. In der Folge müsste der Bund alle Leistungsgesetze selbst finanzieren,<br />
die er auch beschlossen hat.<br />
Das Besteuerungsniveau in der Bundesrepublik ist im Vergleich zu den Standards des Sozialstaates und der<br />
technischen Infrastruktur relativ niedrig. Eine zu geringe Besteuerungsquote ist eine wesentliche Ursache für<br />
die permanente Krise der öffentlichen Haushalte (vgl.: „Neuordnung der föderalen Finanzverfassung Deutschlands<br />
ab 2020“, Bertelsmann Stiftung 2012, S. 33).<br />
Insbesondere die Versteuerung von Kapital und Vermögen ist in der Bundesrepublik zu gering (vgl. Eurostat<br />
7
2012, S. 92 und 198), während die Besteuerung des Faktors Arbeit und die Konsumbesteuerung erheblich über<br />
dem Durchschnitt in der EU liegt.<br />
Eine weitere Senkung der öffentlichen Ausgaben unter der Maßgabe der Niveausicherung des Sozialstaates<br />
und der technischen Infrastruktur ist nur noch bedingt möglich. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die<br />
öffentlichen Einnahmen zu erhöhen.<br />
2.4. - Stadthaushalt <strong>Düsseldorf</strong> seit Jahren formal ausgeglichen –<br />
doch der Preis ist hoch<br />
Dem Vorbericht <strong>zum</strong> Haushaltsplan 2013 ist zu entnehmen, dass es auch 2013 und damit im 14. Jahr nacheinander<br />
der Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> gelang, einen Haushalt vorzulegen, der als ausgeglichen gilt. Dies ist<br />
keine Selbstverständlichkeit in NRW.<br />
Der erneute Haushaltsausgleich 2013 in <strong>Düsseldorf</strong> hat jedoch seinen Preis:<br />
1. Rückgriff auf die vorhandene Ausgleichrücklage,<br />
2. Maßnahmen im Rahmen der Risikovorsorge (Erhöhung ausgewählter Gebühren und Entgelte, Reduzierung<br />
von Zuschüssen an Dritte, Erhöhung der Gewinnabführung von städtischen Beteiligungen, Verschiebung<br />
von Investitionsvorhaben, zusätzliche Grundstücksverkäufe, Reduzierung disponibler Aufwendungen.<br />
Im Vorbericht <strong>zum</strong> Haushaltsplan 2013 wird weiter ausgeführt: Mit Sicht auf die prekäre Haushaltslage vieler<br />
nordrhein-westfälischer Kommunen ist auf die Verantwortung von Bund und Land hinzuweisen, die für eine<br />
auskömmliche Finanzausstattung der Städte und Gemeinden Sorge zu tragen haben.<br />
Insbesondere liegt der Focus auf den kontinuierlich steigenden Soziallasten, die den Kommunen aufgebürdet<br />
werden.<br />
Wie dem Gemeindefinanzbericht für das Jahr 2012 des Deutschen Städtetages zu entnehmen ist, beliefen sich<br />
die Sozialausgaben bundesweit in 2011 auf 43,29 Mrd. Euro und erreichten in 2012 fast 45 Mrd. Euro „Die<br />
finanzielle Lage der Städte in Nordrhein-Westfalen wird erst richtig deutlich, wenn man sie mit der in anderen<br />
Bundesländern vergleicht. Zwar erholt sich die Konjunktur in Deutschland, doch in den nordrhein-westfälischen<br />
Städten sind die Auswirkungen dieser Erholung noch nicht richtig angekommen. Ein Beispiel ist die Gewerbesteuer:<br />
Das Aufkommen aus der Gewerbesteuer stieg 2011 in den westdeutschen Flächenländern um 14,3 %<br />
an, in NRW um 7,6 %. Markant sind auch die Unterschiede auf der Ausgabenseite: Die Sozialausgaben der kommunalen<br />
Ebene beanspruchen in NRW mit 27,6 % deutlich mehr des kommunalen Budgets als im Durchschnitt<br />
der westdeutschen Flächenländer (23,5 %)“ (Quelle: Gemeindefinanzbericht 2012 des Städtetages Nordrhein-<br />
Westfalen).<br />
Zwar können nach der November-Steuerschätzung 2012 somit die Städte und Gemeinden auch für 2013 ff. mit<br />
Steuermehreinnahmen rechnen, jedoch stellt sich die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen der Landeshauptstadt<br />
<strong>Düsseldorf</strong>, wie abweichend dar. Daher mussten die Planansätze ab 2013 ff. gegenüber der bisherigen<br />
Planung aus 2012 deutlich reduziert werden.<br />
Mit Sicht auf eine Entlastung der öffentlichen Haushalte scheinen die neuerlichen finanzpolitischen Entscheidungen<br />
der Bundes- sowie der Landesregierung <strong>zum</strong>indest teilweise in die richtige Richtung zu weisen. So ist<br />
die schrittweise<br />
• Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter,<br />
• die Beteiligung an der Kindertagesstättenfinanzierung<br />
• als auch die Finanzierung des Bildungs- und Teilhabepakets<br />
positiv zu werten.<br />
Die Belastungssteigerungen der Kommunen können hierdurch aber bestenfalls kompensiert werden.<br />
8<br />
Um eine dauerhafte Senkung der Soziallasten und eine Stabilisierung der kommunalen Haushalte zu erreichen,<br />
sind Bund und Land in der Pflicht, weitere spürbare Entlastungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Im<br />
Rahmen einer Protokollerklärung zur Verabschiedung des Fiskalpakts hatte der Bund u. a. in Aussicht gestellt,<br />
sich an den Kosten der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die jüngste Entwicklung zeigt jedoch, dass in diesem<br />
Bereich nicht mit einer kurzfristigen Lösung gerechnet werden kann. Dazu muss sichergestellt werden, dass<br />
im Rahmen der Fiskalpolitik und der Einhaltung der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse keine<br />
neuen Belastungen auf die kommunalen Haushalte wirken.
Mit Blick auf die aktuelle Haushaltslage ist aus Sicht der Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> das von der Landesregierung<br />
erlassene „Gesetz zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des<br />
Stärkungspakts Stadtfinanzen“ (Stärkungspaktgesetz) mit Skepsis zu betrachten.<br />
Nach den Vorgaben dieses Gesetzes sind die Kommunen bei der Finanzierung der Konsolidierungshilfen in<br />
erheblichem Umfang eingebunden. Das Gesetz sieht vor, dass sich das Land Nordrhein-Westfalen in den Jahren<br />
2012 bis 2020 jeweils mit 350 Mio. Euro an der Finanzierung des Stärkungspakts beteiligt. Die Kommunalbeteiligung<br />
an den Konsolidierungshilfen beträgt im Jahr 2012 65 Mio. Euro und im Jahr 2013 115 Mio. Euro. Ab<br />
dem Jahr 2014 bis einschließlich 2020 steigt der kommunale Finanzierungsanteil auf 310 Mio. Euro jährlich an.<br />
Ein Anteil von 195 Mio. Euro wird nach Maßgabe des jeweiligen Gemeindefinanzierungsgesetzes erhoben. Es<br />
besteht Grund für die Annahme, dass diese zusätzlichen Komplementärmittel in Form einer Solidaritätsumlage<br />
ausschließlich von finanzstarken Kommunen zu schultern sind.<br />
Vor diesem Hintergrund muss damit gerechnet werden, dass ab dem Jahr 2014 zusätzliche Aufwendungen<br />
auf die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> zukommen werden.<br />
Zu der genauen Höhe der Solidaritätsumlage können zwar noch keine exakten Angaben gemacht werden, da<br />
diese erst im Gemeindefinanzierungsgesetz für das Jahr 2014 bekanntgegeben werden.<br />
Nach dem Kabinettsbeschluss der Landesregierung vom 16.07.2013 soll die zweite Stufe des Stärkungspaktes<br />
ab dem Jahr 2014 bis einschließlich 2020 allein durch die Kommunen über eine sogenannte Solidarumlage<br />
finanziert werden. Ein Anteil von 182 Mio. Euro ist dann jährlich von den Kommunen aufzubringen.<br />
Für die Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> bedeutet das eine jährliche Belastung im zweistelligen Millionenbereich.<br />
Die erste Modellrechnung des Innenministeriums für jede Kommune in NRW <strong>zum</strong> Gemeindefinanzierungsgesetz<br />
(GFG) 2014 liegt jetzt vor. Danach ergibt sich für <strong>Düsseldorf</strong> in 2014 eine zusätzliche Belastung i. H. v. rund 27<br />
Mio. Euro, die noch nicht in der Haushaltsplanung berücksichtigt wurde.<br />
Da selbst bei den steuerstarken Städten und Gemeinden nur eine Minderheit über ausgeglichene Haushalte<br />
verfügt, werden die finanziellen Probleme in vielen Kommunen durch die Solidarumlage nochmals verschärft.<br />
Juristische Schritte gegen die Erhebung der Solidarumlage werden gegenwärtig geprüft.<br />
Unter Berücksichtigung der Höhe der jährlichen kommunalen Finanzierungsanteile muss allerdings von<br />
erheblichen negativen Auswirkungen auf die Ausgleichsrücklage und die Schuldenfreiheit der Landeshauptstadt<br />
<strong>Düsseldorf</strong> ausgegangen werden.<br />
Die Verwaltungsspitze kommt zu der Einschätzung, dass trotz der aktuellen Rahmenbedingungen mit dem<br />
Haushaltsplan 2013 und dem mittelfristigen Planungszeitraum bis <strong>zum</strong> Jahre 2016 – im Gegensatz zu den meisten<br />
anderen Kommunen in Deutschland – wiederum ein Reihe von positiven Aspekten, die den Bürgerinnen und<br />
Bürgern als auch der Wirtschaft zu Gute kommen, aufgenommen bzw. erhalten werden konnten.<br />
Hierzu zählen aus Sicht der Verwaltungsspitze insbesondere der weitere Ausbau der Betreuung von Kindern<br />
unter 3 Jahren, die Beibehaltung der Beitragsfreiheit der drei- bis sechsjährigen Kinder in Tageseinrichtungen<br />
aber auch Bauvorhaben wie die Verlängerung der Straßenbahnlinien 701 und 704, der Bau der Wehrhahnlinie,<br />
die Realisierung des Projekts „Kö-Bogen“ sowie wertverbessernde Maßnahmen an den Schulen, den Kindertageseinrichtungen,<br />
den Vereins- und Bezirkssportanlagen oder auch den Kinderspielplätzen.<br />
Als weiteren Erfolg wird benannt, dass die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer konstant auf einem<br />
attraktiven Niveau von jeweils 440 v. H. gehalten werden konnten.<br />
2.5. - <strong>Düsseldorf</strong> bleibt schuldenfrei – koste es was es wolle?<br />
Das oberste Ziel der städtischen Haushaltswirtschaft hat die Verwaltungsspitze die Schuldenfreiheit der Landeshauptstadt<br />
<strong>Düsseldorf</strong> definiert.<br />
Der Jahresabschluss 2011 wird voraussichtlich ein Jahresfehlbetrag i. H. v. rd. 147 Mio. Euro ausweisen (= 5,7<br />
% Gesamthaushalt). Gründe für diesen Fehlbetrag sind:<br />
• Die Gewerbesteuer schloss bei rd. 820,8 Mio. Euro brutto – ohne Wertberichtigung – mit rd. 89,5 Mio.<br />
Euro weniger Ertrag ab als ursprünglich geplant. Die Einbußen bei den Gewerbesteuererträgen führten zu<br />
einer Minderung des Aufwands bei den Gewerbesteuerumlagen in Höhe von 23,3 Mio. Euro, und zwar bei<br />
der Gewerbesteuerumlage i. H. v. 10,6 Mio. Euro und bei der Finanzierungsbeteiligung Fonds Deutsche<br />
Einheit i. H. v. 12,7 Mio. Euro. Netto beträgt somit der Mindererlös bei der Gewerbesteuer 66,2 Millionen<br />
EUR.<br />
9
• Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer verzeichnete einen Zuwachs von rd. 23,0 Mio. Euro.<br />
• Die Grundsteuer und der Anteil an der Umsatzsteuer lagen insgesamt 2,8 Mio. Euro über den Planvorgaben.<br />
• Bei den Pensions- und Beihilferückstellungen entstand ein Mehrbedarf i. H. v. 29,0 Mio. Euro. Im Mehrbedarf<br />
enthalten ist die Auswirkung aus der Besoldungserhöhung 2011 ff. i. H. v. rd. 41 Mio. Euro. Gegenläufige<br />
Entwicklungen bei den Pensions- und Beihilferückstellungen konnten diese Verschlechterung jedoch<br />
teilweise kompensieren.<br />
• Die Leistungsbeteiligung des Bundes für Unterkunft und Heizung hat sich netto (unter Berücksichtigung<br />
der Beteiligung von 11,1 Mio. Euro für Bildung und Teilhabe) um 8,8 Mio. Euro verbessert.<br />
• Bei den Erträgen aus der Auflösung oder Herabsetzung von Rückstellungen ist es zu einer Verbesserung<br />
i. H. v. 16,5 Mio. Euro gekommen.<br />
Das Haushaltsjahr 2012 war durch folgende Entwicklungen gekennzeichnet:<br />
Die Steuererträge der Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> konnten auch im Jahre 2012 die Erwartungen nicht erfüllen:<br />
• Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind im Vergleich <strong>zum</strong> Vorjahr zurückgegangen; unter Berücksichtigung<br />
der Gewerbesteuerumlagen wird ein Abschluss von rund 130,5 Mio. Euro unter Plan angenommen<br />
(vorläufiges Rechnungsergebnis ohne Pauschalwertbereinigung).<br />
• Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer hat sich im Jahresverlauf erheblich besser entwickelt als<br />
geplant; hier ergab sich ein Plus von rund 27,6 Mio. Euro im Vergleich <strong>zum</strong> Ansatz.<br />
• Der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer schloss mit einem Plus von rund 1,2 Mio. Euro ab.<br />
• Die Grundsteuer B schloss mit 131,8 Mio. Euro ab und lag mit 7,3 Mio. Euro unter dem Planwert.<br />
• Vor dem Hintergrund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs NRW vom 26.05.2010 hat das Land die<br />
Verteilung der Landesersparnis bei den Wohngeldausgaben neu geregelt. Aufgrund dieser neuen Rechtsnorm<br />
wird seit dem Jahr 2011 kein entsprechender Ansatz mehr geplant. Die Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong><br />
erhält seither bedeutend geringere Kompensationsleistungen, die nicht zur Auszahlung gelangen. Darüber<br />
hinaus sind die für die Jahre 2007 bis 2009 erhaltenen Ausgleichszahlungen i. H. v. 65,3 Mio. Euro bis <strong>zum</strong><br />
Jahr 2019 an das Land zu erstatten. Die jährlichen Ausgleichsleistungen des Landes sind hiervon in Abzug<br />
zu bringen (2011: 1,0 Mio. Euro, 2012: 1,6 Mio. Euro). Somit verbleibt nach derzeitigem Stand eine Rückzahlungsverpflichtung<br />
gegenüber dem Land in Höhe von 62,6 Mio. Euro im Jahr 2019. Mit Sicht auf die<br />
neue Verteilungssystematik sowie die Zulässigkeit der Rückforderung des Landes wurde eine verfassungsrechtliche<br />
Prüfung des AG-SGB II NRW eingeleitet. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes<br />
Nordrhein-Westfalen bleibt abzuwarten.<br />
• Nach Auswertung der aktuellen Ergebnisse lagen die ordentlichen Erträge (ohne Steuererträge), vorbehaltlich<br />
der noch zu erfolgenden Buchungen zur Auflösung der Sonderposten bzw. der Investitionspauschale,<br />
mit 120,2 Mio. Euro unter dem Plan.<br />
• Die Hochrechnung der Personalaufwendungen der Gesamtverwaltung weist <strong>zum</strong> Stand November 2012<br />
für den budgetierten Bereich negative Abweichungen aus, welche aber durch Sachmitteleinsparungen<br />
kompensiert werden.<br />
• Die Transferaufwendungen weisen derzeit Minderaufwendungen i. H. v. rd. 40,1 Mio. Euro auf.<br />
• Bei den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen könnte es zu einer erheblichen Verbesserung<br />
kommen. Z. B. flossen für die gesamte Unterhaltung von Grundstücken und baulichen Anlagen rd. 36,1<br />
Mio. Euro weniger als erwartet ab.<br />
• Bei den sonstigen ordentlichen Aufwendungen werden Verbesserungen von 73,7 Mio. Euro erwartet.<br />
10<br />
• Auch die o. g. beispielhaft aufgeführten Veränderungen bei den Ertrags- und Aufwandsarten lassen nicht<br />
den Schluss zu, dass gegenüber den Ergebnissen der Planung von rd. -94,3 Mio. Euro wesentliche Abweichungen<br />
beim Jahresfehlbetrag eintreten werden. Noch nicht erfasst sind derzeit z.B. die Abschreibungen<br />
und Auflösungen der Sonderposten, Veränderungen bei den Rückstellungen und sonstige Abschlussbu-
chungen. Nach dem Arbeitsstand September 2013 (Vorbericht <strong>zum</strong> Entwurf Haushaltsplan 2014) ist für<br />
2012 mit einem tatsächlichen Jahresfehlbetrag von 84,4 Millionen EUR auszugehen.<br />
• Die investiven Einzahlungen lagen mit rd. 5,6 Mio. Euro und die investiven Auszahlungen mit rd. 206,2<br />
Mio. Euro unter dem fortgeschriebenen Ansatz.<br />
Auch die Aufstellung des Haushalts 2013 stand unter der Prämisse, den Ausgleich des städtischen Haushalts<br />
fortzuführen und zu sichern. Ein Ausgleich ist dann gegeben, wenn der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des<br />
Gesamtbetrags der Aufwendungen erreicht oder übersteigt. Diese Verpflichtung gilt auch dann als erfüllt, wenn<br />
der Fehlbedarf im Ergebnisplan durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden kann (§ 75<br />
(2) GO NRW). Dieses Ziel konnte erneut erreicht werden.<br />
Der Haushalt 2013 weist zwar ein Defizit von rd. 43,3 Mio. Euro aus; dieser Fehlbedarf kann jedoch durch<br />
die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden. Für 2014 wird mit einem Überschuss von<br />
0,4 Millionen EUR gerechnet. Die Überschüsse erhöhen sich auf 23,7 Millionen EUR (2015) auf 74,8 Millionen<br />
EUR (2017).<br />
2.6. - Risikovorsorge tragen Bürgerinnen und Bürger<br />
Aufgrund der aktuellen Gewerbesteuerentwicklung und verschiedener, nicht beeinfluss-barer zwangsläufiger<br />
Verschlechterungen wurde die Risikovorsorge zusätzlich in fünf Bereichen weiter intensiviert und in den Haushaltsplan<br />
aufgenommen:<br />
1. Sofern vertretbar moderate Erhöhung von Gebühren und Entgelten (z. B. Benutzungsgebühren / Entgelte<br />
für offene Ganztagsschulen, für die Unterbringung in Stadtwohnheimen und Probewohnungen, für die Betreuung<br />
von Kindern in Tageseinrichtungen, für die Teilnahme an Veranstaltungen der Volkshochschule).<br />
2. Beiträge der städtischen Beteiligungen (Reduzierung von Zuschüssen bzw. Erhöhung der Gewinnabführung,<br />
z. B. von der Messe <strong>Düsseldorf</strong> GmbH, von der Stadtsparkasse <strong>Düsseldorf</strong>, vom Stadtentwässerungsbetrieb<br />
<strong>Düsseldorf</strong>).<br />
3. Verschiebung von Investitionsmaßnahmen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Realisierungszeiträume<br />
(z. B. Verlängerung Böhlerstraße, 2. Bauabschnitt Kö-Bogen, Verlängerung der Linie 701).<br />
4. Kompensierung der Auswirkungen der Tarifsteigerungen (ab 2013 rd. 18 Mio. Euro pro Jahr) und Erhöhung<br />
der Besoldung und Versorgungsbezüge innerhalb des Personaletats.<br />
5. Reduzierung von disponiblen Aufwendungen, insbesondere bei Sach- und Dienstleistungen (z. B. Geschäftsaufwendungen,<br />
Unterhaltung und Bewirtschaftung der Grundstücke und baulichen Anlagen).<br />
Der Haushaltsplan 2013(Entwurf 2014) weist folgende Eckdaten auf:<br />
Gesamtbetrag aller<br />
Erträge<br />
Gesamtbetrag al ler<br />
Aufwendungen<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
2.417,9 2.556,8 2.579,3 2.640,6 2.683,7 2.740,7<br />
2.565,1 2.651,1 2.622,6 2.670,3 2.701,9 2.725,7<br />
Saldo -147,2 -94,3 -43,3 -29,8 -18,2 +15,0<br />
(Angaben in Millionen EUR)<br />
Der Gesamtbetrag aller Erträge im Ergebnisplan erhöht sich gegenüber dem Vorjahr im Haushaltsplan 2013<br />
um 22,5 Mio. Euro (+ 0,9 %), der veranschlagte Gesamtbetrag aller Aufwendungen im Ergebnisplan sinkt um<br />
28,5 Mio. Euro (- 1,1 %). Der ausgewiesene Fehlbetrag im Finanzplanzeitraum kann über die Ausgleichsrücklage<br />
gedeckt werden.<br />
11
Gesamtfinanzierungsplan<br />
Gesamtbetrag aller<br />
Einzahlungen<br />
Gesamtbetrag al ler<br />
Auszahlungen<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
2.564,8 2.346,6 2.393,5 2.370,4 2.393,9 2.439,0<br />
2.711,5 2.519,3 2.532,7 2.451,0 2.396,4 2.332,4<br />
Saldo -146,8 -172,8 -139,2 -80,7 -2,5 +106,7<br />
Summe der Liquiditätsmittel<br />
66,0 142,0 329,7 410,3 412,8 306,1<br />
von der<br />
Holding<br />
(Angaben in Millionen EUR)<br />
Auch der veranschlagte Gesamtbetrag aller Einzahlungen steigt im Vergleich <strong>zum</strong> Vorjahr.<br />
Hier beläuft sich die Erhöhung auf 46,9 Mio. Euro (+ 2,0 %).<br />
Der Gesamtbetrag aller Auszahlungen im Finanzplan steigt um 13,4 Mio. Euro (+ 0,5 %).<br />
Der Saldo soll in 2012 bis 2015 wie in 2011 über die Liquidität der Holding gedeckt werden.<br />
Abweichungen Finanzplanung aus 2011 <strong>zum</strong> Plan 2013<br />
12<br />
in Mio. Euro Finanzplanung 2012- Haushaltsplan2013 Abweichungen<br />
2015 für 2013<br />
Gesamterträge 2.619,9 2.579,3 -40,6<br />
darin enthalten<br />
Gewerbesteuer 984,9 866,0 -118,9<br />
Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer<br />
258,5 289,5 31,0<br />
Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer<br />
73,7 75,8 2,1<br />
Zuweisungen und Zuschüsse für<br />
167,5 187,1 19,6<br />
laufende Zwecke<br />
Gewinnanteile von verbundenen<br />
2,9 14,3 11,4<br />
Unternehmen und aus<br />
Beteiligungen<br />
Benutzungsgebühren 184,7 188,0 3,3<br />
Aufgabenbezogene Leistungsbeteiligungen<br />
64,0 60,8 -3,2<br />
Sonstige ordentliche Erträge 143,0 162,6 19,6<br />
Zinserträge 10,5 0,9 -9,6<br />
Restgröße 730,2 734,3 4,1<br />
Gesamtaufwendungen 2.676,5 2.622,6 -53,9<br />
darin enthalten:<br />
Personalaufwendungen 477,4 473,7 -3,7<br />
Aufwendungen für Sach- und<br />
478,3 466,9 -11,4<br />
Dienstleistungen<br />
Zuweisungen und Zuschüsse für<br />
237,5 234,8 -2,7<br />
laufende Zwecke<br />
Sozialtransferaufwendungen 262,9 272,0 9,1<br />
Sonstige ordentliche Aufwendungen<br />
379,0 364,7 -14,3<br />
Zinsaufwendungen 20,3 12,2 -8,1<br />
Bilanzielle Abschreibungen 183,0 184,7 1,7<br />
Restgröße 638,1 613,6 -24,5<br />
Gesamteinzahlungen (investiv)<br />
*<br />
127,1 155,1 28,0
in Mio. Euro Finanzplanung 2012- Haushaltsplan2013 Abweichungen<br />
2015 für 2013<br />
darin enthalten:<br />
Investitionszuwendungen 83,4 84,2 0,8<br />
Einzahlungen aus der Veräußerung von Grundstücken:<br />
Gebäuden, sonstigen Sachanlagen,<br />
28,4 43,3 14,9<br />
immateriellen<br />
Vermögensgegenständen und Finanzanlagen:<br />
Restgröße 15,3 27,6 12,3<br />
Gesamtauszahlungen<br />
320,3 357,8 37,5<br />
(investiv) *<br />
darin enthalten:<br />
Vermögenserwerb 54,1 61,1 7,0<br />
Baumaßnahmen 251,7 282,2 30,5<br />
Restgröße 14,5 14,5 0,0<br />
* (<br />
(Angaben in Millionen EUR)<br />
2.7. - Steuereinnahmen steigen, die Sozialausgaben aber auch<br />
Die Steuern sind die Hauptfinanzierungsquelle des städtischen Haushalts.<br />
Die Ergebnisse der November-Steuerschätzung 2012 sind nicht nur für Bund und Länder, sondern auch für die<br />
Kommunen positiv. Für die Kommunen werden für das Jahr 2012 Steuereinnahmen in Höhe von 81,3 Milliarden<br />
Euro und für das Jahr 2013 in Höhe von 83,9 Milliarden Euro prognostiziert; 2011 lagen die kommunalen Steuereinahmen<br />
noch bei 76,6 Milliarden Euro. Allerdings fangen die Steigerungen der Steuereinnahmen nicht<br />
einmal die Steigerungen bei den Sozialausgaben auf.<br />
Für die Kommunen in den alten Bundesländern korrigiert die November-Steuerschätzung 2012 die Steigerungsrate<br />
für die Gewerbesteuer im Jahr 2013 von ursprünglich 4,0 % um 2,5 % nach unten auf 1,5 %. Diese<br />
Wachstumsdämpfung beruht auf Steuerrechtsänderungen vergangener Jahre sowie einem niedrigeren Jahresvorauszahlungsvolumen.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Wachstumsprognosen ist festzustellen, dass die Landeshauptstadt<br />
<strong>Düsseldorf</strong> eine abweichende Entwicklung im Vergleich <strong>zum</strong> Gesamttrend aufweist. Die<br />
Planansätze mussten im Vergleich zur ursprünglichen Vorgabe 2013 wegen der aktuellen Steuerentwicklung<br />
nach unten korrigiert werden. Grund dafür sind sinkende Zahlungen der ergebnisrelevanten Branchen Versicherungen,<br />
Banken und Energie.<br />
Die Planwerte 2013 ff. für das Gewerbesteueraufkommen ergeben sich nunmehr aus einem Sockelbetrag in<br />
Höhe von 840 Mio. Euro zuzüglich der Steigerungsraten der aktuellen Steuerschätzung für die Jahre 2013 bis<br />
2016.<br />
Die normale Gewerbesteuerumlage liegt in 2013 bei 35 v. H.-Punkten (unverändert <strong>zum</strong> Vorjahr). Die „erhöhte<br />
Gewerbesteuerumlage“ beträgt 34 v. H.-Punkte. Sie ergibt sich aus der Solidarpaktumlage in Höhe von 29 v.<br />
H.-Punkten und einer Erhöhungszahl für den „Fonds Deutsche Einheit“ in Höhe von 5 v. H.-Punkten (ebenfalls<br />
keine Veränderung <strong>zum</strong> Vorjahr).<br />
Die Entwicklung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer verlief im Jahr 2012 sehr positiv. Sie ist das<br />
Resultat eines hohen Niveaus beim Gesamtaufkommen im Lande Nordrhein-Westfalen, verbunden mit einer<br />
Verbesserung für die Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> durch die neuen Schlüsselzahlen, die seit dem 01.01.2012<br />
gelten. Bei der Neuverteilung der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer wurden die Sockelbeträge für<br />
die zu berücksichtigenden Einkommen von 30.000 Euro Ledige / 60.000 Euro Verheiratete auf 35.000 Euro<br />
Ledige / 70.000 Euro Verheiratete angehoben. Für <strong>Düsseldorf</strong> als eine Stadt mit einer relativ hohen Einkommensstruktur<br />
ist das eine sichtbare Verbesserung; die Schlüsselzahl ist von 4,05852 % auf 4,21390 % angestiegen;<br />
das bedeutet einen Schlüsselgewinn in Höhe von 3,8 %. Da der für 2012 veranschlagte Ansatz mit einem<br />
Schlüsselverlust von 3,0 % angesetzt war, verstärkt sich der durch die Neufestsetzung entstandene positive<br />
Effekt. Nach einer auf den aktualisierten Ist-Werten basierenden Hochrechnung, war für das Haushaltsjahr<br />
2012 mit einem Plus von rd. 31,4 Mio. Euro zu rechnen. Auf diesem Niveau gründet der Sockel für die Berechnung<br />
der Haushaltsansätze 2013 bis 2016 unter Berücksichtigung der jeweiligen Steigerungsraten aus der<br />
Steuerschätzung.<br />
13
Auch im Rahmen der Neuverteilung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer gab es <strong>zum</strong> 01.01.2012 eine<br />
Schlüsselanpassung. Bei der vorhergehenden Schlüsselanpassung im Jahre 2009 erfolgte die Einführung eines<br />
neuen, bundeseinheitlichen Schlüssels, der sich zu 25 % aus dem Gewerbesteueraufkommen, zu 50 % aus<br />
der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort und zu 25 % aus den sozialversicherungspflichtigen<br />
Entgelten errechnet. Dieser neue Schlüssel wird endgültig im Jahre 2018 in Kraft treten, bis<br />
dahin werden Übergangsschlüssel aus einer Kombination von altem und neuem Schlüssel mit zunehmendem<br />
Gewicht des neuen Schlüssels festgesetzt. Der neue Schlüssel ist für <strong>Düsseldorf</strong> mit Verlusten verbunden, da<br />
die Berücksichtigung des Gewerbesteueraufkommens nur zu 25 % erfolgt. Mit dem neuen, ab dem 01.01.2012<br />
geltenden Schlüssel, ergibt sich für <strong>Düsseldorf</strong> ein Schlüsselverlust von 2,2 %. Da ursprünglich ein Schlüsselverlust<br />
von 3,0 % vorgesehen war und die November-Steuerschätzung 2012 für den Gemeindeanteil an der<br />
Umsatzsteuer für die Jahre 2013 bis 2016 Steigerungsraten von 3,0 % bis 3,4 % vorsieht, können im Rahmen der<br />
Haushaltsplanung leichte Verbesserungen erwartet werden.<br />
Bei der Grundsteuer B geht der Arbeitskreis Steuerschätzung für die westdeutschen Städte und Gemeinden<br />
von Zuwachsraten von 1,8 % bis 2,4 % in den Jahren 2013 bis 2016 aus. Da eine Vielzahl von Bauprojekten<br />
in <strong>Düsseldorf</strong> noch nicht abgeschlossen wurden, mussten auch bei der Grundsteuer B im Vergleich zu der<br />
ursprünglichen Planung für 2013 die Erwartungen nach unten korrigiert werden. Die Planwerte für 2013 ff.<br />
basieren nun auf einem Sockelbetrag in Höhe von 132,5 Mio. Euro.<br />
Für die übrigen Gemeindesteuern, in <strong>Düsseldorf</strong> handelt es sich hierbei um die Hunde- und um die Vergnügungssteuer,<br />
wird seitens der Steuerschätzung eine gleich bleibende Entwicklung für die kommenden Jahre<br />
angenommen.<br />
Steuern und steuerähnliche Abgaben<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Gewerbesteuer 820,8 948,0 866,0 896,3 926,8 955,4<br />
Gemeindeanteil an der 241,6 242,3 289,5 306,0 313,1 329,3<br />
Einkommenssteuer<br />
Grundsteuer A + B 136,1 139,2 136,1 138,6 141,2 143,7<br />
Gemeindeanteil Umsatzsteuer<br />
72,6 71,7 75,8 78,1 78,0 80,3<br />
Familienleistungsausgleich<br />
26,5 25,6 29,5 29,5 28,6 28,6<br />
Andere Steuern/steuerähnliche<br />
6,2 8,3 8,3 8,3 8,3 8,3<br />
Erträge<br />
Insgesamt 1.303,8 1.435,1 1.405,2 1.456,8 1.496,0 1.545,6<br />
(in Millionen Euro)<br />
Der Hebesatz der Gewerbesteuer bleibt auch im Jahre 2013 bei 440 v. H.(Seit 2009 unverändert, bis 2006 lag<br />
der Hebesatz bei 450 v. H.). Der Ansatz für die Gewerbesteuer 2013 geht von einer Basis von 840 Mio. Euro<br />
(in 2012) und einer Steigerungsrate für 2013 von 1,5 % (November-Schätzung 2012) aus. Damit ergibt sich ein<br />
Ansatz in Höhe von 866,0 Mio. Euro inklusive Niederschlagungen, Erlasse und Aussetzungen der Vollziehung.<br />
Beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wurde bei der Planung von einem voraussichtlichen Rechnungsergebnis<br />
für 2012 in Höhe von 273,7 Mio. Euro ausgegangen. Auf diesem Sockelbetrag wurden neben<br />
dem Schlüsselgewinn in Höhe von 3,8 % aufgrund der Neuverteilung in 2012 die Steigerungsraten der November-<br />
Steuerschätzung 2012 angerechnet.<br />
Der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer stieg von 204 Millionen EUR (2006) auf nunmehr 273,7 Millionen<br />
EUR. Bis 2016 soll eine Steigerung auf 329,4 Millionen EUR erfolgen.<br />
Von dem gesamten für 2013 veranschlagten Aufkommen an Grundsteuern entfallen lediglich 134.000 Euro auf<br />
die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft); entscheidend für den Gesamtansatz ist also die Grundsteuer<br />
B (Grundstücke) mit einem Ansatz von 135,9 Mio. Euro (inklusive Niederschlagungen, Erlasse und Aussetzungen<br />
der Vollziehung). Die Höhe der Hebesätze bleibt in 2013 im Vergleich <strong>zum</strong> Vorjahr unverändert bestehen<br />
(Grundsteuer A 156 v. H.-Punkte / Grundsteuer B 440 v. H.-Punkte, 2006/07 lag der Hebesatz noch bei 460 v.<br />
H.). Bis 2016 soll die Grundsteuer auf 143,5 Millionen EUR ansteigen.<br />
14<br />
Unter Berücksichtigung eines Schlüsselverlustes in Höhe von 2,2 % aufgrund der Neuverteilung auf der Grundlage<br />
des Gemeindefinanzreformgesetzes beträgt der Sockel für die Berechnung des Ansatzes für den Gemeindeanteil<br />
an der Umsatzsteuer 73,4 Mio. Euro in 2012 (voraussichtliches Rechnungsergebnis der Einzahlung).
Für das Jahr 2013 wird entsprechend der aktuellen Steuerschätzung eine Steigerungsrate von 3,4 % vorgesehen.<br />
Die Kompensationsleistungen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs (sogenannter Einkommensteuerersatz)<br />
werden aus einem Umsatzsteueranteil, der den Bundesländern gemäß § 1 des Finanzausgleichsgesetzes<br />
zugewiesen wird, gespeist. Dieser Anteil beläuft sich seit dem Jahr 2002 auf 6,4 % des Umsatzsteueraufkommens<br />
des Landes NRW. Den Gemeinden wird <strong>zum</strong> Ausgleich ihrer zusätzlichen Belastungen ein Anteil von<br />
rd. 26 % zugewiesen. Die auf die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen entfallenden Ausgleichsleistungen werden<br />
in dem für das jeweilige Haushaltsjahr geltenden Gemeindefinanzierungsgesetz vorläufig festgesetzt und nach<br />
der jeweils maßgebenden Schlüsselzahl für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer verteilt. Für den<br />
Ansatz 2013 wurde von einem Ausgleichsbetrag von rd. 29,5 Mio. Euro ausgegangen.<br />
Bei den anderen Steuern und steuerähnlichen Erträgen wurde der Ansatz der Hundesteuer für 2013 unter Berücksichtigung<br />
der Auswertungen des Hundebestandes auf rd. 2,0 Mio. Euro inkl. Niederschlagungen, Erlasse<br />
und Aussetzungen der Vollziehung festgesetzt.<br />
Der Haushaltsansatz 2013 für die Vergnügungssteuer beläuft sich auf 6,4 Mio. Euro inkl. Niederschlagungen,<br />
Erlasse und Aussetzungen der Vollziehung.<br />
Weitere Einnahmen<br />
Die Erträge aus Zuweisungen und Zuschüssen für laufende Zwecke steigen um 40,1 Mio. Euro. Hauptgründe<br />
sind höhere Aufwendungserstattungen für Leistungen im Rahmen der Grundsicherung (+ 27,8 Mio. Euro) und<br />
höhere Landeszuweisungen zu den Betriebskosten von Tageseinrichtungen für Kinder und Familienzentren (+<br />
11,5 Mio. Euro).<br />
Der Ersatz von sozialen Leistungen außerhalb und in Einrichtungen beläuft sich auf 23,9 Mio. Euro, und die<br />
anderen sonstigen Transfererträge betragen 0,2 Mio. Euro.<br />
Die Verwaltungsgebühren (29,0 Mio. Euro) und Benutzungsgebühren und ähnliche Entgelte (188,0 Mio.<br />
Euro) steigen im Vergleich <strong>zum</strong> Vorjahr um 9,5 Mio. Euro. Der Anteil für den Rettungsdienst (Krankentransporte<br />
und Notfalleinsätze) beträgt bei den Benutzungsgebühren 21,2 Mio. Euro.<br />
Die quantitative Bedeutung der Gebühren und Entgelte wird in der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen<br />
ausdrücklich gestützt: Nach § 77 GO NRW – Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung – hat die Gemeinde die<br />
zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel<br />
1. soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen,<br />
2. im Übrigen aus Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen.<br />
Während die Stadt auf die Höhe der Verwaltungsgebühren kaum Einfluss hat, weil sie von Bund oder<br />
Land vorgegeben werden, ist bei den Benutzungsgebühren dann eine Anpassung vorzunehmen, wenn ihr<br />
Kostendeckungsgrad sinkt, z. B. bei den Gebühren für Krankentransporte oder den Abwasser- und Abfallgebühren.<br />
Konkret wurden z. B.<br />
• die Gebühren für Offene Ganztagsschulen,<br />
• für die Unterbringung in Stadtwohnheimen,<br />
• für die Clara-Schumann-Musikschule,<br />
• die Sondernutzungsgebühren im öffentlichen Straßenraum und<br />
• die Elternbeiträge für die Betreuung in Kitas und Tagespflege erhöht.<br />
Die Mieten und Pachten (106,8 Mio. Euro), Erträge aus Verkauf (5,8 Mio. Euro), sonstigen privatrechtlichen<br />
Leistungsentgelte (35,6 Mio. Euro), Erträge aus Kostenerstattungen und Kostenumlagen (41,1 Mio. Euro) und<br />
aufgabenbezogenen Leistungsbeteiligungen (60,8 Mio. Euro) sinken <strong>zum</strong> Vorjahresansatz um 5,1 Mio. Euro. In<br />
den Leistungsbeteiligungen sind 9,2 Mio. Euro Bundesmittel für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen<br />
Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen enthalten.<br />
Die sonstigen ordentlichen Erträge setzen sich zusammen aus Konzessionsabgaben der Stadtwerke <strong>Düsseldorf</strong><br />
AG (51,0 Mio. Euro; Vorjahr: 50,6 Mio. Euro), Erstattung von Steuern (unverändert 0,2 Mio. Euro), Erträgen<br />
aus der Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden (neu 16,1 Mio. Euro), Bußgeldern, Säumniszuschlägen<br />
und Erträgen aus der Inanspruchnahme von Gewährverträgen und Bürgschaften (54,7 Mio. Euro;<br />
Vorjahr: 53,1 Mio. Euro), Erträgen aus der Auflösung von sonstigen Sonderposten (16,3 Mio. Euro; Vorjahr:<br />
16,9 Mio. Euro), sonstigen nicht zahlungswirksamen ordentlichen Erträgen (17,1 Mio. Euro; Vorjahr: 26,9 Mio.<br />
15
Euro) und anderen sonstigen ordentlichen Erträgen (7,2 Mio. Euro; Vorjahr: 6,6 Mio. Euro).<br />
Das Gesamtvolumen der Aufwendungen, die zur Erstellung von Anlagevermögen eingesetzt werden (aktivierte<br />
Eigenleistungen), liegt bei 5,7 Mio. Euro.<br />
Die Zinserträge aus Geldanlagen betragen rd. 0,9 Mio. Euro, die Gewinnanteile aus verbundenen Unternehmen<br />
und aus Beteiligungen belaufen sich auf 14,3 Mio. Euro, und die sonstigen Finanzerträge liegen bei 9,2<br />
Mio. Euro.<br />
Bei den Erträge aus internen Leistungsverrechnungen werden die Erträge aus Serviceleistungen der einzelnen<br />
Fachämter für andere Ämter i. H. v. 239,0 Mio. Euro veranschlagt, z. B. Personalverwaltung, interne Mieten<br />
und Betriebskostenvorauszahlungen, Kassenservice, Rechtsberatung, Nutzung der Schulräume, ärztliche<br />
Untersuchungen.<br />
Städtische Aufwendungen<br />
Die Personalaufwendungen und Versorgungsaufwendungen stellen mit einem Volumen in Höhe von zusammen<br />
rd. 514,2 Mio. Euro nach den Transferaufwendungen die zweitgrößte Aufwandsart im Ergebnisplan dar. Personalaufwendungen<br />
sind u. a. Besoldung, Gehälter, Beihilfen und die Zuführung zu Pensionsrückstellungen für<br />
Beschäftigte als größte Aufwandsblöcke. Letztere resultieren aus der Tatsache, dass sich der/die Beamte/-in<br />
mit jedem aktiven Dienstjahr einen anteiligen Pensionsanspruch erwirbt. Die Berücksichtigung des Anspruchs<br />
erfolgt durch eine entsprechende jährliche Zuführung zu den Pensionsrückstellungen und stellt somit Aufwand<br />
dar. Ermittelt werden die jährlichen Zuführungsaufwendungen anhand versicherungsmathematischer Methoden.<br />
Die Personalaufwendungen tragen mit 19,9 % zu den Gesamtaufwendungen bei. Beamte im Ruhestand<br />
haben Versorgungsansprüche, die in der aktiven Dienstzeit erworben wurden. Für diese werden jährlich<br />
ergebniswirksame Zuführungen zu Pensionsrückstellungen und Beihilferückstellungen vorgenommen.<br />
Aus der beschlossenen Besoldungserhöhung 2011/12 haben sich u. a. Mehraufwendungen bei den Pensionsund<br />
Beihilferückstellungen in einer Größenordnung von 20,5 Mio. Euro als Einmalzuführung im städtischen<br />
Personaletat 2012 ergeben. Diese Einmalzuführung wurde in 2012 jedoch nicht mehr benötigt, da der Mehrbedarf<br />
für die Besoldungserhöhung bereits in 2011 mit abgedeckt wurde. Die Einarbeitung der Auswirkungen der<br />
Besoldungserhöhung in den Haushaltsplan hat sich auf die Personalkostenansätze aller Produkte ausgewirkt, in<br />
denen Beamte beschäftigt sind. Die verbleibende Erhöhung in 2012 resultierte insbesondere aus Stellenplananpassungen,<br />
Veränderungen bei den Leistungsentgelten etc.<br />
Die zusätzliche Belastung für den städtischen Haushalt aus dem im Frühjahr 2012 für 2012/13 erzielten Tarifabschluss<br />
liegt im Jahr 2013 bei rd. 16,4 Mio. Euro und für 2014 ff. bei rd. 18,8 Mio. Euro jährlich. Dieser Betrag<br />
beinhaltet auch die Mehraufwendungen für die Auszubildenden. Diese Summe wurde im Haushaltsplan 2013<br />
nicht zusätzlich veranschlagt, sondern ist von den Dezernaten in 2013 sowie in den Folgejahren jährlich im<br />
Rahmen der Personalkostenbudgetierung zu erwirtschaften, um den Personaletat einzuhalten.<br />
Die Gesamtaufwendungen i. H. v. 466,9 Mio. Euro fallen an für die Unterhaltung von Grundstücken und baulichen<br />
Anlagen (49,8 Mio. Euro; Vorjahr: 48,1 Mio. Euro), für die Unterhaltung des sonstigen unbeweglichen<br />
Vermögens (24,1 Mio. Euro; Vorjahr: 16,6 Mio. Euro), für die Erstattung von Aufwendungen von Dritten aus<br />
lfd. Verwaltungstätigkeit (139,9 Mio. Euro; Vorjahr: 140,0 Mio. Euro), für die Bewirtschaftung der Grundstücke<br />
und der baulichen Anlagen (120,9 Mio. Euro; Vorjahr: 126,4 Mio. Euro), für die Unterhaltung des beweglichen<br />
Vermögens (8,0 Mio. Euro; Vorjahr: 5,2 Mio. Euro), für besondere Verwaltungs- und Betriebsaufwendungen<br />
(2,8 Mio. Euro; Vor-jahr: 2,7 Mio. Euro) für sonstige Sachleistungen (16,6 Mio. Euro; Vorjahr: 16,2 Mio.<br />
Euro) und für sonstige Dienstleistungen (104,6 Mio. Euro; Vorjahr: 104,2 Mio. Euro).<br />
Die Abschreibungen für die Abnutzung des städtischen Anlagevermögens (Gebäude, Infrastrukturvermögen,<br />
Maschinen und technische Anlagen, Fahrzeuge, Finanzanlagen etc.) werden je Vermögensgegenstand nach der<br />
voraussichtlichen Nutzungsdauer berechnet und liegen insgesamt bei rd. 184,7 Mio. Euro (Vorjahr: 185,5 Mio.<br />
Euro).<br />
16
Transferaufwendungen<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
227,6 234,1 234,8 237,8 234,5 233,9<br />
Zuweisungen/Zuschüsse<br />
Schuldendiensthilfen 0,7 0,7 0,5 0,4 0,4 0,4<br />
Sozialtransferaufwendungen<br />
245,9 258,3 272,0 275,8 280,6 280,6<br />
Steuerbeteiligungen 121,9 147,0 133,7 138,4 143,1 147,5<br />
Allgemeine Umlagen 177,7 187,1 181,2 193,0 203,3 209,7<br />
(Landschaftsumlage)<br />
Sonstige Transferaufwendungen<br />
6,8 6,6 6,6 6,5 6,5 6,5<br />
Insgesamt 780,7 833,7 828,8 852,0 868,4 878,7<br />
(in Millionen Euro)<br />
Die Transferaufwendungen stellen mit 828,8 Mio. Euro und 34,8 % der Gesamtaufwendungen die größte Aufwandsposition<br />
im städtischen Haushalt dar.<br />
Im Gesamtansatz für Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke in Höhe von 234,8 Mio. Euro sind<br />
beispielsweise Mittel vorgesehen für die folgenden Produkte:<br />
Produkt<br />
Mio. Euro<br />
036 365 010 Tageseinrichtungen 100,9<br />
025 261 010 Förderung von Theater und Oper 36,6<br />
025 252 060 Förderung von Museen und Sammlungen 12,7<br />
036 363 010 Jugendsozialarbeit, Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz 11,9<br />
057 571 010 Förderung der Wirtschaft, Internationale Angelegenheiten und BgA China<br />
8,2<br />
Kompetenzzentrum<br />
054 547 040 ÖPNV/VRR (Öffentlicher Personennahverkehr/Verkehrsverbund Rhein-<br />
6,8<br />
Ruhr)<br />
036 366 010 Einrichtungen der Jugendarbeit 6,0<br />
025 281 010 Kulturamt 5,9<br />
042 424 040 Sportförderung durch Zuschussgewährung und Leistungen an die Bäder<br />
GmbH<br />
5,3<br />
Die von der Stadt gezahlten Schuldendiensthilfen umfassen die städtischen Aufwendungsbeihilfen im Wohnungswesen<br />
auf Grundlage des kommunalen Wohnungsbauprogramms zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus<br />
von 1988. In 2013 sinken diese von 0,7 auf 0,5 Mio. Euro.<br />
Die Sozialtransferaufwendungen enthalten neben Leistungen außerhalb und innerhalb von Einrichtungen, Leistungen<br />
an Heime für Minderjährige sowie Volljährige und Hilfe zur Pflege in Einrichtungen (vollstationär) eine<br />
Vielzahl weiterer Sozialleistungen, wie z. B. Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche,<br />
Heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, Projekte zur Gewaltprävention bei Jugendlichen sowie örtliche<br />
Ferienmaßnahmen. Der Ansatz ist gegenüber dem Vorjahr um 13,8 Mio. Euro auf 272,0 Mio. Euro gestiegen.<br />
Hauptgründe hierfür sind höhere Leistungen für Grundsicherung im Alter, für Schulassistenz für schwerstbehinderte<br />
Schüler/-innen, für Kinder, Jugendliche (inkl. Flüchtlingen) und junge Erwachsene in Einrichtungen,<br />
für teil- und voll-stationäre Betreuung von Personen nach Vollendung des 65. Lebensjahres und für sonstige<br />
Leistungen für pflegebedürftige Personen.<br />
Der Ansatz von 181,2 Mio. Euro (- 5,9 Mio. Euro gegenüber dem Ansatz 2012) für die Landschaftsverbandsumlage<br />
für das Jahr 2013 berücksichtigt die Umlagegrundlage in der Referenzperiode vom 01.07.2011 bis <strong>zum</strong><br />
30.06.2012 sowie einen Umlagesatz in Höhe von 16,65 v. H.-Punkten. Die im Vorjahresvergleich zu erwartende<br />
Verbesserung in Höhe von 5,9 Mio. Euro ist auf die Senkung des Umlagesatzes von ursprünglich 16,80 v. H.-<br />
Punkten auf 16,65 v. H.-Punkten sowie auf die Anpassung der Gewerbesteuererträge an die aktuelle wirtschaftliche<br />
Situation in der Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> zurückzuführen.<br />
Die Gewerbesteuer-Normalumlage (- 6,7 Mio. Euro gegenüber dem Ansatz 2012) ist nach dem veranschlagten<br />
Gewerbesteueraufkommen unter Berücksichtigung des gegenüber dem Vorjahr unveränderten Vervielfältigers<br />
17
in Höhe von 35 v. H.-Punkten kalkuliert. Das Herabsetzen der Planansätze bei der Gewerbesteuer wirkt sich<br />
entsprechend auch auf die Gewerbesteuerumlage aus.<br />
Mit der „erhöhten Gewerbesteuerumlage“ werden die Kommunen an den Landesleistungen zu den Kosten der<br />
Deutschen Einheit beteiligt. Die Erhöhungszahl für den „Fonds Deutsche Einheit“ wurde durch die Bundesregierung<br />
für das Jahr 2012 auf 5 v. H.-Punkten festgeschrieben. Für 2013 liegt noch keine gesetzliche Regelung vor,<br />
so dass in der Planung von dem bisherigen Wert ausgegangen wurde. Zusammen mit der Solidarpakt-Umlage<br />
in Höhe von 29 v. H.-Punkten ergibt sich eine erhöhte Gewerbesteuerumlage in Höhe von 34 v. H.-Punkten.<br />
Die Herabsetzung der Gewerbesteuerplanansätze und die niedrigere Erhöhungszahl führen im Endeffekt zu<br />
einer geringeren Belastung von - 6,5 Mio. Euro im Vergleich <strong>zum</strong> Vorjahr. Für die Folgejahre wird von einem<br />
konstanten Umlagesatz in Höhe von 34 v. H.-Punkten ausgegangen. Im Zusammenhang mit der Beteiligung der<br />
Kommunen an den Kosten der Deutschen Einheit ist zu berücksichtigen, dass bezüglich der Abrechnungssystematik<br />
im Jahr 2006 ein Systemwechsel erfolgte. Die bis dahin bewährte Abrechnung nach dem Solidarbeitragsgesetz<br />
(SBG) wurde durch eine Änderung im Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) ersetzt. Seit 2010 erfolgt die<br />
Feinabstimmung und Abrechnung der Finanzierungsbeteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbänden an<br />
den Einheitslasten nach dem Einheitslastenabrechnungsgesetz. Danach werden die Über- und Unterzahlungen<br />
bis <strong>zum</strong> Jahr 2019 auf der Grundlage des Gewerbesteuerumlagenanteils der einzelnen Kommune abgerechnet.<br />
In diesem Zusammenhang wurden der Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> im Jahr 2010 für den Abrechnungszeitraum<br />
2006 bis 2008 insgesamt rd. 66,1 Mio. Euro rückerstattet. Für das Jahr 2009 wurde seitens des Landes<br />
eine kommunale Unterzahlung von insgesamt rd. 170 Mio. Euro festgestellt; die Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong><br />
hat nach der Berechnung des Landes rund 7,7 Mio. Euro zu wenig an Einheitslasten übernommen. Gegen das<br />
Einheitslastenabrechnungsgesetz hatten 91 nordrhein-westfälische Städte und Gemeinden Verfassungsbeschwerde<br />
beim Verfassungsgerichtshof NRW eingereicht. Bis zur Entscheidung in diesem Verfahren hat das<br />
Land seine Rückerstattungsansprüche gestundet. Mit Urteil vom 08.05.2012 gab der Verfassungsgerichtshof<br />
NRW den Verfassungsbeschwerden statt. Die nun seitens des Gesetzgebers geplante verfassungskonforme<br />
Novellierung des Einheitslastenabrechnungsgesetzes bleibt abzuwarten.<br />
Bei den sonstigen ordentlichen Aufwendungen handelt es sich um Sammelpositionen für Aufwendungen,<br />
die keiner anderen Position zugeordnet werden können, in Höhe von insgesamt 364,7 Mio. Euro. Im Einzelnen<br />
handelt es sich um Sonstige Personal- und Versorgungsaufwendungen (4,5 Mio. Euro), Aufwendungen<br />
für die Inanspruchnahme von Rechten und Diensten (35,9 Mio. Euro), Geschäftsaufwendungen (32,1 Mio.<br />
Euro), Steuern, Versicherungen, Schadensfälle (15,3 Mio. Euro), Aufgabenbezogene Leistungsbeteiligungen<br />
(insbesondere Kosten der Unterkunft und Heizung für Arbeitssuchende, 183,2 Mio. Euro), Wertveränderungen<br />
(28,6 Mio. Euro) und Weitere sonstige Aufwendungen aus laufender Verwaltungstätigkeit (65,1 Mio. Euro).<br />
Im Vergleich zu den Vorjahresansätzen fallen die Aufwendungen um 0,6 Mio. Euro höher aus.<br />
Die Aufwendungen für Zinsen belaufen sich für das Haushaltsjahr 2013 auf insgesamt rd. 24,3 Mio. Euro.<br />
Hiervon entfallen allein 12,0 Mio. Euro auf die Verzinsung von Gewerbesteuerrückzahlungen<br />
Innere Leistungsbeziehungen: Hier werden die Aufwendungen für Serviceleistungen von einzelnen Fachämtern<br />
für andere Ämter i. H. v. 239,0 Mio. Euro veranschlagt, z. B. Personalverwaltung, interne Mieten und<br />
Betriebskostenvorauszahlungen, Kassenservice, Rechtsberatung, Nutzung der Schulräume.<br />
Die finanzielle Leistungskraft von <strong>Düsseldorf</strong><br />
Ein wichtiges Bewertungskriterium für die dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit ist die Entwicklung der so<br />
genannten Ausgleichsrücklage.<br />
Der Ergebnisplan gibt einen Gesamtüberblick über die Entwicklung der kommunalen Finanzen. Insbesondere ist<br />
aus dem ausgewiesenen Planergebnis erkennbar, ob sich das Eigenkapital erhöht (Überschuss) oder vermindert<br />
(Fehlbedarf).<br />
18<br />
Nach § 75 der Gemeindeordnung (GO) muss der Haushalt in jedem Jahr ausgeglichen sein. Er ist ausgeglichen,<br />
wenn der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen im Ergebnisplan erreicht<br />
oder übersteigt. Sollte dies nicht der Fall sein, gilt die Verpflichtung <strong>zum</strong> Haushaltsausgleich als erfüllt, wenn<br />
der Fehlbedarf durch Inanspruchnahme der sogenannten Ausgleichsrücklage gedeckt werden kann.<br />
Die Ausgleichsrücklage ist in der Bilanz zusätzlich zur allgemeinen Rücklage als gesonderter Posten des Eigenkapitals<br />
angesetzt. Dabei konnte die Ausgleichsrücklage in der Eröffnungsbilanz bis zur Höhe eines Drittels des<br />
Eigenkapitals gebildet werden, höchstens jedoch bis zur Höhe eines Drittels der jährlichen Steuereinnahmen<br />
und der allgemeinen Zuweisungen – bemessen nach dem Durchschnitt der drei Haushaltsjahre, die der Eröffnungsbilanz<br />
vorangingen. Dies ergibt einen Bestand von 497,6 Mio. Euro (Schlussbestand aus der Schlussbilanz<br />
<strong>zum</strong> 31.12.2010, erhöht durch das Jahresergebnis 2010). Gemäß § 75 (3) GO dürfen der Ausgleichsrücklage<br />
nur Jahresüberschüsse zugeführt werden, soweit ihr Bestand nicht den Höchstbetrag von einem Drittel des<br />
Eigenkapitals erreicht hat.
Entwicklung Eigenkapital/Ausgleichsrücklage:<br />
Transferaufwendungen<br />
Jahresergebnis in Mio.<br />
EUR<br />
Bestand Ausgleichsrücklage<br />
in Mio. EUR<br />
Eigenkapital in Mio.<br />
EUR<br />
(in Millionen Euro)<br />
2012 2013 2014 2015 2016 2017<br />
./.94,3 ./.43,3 0,4 23,7 44,7 74,8<br />
254,1 210,8 211,2 234,9 279,6 354,4<br />
7.888,9 7845,6 7.846,0 7.869,7 7.914,4 7.989,2<br />
Im Hinblick auf die Gewerbesteuerentwicklung ab 2011 wird sich der Bestand der Ausgleichsrücklage<br />
weiter verschlechtern.<br />
• Ohne die Maßnahmen der Risikovorsorge:<br />
• moderate Erhöhung der Gebühren und Entgelte,<br />
• Kompensierung innerhalb des Personaletats,<br />
• Steigerung der Gewinnabführung der beteiligten Unternehmen und Reduzierung der Zuschüsse von der<br />
Stadt an beteiligte Unternehmen,<br />
• Verzicht auf neue Investitionen/Investitionsverschiebungen,<br />
• pauschale Kürzung der disponiblen Aufwendungen<br />
wäre die Ausgleichsrücklage spätestens in 2014 aufgezehrt. Durch diese Maßnahmen können die erheblichen<br />
Gewerbesteuerausfälle aufgefangen werden.<br />
Städtische Investitionen<br />
Das Bruttoinvestitionsvolumen für die Jahre 2013-2016 von insgesamt 926,5 Mio. Euro verteilt sich auf die<br />
Maßnahmenarten „Fortsetzung“, „neu“ und „wiederkehrend“ wie folgt:<br />
Die wiederkehrenden Maßnahmen haben mit rd. 363 Mio. Euro einen Anteil von rd. 39 % des Gesamtinvestitionsbedarfes.<br />
Über diese kleineren Baumaßnahmen und Beschaffungen hinaus investiert die Stadt <strong>Düsseldorf</strong><br />
rd. 60 % des Investitionsvolumens in die Fortsetzung von Projekten. Das restliche 1 % entfällt auf neue Maßnahmen.<br />
Einzahlungen für Investitionstätigkeiten<br />
Zuwendungen für<br />
Investitionen<br />
Veräußerung Sachvermögen<br />
Veräußerung Finanzanlagen<br />
Beiträge/ähnliche<br />
Entgelte<br />
Sonstige Investitionseinzahlungen<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
126,8 108,4 84,2 57,9 39,9 37,6<br />
22,2 28,0 43,3 42,1 42,1 42,1<br />
3,3 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0<br />
6,9 5,0 10,1 5,3 5,0 5,0<br />
19,7 6,7 17,6 2,5 1,7 1,7<br />
Insgesamt 179,0 148,1 155,1 107,8 88,7 86,5<br />
(in Millionen Euro)<br />
19
Auszahlungen für Investitionstätigkeiten<br />
Erwerb von Grundstücken<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
11,5 15,7 20,1 14,1 14,1<br />
Baumaßnahmen 238,9 281,0 282,2 201,7 121,7 50,3<br />
Erwerb bewegliches<br />
32,7 28,7 26,3 29,2 23,2<br />
Anlage<br />
Erwerb von Finanzanlagen<br />
10,2 15,4 14,7 14,7 14,9 14,9<br />
Aktivierbare Zuwendungen<br />
20,2 19,5 12,7 10,8 9,0 7,2<br />
Sonstige Investitionsauszahlungen<br />
3,2 1,9 1,8 1,7 1,7 1,7<br />
Insgesamt 316,8 362,2 357,8 272,3 184,6 111,8<br />
(in Millionen Euro)<br />
Auffällig ist der massive Rückgang der Investitionen ab 2015. 2016 investiert die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> nur noch ein<br />
Sechstel im Vergleich zu 2012.<br />
Die städtische Verschuldung<br />
Der Ist-Schuldenstand für Kredite für Investitionen belief sich <strong>zum</strong> 31.12.2012 auf rund 86,3 Mio. Euro.<br />
Im Haushaltsplan 2013 ist eine ordentliche Tilgung von rd. 8,5 Mio. Euro und die Aufnahme von Förderkrediten<br />
bis zu 5,0 Mio. Euro vorgesehen. Der Schuldenstand <strong>zum</strong> 31.12.2013 wird sich voraussichtlich auf rund 82,8<br />
Mio. Euro belaufen.<br />
Die Stadt ist wirtschaftlich betrachtet bereits seit September 2007 schuldenfrei.<br />
Zur rechtzeitigen Leistung von Auszahlungen kann die Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> Kredite zur Liquiditätssicherung<br />
aufnehmen (Kassenkredite). Zu diesem Zweck wurde in der Haushaltssatzung eine Kreditermächtigung<br />
mit einem Höchstbetrag von 500 Mio. Euro vorgesehen.<br />
Im Finanzplan 2013 sind für die reibungslose Abwicklung von Investitionen über das Haushaltsjahr hinaus Verpflichtungsermächtigungen<br />
veranschlagt worden. Diese Ermächtigungen <strong>zum</strong> Eingehen von Verpflichtungen<br />
belasten zukünftige Haushaltsjahre. In der Haushaltssatzung 2013 werden Verpflichtungsermächtigungen in<br />
Höhe von rd. 347,3 Mio. Euro festgesetzt.<br />
Von diesen Verpflichtungsermächtigungen entfällt mit 127,6 Mio. Euro der größte Anteil auf den Kö-Bogen inkl.<br />
Oberflächenerneuerung, gefolgt von dem Bauprojekt Wehrhahnlinie mit 126,8 Mio. Euro.<br />
Struktur der Erträge (Haushaltsplan 2013)<br />
Ertragsart<br />
Anteil an Gesamterlösen in Prozent<br />
Steuern 60,0<br />
Zuweisungen des Landes 10,6<br />
Transfererlöse 1,0<br />
Gebühren/Entgelte 9,4<br />
Privatrechtliche Entgelte 6,3<br />
Kostenerstattungen 4,4<br />
Finanzerträge 1,0<br />
Sonstige Erträge 6,9<br />
20
Struktur der Aufwendungen (Haushaltsplan 2013)<br />
Aufwandsart<br />
Anteil an Gesamtaufwendungen in Prozent<br />
Personalaufwand 19,9<br />
Versorgungsaufwand 1,7<br />
Sach- und Bewirtschaftungsaufwand 19,6<br />
Bilanzierte Abschreibungen 7,7<br />
Transferaufwand 34,8<br />
Sonstiger Aufwand (inkl. KdU) 15,3<br />
Finanzaufwand 1,0<br />
2.8. - Prognose für die Entwicklung der Kommunalfinanzen bis 2016<br />
Für die Jahre 2013 bis 2016 prognostizieren die kommunalen Spitzenverbände einen positiven Finanzierungssaldo<br />
der kommunalen Kernhaushalte in der Größenordnung von 4,0 bis 4,5 Milliarden Euro.<br />
Dieser Finanzierungsüberschuss steht unter dem Vorbehalt der derzeitigen Wirtschaftsprognose und kann nur<br />
dann erreicht werden, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht verschlechtern.<br />
Im Übrigen unterliegt die Prognose einer Reihe von weiteren Einschränkungen bzw. Risiken.<br />
Prognoseunsicherheiten und -risiken<br />
Wie der Arbeitskreis Steuerschätzungen, so unterstellen auch die kommunalen Spitzenverbände bei ihrer Prognose,<br />
dass die Staatsschuldenkrise nicht zu weiteren negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung<br />
in der Bundesrepublik bzw. in Europa führt.<br />
Auch ist in der Prognose nicht mit entsprechenden Mindereinnahmen berücksichtigt, dass für die Jahre 2015<br />
und 2016 weitere Erhöhungen des Grundfreibetrages bei der Einkommensteuer notwendig sein können.<br />
Die Auswirkungen weiterer Grundfreibetragserhöhungen können über direkte Mindereinahmen (Gemeindeanteil<br />
an der Einkommensteuer) und indirekte Mindereinnahmen (abnehmende Länderzuweisungen) die Größenordnung<br />
von einer Milliarde Euro im Jahr 2016 überschreiten.<br />
Ebenso ist in der Prognose unterstellt, dass die Länder die in ihren mittelfristigen Finanzplanungen bislang vorgesehenen<br />
Zuweisungen an die Kommunen umsetzen und nicht z.B. die Schuldenregel bzw. die innerstaatliche<br />
Umsetzung des Fiskalpakts als Argument nehmen, um hier Kürzungen vorzunehmen.<br />
Andernfalls würde <strong>zum</strong> Beispiel eine Absenkung der Steigerungsraten der Zuweisungen in den Jahren 2015 und<br />
2016 um jeweils 2,5 Prozentpunkte zu Mindereinnahmen der Kommunen von mehr als 3 Milliarden Euro führen.<br />
Die kommunalen Spitzenverbände weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der kommunale Finanzierungssaldo<br />
auch für die Einhaltung des Fiskalpakts relevant ist. Sie begrüßen daher das Ansinnen von Bund<br />
und Ländern, im Zuge der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen unter besonderer Berücksichtigung<br />
der kommunalen Belastungen aus der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen der kommunalen Ebene<br />
dauerhaft eine „schwarze Null“ zu ermöglichen.<br />
Die fiskalischen Auswirkungen der Flutkatastrophe und die in Aussicht gestellten Zuweisungen aus dem Fluthilfefonds<br />
sind in der Prognose nicht berücksichtigt.<br />
Folgewirkungen des Zensus, die sich aufgrund von Verschiebungen im Länderfinanzausgleich insbesondere<br />
zwischen den Stadtstaaten und den Flächenländern ergeben können, sind ebenfalls nicht berücksichtigt.<br />
Abschließend weisen die kommunalen Spitzenverbände darauf hin, dass die Prognose lediglich die Werte<br />
für die Gesamtheit der Kommunen wiedergibt. Das heißt, dass erhebliche Defizite bei zahlreichen Kommunen<br />
fortbestehen und dies auch für das Jahr 2016 zu befürchten ist.<br />
(Quelle: Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände „Aktuelle Finanzlage der Kommunen“, 06/2013)<br />
Prognose der Einnahmenentwicklung bis 2016<br />
Steuereinnahmen<br />
Für die Prognose der Steuereinnahmen wurden die Werte des Arbeitskreises Steuerschätzungen vom April<br />
2013 übernommen. Danach ist im Jahr 2013 von einer Steigerung der gemeindlichen Steuereinnahmen um 3,5<br />
Prozent, im Jahr 2014 von 3,9 Prozent, sowie Steigerungen in 2015 von 3,8 Prozent bzw. 3,6 Prozent im Jahr<br />
2016 auszugehen. Das Aufkommen erreicht somit im Jahr 2014 das Volumen von 80 Milliarden Euro. Der Anteil<br />
der Steuereinnahmen an den Gesamteinnahmen beträgt ca. 40 Prozent.<br />
21
Der Deutsche Städtetag hat im Gemeindefinanzbericht 2013 (Band 99 aus 2013) folgende Prognosen für die<br />
Einnahmeentwicklung gegeben:<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Einnahmen insgesamt 183,61 188,75 197,7 202,0 207,0 212,5<br />
Steuern insgesamt 69,74 74,36 77,0 80,0 83,0 86,0<br />
Grundsteuer 10,35 10,68 10,9 11,0 11,5 11,5<br />
Gewerbesteuern (netto) 30,49 32,30 33,1 34,0 35,0 36,5<br />
Einkommenssteuer 24,60 26,86 28,4 30,0 31,5 33,5<br />
(in Millionen Euro)<br />
Die Gesamteinnahmen steigen somit bis 2016 um rund 7,5 Prozent. Dabei sollen die Steuereinnahmen bis 2016<br />
sogar um 11,7 Prozent steigen (Gewerbesteuer: + 10,3 Prozent, Grundsteuer +5,5 Prozent, Einkommensteuer:<br />
+18 Prozent).<br />
Prognose der Entwicklung der Gewerbesteuer bis 2016<br />
Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer (netto) werden im Jahr 2013 mit 2,3 Prozent relativ verhalten, in den<br />
Folgenjahren mit Werten von 3,4 Prozent bzw. 3,0 Prozent solide ansteigen.<br />
Der Einnahmeanstieg in 2013 fällt u. a. deswegen so gering aus, weil das Aufkommen im direkten Vorjahr aufgrund<br />
von starken Nachzahlungen für Vorjahre bezogen auf die Gewinnsituation der Unternehmen vergleichsweise<br />
hoch war.<br />
Vergangene Steuerrechtsänderungen bremsen das Aufkommenswachstum zusätzlich durchgängig um ca. 0,5<br />
Prozentpunkte.<br />
Die zu erwartenden Einnahmeausfälle aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils zu den Streubesitzdividenden<br />
sind wie bei der Steuerschätzung bereits berücksichtigt.<br />
Prognose der Entwicklung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer bis 2016<br />
Der Anstieg des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer wird für das laufende Jahr mit 5,9 Prozent beziffert<br />
und liegt damit unterhalb des überaus starken Anstiegs des Vorjahres.<br />
Doch auch für die weiteren Jahre bis 2016 sind weiterhin Steigerungen von mehr als 5 Prozent prognostiziert.<br />
Negativ beeinflusst ist die Entwicklung durch das Gesetz <strong>zum</strong> Abbau der kalten Progression, das eine Anhebung<br />
der Grundfreibeträge beim Einkommensteuertarif <strong>zum</strong> Gegenstand hatte.<br />
Die Mindereinnahmen von ca. 300 Millionen Euro jährlich werden in den Kommunalhaushalten insbesondere<br />
ab dem Jahr 2014 zu spüren sein.<br />
Grundsätzlich ist die Entwicklung der Einkommensteuer insbesondere geprägt durch die Entwicklung der<br />
Brutto-Lohn- und -Gehaltssumme (Lohnsteueraufkommen mitsamt der entsprechenden Tarifelastizität) und der<br />
Unternehmens- und Vermögenseinkommen (veranlagte Einkommensteuer).<br />
Die unterstellten Wachstumsraten liegen in den ostdeutschen Ländern höher als in den westdeutschen Ländern.<br />
In den Jahren 2013 und 2014 ist die veranlagte Einkommensteuer hierfür maßgeblich, in den Jahren 2015 folgende<br />
die stärkere Entwicklung der Lohnsteuer.<br />
Dass für Ostdeutschland höhere Wachstumsraten als in Westdeutschland prognostiziert werden trotz des<br />
grundsätzlich steigenden Anteils der alten Länder an der Brutto-Lohnsteuer, ist der Entwicklung des Kindergeldes<br />
geschuldet: Diese mit der Lohnsteuer verrechnete Sozialleistung geht in den nächsten Jahren in<br />
Ostdeutschland stärker zurück als in Westdeutschland. Zudem ist bezogen auf das Lohnsteueraufkommen<br />
das Kindergeldvolumen in Ostdeutschland deutlich größer. Nicht in den unterschiedlichen Wachstumsraten<br />
sind mögliche Verteilungseffekte der Freibetragserhöhung enthalten, wenngleich denkbar ist, dass die Freibetragserhöhung<br />
in ostdeutschen Ländern zu relativ größeren Aufkommensverlusten führt als in westdeutschen<br />
Ländern.<br />
Prognose der Entwicklung der weiteren Steuereinnahmen bis 2016<br />
Bei der Grundsteuer wird für das Jahr 2013 eine Steigerung von 2,2 Prozent prognostiziert.<br />
Für die weiteren Jahre beträgt die angesetzte Steigerungsrate ca. 1,8 Prozent (in den Jahren 2014 ff. wirksam<br />
werdende Hebesatzerhöhungen können nicht berücksichtigt werden).<br />
Beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer wird eine Wachstumsrate von lediglich 1,8 Prozent im Jahr 2013<br />
angesetzt. Für die Folgejahre wird jedoch weitgehend im Einklang mit der unterstellten (nominalen) wirtschaftlichen<br />
Entwicklung ein Wachstum von bis zu 3,3 Prozent erwartet.<br />
22<br />
Prognose der Gebührenentwicklung bis 2016<br />
Bereits in den vergangenen Jahren waren die Gebührenanstiege in den Haushalten von Städten, Landkreisen
und Gemeinden durch zwei gegenläufige Faktoren beeinflusst:<br />
Einerseits führten die Kostenentwicklung und auch die kommunale Finanznot zu einer Erhöhung der jeweiligen<br />
Gebühren und somit auch zu einer Erhöhung des Gebührenaufkommens (Preiskomponente). Dabei ist in<br />
Erinnerung zu rufen, dass in zahlreichen Bereichen die Höhe der Beiträge und (Benutzungs-)Gebühren bewusst<br />
im Spannungsfeld von kommunalem Finanzbedarf bzw. Finanznot einerseits und fach- und sozialpolitischen<br />
Ansprüchen und Erfordernissen andererseits stehen.<br />
Eine Vielzahl von Kommunen sah sich gezwungen, auf ihre jeweilige Finanznot mit einer Erhöhung der Beiträge<br />
und Gebühren auch in diesen Bereichen zu reagieren.<br />
Andererseits führte der hohe Konsolidierungsdruck auch zu einer Reduzierung der gebührenpflichtigen Angebote<br />
(Mengenkomponente).<br />
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass in einer Reihe von Kommunen auch der demografische Wandel dämpfend<br />
auf die Gebühreneinnahmen wirkt.<br />
Für das Jahr 2013 wird – auch gestützt durch eine Umfrage der kommunalen Spitzenverbände – von einer Fortsetzung<br />
des Gebührenanstiegs mit einer Steigerungsrate von 2,0 Prozent ausgegangen.<br />
Für die Jahre 2014 ist basierend auf den Umfragewerten mit einem Gebührenanstieg von lediglich 0,4 bis 1,0<br />
Prozent zu rechnen.<br />
Prognose der laufenden und investiven Zuweisungen von Bund und Ländern bis 2016<br />
Die Entwicklung der Zahlungen von Bund und Ländern an die Kommunen im Jahr 2012 war noch geprägt durch<br />
die Sondereffekte des Auslaufens des Konjunkturprogramms.<br />
Für das Jahr 2013 wird für die Zuweisungen ein deutlicher Anstieg von 6,4 Prozent erwartet. Dieser Anstieg ist<br />
insbesondere auf die günstige Entwicklung der Steuereinnahmen der Länder zurückzuführen.<br />
Auch die Übernahme der Finanzierungslast der Grundsicherung im Alter durch den Bund und die <strong>zum</strong>indest<br />
anteilige Weiterleitung der Mittel durch die Länder führt zu deutlichen und dringend notwendigen Anstiegen.<br />
Bereits in den vergangenen Jahren waren die Gebührenanstiege in den Haushalten von Städten, Landkreisen<br />
und Gemeinden durch zwei gegenläufige Faktoren beeinflusst:<br />
Einerseits führten die Kostenentwicklung und auch die kommunale Finanznot zu einer Erhöhung der jeweiligen<br />
Gebühren und somit auch zu einer Erhöhung des Gebührenaufkommens (Preiskomponente). Dabei ist in<br />
Erinnerung zu rufen, dass in zahlreichen Bereichen die Höhe der Beiträge und (Benutzungs-)Gebühren bewusst<br />
im Spannungsfeld von kommunalem Finanzbedarf bzw. Finanznot einerseits und fach- und sozialpolitischen<br />
Ansprüchen und Erfordernissen andererseits stehen.<br />
Eine Vielzahl von Kommunen sah sich gezwungen, auf ihre jeweilige Finanznot mit einer Erhöhung der Beiträge<br />
und Gebühren auch in diesen Bereichen zu reagieren.<br />
Andererseits führte der hohe Konsolidierungsdruck auch zu einer Reduzierung der gebührenpflichtigen Angebote<br />
(Mengenkomponente).<br />
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass in einer Reihe von Kommunen auch der demografische Wandel dämpfend<br />
auf die Gebühreneinnahmen wirkt.<br />
Für das Jahr 2013 wird – auch gestützt durch eine Umfrage der kommunalen Spitzenverbände – von einer Fortsetzung<br />
des Gebührenanstiegs mit einer Steigerungsrate von 2,0 Prozent ausgegangen.<br />
Für die Jahre 2014 ist basierend auf den Umfragewerten mit einem Gebührenanstieg von lediglich 0,4 bis 1,0<br />
Prozent zu rechnen.<br />
Prognose der laufenden und investiven Zuweisungen von Bund und Ländern bis 2016<br />
Die Entwicklung der Zahlungen von Bund und Ländern an die Kommunen im Jahr 2012 war noch geprägt durch<br />
die Sondereffekte des Auslaufens des Konjunkturprogramms.<br />
Für das Jahr 2013 wird für die Zuweisungen ein deutlicher Anstieg von 6,4 Prozent erwartet. Dieser Anstieg ist<br />
insbesondere auf die günstige Entwicklung der Steuereinnahmen der Länder zurückzuführen.<br />
Auch die Übernahme der Finanzierungslast der Grundsicherung im Alter durch den Bund und die <strong>zum</strong>indest<br />
anteilige Weiterleitung der Mittel durch die Länder führt zu deutlichen und dringend notwendigen Anstiegen.<br />
Prognose der Entwicklung der sonstigen Einnahmen bis 2016<br />
Wie in den Vorjahren, so ist auch in den Jahren 2013 und 2014 die Entwicklung der sonstigen Einnahmen durch<br />
eine Vielzahl von Sondereffekten in einzelnen Kommunen beeinflusst.<br />
Deren Bandbreite ergibt sich durch die Menge der erfassten Einnahmepositionen:<br />
Die Gewinnanteile kommunaler Unternehmen sind <strong>zum</strong> Beispiel nicht nur geprägt von der Entwicklung der<br />
Rohstoffpreise, des Zinsniveaus und der Konjunkturentwicklung, sondern neuerdings auch durch die Energiewende.<br />
Im Rahmen der jeweiligen Geschäftspolitik vor Ort kann es hierbei zu unregelmäßigem Ausschüttungsverhalten<br />
der Unternehmen mit entsprechenden Auswirkungen auf die kommunalen Einnahmen kommen.<br />
Ein Gewinnrückgang kommunaler Unternehmen kann aber – je nach Organisationsform – anstatt zu einem<br />
Einnahmenrückgang zu einem Anstieg der Zuweisungen für defizitäre Geschäftsbereiche führen und sich daher<br />
statistisch durch gestiegene sonstige Ausgaben bemerkbar machen.<br />
Entsprechende Effekte sind in die Prognose nur eingearbeitet, soweit sie den kommunalen Spitzenverbänden<br />
23
aufgrund der Haushaltsumfrage bekannt waren. Gleiches gilt für außergewöhnliche Vermögensveräußerungen.<br />
Prognose der Ausgabenentwicklung bis 2016<br />
Der Deutsche Städtetag gibt für die Ausgabenentwicklung bis 2016 folgend Prognosen ab (vgl. Gemeindefinanzbericht<br />
2013 in Band 99 aus 2013):<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Ausgaben insgesamt 185,28 186,95 193,5 198,0 203,0 207,5<br />
Personalausgaben 46,37 48,07 49,7 51,5 53,0 54,5<br />
Sachausgaben 39,21 39,28 40,9 42,9 43,0 44,5<br />
Sozialausgaben 43,29 44,42 46,0 47,0 48,5 50,0<br />
Zinsen 4,26 4,01 3,9 4,0 4,0 4,0<br />
Investitionen insgesamt<br />
21,98 19,8 21,2 21,5 22,0 22,5<br />
Baumaßnahmen 17,62 15,28 16,7 17,0 17,5 18,0<br />
(in Millionen Euro)<br />
Die Gesamtausgaben steigen von 2013 bis 2016 um 7,2 Prozent. Dabei steigen die Personalausgaben im gleichen<br />
Zeitraum um rund 9,7 Prozent und damit überproportional. Auch die Sozialausgaben steigen in dem Zeitraum<br />
mit 8,7 Prozent überproportional. Dem gegenüber steigen die Investitionsausgaben nur um 4,7 Prozent,<br />
also unterproportional.<br />
Prognose der Entwicklung der Personalausgaben bis 2016<br />
Die deutliche, z.T. auf die Ausweitung der Option im Bereich des SGB II zurückführbare und insbesondere tarifbedingte<br />
Steigerung der Personalausgaben im Jahr 2012 wird sich in den Folgejahren nicht in diesem Ausmaß<br />
fortsetzen.<br />
Für die Jahre ab 2013 (für die noch kein Tarifabschluss vorliegt) wurde als technische Annahme unterstellt, dass<br />
der von der Bundesregierung prognostizierte Anstieg der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer in einer<br />
vergleichbaren Größenordnung auch bei den kommunalen Beschäftigten zu erwarten ist.<br />
Der grundlegende Trend <strong>zum</strong> Personalabbau bei den Kommunalverwaltungen wurde in den vergangenen Jahren<br />
und <strong>zum</strong> Teil auch im Jahr 2013 durch den Ausbau der Kindertagesstätten überdeckt (ein Teil der neuen Kita-<br />
Plätze entsteht unter direkter kommunaler Trägerschaft). Diese den Personalabbau dämpfenden Effekte werden<br />
für die Jahre 2014 folgende nur noch in geringem Maß unterstellt.<br />
Prognose der Entwicklung des Sachaufwandes bis 2016<br />
Die geringe Steigerungsrate beim laufenden Sachaufwand im Jahr 2012 wird in den kommenden Jahren nicht<br />
wieder erreicht werden können. Sondereffekte des Jahres 2012 – insbesondere geringe Preiszuwächse – stehen<br />
für die kommenden Jahre nicht zu erwarten.<br />
Allerdings: Der relativ hohe für das Jahr 2013 prognostizierte Zuwachs von knapp 4 Prozent ist der Doppikumstellung<br />
in einzelnen Ländern und somit ebenfalls einem Sondereffekt geschuldet. Die moderaten Anstiege<br />
in den Jahren 2014 ff. zeigen deutlich die um Sondereffekte bereinigte Grundlinie der Ausgabenentwicklung<br />
auf.<br />
Prognose der Entwicklung der sozialen Leistungen bis 2016<br />
Die Ausgaben der Kommunen für soziale Leistungen werden im gesamten Prognosezeitraum voraussichtlich<br />
weiterhin stärker steigen als die Gesamtausgaben.<br />
Die Einflussfaktoren auf die sozialen Leistungen sind vielgestaltig. Sie führen jedoch in praktisch in den meisten<br />
Leistungsarten zu Ausgabensteigerungen, die auch nicht durch die moderaten Entwicklungen am Arbeitsmarkt<br />
aufgefangen werden können:<br />
In der Entwicklung langfristig am bedeutsamsten, weil auch am beständigsten, ist der weitgehend konjunkturunabhängige<br />
Anstieg der Hilfen zur Erziehung, der Jugendhilfe, der Eingliederungshilfe für Menschen mit<br />
Behinderung, der Hilfe zur Pflege und der Grundsicherung im Alter.<br />
Auf dem Arbeitsmarkt dürften sich im Übrigen zukünftig kaum noch Entlastungseffekte zeigen.<br />
Höchstens noch bis in das Jahr 2014 kann mit einer weiterhin abnehmenden Zahl der Arbeitslosen im Rechtskreis<br />
SGB II sowie einer abnehmenden Zahl der relativ oft „aufstockenden“ geringfügig Beschäftigten gerechnet<br />
werden.<br />
24<br />
Der Zuwachs wird zwar im Jahr 2014 im Vergleich <strong>zum</strong> Vorjahr abnehmen, in den Folgejahren aber wieder<br />
ansteigen.<br />
Es ist darauf hinzuweisen, dass die bisherigen und zusätzlichen Mittel des Bundes zur Finanzierung der sozialen<br />
Leistungen sich in der Kommunalfinanzstatistik aufgrund des üblichen Bruttoausweises nicht als Rückgang auf<br />
der Ausgabenseite auswirken.
Sie erhöhen vielmehr die kommunalen Einnahmen. Das gilt sowohl für die schrittweise Übernahme der vollständigen<br />
Kosten der Grundsicherung im Alter durch den Bund als auch für die Finanzierung des Bildungs- und<br />
Teilhabepakets (siehe hierzu auch den Abschnitt „Zuweisungen“).<br />
Es ist allerdings kaum möglich, bei den sozialen Leistungen den Ausgaben aufgabenbezogene kompensierende<br />
Einnahmen sachgerecht gegenüber zu stellen und hierdurch eine Netto-Belastung der Kommunen darzustellen.<br />
Verantwortlich dafür ist u. a. der Finanzierungsumweg vom Bund über die Länder. Dieser Umweg führt nicht<br />
nur zu einer teilweisen Abschöpfung der Mittel durch die Länder. Aufgrund der Tatsache, dass die entsprechenden<br />
Bundesmittel Bestandteil der allgemeinen Länderhaushalte werden, dort z. T. nicht als gesonderte<br />
Einnahmen verbucht werden, verrechnet werden oder zusammen mit anderen Ausgleichen an die Kommunen<br />
weitergeleitet werden, ist keine eindeutige Zuordnung mehr möglich.<br />
Der Verzicht auf die Nennung einer Netto-Belastung der Kommunen durch soziale Leistungen ist daher methodischen<br />
Gründen geschuldet.<br />
Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass in der Kassenstatistik durch die Kategorie „soziale Leistungen“ lediglich<br />
die direkten Zahlungen der Kommunen abgebildet werden. Viele Kosten, die inhaltlich dem Aufgabengebiet Soziales<br />
zuzuordnen sind, bleiben in dieser Betrachtung unberücksichtigt, wie <strong>zum</strong> Beispiel Personalkosten oder<br />
die Zuweisungen an Dritte.<br />
Prognose der Entwicklung der Sachinvestitionen 2016<br />
Das erschütternd geringe Niveau der kommunalen Investitionskraft wurde in den Jahren 2009 bis 2011 durch<br />
das Zukunftsinvestitionsgesetz überdeckt.<br />
Der scharfe Rückgang im Jahr 2012 offenbarte die nach wie vor bestehende kommunale Investitionsschwäche.<br />
Trotz voraussichtlich positiver Finanzierungssalden ist auch in den kommenden Jahren mit einer deutlichen<br />
Steigerung der kommunalen Investitionen nicht zu rechnen:<br />
Während im Jahr 2013 bundesweit aufgrund des Kita-Ausbaus noch mit ca. 4 Prozent ein leicht überproportionaler<br />
Anstieg der Investitionen zu erwarten ist, werden in den Jahren 2014 folgende die Investitionen langsamer<br />
ansteigen als <strong>zum</strong> Beispiel die sozialen Leistungen.<br />
Die Baumaßnahmen werden bundesweit deutlich unter 9 Prozent der kommunalen Ausgaben verursachen.<br />
Berücksichtigt man die derzeit zu beobachtenden Baupreissteigerungen, ist erkennbar, dass das reale Investitionsvolumen<br />
bei öffentlichen Gebäuden und der Verkehrsinfrastruktur praktisch nicht zunehmen wird.<br />
Es ist dabei davon auszugehen, dass die Entwicklung in den ostdeutschen Kommunen sich deutlich von der<br />
allgemeinen Entwicklung unterscheiden wird.<br />
Aufgrund des Auslaufens der Sonderbedarfsergänzungsweisungen an die neuen Länder und die damit verbundene<br />
Reduzierung der den Kommunen zur Verfügung gestellten Investitionszuweisungen ist ein klarer Rückgang<br />
der Sachinvestitionen ab dem Jahr 2014 zu erwarten.<br />
(Quelle: Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände „Aktuelle Finanzlage der Kommunen“, 06/2013)<br />
Prognose für das kommunale Finanzierungssaldo<br />
(Deutscher Städtetag, Gemeindefinanzbericht 2013 in Band 99 aus 2013)<br />
(in Milliarden Euro)<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
-1,67 +1,80 +4,1 +4,0 +4,0 +4,5<br />
Das positive Finanzierungssaldo darf nicht über die kommunale Finanzkrise hinwegtäuschen. Insbesondere<br />
durch zu geringe Investitionen wird dieses Saldo erreicht. Diese geringen Investitionen erhöhen den Investitionsstau,<br />
was in der Zukunft zu erhöhten Investitionsbedarfen führt. Die Folgen der Kürzungen von kommunalen<br />
Leistungen gehen zur Lasten der Einwohnerinnen und Einwohner.<br />
2.9. - Ursachen kommunaler Haushaltsdefizite<br />
Als Ursachen für kommunale Haushaltsdefizite können drei Komplexe angenommen werden (vgl. Prof. Dr.<br />
Martin Junkernheinrich - Lehrstuhl Stadt-, Regional- und Umweltökonomie TU Kaiserslautern -, Informationsveranstaltung<br />
für Verwaltungsratsmitglieder Thüringer Sparkassen, Jena, 18. Oktober 2013).<br />
1. Lokal bestimmte sozialökonomische Ursachen:<br />
Hierzu zählt die Struktur der örtlichen Wirtschaft (beeinflusst insbesondere das Realsteueraufkommen), die<br />
Sozialstruktur der Bevölkerung (bestimmt die Höhe der Sozialausgaben) und die Siedlungsstruktur (aus dieser<br />
ergibt sich der spezifische Investitions- und Unterhaltungsaufwand für die gesamte Infrastruktur).<br />
2. Relevante finanzpolitische Rahmenbedingungen:<br />
Den kommunalen Entscheidungsträgern fehlen Informationen hinsichtlich der Steuerung von Einnahmen und<br />
25
Ausgaben. Dies führt im Regelfall zu emotional bestimmten Entscheidungen, die zudem noch von Lobbyisten<br />
beeinflusst sind. Auswirkungen ergeben sich auch auf die Haushaltskontrolle. Diese Entwicklung hat ihre<br />
Ursache u. a. in dem hohen Grad der Verrechtlichung kommunaler Entscheidungsprozesse, einschließlich der<br />
Aufgabenwahrnehmung.<br />
Zu benennen ist hier aber auch das „Auseinanderfallen“ von Aufgabenwahrnehmung und Aufgabenfinanzierung<br />
(Verstoß gegen den Grundsatz der Konnexität). Dabei ist unumstritten, dass die Finanzausgleichszahlungen<br />
des Landes zu gering bemessen sind und die eigenen kommunalen Steuereinnahmen nicht ausreichen, um alle<br />
Aufgaben angemessen zu erledigen.<br />
3. Endogene (innerlich entstandene) Faktoren kommunalen Handelns:<br />
An kommunalen Entscheidungsprozessen (und der Aufgabenwahrnehmung) sind eine Vielzahl verschiedener<br />
Akteure beteiligt, die zudem unterschiedliche Auffassungen vertreten und somit verschiedene Lösungsansätze<br />
verfolgen.<br />
Des Weiteren stehen die Organe der Kommunen (Bürgermeister und Stadtrat) in der kommunalen Praxis im<br />
Wettbewerb. Die trifft auch auf die Parteien und Wählergruppen im Rat zu. Diese Wettbewerbssituation erzeugt<br />
„Reibungsverluste“. Im Rahmen der Kompromissfindung setzt sich nicht der effizienteste Lösungsansatz durch,<br />
sondern der mehrheitsfähige.<br />
Zu bedenken ist auch, dass jede anstehende kommunale Entscheidung auch eine Historie hat (Erblast). Kommunale<br />
Entscheidungen haben somit keinen Nullpunkt wie er etwa im Bereich des wirtschaftlichen Handelns<br />
vorzufinden ist.<br />
3. - Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse<br />
1. Die bundesdeutsche Finanzverfassung hat deutliche strukturelle Schwächen, die sich bei den Kommunen<br />
kumulieren. Tendenziell sinkt der kommunale Anteil am Gesamtsteueraufkommen. Gleichzeitig steigen die<br />
kommunalen Aufwendungen; insbesondere im Bereich der Leistungsgesetze und den Kommunen werden<br />
zusätzliche Aufgaben ohne vollständige Kostenerstattung übertragen. In der Folge steigen die unmittelbaren<br />
und mittelbaren kommunalen Defizite.<br />
2. Auf Grundlage der Neudefinition des Aufgabenkatalogs der einzelnen föderalen Ebenen muss es zu einer<br />
aufgabengerechten Verteilung der Staatseinnahmen kommen. Eine weitere Senkung der öffentlichen Ausgaben<br />
unter der Maßgabe der Niveausicherung des Sozialstaates und der technischen Infrastruktur ist nur<br />
noch bedingt möglich.<br />
3. Grundsätzlich sind die Bundesländer für die (angemessene) Finanzausstattung der Kommunen verantwortlich.<br />
4. Das von der Landesregierung NRW erlassene Gesetz zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung<br />
im Rahmen der Stärkung des Paketes Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz) ist mit Skepsis zu<br />
betrachten. Aus diesem Gesetz resultiert 2014 eine zusätzliche Belastung von rund 27 Mio. Euro, die in<br />
der Haushaltsplanung der Stadt noch nicht berücksichtigt wurde.<br />
5. Der Stadthaushalt von <strong>Düsseldorf</strong> ist seit Jahren ausgeglichen. Der Preis hierfür ist aus Sicht der Bürgerinnen<br />
und Bürger sehr hoch.<br />
6. Der Haushalt 2013 der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> weist zwar ein Defizit von rund 43 Mio. Euro aus, dieser Fehlbetrag<br />
kann jedoch durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden. Für 2014 wird mit<br />
einem Überschuss von 0,4 Mio. Euro gerechnet. Die Überschüsse erhöhen sich auf 23,7 Mio. Euro (2015)<br />
und auf 74,8 Mio. Euro (2017).<br />
7. Ein wichtiges Bewertungskriterium für die dauernde Leistungsfähigkeit einer Kommune ist die Entwicklung<br />
der Ausgleichsrücklage. Entgegen der allgemeinen Entwicklung ist die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> noch in der Lage,<br />
eine Ausgleichsrücklage bilanzseitig darzustellen.<br />
8. Die Ausgleichsrücklage beträgt im Jahr 2013 noch 210,8 Mio. Euro. Sie soll im Jahr 2017 auf 354,4 Mio.<br />
Euro steigen.<br />
9. Die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> hat ein überproportionales eigenes Steueraufkommen. Rund 60 % aller Einnahmen<br />
sind eigene Steuereinnahmen. Im bundesdeutschen Durchschnitt sind nur rund 36 % der Gesamteinnahmen<br />
der Kommunen Einnahmen aus eigenen Steuern.<br />
26<br />
10. Die Stadt verfügt über Gestaltungspotenziale bei der Gewerbesteuer. Auch wenn das Aufkommen der
Gewerbesteuer in <strong>Düsseldorf</strong> mit rund 1.400 Euro pro Einwohner um das 2,4-fache über dem Bundesdurchschnitt<br />
der kreisfreien Städte liegt. Die Gestaltungspotenziale ergeben sich insbesondere aus der<br />
Höhe des Hebesatzes. Dieser beträgt derzeit 440 v. H. Vergleichbare Städte in Nordrhein-Westfalen wie<br />
Bochum, Bielefeld, Dortmund, Duisburg und Essen haben Gewerbesteuerhebesätze zwischen 480 und 490<br />
v. H. Eine Erhöhung des Hebesatzes um 4,4 Vervielfältigerpunkte (1 %) führt zu Mehreinnahmen von rund<br />
8,66 Mio. Euro.<br />
11. Auch bei der Grundsteuer B liegen die pro Kopf Einnahmen in <strong>Düsseldorf</strong> erheblich über dem Bundesdurchschnitt<br />
der kreisfreien Städte. Während die kreisfreien Städte im Bundesdurchschnitt 152 Euro pro<br />
Einwohner im Jahr vereinnahmen, liegen die Grundsteuereinnahmen der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> im Jahr 2013<br />
bei 231,79 Euro pro Einwohner. Der Hebesatz der Grundsteuer liegt mit 440 v. H. ebenfalls erheblich über<br />
dem Hebesatz vergleichbarer Städte. Im Regierungsbezirk <strong>Düsseldorf</strong> hat die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> den mit Abstand<br />
geringsten Hebesatz. So liegt der Hebesatz der Grundsteuer in Duisburg bei 695 v. H. und in Essen<br />
bei 590 v. H. In der Stadt Köln beträgt der Hebesatz der Grundsteuer B 515 v. H., in Leverkusen bei 590 v.<br />
H. Die Erhöhung des Hebesatzes um 4,4 Hebesatzpunkte (1 %) würde zu jährlichen Mehreinnahmen von<br />
1,36 Mio. Euro führen.<br />
12. Beim kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer verfügt die Stadt über keine eigenen Gestaltungspotenziale.<br />
13. Die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> hat nur bedingt eigene Möglichkeiten zur Erschließung weiterer Einnahmepotenziale<br />
beim kommunalen Anteil an der Einkommensteuer. Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer in<br />
<strong>Düsseldorf</strong> liegt bei rund 460 Euro pro Einwohner, während er im bundesweiten Durchschnitt nur bei 317<br />
Euro pro Einwohner liegt. Mittel- und langfristige Einnahmenpotenziale bei dieser Steuerart können nur<br />
über eine innovative Stadtpolitik erschlossen werden.<br />
14. Bei den Kompensationsleistungen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs verfügt die Stadt über<br />
keine eigenen Gestaltungsspielräume.<br />
15. Gestaltungspotenziale bestehen bei den örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern. Insbesondere dort,<br />
wo durch den kommunalen Aufwand bzw. Verbrauch nachweisbar wirtschaftliche Vorteile bei den Abgabepflichtigen<br />
entstehen und diese Abgabepflichtigen zudem auch noch leistungsfähig sind. Im Bereich<br />
der örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern hat die Stadt ein „Steuerfindungsrecht“, das jedoch der<br />
Zustimmung des Regierungspräsidiums bedarf.<br />
16. Bei der Ausgestaltung von Gebühren- und Entgeltmodellen ist eine besondere Herausforderung, den<br />
Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit zur Wirkung kommen zu lassen. Hierzu sind alle Satzungen und<br />
Entgeltordnungen periodisch zu evaluieren. Dabei ist zu entscheiden, bei welchen Gebühren und Entgelten<br />
welche Kostendeckungsgrade anzustreben sind. Hier muss der Grundsatz gelten, je höher der exakt<br />
zuzurechnende Vorteil ist, desto höher muss der Kostendeckungsgrad sein. Gleiches gilt für die Leistungsfähigkeit<br />
der Adressaten für die Leistungserbringung.<br />
17. Die wirtschaftliche Betätigung muss auch mit der Zielstellung, Erlöse für den städtischen Haushalt zu erzielen,<br />
erfolgen. Zu bevorzugen ist dabei aus steuerrechtlichen Gründen das Holdingmodell, gekoppelt mit<br />
dem steuerlichen Querverbund zwischen eigenwirtschaftlichen (Leistungserbringung ohne Zuschüsse der<br />
öffentlichen Hand) und gemeinwirtschaftlichen (Leistungserbringung unter Einbeziehung von Zuschüssen<br />
der öffentlichen Hand) Bereichen. Dieser wirtschaftliche Querverbund ist gegenwärtig nur für den Bereich<br />
der Schwimmbäder und des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) bedingungslos anerkannt. Zu berücksichtigen<br />
sind dabei auch die Bestimmungen des EU-Beihilferechts. Die Transparenzrichtlinie fordert,<br />
dass bei einem jährlichen Umsatz von mehr als 45 Mio. Euro ein Holdingmodell die eigenwirtschaftlichen<br />
und gemeinwirtschaftlichen Bereiche offen zu legen sind. Die Höhe der Ausschüttung der kommunalen<br />
Unternehmen in den Stadthaushalt sollte sich an der Höhe der Verzinsung des Eigenkapitals orientieren.<br />
18. Bei den Landeszuweisungen erhält die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> nur unterdurchschnittliche Zuweisungen im<br />
Vergleich zu den anderen kreisfreien Städten. Dies ist die unmittelbare Folge der hohen Steuerkraft. Die<br />
Landeszuweisungen sind sowohl einwohner- als auch steuerkraftabhängig.<br />
19. Auffällig ist der massive Rückgang der Investitionen ab 2015. 2016 investiert die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> nur<br />
noch ein Sechstel im Vergleich zu 2012.<br />
20. Die Demokratisierung und Steuerung des laufenden Haushaltsvollzugs ist ein wesentliches Element linker<br />
kommunaler Haushaltspolitik. In diesen Prozess kann sich das Projekt „Bürgerhaushalt“ einordnen. Allerdings<br />
sollten gegenwärtig nur einzelne Elemente des Projektes in der Stadtpolitik übernommen werden.<br />
21. Im Bereich des Personals ist festzustellen, dass in der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> <strong>zum</strong> 30. Juni 2013 fast 11 % der<br />
27
ausgewiesenen Stellen unbesetzt waren. Hier sind die Auswirkungen auf die Leistungserbringung zu<br />
recherchieren. Aus dieser Nichtstellenbesetzung ergibt sich eine theoretische Personalkostenbewirtschaftungsreserve<br />
von rund 57,6 Mio. Euro.<br />
22. Nach eigenem Verständnis der Verwaltungsspitze ist <strong>Düsseldorf</strong> seit 17 Jahren schuldenfrei. Jedoch<br />
beträgt die Summe der Verbindlichkeiten tatsächlich rund 606 Mio. Euro. Darauf entfallen auf langfristige<br />
Investitionskredite 44,5 Mio. Euro. Die Höhe der Kassenkredite wird mit 199 Mio. Euro angegeben. Eine<br />
Besonderheit der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> besteht durch die interne Kreditgewährung des Stadtkonzerns. Die<br />
Stadt kann Fremdkapitalbedarfe (Kredite) über die Holding finanzieren. Bis 2013 sind hier bereits 281 Mio.<br />
Euro aufgelaufen. Diese Summe steigt bis 2015 auf 345 Mio. Euro, ab 2016 soll eine Rückführung der Mittel<br />
an die Holding erfolgen. Zu beachten sind zudem 104 Mio. Euro aus Haftungsverhältnissen (Bürgschaften,<br />
Bestellungen von Sicherheiten für Dritte). Dies sind sogenannte Eventualverbindlichkeiten und werden<br />
bei der dauernden Leistungsfähigkeit berücksichtigt.<br />
23. Die Verschuldung ist kein geeignetes Kriterium zur Bewertung der Leistungsfähigkeit. Im kommunalen<br />
Bereich muss bei Krediten <strong>zum</strong>indest zwischen rentierlich und nicht rentierlichen Investitionen und deren<br />
Kreditfinanzierung unterschieden werden.<br />
24. PPP-Modelle sind einerseits Ausdruck und Folge der kommunalen Finanzkrise und andererseits Element<br />
eines neoliberalen Wirtschaftsverständnisses. Aus linker Sicht gibt es ausreichende Alternativen zu den<br />
PPP-Projekten. Diese sind im Einzelfall einer transparenten Prüfung zu unterziehen.<br />
25. Für die nachhaltige Finanzierung der sozialen Infrastruktur und von Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen<br />
können neue Finanzierungsmodelle aus linker Sicht entwickelt werden. Hierzu gehört insbesondere<br />
das Genossenschaftsmodell und mit Einschränkungen das Stiftungsmodell.<br />
26. Wohnen als Grundrecht ist elementarer Bestandteil linker Kommunalpolitik. Neben der Arbeit ist das<br />
Wohnen der zweitwichtigste Lebensbereich für Menschen. Die Wohnung darf nicht ausschließlich den<br />
Marktregulativen überlassen werden. Die Stadt selbst muss sowohl als Vermieterin als auch als Interessenvertreter<br />
der Mieter und Mieterinnen aktiv werden. Im Bereich der städtischen Wohnungspolitik ist das<br />
Genossenschaftsmodell zu befördern.<br />
4. - Untersuchung der Haushaltspotenziale bei den Realsteuern<br />
Kommunale Realsteuern sin die Gewerbesteuer und die Grundsteuer A und B. Die gesetzliche Ermächtigung<br />
erfolgt durch Bundesrecht (zustimmungspflichtig durch den Bundesrat). Verfassungsrechtlich wird den Gemeinden<br />
bei den Realsteuern ein Hebesatzrecht zugestanden.<br />
4.1. - Hinweise zu den Gestaltungspotenzialen bei der Gewerbesteuer<br />
Das kommunale Hebesatzrecht bei der Gewerbe- und Grundsteuer ist das Kernelement der kommunalen Finanzautonomie<br />
als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung.<br />
Die Gewerbesteuer ist die Haupteinnahmequelle der Gemeinden bei den Steuern. Die Gemeinden haben hier<br />
ein Hebesatzrecht und können insofern auf das Steueraufkommen direkten Einfluss nehmen.<br />
Die Erhebung der Gewerbesteuer ist ab 1.1.2008 neu geregelt. Hierzu werden nachfolgende Hinweise gegeben.<br />
Ermittlung der Gewerbesteuermesszahl auf Grundlage des erwirtschafteten Gewinns vor Steuer unter Berücksichtigung<br />
der sogenannten Hinzurechnungen. Diese Ermittlung erfolgt durch das Finanzamt.<br />
Der Gewerbesteuersatz betrug bis <strong>zum</strong> 31.12.2007 gestaffelt 1 bis 5 Prozent. Seit 01.01.2008 beträgt dieser<br />
Steuersatz einheitlich 3,5 Prozent.<br />
28<br />
Der so ermittelte Gewerbesteuermessbetrag wird mit dem kommunalen Hebesatz, der in der gemeindlichen<br />
Haushaltssatzung festgesetzt wird, multipliziert. Das Ergebnis wird als Gewerbesteuerzahlbetrag bezeichnet.<br />
Zu beachten ist, dass bei der Gewerbesteuerberechnung auch Freibeträge <strong>zum</strong> Ansatz kommen. Dieser beträgt<br />
24.500 Euro für natürliche Personen und Personengesellschaften. Bei Kapitalgesellschaften kommt kein Freibetrag<br />
zur Anwendung.<br />
Seit 01.01.2008 darf die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe abgezogen werden.<br />
Der sogenannte Anrechnungsfaktor bei der Einkommensteuer für natürliche Personen wurde <strong>zum</strong> 01.01.2007<br />
von 1,8 auf 3,8 des Gewerbesteuermessbetrages erhöht. Damit kann der veranlagte Einkommensteuerpflichtige<br />
(Einzelunternehmer, Personengesellschaften) bis zu einem kommunalen Hebesatz von 400,5 die Gewerbe-
steuerzahllast mit seiner Einkommensteuer verrechnen (Zahlung Solidaritätszuschlag ist berücksichtigt).<br />
Bei Kapitalgesellschaften ist keine Anrechnung möglich. Dafür wurde bei den Kapitalgesellschaften aber die<br />
Körperschaftssteuer von 25 auf 15 Prozent <strong>zum</strong> 01.01.2008 abgesenkt und dies ausdrücklich mit dem Verweis<br />
auf das gemeindliche Hebesatzrecht bei der Gewerbesteuer.<br />
Bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages werden auch Hinzurechnungen berücksichtigt. Während<br />
bis <strong>zum</strong> 31.12.2007 nur die Dauerschuldzinsen zu 50 Prozent berücksichtigt wurden, werden seit 01.01.2008<br />
alle Zinsen und Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzen zu 25 Prozent angerechnet.<br />
Diese Finanzierungsanteile werden dabei wie folgt pauschal ermittelt:<br />
• bewegliche Güter des Anlagevermögens (Mieten und Pachten) 20 Prozent,<br />
• Immobilienmieten (-pachten) – unbewegliche Wirtschaftsgüter, 65 Prozent, ab 2010 noch 50 Prozent und<br />
• Lizenzen und Konzessionen 25 Prozent.<br />
Von diesen pauschalierten Finanzierungsanteilen werden wiederum 25 Prozent dem Gewerbesteuermessbetrag<br />
hinzugerechnet.<br />
Gleichzeitig gilt für alle Hinzurechnungen in Summe ein Freibetrag von 100.00 Euro.<br />
Das Finanzgericht Hamburg hält die Regelungen zur Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten (§ 8 Nr. 1<br />
Buchstaben a, d und c Gewerbesteuergesetz) für verfassungswidrig und hat deshalb einen Vorlagebeschluss an<br />
das Bundesverfassungsgericht gefasst (AZ: 1 BvL 8/12). Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes<br />
ergehen die Gewerbesteuermessbescheide nur vorläufig.<br />
Beispielsrechnung für eine Kapitalgesellschaft<br />
100.000 EUR Gewinn (auf Hinzurechnungen wurde mit Blick auf die Übersichtlichkeit verzichtet).<br />
Regelung bis 31.12.2007 Regelung ab 01.01.2008<br />
Steuersatz 5% 3,5%<br />
Messbetrag 5.000 Euro 3.500 Euro<br />
Kommunaler Hebesatz 400vH 20.000 Euro 14.000 Euro<br />
Gesamt-GwSt 20.000 Euro 14.000 Euro<br />
Körperschaftssteuer 25% = 25.000 Euro 15% = 15.000 Euro<br />
Gesamtsteuerlast 45.000 Euro 29.000 Euro<br />
Steuerentlastung: 16.000 EUR (Mehrbelastung erst ab einen Hebesatz von 858 vH).<br />
Beispielrechnung Einzelunternehmer (Bäckermeister)<br />
Jahresgewinn 124.500 EUR.<br />
Regelung bis 31.12.2007 Regelung ab 01.01.2008<br />
Freibetrag 24.500 Euro 24.500 Euro<br />
Gewerbesteuerpflichtiger<br />
100.000 Euro 100.000 Euro<br />
Gewinn<br />
Steuersatz 1 - 5% (hier 5%) 3,5%<br />
Messbetrag 5.000 Euro 3.500 Euro<br />
Kommunaler Hebesatz 400vH 20.000 Euro 14.000 Euro<br />
Gesamt-GwSt 20.000 Euro 14.000 Euro<br />
Faktor Verrechnung mit EKSt 1,8 x Messbetrag 3,8 x Messbetrag<br />
Verrechnungsbetrag mit 1,8 x 5.000 Euro = 9.000 Euro 3,8 x 3.500 Euro = 13.300 Euro<br />
EkSt<br />
EkSt 28.000 Euro 28.000 Euro<br />
Gesamtsteuerlast 28.000 Euro + 20.000 Euro /<br />
9.000 Euro = 39.000 Euro<br />
28.000 Euro + 14.000 Euro /<br />
13.300 Euro = 28.700 Euro<br />
Steuerentlastung: 10.300 EUR (Mehrbelastung erst ab einem Hebesatz von 695 vH).<br />
29
Vom Gewerbesteueraufkommen müssen die Kommunen eine Gewerbesteuerumlage an den Bund und die<br />
Länder abführen.<br />
Diese Umlage gestaltet sich in den Jahren 2012 bis 2014 wie folgt:<br />
Vervielfältiger Bund 14,5<br />
Vervielfältiger Land 49,5<br />
Erhöhung Fonds „Deutsche Einheit“ 5,0<br />
Gesamt:<br />
69,0 Prozent des Ist-Aufkommens,<br />
nivelliert auf einen Hebesatz von 100vH<br />
Das Gewerbesteueraufkommen (netto) betrug im Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2009 bei den kreisfreien<br />
Städten 585 EUR pro Einwohner. 2011 lag das Gewerbesteueraufkommen der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> bei rund 1.400<br />
EUR pro Einwohner und damit beim 2,4 fachen des Bundesdurchschnittes der kreisfreien Städte.<br />
Entwicklung der Gewerbesteuer<br />
2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Gewerbesteuer (brutto) 820,8 948,0 866,0 896,3 926,8 955,4<br />
(in Millionen Euro)<br />
Einwohnerzahl: 586.306 (2011)<br />
Prof. Hardes schätzt ein, dass die Ertragswirkungen der relativen Hebesätze der Gewerbesteuer von nachteiligen<br />
Standortfaktoren der Städte überlagert werden.<br />
(Quelle: Bertelsmann Stiftung in „der gemeindehaushalt“ 11/12, S 242, Prof. Hardes „Analyse zur Finanzsituation<br />
ausgewählter Städte. Teil 1: Die Einnahmeseite“)<br />
Die Gewerbesteuereinnahmen können durch den Einsatz von kommunalen Betriebsprüfern zusätzlich gesteigert<br />
werden. Andere Kommunen haben mit dem Einsatz von kommunalen Betriebsprüfern schon gute Erfahrungen<br />
gemacht. In einer Mitteilung <strong>zum</strong> Einsatz zu städtischen Betriebsprüfern im Bereich Gewerbesteuer der Stadt<br />
Köln heißt es: „Durch die Tätigkeit der Betriebsprüfung werden pro Mitarbeiter und Jahr (nach erfolgter Einarbeitung)<br />
durchschnittlich ca. 1 Mio. EUR Gewerbesteuermehreinnahmen als Ist erwirtschaftet, die ansonsten<br />
nicht erwirtschaftet würden“ (Stadt Köln: Vorlagen-Nummer 0916/2012).<br />
Zu prüfen wäre, ob in <strong>Düsseldorf</strong> das Verfahren zur Splittung des Gewerbesteueraufkommens auch bei temporären<br />
Betriebsstätten ordnungsgemäß erfolgt. Dies wäre durch Anfragen an die Verwaltung zu klären. Eine<br />
zusätzliche Steuerbelastung entsteht dabei bei den steuerpflichtigen Unternehmen nicht. Das ermittelte Gewerbesteueraufkommen<br />
wird nur unter den Betriebsstättengemeinden anders verteilt. Von einer „temporären“<br />
Betriebsstätte spricht man, wenn ein Unternehmen länger als sechs Monate an einem Standort tätig ist.<br />
Der Hebesatz der Gewerbesteuer beträgt in <strong>Düsseldorf</strong> derzeit 440vH. Bis 2006 lag der Hebesatz bei 450vH.<br />
Das Haushaltspotenzial, gemessen am Planungsansatz 2013, beträgt bei der Erhöhung des Hebesatzes um 1vH<br />
(4,4 Vervielfältigerpunkte) rund 8,66 Millionen EUR (beachte: keine Anrechnung auf die Gewerbesteuerumlagen<br />
und keine Anrechnung bei den Schlüsselzuweisungen).<br />
Der Bundesdurchschnitt beim Gewerbesteuerhebesatz beträgt 441vH (2010).<br />
Vergleichbar Städte in NRW haben derzeit folgende Gewerbesteuerhebesätze:<br />
Bochum 480,<br />
Dortmund 485,<br />
Bielefeld 480,<br />
Duisburg 490,<br />
Essen 480.<br />
Hinweise zu den Gestaltungspotenzialen bei der Grundsteuer<br />
Derzeit bestehen erhebliche Probleme bei der Bemessung der Grundsteuer. Die Steuerbemessung erfolgt nach<br />
pauschalierten Einheitswerten, die nach historischen Wertverhältnissen „hochgerechnet“ werden. Diese Einheitswerte<br />
spiegeln keinesfalls die aktuellen Markt-, Verkehrs- bzw. Ertragswerte der Immobilien wider. In den<br />
alten Bundesländern kommen die Einheitswerte aus 1964 zur Anwendung.<br />
30<br />
Auf Bundesebene wird gegenwärtig eine Reform der Grundsteuererhebung diskutiert. Eine Einigung steht noch<br />
aus. Eine Arbeitsgruppe der Länder wollte bis September 2013 Lösungsvarianten vorlegen. Bisher wurde in der<br />
Öffentlichkeit über diese Lösungsvarianten noch nichts bekannt. Die Reform soll jedoch weitgehend aufkommensneutral<br />
erfolgen.
Bei der Grundsteuer haben die Gemeinden ebenfalls ein Hebesatzrecht. Dadurch kann das örtliche Aufkommen<br />
der Grundsteuer durch die Gemeinde durchaus beeinflusst werden.<br />
Auch bei der Grundsteuer A und B hat <strong>Düsseldorf</strong> im Jahr 2013 mit 231,79 EUR pro Einwohner ein überdurchschnittliches<br />
Aufkommen <strong>zum</strong> bundesweiten Vergleich der kreisfreien Städte mit 152 EUR pro Einwohner.<br />
<strong>Düsseldorf</strong> erreicht somit rund 152 Prozent des Einnahmeniveaus des Bundesdurchschnittes der kreisfreien<br />
Städte.<br />
(Quelle: Bertelsmann Stiftung in „der gemeindehaushalt“ 11/12, S 245, Prof. Hardes „Analyse zur Finanzsituation<br />
ausgewählter Städte. Teil 1: Die Einnahmeseite“)<br />
Der Hebesatz der Grundsteuer beträgt in <strong>Düsseldorf</strong> derzeit 440vH. Dies führt zu jährlichen Einnahmen von<br />
135,9 Millionen EUR (2013). Bis 2007 betrug der Hebesatz 460vH.<br />
Im Regierungsbezirk <strong>Düsseldorf</strong> hat <strong>Düsseldorf</strong> mit Abstand den geringsten Hebesatz bei der Grundsteuer B.<br />
In Duisburg liegt der Hebesatz bei 695vH und in Essen bei 590vH. In der Stadt Köln beträgt der Hebesatz der<br />
Grundsteuer B 515vH, in Leverkusen 590vH.<br />
Bis 2016 soll die Grundsteuer auf 143,5 Millionen EUR steigen.<br />
Haushaltspotenzial:<br />
Die Erhöhung des Hebesatzes von 1 Prozent (= 4,40 Hebesatzpunkte) können jährliche Mehreinnahmen von<br />
rund 1,36 Millionen EUR zur Folge haben.<br />
Aus linker Sicht ergeben sich aus der Umlagefähigkeit der Grundsteuer im Rahmen der Betriebskosten Akzeptanz-<br />
und Vermittlungsprobleme. Eine Erhöhung der Grundsteuer verteuert die Wohnkosten, unabhängig, ob<br />
man im selbstgenutzten Wohneigentum oder zur Miete wohnt. Diese Verteuerungswirkung tritt zwar tatsächlich<br />
ein, jedoch auf einem vergleichsweise geringen Niveau. Die Grundsteuer macht gegenwärtig 4 bis 7 Prozent<br />
der Betriebskosten aus.<br />
5. - Untersuchung der Haushaltspotenziale<br />
bei den Gemeinschaftssteuern<br />
5.1. - Hinweise zur Verteilung des kommunalen Anteils<br />
an der Umsatzsteuer:<br />
Aus dem Gesamtaufkommen stehen Bund und Ländern verschiedene Vorwegabzüge zu:<br />
• Pauschaler Betrag zur Finanzierung Fonds Deutscher Einheit, Erhöhung Kindergeld, Kita-Ausbau (in 2011<br />
war dies 1 Mrd. EUR),<br />
• 9,5 Prozent des Aufkommens zur Unterstützung der Renten- und Arbeitslosenversicherung,<br />
• 2,2 Prozent des Aufkommens als Kompensationsbetrag an die Gemeinden für die 1998 entfallene Gewerbekapitalsteuer,<br />
Das verbleibende Aufkommen wird derzeit zu 49,7 Prozent dem Bund und 50,3 Prozent den Ländern zugeordnet.<br />
Die Verteilung zwischen den Ländern erfolgt zu mindestens 75 Prozent nach der Einwohnerzahl. Bis zu 25<br />
Prozent gehen als Ergänzungsanteile an die Länder, deren Einnahmen aus der Einkommenssteuer, der Körperschaftssteuer,<br />
der Gewerbesteuerumlage und der Landessteuern unterdurchschnittlich sind, um so die Steueraufkommensunterschiede<br />
zwischen den Ländern zu nivellieren.<br />
Der kommunale Anteil an der Umsatzsteuer in der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> gestaltet sich wie folgt:<br />
73,4 Millionen EUR in 2012, 2013 +3,4 Prozent<br />
Auf Grundlage des Gemeindefinanzreformgesetzes ist für <strong>Düsseldorf</strong> ein Schlüsselverlust von 2,2 Prozent zu<br />
verzeichnen.<br />
Eigene Gestaltungspotenziale hat die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> beim kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer nicht.<br />
5.2. - Hinweise zu Gestaltungspotenzialen bei der Bestimmung<br />
des Gemeindeanteils an der Einkommenssteuer<br />
Den Kommunen insgesamt stehen ein 15-prozentiger Anteil am Einkommenssteueraufkommen sowie ein<br />
12-prozentiger Anteil an einzelnen Elementen der Abgeltungssteuer zu. Dieser Gesamtanteil wird in mehreren<br />
Schritten auf die einzelnen Gemeinden aufgeteilt:<br />
31
1. Der bundesweite Anteil der Kommunen an der Einkommenssteuer wird in einzelne „Ländertöpfe“ aufgeteilt,<br />
die jeweils 15 Prozent der Einkommenssteuer entsprechen, die nach Zerlegung dem jeweiligen Land zustehen.<br />
Die Aufteilung erfolgt anschließend separat in jedem Land nach bundeseinheitlichen Regelungen.<br />
2. Für jeden Einkommenssteuerfall wird ermittelt, wie hoch die Einkommenssteuerschuld ist, die bis zu einem<br />
versteuernden Einkommen (zvE) in Höhe von 35.000 EUR anfällt (für Ledige). Diese 35.000 EUR stellen den<br />
sogenannten Sockelbetrag dar, der vom Bund in Absprache mit den Ländern festgelegt wird. Das zvE wird für<br />
die Berechnung bei 35.000 EUR gekappt. Dies bedeutet z.B., dass einem Steuerpflichtigen, dessen tatsächliches<br />
zvE 100.000 EUR beträgt, eine hypothetische Steuerschuld zugerechnet wird, die sich bei einem zvE von<br />
35.000 EUR ergeben würde. Ein Steuerpflichtiger mit einem zvE von 25.000 EUR bekommt eine hypothetische<br />
Steuerschuld in Höhe seiner tatsächlich zu zahlenden Steuerschuld zugerechnet.<br />
3. Danach werden diese hypothetischen Steueraufkommen, die auf dem gekappten zu versteuernden Einkommen<br />
beruhen, gemeindeweit sowie landesweit aufsummiert.<br />
4. Dadurch ist es möglich festzustellen, welchen Anteil das hypothetische Aufkommen einer Gemeinde an dem<br />
hypothetischen Steueraufkommen aller Gemeinden eines Landes ausmacht.<br />
5. Dieser Anteilssatz wird auf den jeweiligen „Ländertopf“ angewendet, jede Kommune bekommt den entsprechenden<br />
Betrag zugewiesen.<br />
Durch die Verwendung von Sockelbeträgen wird die interkommunale Verteilung des Gemeindeanteils an der<br />
Einkommenssteuer maßgeblich beeinflusst.<br />
(vgl. Gemeindefinanzbericht 2012 des Städtetages Nordrhein-Westfalen in „Eildienst“, Seite 48).<br />
Auch beim kommunalen Anteil an der Einkommenssteuer führen lokale Standort- und Strukturnachteile zu<br />
geringeren Einnahmen.<br />
Kommunaler Anteil an der Einkommenssteuer im Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2009 bei den kreisfreien<br />
Städten (bundesweit): 317 EUR pro Einwohner, in <strong>Düsseldorf</strong> 466,82 EUR (2013) pro Einwohner (rund 147 Prozent<br />
des Bundesdurchschnittes). 2013 rechnet die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> mit Einnahmen von 273,7 Millionen EUR<br />
beim kommunalen Anteil der Einkommenssteuer.<br />
(Quelle: Bertelsmann Stiftung in „der gemeindehaushalt“ 11/12, S 243, Prof. Hardes „Analyse zur Finanzsituation<br />
ausgewählter Städte. Teil 1: Die Einnahmeseite“)<br />
Prof. Hardes benennt folgende Gründe, die die Einnahmen beim kommunalen Anteil an der Einkommenssteuer<br />
stark beeinflussen:<br />
1. relativ hoher Anteil von Transferempfängern einer Kommune,<br />
2. relativ hoher Anteil von Niedrigeinkommen unterhalb der steuerlichen Freibetragsgrenzen,<br />
3. hoher Anteil von studentischen Niedriglohn-Jobs mit geringer Steuerlast in Universitäts- und Hochschulstädten,<br />
4. relativ hoher Anteil von „Grenzgängern“ in Grenzregionen. Die Besteuerung der „Grenzgänger“ erfolgt im<br />
Ausland, dem Land der Erwerbsarbeit. Erwerbsarbeit und in der Folge Zahlung von Einkommenssteuer<br />
einerseits und Wohnen andererseits fallen räumlich auseinander und dies <strong>zum</strong> steuerlichen Nachteil der<br />
Wohnsitzgemeinde. (Anmerkung Autor: eine vergleichbare Wirkung tritt zwischen dem städtischen Verdichtungsraum<br />
und den Umlandgemeinden auf)<br />
Ein besonderes fiskalisches Verteilungsproblem des kommunalen Anteils an der Einkommenssteuer besteht bei<br />
der melderechtlichen Betrachtung der Montagearbeitskräfte. Die betroffenen Beschäftigten sind bei längerem<br />
Aufenthalt verpflichtet, ihren Hauptwohnsitz am Montagearbeitsort zu nehmen. Hierdurch würde die betroffene<br />
Gemeinde den 15 - prozentigen Einkommenssteueranteil erhalten. Hier ist zu empfehlen, zunächst über Befragung<br />
der Verwaltung den Verfahrensumgang in <strong>Düsseldorf</strong> mit dieser Besonderheit zu recherchieren.<br />
Die Stadt hat nur bedingt eigene Möglichkeiten zur Erschließung weiterer Einnahmepotenziale bei dieser<br />
Steuerart. Die vorgenannten vier Gründe, die die Einkommensteuerkraft beeinflussen, sind von der Stadt selbst<br />
kaum nur bedingt zu beeinflussen.<br />
Die in der Finanzplanung ausgewiesenen Steueraufwüchse (bis 2016 soll das Aufkommen auf 329,5 Millionen<br />
EUR steigen) können als realistisch angesehen werden.<br />
Mittel- und langfristige Einnahmepotenziale können nur über eine innovative Stadtpolitik erschlossen werden.<br />
32
5.3. - Kompensationsleistungen im Rahmen des<br />
Familienleistungsausgleichs (sogenannter Einkommensteuerersatz)<br />
Dieser Einkommensteuerersatz wird aus einem Umsatzsteueranteil, der den Bundesländern gemäß § 1 des Finanzausgleichsgesetzes<br />
zugewiesen wird, gespeist. Dieser Anteil beläuft sich seit dem Jahr 2002 auf 6,4 % des<br />
Umsatzsteueraufkommens des Landes NRW. Den Gemeinden wird <strong>zum</strong> Ausgleich ihrer zusätzlichen Belastungen<br />
ein Anteil von rd. 26 % zugewiesen. Die auf die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen entfallenden Ausgleichsleistungen<br />
werden in dem für das jeweilige Haushaltsjahr geltenden Gemeindefinanzierungsgesetz vorläufig<br />
festgesetzt und nach der jeweils maßgebenden Schlüsselzahl für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer<br />
verteilt. Für den Ansatz 2013 wurde von einem Ausgleichsbetrag von rd. 29,5 Mio. Euro ausgegangen.<br />
Die Zahlungen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs sind durch die Stadt selbst nicht beeinflussbar. Die<br />
Zahlungen sind die Folge der Vorwegentnahme der Aufwendungen für die Kindergeldzahlungen aus dem Gesamtaufkommen<br />
der Einkommenssteuer. Da die Gemeinden mit 15 Prozent an der Einkommenssteuer beteiligt<br />
sind, würde ohne Familienleistungsausgleich die Wirkung eintreten, dass die Gemeinden auch 15 Prozent der<br />
Kindergeldaufwendungen finanzieren. Die Kindergeldzahlung ist aber eine rein staatliche Leistung, und deshalb<br />
erfolgt gegenüber den Gemeinden der Ausgleich über den Familienleistungsausgleich.<br />
6. - Ideenbörse für örtliche Verbrauchs- und Aufwandssteuern<br />
(kommunales Steuerfindungsrecht)<br />
Gestaltungspotenziale bei den örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern<br />
Die Rechtsgrundlage für die Erhebung der örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern regelt das Kommunalabgabengesetz<br />
von Nordrhein-Westfalen (KAG) vom 21.10.1969, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.12.2011, in<br />
der jeweils gültigen Fassung. Hier ist geregelt:<br />
Allgemeine Vorschriften:<br />
§ 1 Kommunalabgaben<br />
(1) Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind berechtigt, nach Maßgabe dieses Gesetzes Abgaben (Steuern,<br />
Gebühren und Beiträge) zu erheben, soweit nicht Bundes- oder Landesgesetze etwas anderes bestimmen. Dies<br />
gilt mit Ausnahme der Erhebung von Steuern ebenfalls für Anstalten des öffentlichen Rechts gemäß § 114 a der<br />
Gemeindeordnung und für gemeinsame Kommunalunternehmen gemäß § 27 des Gesetzes über kommunale<br />
Gemeinschaftsarbeit.<br />
(2) Gesetz im Sinne des Kommunalabgabengesetzes ist jede Rechtsnorm.<br />
(3) Die Bestimmungen der §§ 12 bis 22 a gelten auch für Steuern, Gebühren, Beiträge und sonstige Abgaben,<br />
die von den Gemeinden und Gemeindeverbänden auf Grund anderer Gesetze erhoben werden, soweit diese<br />
keine Bestimmung treffen.<br />
§ 2 Rechtsgrundlage für Kommunalabgaben<br />
(1) Abgaben dürfen nur auf Grund einer Satzung erhoben werden. Die Satzung muss den Kreis der Abgabeschuldner,<br />
den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den<br />
Zeitpunkt ihrer Fälligkeit angeben.<br />
(2) Eine Satzung, mit der eine im Lande nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll,<br />
bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Innenministeriums und des Finanzministeriums.<br />
II. Teil<br />
Die einzelnen Abgaben<br />
§ 3 Steuern<br />
(1) Die Gemeinden können Steuern erheben. Eine Jagdsteuer darf ab 1. Januar 2013 nicht erhoben werden. Die<br />
Erhebung einer Steuer auf die Erlangung der Erlaubnis, Gestattung oder Befugnis <strong>zum</strong> Betrieb eines Gaststättengewerbes<br />
ist unzulässig.<br />
(2) Die Gemeinden und Kreise sollen Steuern nur erheben, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen,<br />
insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt. Dies gilt nicht für die Erhebung<br />
der Vergnügungssteuer und der Hundesteuer.<br />
(3) Wird eine Steuer erhoben, kann durch Satzung festgelegt werden, dass der Steuerpflichtige Vorauszahlungen<br />
auf die Steuer zu entrichten hat, die er für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich schulden<br />
wird.<br />
33
Drei wesentliche Voraussetzungen müssen für die Erhebung einer örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuer<br />
vorliegen:<br />
1. Die Steuer darf es noch nicht geben.<br />
2. Die Abgaben- (Steuer-)Pflichtigen müssen eindeutig bestimmbar sein.<br />
3. Die Gemeinde muss <strong>zum</strong>indest abstrakt einen Aufwand und/oder einen Verbrauch nachweisen können.<br />
Aus linker Sicht sollte von diesem sehr begrenzten Steuer-/Abgabenfindungsrecht durchaus Gebrauch gemacht<br />
werden, insbesondere dort, wo durch den kommunalen Aufwand/Verbrauch nachweisbare wirtschaftliche Vorteile<br />
bei den Abgabepflichtigen entstehen und diese Abgabepflichtigen auch noch leistungsfähig sind.<br />
6.1. - Vergnügungssteuer (Spielgeräte):<br />
Jährliche Einnahmen von rund 6.400.000 EUR.<br />
Hier ist die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtshofes zu berücksichtigen<br />
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Erhebung der Spielautomatensteuer durch die Gemeinden<br />
auf Grundlage der Stückzahl der Spielautomaten dem Gebot der Belastungsgleichheit nach Artikel 3<br />
Abs. 1 Grundgesetz widerspricht (vgl. Urteil vom 9. Juni 2010, AZ: 9 CN 1.09).<br />
Zum 1. Januar 1997 könnten nach der Entscheidung des Gerichtes die Gemeinden rückwirkend eine Spielautomatensteuer<br />
erheben, die sich nach einem wirklichkeitsgerechteren Maßstab bemisst (z. B. nach Spieleinsatz<br />
oder Einspielergebnis). Dabei darf jedoch das bisherige Steueraufkommen nicht überschritten werden.<br />
Die Gemeinden regeln die Erhebung der Spielautomatensteuer durch Satzung.<br />
Hier wäre zu prüfen, ob die aktuelle Satzung der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> diesen Vorgaben des Gerichtes entspricht.<br />
6.2. - Hundesteuer:<br />
Jährlich Einnahmen von rund 2.000.000 EUR.<br />
Hier wäre auch das aktuelle Satzungsrecht zu überprüfen.<br />
6.3. - Zweitwohnungssteuer<br />
Deren Einführung ist bisher in <strong>Düsseldorf</strong> nicht erfolgt.<br />
DIE LINKE hält die Zweitwohnungssteuer für ungeeignet, um das Verhalten von Menschen (hier Anmeldung<br />
Hauptwohnsitz) zu beeinflussen. Kreativer wäre es, über kommunale Angebote (kostenfreies Kita-Jahr, kommunale<br />
Bauzuschüsse, Umzugszuschüsse…) Menschen zu bewegen, in <strong>Düsseldorf</strong> ihren Hauptwohnsitz zu wählen.<br />
Auch hier ist die Rechtsprechung noch sehr dynamisch.<br />
6.4. - Kultur-/Tourismusabgabe (so genannte Bettensteuer)<br />
Diese Abgabe ist bisher in <strong>Düsseldorf</strong> noch nichteingeführt.<br />
Hier ist zwingend das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu beachten. Die Abgabe kann nur von Personen<br />
erhoben werden, die aus privater Veranlassung in <strong>Düsseldorf</strong> übernachten.<br />
7. - Linke Grundsätze für die Gestaltung von<br />
Gebühren- und Entgeltmodellen<br />
Eine besondere Herausforderung ist es, den Grundsatz der Sozialen Gerechtigkeit auch bei Gebühren- und<br />
Entgeltsystemen zur Wirkung kommen zu lassen.<br />
Hier sollten alle Satzungen und Entgeltordnungen periodisch evaluiert werden. Dabei ist auch zu entscheiden,<br />
wie die Grundzüge der sozialen Gerechtigkeit zur Wirkung kommen können. Ein Ansatz ist auch, für die einzelnen<br />
Gebühren und Entgelte Kostendeckungsgrade festzulegen.<br />
Aus linker Sicht sollte auch hier gelten, dass in Abhängigkeit vom wirtschaftlichen Vorteil durch die erbrachte<br />
kommunale Leistung und die Leistungsfähigkeit der Gebühren-/Entgeltzahler der Kostendeckungsgrad zu<br />
bestimmen ist. Einzelne kommunale Leistungen sollen kostendeckend bewirtschaftet werden.<br />
34<br />
Hier ist stets politisch zu entscheiden, für welche erbrachte kommunale Leistung in welcher Höhe Gebühren/<br />
Entgelte (Kostendeckungsgrad) erhoben werden sollen. Hier muss der Grundsatz gelten: je höher der exakt
zuzurechnende wirtschaftliche Vorteil ist, desto höher muss der Kostendeckungsgrad sein – gleiches gilt für die<br />
Leistungsfähigkeit des Adressaten der Leistungserbringung.<br />
Zudem ist eine Positionierung zu den Grundgebühren (Gebühr abgekoppelt von der tatsächlichen Inanspruchnahme)<br />
erforderlich.<br />
Für bestimmte kommunale Leistung muss zwingend das Kostendeckungsgebot gelten:<br />
• Gewerbewesen,<br />
• Bauordnungsbehörde,<br />
• Kfz-Zulassung,<br />
• Führerscheinwesen<br />
• U. a.<br />
Bedeutsam für die LINKE ist die völlig Transparenz der Kalkulationen.<br />
Während die Stadt auf die Höhe der Verwaltungsgebühren kaum Einfluss hat, weil sie von Bund oder Land vorgegeben<br />
werden, ist bei den Benutzungsgebühren in Abhängigkeit vom Kostendeckungsgrad eine Anpassung<br />
möglich und/oder geboten.<br />
Konkret wurden in <strong>Düsseldorf</strong> in jüngster Vergangenheit z. B.<br />
• die Gebühren für Offene Ganztagsschulen,<br />
• für die Unterbringung in Stadtwohnheimen,<br />
• für die Clara-Schumann-Musikschule,<br />
• die Sondernutzungsgebühren im öffentlichen Straßenraum und<br />
• die Elternbeiträge für die Betreuung in Kitas und Tagespflege<br />
erhöht.<br />
Die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> plant für 2013 Einnahmen aus Verwaltungsgebühren in Höhe von 29,0 Millionen EUR.<br />
Bei den Benutzungsgebühren sind Einnahmen von 188 Millionen EUR geplant. Insgesamt sind dies rund 9,5<br />
Millionen EUR mehr als 2012.<br />
8. - Linke Grundsätze für die wirtschaftliche Betätigung<br />
der Stadt <strong>Düsseldorf</strong><br />
Die wirtschaftliche Betätigung muss auch mit der Zielstellung, Erlöse für die kommunalen Haushalte zu erzielen,<br />
erfolgen. Die steuerrechtlichen Bestimmungen (Kapitalertragssteuerpflicht bei Ausschüttungen) sind hier<br />
wenig hilfreich.<br />
Der steuerliche Querverbund innerhalb kommunaler Unternehmen wird nur noch im Bereich Bäder und Öffentlicher<br />
Personennahverkehr (ÖPNV) uneingeschränkt anerkannt.<br />
Die Höhe der Ausschüttungen sollte sich an der Höhe der Verzinsung des Eigenkapitals orientieren.<br />
Künftig müssen die Kreisfreien Städte und Landkreise direkt am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Sparkassen durch<br />
direkte oder indirekte Ausschüttungen beteiligt werden.<br />
Für 2013 sind in <strong>Düsseldorf</strong> Einnahmen aus Gewinnanteilen aus verbundenen Unternehmen und aus Beteiligungen<br />
in Höhe von 14,3 Millionen EUR geplant.<br />
Im Rahmen der so genannten Risikovorsorge sollen die Abführungen an den Stadthaushalt aus der wirtschaftlichen<br />
Beteiligung erhöht werden.<br />
Bei der Ausschüttung an den Haushalt wird zusätzlich Kapitalertragssteuer fällig. Deshalb gibt es Überlegungen<br />
im Rahmen des steuerlichen Querverbundes eigenwirtschaftliche (ohne Zuschüsse) und gemeinwirtschaftliche<br />
(mit Zuschüssen) Bereiche im Rahmen von Holdingmodellen zu verzahnen. Hier sind aber sowohl steuerliche<br />
als auch EU-beihilferechtliche Aspekte zu berücksichtigen.<br />
Steuerlich muss auf den Problemkreis „verdeckte Gewinnausschüttung“ verwiesen werden.<br />
Aus Sicht des EU-Beihilferechtes ist der steuerliche Querverbund nur im Bereich „ÖPNV“ und „Bäder“ uneingeschränkt<br />
anerkannt.<br />
Aus Transparenzsicht sollte bei jedem Holdingmodell eine Offenlegung der eigenwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen<br />
Bereiche, einschließlich der Wirkung des steuerlichen Querverbundes erfolgen.<br />
9. - Erarbeitung von Positionen zu den Prüfungsfeststellungen<br />
der örtlichen/überörtlichen Rechnungsprüfung<br />
Nach der Haushaltskompetenz ist die Rechnungsprüfung ein bedeutsames Zuständigkeitsfeld des Rates. Über<br />
die Rechnungsprüfung erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Haushaltsvollzug durch die Verwaltung.<br />
35
Die gesetzlichen Grundlagen für die Rechnungsprüfung finden sich in der Gemeindeordnung.<br />
So regelt § 59 Abs. 3 der Gemeindeordnung, dass der Rechnungsprüfungsausschuss den Jahresabschluss und<br />
den Gesamtabschluss der Gemeinde prüft. Er bedient sich hierbei der örtlichen Rechnungsprüfung. Soweit eine<br />
solche nicht besteht, kann er sich Dritter gem. § 103 Abs. 5 bedienen.<br />
Werden der Jahresabschluss, der Gesamtabschluss, der Lagebericht oder der Gesamtlagebericht nach Vorlage<br />
des Prüfungsberichts geändert, so hat der Rechnungsprüfungsausschuss diese Unterlagen erneut zu prüfen,<br />
soweit es die Änderung erfordert (vgl. § 59 Abs. 5 Gemeindeordnung). Über das Ergebnis der Prüfung ist dem<br />
Rat zu berichten; der Bestätigungsvermerk ist entsprechend zu ergänzen.<br />
§ 101 der Gemeindeordnung regelt die Prüfung des Jahresabschlusses und die Erteilung des Bestätigungsvermerkes.<br />
Der Jahresabschluss ist vom Rechnungsprüfungsausschuss dahingehend zu prüfen, ob er ein den tatsächlichen<br />
Verhältnissen entsprechendes Bild der<br />
• Vermögens-,<br />
• Schulden-,<br />
• Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />
unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt.<br />
Die Prüfung des Jahresabschlusses erstreckt sich darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden<br />
Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind.<br />
In die Prüfung sind<br />
• die Buchführung,<br />
• die Inventur,<br />
• das Inventar und<br />
• die Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände einzubeziehen.<br />
Der Lagebericht ist darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss in Einklang steht und ob seine sonstigen<br />
Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />
erwecken.<br />
Der Rechnungsprüfungsausschuss hat über Art und Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis der Prüfung<br />
einen Prüfungsbericht zu erstellen.<br />
Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen.<br />
Vor Abgabe des Prüfungsberichtes durch den Rechnungsprüfungsausschuss an den Rat ist dem Bürgermeister<br />
(Oberbürgermeister) Gelegenheit zur Stellungnahme <strong>zum</strong> Prüfungsergebnis zu geben.<br />
Soweit der Kämmerer von seinem Recht nach § 95 Abs. 3 Satz 3 der Gemeindeordnung Gebrauch gemacht<br />
hat, ist ihm ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.<br />
Der Rechnungsprüfungsausschuss hat das Ergebnis der Prüfung in einem Bestätigungsvermerk zusammenzufassen.<br />
Der Bestätigungsvermerk hat<br />
• Gegenstand,<br />
• Art und<br />
• Umfang der Prüfung<br />
zu beschreiben und dabei die angewandten Rechnungslegungsgrundsätze und Prüfungsgrundsätze anzugeben.<br />
Er hat ferner eine Beurteilung des Prüfungsergebnisses zu enthalten, die zweifelsfrei ergeben muss, ob<br />
1. ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird,<br />
2. ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird,<br />
3. der Bestätigungsvermerk auf Grund von Beanstandungen versagt wird oder<br />
4. der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wird, weil der Prüfer nicht in der Lage ist, eine Beurteilung vorzunehmen.<br />
Die Beurteilung des Prüfungsergebnisses soll allgemeinverständlich und problemorientiert unter Berücksichtigung<br />
des Umstandes erfolgen, dass Rat und Verwaltungsvorstand den Abschluss zu verantworten haben.<br />
Auf Risiken, die die stetige Aufgabenerfüllung und die Haushaltswirtschaft der Gemeinde gefährden, ist gesondert<br />
einzugehen.<br />
36
In einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk (§ 101 Absatz 3 Satz 3 Nr. 1) ist zu erklären, dass die durchgeführte<br />
Prüfung zu keinen Beanstandungen geführt hat,<br />
• der Jahresabschluss auf Grund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse den gesetzlichen Vorschriften,<br />
Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen entspricht und<br />
• unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />
Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />
vermittelt.<br />
Dieser Bestätigungsvermerk kann um Hinweise ergänzt werden, die ihn nicht einschränken.<br />
Werden Beanstandungen ausgesprochen, ist die Erklärung nach § 101 Absatz 4 Satz 1 Gemeindeordnung einzuschränken<br />
oder zu versagen.<br />
Ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk darf nur erteilt werden, wenn der geprüfte Jahresabschluss unter Beachtung<br />
der vom Prüfer vorgenommenen, in ihrer Tragweite erkennbaren Einschränkung ein den tatsächlichen<br />
Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />
Gemeinde vermittelt (§ 101 Absatz 3 Satz 3 Nr. 2 Gemeindeordnung).<br />
Sind die Beanstandungen so erheblich, dass kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />
Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde mehr vermittelt wird, ist der Bestätigungsvermerk<br />
zu versagen (§ 101 Absatz 3 Satz 3 Nr. 3 Gemeindeordnung).<br />
Der Bestätigungsvermerk ist auch dann zu versagen, wenn der Prüfer nach Ausschöpfung aller angemessenen<br />
Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhaltes nicht in der Lage ist, eine Beurteilung abzugeben (§ 101 Absatz 3<br />
Satz 3 Nr. 4 Gemeindeordnung).<br />
Die Versagung ist in einem Vermerk, der nicht als Bestätigungsvermerk zu bezeichnen ist, aufzunehmen. Die<br />
Einschränkung oder Versagung ist zu begründen.<br />
Die Beurteilung des Prüfungsergebnisses hat sich auch darauf zu erstrecken, ob der Lagebericht mit dem<br />
Jahresabschluss in Einklang steht und insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-,<br />
Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt. Dabei ist auch darauf einzugehen, ob die Chancen und Risiken<br />
für die künftige Entwicklung der Gemeinde zutreffend dargestellt sind.<br />
Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über die Versagung ist unter Angabe von Ort und Tag vom Vorsitzenden<br />
des Rechnungsprüfungsausschusses zu unterzeichnen.<br />
In Gemeinden und Städten, in denen eine örtliche Rechnungsprüfung besteht, bedient sich der Rechnungsprüfungsausschuss<br />
zur Durchführung der Prüfung dieser Rechnungsprüfung.<br />
Die örtliche Rechnungsprüfung oder Dritte als Prüfer haben im Rahmen ihrer Prüfung einen Bestätigungsvermerk<br />
oder einen Vermerk über seine Versagung nach § 101 Absätzen 3 bis 7 abzugeben.<br />
§ 102 Abs. 1 der Gemeindeordnung regelt, dass Kreisfreie Städte wie <strong>Düsseldorf</strong>, eine örtliche Rechnungsprüfung<br />
einrichten müssen.<br />
Die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung sind in § 103 der Gemeindeordnung normiert.<br />
Die örtliche Rechnungsprüfung hat folgende Aufgaben:<br />
1. die Prüfung des Jahresabschlusses der Gemeinde,<br />
2. die Prüfung der Jahresabschlüsse der in § 97 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4 der Gemeindeordnung benannten Sondervermögen,<br />
3. die Prüfung des Gesamtabschlusses,<br />
4. die laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung zur Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses,<br />
5. die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde und ihrer Sondervermögen sowie die<br />
Vornahme der Prüfungen,<br />
6. bei Durchführung der Finanzbuchhaltung mit Hilfe automatisierter Datenverarbeitung (DV-Buchführung) der<br />
Gemeinde und ihrer Sondervermögen die Prüfung der Programme vor ihrer Anwendung,<br />
7. die Prüfung der Finanzvorfälle gemäß § 100 Abs.4 der Landeshaushaltsordnung,<br />
8. die Prüfung von Vergaben.<br />
37
In die Prüfung des Jahresabschlusses nach Nummer 1 sind die Entscheidungen und Verwaltungsvorgänge aus<br />
delegierten Aufgaben auch dann einzubeziehen, wenn die Zahlungsvorgänge selbst durch den Träger der Aufgabe<br />
vorgenommen werden und insgesamt finanziell von erheblicher Bedeutung sind.<br />
Der Rat kann der örtlichen Rechnungsprüfung weitere Aufgaben übertragen, insbesondere<br />
1. die Prüfung der Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit,<br />
2. die Prüfung der Betätigung der Gemeinde als Gesellschafter, Aktionär oder Mitglied in Gesellschaften und<br />
anderen Vereinigungen des privaten Rechts oder in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß<br />
§ 114a der Gemeindeordnung sowie die Buch- und Betriebsprüfung, die sich die Gemeinde bei einer Beteiligung,<br />
bei der Hingabe eines Darlehens oder sonst vorbehalten hat.<br />
Der Bürgermeister/Oberbürgermeister kann innerhalb seines Amtsbereichs unter Mitteilung an den Rechnungsprüfungsausschuss<br />
der örtlichen Rechnungsprüfung Aufträge zur Prüfung erteilen.<br />
Der Prüfer kann für die Durchführung seiner Prüfung nach § 103 Absätze 1 bis 3 der Gemeindeordnung Aufklärung<br />
und Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind. Der Prüfer hat die Rechte<br />
nach § 103 Abs. 4 Satz 1 der Gemeindeordnung auch gegenüber den Abschlussprüfern der verselbstständigten<br />
Aufgabenbereiche.<br />
Die örtliche Rechnungsprüfung kann sich mit Zustimmung des Rechnungsprüfungsausschusses Dritter als<br />
Prüfer bedienen.<br />
Bei den Aufgaben nach § 103 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Gemeindeordnung haben die Prüfer im Rahmen ihrer<br />
Prüfung einen Bestätigungsvermerk oder einen Vermerk über seine Versagung nach § 101 Abs. 3 bis 7 der<br />
Gemeindeordnung abzugeben.<br />
Ein Dritter darf jedoch nicht Prüfer der Kommunen sein,<br />
1. wenn er Mitglied des Rates, Angehöriger des Bürgermeisters, des Kämmerers oder des Verantwortlichen<br />
für die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters ist,<br />
2. wenn er Beschäftigter der verselbstständigten Aufgabenbereiche der Gemeinde ist, die in öffentlich-rechtlicher<br />
oder privatrechtlicher Form geführt werden, oder diesen in den letzten drei Jahren vor der Bestellung<br />
als Prüfer angehört hat,<br />
3. wenn er in den letzten fünf Jahren mehr als dreißig vom Hundert der Gesamteinnahmen aus seiner beruflichen<br />
Tätigkeit aus der Prüfung und Beratung der zu prüfenden Gemeinde und der verselbstständigten Aufgabenbereiche<br />
der Gemeinde, die in öffentlich-rechtlicher oder in privatrechtlicher Form geführt werden,<br />
bezogen hat und dies auch im laufenden Jahr zu erwarten ist. Verselbstständigte Aufgabenbereiche der<br />
Gemeinde in privatrechtlicher Form müssen nur einbezogen werden, wenn die Gemeinde mehr als zwanzig<br />
vom Hundert der Anteile daran besitzt.<br />
§ 104 der Gemeindeordnung regelt, dass die örtliche Rechnungsprüfung dem Rat unmittelbar verantwortlich ist<br />
und in ihrer sachlichen Tätigkeit ihm unmittelbar unterstellt. Sie ist zudem von fachlichen Weisungen frei.<br />
Der Rat bestellt die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung und die Prüfer und beruft sie ab. Die Leitung und<br />
die Prüfer können nicht Mitglieder des Rates sein und dürfen eine andere Stellung in der Gemeinde nur innehaben,<br />
wenn dies mit ihren Prüfungsaufgaben vereinbar ist. Sie dürfen nicht Zahlungen der Gemeinde abwickeln.<br />
Die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung darf nicht Angehöriger des Bürgermeisters/Oberbürgermeisters,<br />
des Kämmerers oder des für die Zahlungsabwicklung Verantwortlichen und dessen Stellvertreters sein.<br />
Für die Aufgaben nach § 103 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Gemeindeordnung dürfen die Prüfer nicht an der Führung<br />
der Bücher oder an der Aufstellung des Jahresabschlusses oder des Gesamtabschlusses mitgewirkt haben.<br />
Neben der örtlichen Prüfung unterliegt die Stadt auch der überörtlichen Prüfung.<br />
Die überörtliche Prüfung ist nach § 105 der Gemeindeordnung als Teil der allgemeinen Aufsicht des Landes<br />
über die Gemeinden Aufgabe der Gemeindeprüfungsanstalt.<br />
38<br />
Die Gemeindeprüfungsanstalt ist bei der Durchführung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht<br />
gebunden.
Die überörtliche Prüfung erstreckt sich darauf, ob<br />
1. bei der Haushaltswirtschaft der Gemeinden sowie ihrer Sondervermögen die Gesetze und die zur Erfüllung<br />
von Aufgaben ergangenen Weisungen (§ 3 Abs. 2 der Gemeindeordnung) eingehalten und die zweckgebundenen<br />
Staatszuweisungen bestimmungsgemäß verwendet worden sind,<br />
2. die Buchführung und die Zahlungsabwicklung ordnungsgemäß durchgeführt worden sind.<br />
Die überörtliche Prüfung stellt zudem fest, ob die Gemeinde sachgerecht und wirtschaftlich verwaltet wird.<br />
Dies kann auch auf vergleichender Grundlage geschehen.<br />
Bei der Prüfung sind vorhandene Ergebnisse der örtlichen Rechnungsprüfung zu berücksichtigen.<br />
Die Gemeindeprüfungsanstalt teilt das Prüfungsergebnis in Form eines Prüfberichts<br />
1. der geprüften Gemeinde,<br />
2. den Aufsichtsbehörden und<br />
3. den Fachaufsichtsbehörden, soweit ihre Zuständigkeit berührt ist,<br />
mit.<br />
Der Bürgermeister/Oberbürgermeister legt den Prüfungsbericht dem Rechnungsprüfungsausschuss zur Beratung<br />
vor. Der Rechnungsprüfungsausschuss unterrichtet den Rat über den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts<br />
sowie über das Ergebnis seiner Beratungen.<br />
Die Gemeinde hat zu den Beanstandungen des Prüfungsberichts gegenüber der Gemeindeprüfungsanstalt und<br />
der Aufsichtsbehörde innerhalb einer dafür bestimmten Frist Stellung zu nehmen.<br />
Die Gemeindeprüfungsanstalt soll Körperschaften, Anstalten, Stiftungen und Verbände und Einrichtungen des<br />
öffentlichen Rechts<br />
1. in Fragen der Organisation und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung und<br />
2. in bautechnischen Fragen, die mit der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von baulichen Maßnahmen<br />
zusammenhängen, auf Antrag beraten. Sonstige im öffentlichen Interesse tätige juristische Personen kann<br />
sie in diesen Fragen auf Antrag beraten.<br />
Werden Prüfungsaufgaben nach § 92 Abs. 5 oder nach § 103 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 der Gemeindeordnung durch<br />
Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt bei den Gemeinden durchgeführt oder haben sie daran mitgewirkt, dürfen<br />
diese Prüfer nicht an der überörtlichen Prüfung der Gemeinde mitwirken.<br />
Der Jahresabschluss und der Lagebericht der Eigenbetriebes sind nach den Bestimmungen des § 106 der Gemeindeordnung<br />
zu prüfen (Jahresabschlussprüfung). In die Prüfung des Jahresabschlusses ist die Buchführung<br />
einzubeziehen. Die Prüfung des Jahresabschlusses erstreckt sich darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften und<br />
die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet sind.<br />
Der Lagebericht der Eigenbetriebe ist darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss in Einklang steht und ob<br />
seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Lage des Unternehmens erwecken.<br />
Über die Prüfung ist schriftlich zu berichten. Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung ist in entsprechender<br />
Anwendung des § 53 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Haushaltsgrundsätzegesetzes ferner die Ordnungsmäßigkeit der<br />
Geschäftsführung zu prüfen und über die wirtschaftlich bedeutsamen Sachverhalte zu berichten.<br />
Die Kosten der Jahresabschlussprüfung trägt der Eigenbetrieb.<br />
Eine Befreiung von der Jahresabschlussprüfung ist zulässig; sie kann befristet und mit Auflagen verbunden<br />
werden.<br />
Die Jahresabschlussprüfung der Eigenbetriebe obliegt der Gemeindeprüfungsanstalt. Die Gemeindeprüfungsanstalt<br />
bedient sich zur Durchführung der Jahresabschlussprüfung eines Wirtschaftsprüfers, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
oder in Einzelfällen eines hierzu befähigten eigenen Prüfers.<br />
Die Gemeinde kann einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorschlagen. Die Gemeindeprüfungsanstalt<br />
soll dem Vorschlag der Gemeinde folgen.<br />
Die Gemeindeprüfungsanstalt kann zulassen, dass der Eigenbetrieb im Einvernehmen mit der Gemeindeprüfungsanstalt<br />
einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unmittelbar mit der Prüfung<br />
beauftragt.<br />
Die Gemeindeprüfungsanstalt teilt das Prüfungsergebnis in Form des Prüfungsberichts der betroffenen Gemeinde<br />
mit. § 105 Abs. 5 und 6 der Gemeindeordnung gilt entsprechend. Wenn Veranlassung dazu besteht<br />
oder auf Anforderung, teilt die Gemeindeprüfungsanstalt das Prüfungsergebnis den Kommunal- und den Fachaufsichtsbehörden<br />
mit.<br />
Die Aufgaben und die Grundsätze der örtlichen Rechnungsprüfung der Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> sowie der<br />
Geltungsbereich sind in der Rechnungsprüfungsordnung konkretisiert, die vom Stadtrat beschlossen wurde<br />
und am 01.01.2009 in Kraft getreten ist.<br />
39
Durch das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) haben sich die Aufgaben des Rechnungsprüfungsamtes<br />
verändert.<br />
Mit Einführung des neuen Rechnungswesens werden das gesamte Vermögen und die Schulden der Stadt in<br />
einer Bilanz ausgewiesen.<br />
Die Jahresabschlüsse werden nach den Vorschriften des NKF erstellt.<br />
Sowohl die Eröffnungsbilanz, als auch die Jahresabschlüsse, werden vom Rechnungsprüfungsamt für den Rechnungsprüfungsausschuss<br />
geprüft.<br />
Die Ergebnisse werden in Prüfberichten dokumentiert, die die Grundlage für die jährliche Entlastung des Oberbürgermeisters<br />
darstellen.<br />
Dem städtischen Rechnungsprüfungsamt sind durch Gesetz weitere Aufgaben übertragen, wie<br />
• die Prüfung des Gesamtabschlusses,<br />
• die laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung,<br />
• die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der Stadt und ihrer Sondervermögen sowie<br />
• die Prüfung von Vergaben.<br />
Andere Aufgaben, wie<br />
• die Prüfung der Organisationseinheiten der Stadtverwaltung auf Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und<br />
Wirtschaftlichkeit,<br />
• die Prüfung der Betätigung der Stadt als Gesellschafterin oder Aktionärin,<br />
• die technische Prüfung von Plänen und Kostenberechnungen nach § 14 Abs. 2 Gemeindehaushaltsverordnung<br />
sowie<br />
• die Prüfung von Bauprojekten<br />
wurden dem städtischen Rechnungsprüfungsamt vom Stadtrat übertragen.<br />
Der Stadtrat, der Rechnungsprüfungsausschuss und der Oberbürgermeister können dem Rechnungsprüfungsamt<br />
Aufträge erteilen.<br />
Im Rahmen einer so genannten risikoorientierten Prüfplanung ist es Ziel des städtischen Rechnungsprüfungsamtes,<br />
sämtliche Bereiche der Stadtverwaltung zu prüfen.<br />
10. - Erarbeitung von Positionen <strong>zum</strong> Maßnahmenkatalog<br />
der Verwaltung zur Haushaltskonsolidierung<br />
Aufgrund der aktuellen Gewerbesteuerentwicklung und verschiedener, nicht beeinflussbarer zwangsläufiger<br />
Verschlechterungen wurde seitens der Stadtverwaltung die sogenannte Risikovorsorge zusätzlich in fünf Bereichen<br />
weiter intensiviert und in den Haushaltsplan aufgenommen. Dieser Risikovorsorgekatalog ist mit einem<br />
Maßnahmenkatalog der Verwaltung zur Haushaltskonsolidierung vergleichbar.<br />
Folgende Maßnahmen hält die Stadtverwaltung im Rahmen der Risikovorsorge für erforderlich:<br />
1. Erhöhung der Benutzungsgebühren/Entgelte für offene Ganztagsschulen,<br />
2. Erhöhung der Benutzungsgebühren/Entgelte für die Unterbringung in Stadtwohnheimen und Probewohnungen,<br />
3. Einführung/Erhöhung der Gebühren/Entgelte für die Betreuung der Kinder in Tageseinrichtungen,<br />
4. Erhöhung der Gebühren/Entgelte für die Teilnahme an Veranstaltungen der Volkshochschule,<br />
5. Reduzierung von Zuschüssen bzw. Erhöhung der Gewinnabführung, z. B. von der Messe <strong>Düsseldorf</strong> GmbH,<br />
von der Stadtsparkasse <strong>Düsseldorf</strong> und vom Stadtentwässerungsbetrieb <strong>Düsseldorf</strong>,<br />
6. Verschiebung von Investitionsmaßnahmen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Realisierungszeiträume<br />
(z. B. Verlängerung Böhlerstraße, zweiter Bauabschnitt Kö-Bogen, Verlängerung der Linie 701).<br />
7. Kompensierung der Auswirkungen der Tarifsteigerungen (ab 2013 rd. 18 Mio. Euro pro Jahr) und Erhöhung<br />
der Besoldung und Versorgungsbezüge innerhalb des Personaletats.<br />
8. Reduzierung von disponiblen Aufwendungen, insbesondere bei Sach- und Dienstleistungen (z. B. Geschäftsaufwendungen,<br />
Unterhaltung und Bewirtschaftung der Grundstücke und baulichen Anlagen).<br />
40<br />
Zu diesen Komplexen muss sich die Stadtratsfraktion der LINKEN im Einzelfall positionieren.
11. - Städtischen Einflussmöglichkeiten<br />
auf Zuweisungen/ Erstattungen des Landes/ Bundes<br />
11.1. - Kommunale Gestaltungspotenziale bei den<br />
Schlüsselzuweisungen des Landes<br />
Schlüsselzuweisungen bilden ergänzende, nicht originäre Einnahmen aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs<br />
des Landes. Die Schlüsselzuweisungen haben keine Zweckbindung und machen den Hauptanteil an den<br />
Landeszuweisungen aus.<br />
Die finanzpolitischen Ziele des Kommunalen Finanzausgleichs sind:<br />
1. vertikaler Ausgleich zwischen Land und Kommunen (infolge des Verfassungskonstrukts, wonach die Kommunen<br />
verfassungsrechtlich den Ländern zugeordnet sind)<br />
2. horizontaler Ausgleich zwischen den Kommunen, um so Steuerkraftunterschiede zu nivellieren (und um so<br />
in der Folge den Verfassungsgrundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse zu sichern)<br />
3. raumordnerische und landesplanerische Steuerungswirkung (im Regelfall auf Grundlage der Zentrale-Orte-<br />
Konzepte).<br />
Die Höhe der Schlüsselzuweisungen ist steuerkraftabhängig. Die überproportionale Steuerkraft der Stadt hat<br />
geringere Schlüsselzuweisungen zur Folge.<br />
Während im bundesweiten Vergleich die kreisfreien Städte im Zeitraum 2006 bis 2009 jährlich 339 EUR pro<br />
Einwohner Schlüsselzuweisungen erhielten, waren es in <strong>Düsseldorf</strong> nur 319 EUR pro Einwohner (nur rund 94<br />
Prozent des bundesweiten Durchschnitts der kreisfreien Städte).<br />
(Quelle: Bertelsmann Stiftung in „der gemeindehaushalt“ 11/12, S 246, Prof. Hardes „Analyse zur Finanzsituation<br />
ausgewählter Städte. Teil 1: Die Einnahmeseite“)<br />
Die Ursache für diese unterdurchschnittliche Höhe der Schlüsselzuweisungen liegt in der überproportionalen<br />
Steuerkraft der Stadt <strong>Düsseldorf</strong>.<br />
Bei den Schlüsselzuweisungen verfügt die Stadt über keine unmittelbaren Steuerungsmöglichkeiten. Die<br />
Schlüsselzuweisungen sind in der Hauptsache einwohner- und steuerkraftabhängig.<br />
Die Einwohnerzahl kann nur mittel- und langfristig durch eine gezielte Stadtpolitik beeinflusst werden. Dem<br />
neoliberalen Stadtkonzept der extensiven Stadtentwicklung zur Erhöhung der Einwohnerzahl (Neuausweisung<br />
von Bauland), muss die LINKE das Konzept „Eine Stadt für Menschen“ entgegenstellen. Dieses Konzept beinhaltet<br />
u.a. die Ausrichtung der Stadtpolitik auf Familien und Kinder.<br />
Die Schlüsselzuweisungen sind umso höher, je geringer die städtische Steuerkraft ist. <strong>Düsseldorf</strong> hat eine<br />
überdurchschnittliche Steuerkraft. Dies führt in der Folge zu geringeren Schlüsselzuweisungen. Da die Schlüsselzuweisungen<br />
jedoch nur anteilig die Steuerschwäche kompensiert, ist ein hohe eigene Steuerkraft immer<br />
positiv zu bewerten, selbst wenn dadurch die Einnahmen aus den Schlüsselzuweisungen geringer ausfallen.<br />
11.2. - Kommunale Gestaltungspotenziale bei den<br />
besonderen Zuweisungen des Landes<br />
Die Zuweisungen des Landes an die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> entsprechen nur 7,2 Prozent der Gesamteinnahmen<br />
(2013). Auch in den Folgejahren verändert sich dieser Anteil kaum (die erhöhten Erstattungen im Bereich des<br />
SGB XII sind hierbei noch nicht berücksichtigt, der Bund erstattet hier ab 2014 die Kosten zu 100 Prozent, 2013<br />
betrug diese Erstattung nur 75 Prozent). Diese geringe Zuweisungsquote ist unmittelbare Folge der städtischen<br />
Steuerkraft.<br />
2013 plant die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> mit Zuweisungen und Zuschüssen für laufenden Zwecke in Höhe von 187,1<br />
Millionen EUR.<br />
Die Zuschüsse für die laufenden Zwecke steigen im Vergleich zu 2012. Gründe sind:<br />
• höhere Aufwendungserstattungen für Leistungen im Rahmen der Grundsicherung (SGB XII) in Höhe von<br />
27,8 Millionen EUR und<br />
• höhere Landeszuweisungen für Kitas und Familienzentren (+ 11,5 Millionen EUR).<br />
Auch bei den besonderen Finanzzuweisungen des Landes hat die Stadt kaum eigene Gestaltungsmöglichkeiten.<br />
Diese Zuweisungen sind meist fallorientiert, decken aber nicht die Gesamtaufwendungen. D. h., bei jedem Fall<br />
muss die Gemeinde Eigenmittel aufbringen. Steigende Fallzahlen erhöhen zwar die Landeszuweisungen, aber<br />
zeitgleich auch die Eigenmittel der Gemeinde.<br />
41
12. - Maßnahmen/Projekte Demokratisierung/Steuerung<br />
des laufenden Haushaltsvollzugs<br />
Die Kommunalverfassung regelt nur das demokratische Verfahren zur Aufstellung und Beschlussfassung des<br />
städtischen Haushaltes.<br />
Ein gesetzlich normiertes Verfahren zur Demokratisierung/Steuerung des Haushaltsvollzuges gibt es nicht.<br />
Für den Haushaltsvollzug ist ausschließlich die Verwaltung zuständig.<br />
Erst über die Jahresrechnung (vier Monate nach Abschluss des Haushaltsjahres) bekommt der Stadtrat Informationen<br />
<strong>zum</strong> Haushaltsvollzug.<br />
Der Stadtrat kann aber im Rahmen seiner Finanz- und Organisationshoheit Regelungen treffen, nach denen der<br />
Stadtrat (Ausschüsse) auch den laufenden Haushaltsvollzug demokratisch steuern und kontrollieren kann.<br />
So ist es kommunalrechtlich möglich, dass die Verwaltung periodisch (quartalsweise) über den Haushaltsvollzug<br />
öffentlich informiert.<br />
Auf Grundlage dieser Informationen kann der Rat „nachsteuern“.<br />
13. - Einführung/Weiterentwicklung des Projektes „Bürgerhaushalt“<br />
Der Bürgerhaushalt, auch partizipativer Haushalt oder Beteiligungshaushalt genannt, ist eine in den 1980er<br />
Jahren entwickelte, direkte Art von (kommunaler) Bürgerbeteiligung. Die Verwaltung einer Stadt, einer Gemeinde<br />
oder einer anderen Verwaltungseinheit strebt dabei mehr Haushaltstransparenz an und lässt die Bürgerinnen<br />
und Bürger mindestens über Teile der steuerbaren (frei verwendbaren) Haushaltsmittel mitbestimmen<br />
und entscheiden. Über die Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel verständigen sich die Bürgerinnen<br />
und Bürger dabei in einem deliberativen (von Regularien weitgehend befreiten) Prozess selbstständig, den die<br />
Verwaltung vorwiegend moderierend und beratend begleitet.<br />
Der erste Bürgerhaushalt (Orçamento participativo) wurde 1989 in Porto Alegre (Brasilien) durchgeführt. Inzwischen<br />
wurde die Idee von dort in viele Teile der Welt „exportiert“, u. a. im Rahmen der Lokalen Agenda 21 gab<br />
es Initiativen in diese Richtung.<br />
(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Bürgerhaushalt)<br />
Mit dem Beteiligungs-/Bürgerhaushaushalt sollten mehrere Ziele erreicht werden:<br />
• direkte Demokratie ermöglichen,<br />
• stärkere Beteiligung der Bevölkerung an kommunalen Entscheidungsprozessen (Partizipatorische Demokratie,<br />
Bürgerbeteiligung),<br />
• „Entmachtung“ von Politik,<br />
• Reduzierung vermuteter Mittelverschwendung,<br />
• Durchsetzung von Politik für sozial Benachteiligte und weniger gut vernetzte (organisierte) Bürgerinnen und<br />
Bürger,<br />
• Verlagerung von Entscheidungen auf die Ebene der Betroffenen.<br />
Die kommunale Praxis belegt, dass unter der Bezeichnung „Bürgerhaushalt“ recht unterschiedliche Verfahren<br />
zu finden sind (schriftliche Befragungen, Verteilung von Haushaltsbroschüren, Abhalten von Informationsveranstaltungen,<br />
Bereitstellung von Quartiersfonds etc.), die wenig miteinander gemeinsam haben.<br />
Um überhaupt eine minimale Vergleichbarkeit zu erreichen, wurden vom Forschungsprojekt „Europäische<br />
Bürgerhaushalte“ für die Bürgerhaushalte fünf Kriterien erarbeitet, die in der wissenschaftlichen Literatur aufgegriffen<br />
und auch von immer mehr Kommunen als Grundlage herangezogen werden.<br />
Demnach wird ein Bürgerhaushalt wie folgt definiert:<br />
„Im Bürgerhaushalt nehmen Bürger ohne politisches Mandat an der Erstellung und/oder Umsetzung öffentlicher<br />
Finanzen teil. Fünf weitere Kriterien müssen in Europa zu dieser Definition hinzugefügt werden, um den<br />
Bürgerhaushalt von anderen Beteiligungsverfahren zu unterscheiden:<br />
42<br />
1. Im Zentrum des Verfahrens stehen finanzielle Aspekte, genauer gesagt die Diskussion um begrenzte Ressourcen.<br />
2. Die Beteiligung findet auf der Ebene der Gesamtstadt oder einem Bezirk mit eigenen politisch-administrativen<br />
Kompetenzen statt (die Quartiersebene allein reicht nicht).<br />
3. Es handelt sich um einen in der Dauer angelegten Prozess (eine Veranstaltung, oder ein Referendum über<br />
Finanzfragen sind kein Bürgerhaushalt).<br />
4. Die Beratung/Entscheidung der Bürger beruht auf einem nahezu von Regularien befreiten Diskussionsprozess<br />
(Deliberation) im Rahmen besonderer Treffen/Foren (die Öffnung bestehender Verfahren der repräsentativen<br />
Demokratie gegenüber „normalen“ Bürgern ist kein Bürgerhaushalt)<br />
5. Die Organisatoren müssen über die Ergebnisse der Diskussion Rechenschaft ablegen.“
(vgl. auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Bürgerhaushalt)<br />
In Deutschland haben im Rahmen des Netzwerks Kommunen der Zukunft 1998 die Städte Monheim am Rhein<br />
und Blumberg ein bürgerorientiertes Haushaltsaufstellungsverfahren vor Ratsbeschluss getestet und dies mit<br />
tendenziell positiven Ergebnissen.<br />
Von November 2000 bis Mai 2004 führten die Bertelsmann-Stiftung und das Innenministerium Nordrhein-Westfalen<br />
ein gemeinsames Projekt „Kommunaler Beteiligungshaushalt“ durch (vgl. http://www.buergerhaushalt.<br />
org/).<br />
Erlangen, Hamm, Castrop-Rauxel, Vlotho, Emsdetten, Hilden, Monheim arbeiten inzwischen mit Elementen des<br />
Verfahrens, wie es in Porto Alegre erprobt wurde.<br />
In Deutschland diskutieren insbesondere die Grünen und DIE LINKE den Beteiligungshaushalt sowie andere<br />
Formen der direkten Demokratie in ihren kommunalpolitischen Papieren.<br />
Im Berliner Bezirk Lichtenberg (260 Tsd. EW.) startete im Jahr 2005 der erste Bürgerhaushalt in einer deutschen<br />
Großstadt. Auch die Großstädte Hamburg und Freiburg im Breisgau führten Bürgerhaushalte durch. In<br />
Potsdam wird der Bürgerhaushalt seit 2006 mit Bürgern beraten und teilweise formuliert.<br />
Am Projekt „Bürgerhaushalt“ gibt es auch berechtigte Kritiken. Hier beispielhaft ist auf einen Artikel von Rainer<br />
Hein in der FAZ vom 14. März 2013 zu verweisen:<br />
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/diskussion-ueber-buergerhaushalte-mehr-transparenz-kann-man-sichabschminken-12115261.html<br />
Zu empfehlen ist zudem ein weiterer Beitrag in der FAZ vom 14. Januar 2013:<br />
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/staedte-und-gemeindebund-buergerhaushalt-braucht-zeit-12024678.<br />
html<br />
Hier eine Auswahl der Kommunen, die Erfahrungen mit dem Bürgerhaushalt haben:<br />
• Aachen,<br />
• Bergheim,<br />
• Berlin-Lichtenberg, seit 2005,<br />
• Bischofsheim (Mainspitze),<br />
• Bonn,<br />
• Chemnitz,<br />
• Cottbus,<br />
• Emsdetten,<br />
• Erfurt,<br />
• Essen,<br />
• Freiburg im Breisgau,<br />
• Gera,<br />
• Groß-Umstadt,<br />
• Hamburg,<br />
• Hilden,<br />
• Ilmenau, seit 2012,<br />
• Jena,<br />
• Köln,<br />
• Leipzig,<br />
• Lüdenscheid, seit 2010,<br />
• Landkreis Mansfeld-Südharz,<br />
• Münster, seit 2011,<br />
• Nauheim,<br />
• Potsdam, seit 2006,<br />
• Rheinstetten,<br />
• Solingen,<br />
• Stuttgart, seit 2011,<br />
• Trier,<br />
• Landkreis Waldeck-Frankenberg,<br />
• Wildeshausen,<br />
• Worms,<br />
Literaturempfehlungen:<br />
Petra Brangsch, Lutz Brangsch: Haushalt, Haushaltspolitik und Demokratie. Dietz, Berlin 2005, ISBN 978-<br />
3320029593.<br />
Yves Sintomer, Carsten Herzberg, Anja Röcke: Der Bürgerhaushalt in Europa: eine realistische Utopie. VS Verlag,<br />
Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17083-1.<br />
Jochen Franzke, Heinz Kleger: Bürgerhaushalte. Chancen und Grenzen. edition sigma, Berlin 2010, ISBN 978-3-<br />
8360-7236-6.<br />
43
Volker Vorwerk, Toni Loosen-Bach, 2010: Bürgerhaushalte in Deutschland und das Beispiel Trier. Eine neue<br />
Institution erobert die Rathäuser, in: Alternative Kommunalpolitik 1/2010: 41-43<br />
Empfehlung:<br />
Das Projekt „Bürgerhaushalt“ in seiner „Reinform“ sollte gegenwärtig nicht umgesetzt werden. Der bürokratische<br />
und institutionelle Aufwand ist zu hoch, <strong>zum</strong>indest gemessen an den Effekten.<br />
Vielmehr ist die Anwendung einzelner Elemente des Projektes „Bürgerhaushalt“ zu empfehlen.<br />
Diese Elemente sollten sein:<br />
1. Periodische öffentliche Informationen über den laufenden Haushaltsvollzug (einschließlich der eingetretenen<br />
Veränderungen).<br />
2. Öffentliche Debatte über die Schwerpunkte des kommenden Haushaltes, bereits vor der Übergabe des<br />
Haushaltsentwurfs an den Rat. Bereits in dieser Phase können Bürgerinnen und Bürger Anregungen <strong>zum</strong><br />
künftigen Haushalt geben. Der Rat muss dabei ein Verfahren zur Abwägung dieser Anregungen bestimmen.<br />
Zu empfehlen ist dabei ein Verfahren in Anlehnung an Paragraph 3 Baugesetzbuch (BauGB). Hier ist das<br />
Verfahren der frühzeitigen Bürgerbeteiligung geregelt.<br />
3. Öffentliche Diskussion über die Ergebnisse der örtlichen und überörtlichen Rechnungsprüfung, einschließlich<br />
der Maßnahmen (Konsequenzen) infolge der Prüfungsfeststellungen.<br />
14. - Entwicklung von Fraktionspositionen<br />
zur Personalpolitik/Personalkosten<br />
Die Personal- und Versorgungsaufwendungen für 2014 sind mit 535,2 Millionen EUR geplant. Pro Personalsollstelle<br />
ist dies ein Betrag von 55.205 EUR.<br />
Die Personalkosten machen einen Anteil von 19,9 Prozent der Gesamtaufwendungen aus. Dies entspricht<br />
einem im bundesweiten Vergleich üblichen Personalkostenkorridor.<br />
Die Personalkosten von Städten sind nur bedingt vergleichbar, da der Grad der Aufgabenwahrnehmung durch<br />
Dritte (insbesondere freie Träger) unterschiedlich ausgeprägt ist. Werden kommunale Aufgaben durch Dritte<br />
(freie Träger) wahrgenommen, „wandeln“ sich die Personalkosten in Sachkosten.<br />
Der Stellenplan 2014 der Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> weist insgesamt 9.694,64 Stellen aus (davon 2.899,61<br />
Beamte).<br />
Die Gesamtanzahl der Stellen ist zu 2013 unverändert.<br />
Tatsächlich besetzt waren <strong>zum</strong> 30. Juni 2013 jedoch nur 8.650,11 Stellen (davon 2.586,11 Beamtenstellen). D. h.<br />
1.044,53 Stellen (10,77 Prozent) waren <strong>zum</strong> 30. Juni 2013 unbesetzt.<br />
Zu prüfen wäre hier eine Darstellung einer Personalkostenbewirtschaftungsreserve.<br />
Grundsätzlich sind die Personal- und Versorgungsaufwendungen nach dem Sollstellenprinzip zu bemessen.<br />
Unterstellt, dies ist erfolgt, beträgt die Personalkostenbewirtschaftungsreserve in <strong>Düsseldorf</strong> derzeit rund 57,6<br />
Millionen EUR.<br />
Weicht die Verwaltung von der Sollkostenplanung ab, wäre dies ein Verstoß gegen die Haushaltsgrundsätze der<br />
Wahrheit und Klarheit. In der Folge würde sich allerdings die Personalkostenbewirtschaftungsreserve anders<br />
(geringer) darstellen.<br />
Über die Personalkosten kann nur im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung (Aufgabenkritik) sachbezogen<br />
diskutiert werden.<br />
15. - Positionen zur Kreditfinanzierung von Investitionen und <strong>zum</strong><br />
Projekt „schuldenfreier Haushalt“ bzw. „Schuldenbremse“<br />
Die Verwaltung stellt die These auf, dass die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> bereits seit Jahren schuldenfrei sei. Am Status<br />
der Schuldenfreiheit soll auch festgehalten werden.<br />
Tatsächlich ist aber die Stadt nicht schuldenfrei, sondern hat in der Summe Verbindlichkeiten in Höhe von<br />
605.925.000,00 EUR.<br />
Auf langfristige Investitionskredite entfallen dabei rund 44,5 Millionen EUR.<br />
Die Höhe der Kassenkredite wird mit 199 Millionen EUR angegeben.<br />
44
Erheblich sind aber auch die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (58,8 Millionen EUR), sonstige<br />
Verbindlichkeiten (55,6 Millionen EUR) und erhaltene Anzahlungen (228 Millionen EUR).<br />
Zu beachten sind zudem 104 Millionen EUR aus Haftungsverhältnissen (Bürgschaften, Bestellung von Sicherheiten<br />
für Dritte). Dies sind sogenannte Eventualverbindlichkeiten und werden bei der Bewertung der dauernden<br />
Leistungsfähigkeit berücksichtigt.<br />
Eine Besonderheit in der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> besteht durch die interne Kreditgewährung im Rahmen des Stadtkonzerns.<br />
Die Stadt kann Fremdkapitalbedarfe (Kredite) über die Holding finanzieren. Bis 2013 sind hier rund<br />
281 Millionen EUR aufgelaufen.<br />
Diese interne Kreditsumme steigt bis 2015 auf rund 345 Millionen EUR. Ab 2016 soll eine Rückführung der<br />
Mittel an die Holding erfolgen.<br />
Schuldenfreiheit ist aus linker Sicht kein Wert an sich.<br />
Die Verschuldung ist kein geeignetes Kriterium zur Bewertung der Leistungsfähigkeit.<br />
Das Problem ist nicht die Finanzierung von Vorhaben durch Kredite an sich. Im Kern geht es immer um Leistungsfähigkeit.<br />
Im Bereich der Wirtschaft und im Privatbereich wird ein hoher Anteil von Investitionen über<br />
Kredite finanziert, ohne dass dies auf Kritik stößt.<br />
Im öffentlichen Bereich muss bei Krediten <strong>zum</strong>indest zwischen rentierlichen und nicht rentierlichen Kreditfinanzierungen<br />
(Investitionen) unterschieden werden.<br />
Aus linker Sicht ist die Kreditfinanzierung bestimmter Infrastrukturmaßnahmen sogar bewusst anzustreben.<br />
Dies ist insbesondere dort der Fall, wo eine langfristige Nutzung vorgesehen ist.<br />
Dies ist beispielsweise bei Verkehrsanlagen der Fall.<br />
Bei einer kreditfreien Finanzierung von Verkehrsanlagen sind die künftigen Nutzer der Anlagen (über den Gesamtzeitraum<br />
der Nutzung – normative Nutzungsdauer) an der Refinanzierung nicht beteiligt.<br />
Wird die Investition jedoch kreditfinanziert, ist eine Kostenbeteiligung aller Nutzer über die fortlaufende Kapitalisierung<br />
(Tilgung + Zinsen) über den Gesamtzeitraum der Nutzung gesichert.<br />
Auch das Zinsargument bei der Kreditfinanzierung ist kaum überzeugend.<br />
Die kommunalen Zinsaufwendungen liegen bei langfristigen Investitionskrediten bei maximal zwei Prozentpunkten<br />
höher im Vergleich zur Eigenkaptalverzinsung.<br />
Unter Berücksichtigung der jährlichen Inflationsrate von durchschnittlich 2 Prozent ist eine Kreditfinanzierung<br />
letztlich kaum teuer als die Finanzierung durch städtische Eigenmittel unmittelbar aus dem Haushalt.<br />
16. - Positionsentwicklung zu den so genannten alternativen<br />
Finanzierungskonzepten (u. a. Öffentlich-Private-Partnerschaften/<br />
PPP, Öffentlich-Öffentliche-Partnerschaften/ÖÖP)<br />
Es gibt eine Vielzahl verschiedener PPP-Modelle. Nachfolgend werden nur einige Modelle dokumentiert:<br />
PPP-Erwerbermodell:<br />
Leistung: Beim PPP-Erwerbermodell übernimmt der private Auftragnehmer Planung, Bau (Errichtung und/oder<br />
Sanierung), Finanzierung und Betrieb einer Immobilie zur Nutzung durch den öffentlichen Auftraggeber.<br />
Eigentum: Das Grundstück und die errichteten Gebäude liegen während der gesamten Vertragslaufzeit im zivilrechtlichen<br />
Eigentum des privaten Auftragnehmers. Sie werden dem öffentlichen Auftragnehmer zur Nutzung<br />
überlassen, der damit die tatsächliche Herrschaft über die Gebäude und somit auch deren wirtschaftliches<br />
Eigentum innehat. Am Ende der Vertragslaufzeit wird auch das zivilrechtliche Eigentum an Grundstück und<br />
Gebäude an den öffentlichen Auftraggeber übertragen.<br />
Entgelt: Auch beim PPP-Erwerbermodell erhält der private Auftragnehmer ein monatliches Leistungsentgelt<br />
durch das sämtliche Investitions- und Betriebskosten sowie das Risiko und der Gewinn abgedeckt werden.<br />
PPP-Inhabermodell<br />
Leistung: Im Rahmen des PPP-Inhabermodells übernimmt der private Auftragnehmer Planung, Bau (Errichtung<br />
und/oder Sanierung), Finanzierung und Betrieb einer Immobilie zur Nutzung durch den öffentlichen Auftraggeber.<br />
Eigentum: Das Grundstück, und bei Sanierungsprojekten auch die bestehenden Gebäude, befinden sich im Eigentum<br />
des öffentlichen Auftraggebers. Bei Neubauprojekten gehen die Gebäude mit der Erstellung sukzessive<br />
in das Eigentum des öffentlichen Auftraggebers über. Dieser ist also spätestens mit Abnahme der Bauleistung<br />
zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Immobilie. Dem privaten Auftragnehmer wird ein umfassendes<br />
Nutzungs- und Besitzrecht an Grundstück und Gebäude eingeräumt. Dies kann über ein Nießbrauchrecht<br />
oder eine schuldrechtliche Vereinbarung in Form eines Gestattungsvertrages ohne dinglichen Rechtscharakter<br />
erfolgen.<br />
45
Entgelt: Zur Refinanzierung der Investitions- und Betriebskosten, des Risikos und Gewinns erhält der private<br />
Auftragnehmer mit Abnahme der Bauleistung ein monatliches Leistungsentgelt.<br />
PPP-FM-Leasingmodell<br />
Leistung: Beim PPP-FM-Leasingmodell übernimmt der private Auftragnehmer Planung, Bau (Errichtung und/<br />
oder Sanierung), Finanzierung und Betrieb der Gebäude zur Nutzung durch den öffentlichen Auftraggeber sowie<br />
ggf. die Verwertung.<br />
Eigentum: Der private Auftragnehmer überlässt dem öffentlichen Auftraggeber Grundstück und Gebäude, die<br />
sich in seinem wirtschaftlichen und zivilrechtlichen Eigentum befinden, zur Nutzung über die gesamte Vertragslaufzeit.<br />
Es besteht keine Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums am Ende der Vertragslaufzeit. Der<br />
öffentliche Auftraggeber hat vielmehr ein Optionsrecht, Grundstück und Gebäude zu einem bei Vertragsschluss<br />
fest kalkulierten Restwert zu erwerben. Bei Ausübung der Kaufoption geht am Ende der Vertragslaufzeit das<br />
wirtschaftliche und zivilrechtliche Eigentum auf den öffentlichen Auftraggeber über.<br />
Entgelt: Zur Refinanzierung zahlt der öffentliche Auftraggeber ein monatliches Leistungsentgelt als „Leasingraten“<br />
an den privaten Auftragnehmer, die die Teilamortisation der Investitionskosten, den Betrieb sowie Risikoaufschläge<br />
und Gewinn des privaten Auftragnehmers abdecken. Der Restwert, zu dem der öffentliche Auftraggeber<br />
das Eigentum am Ende der Vertragslaufzeit erwerben kann, bildet die Differenz zur Vollamortisation der<br />
Investition ab.<br />
PPP-Vermietungsmodell<br />
Leistung: Der private Auftragnehmer übernimmt auch beim PPP-Vermietungsmodell Planung, Bau (Errichtung<br />
und/oder Sanierung), Finanzierung und Betrieb der Gebäude zur Nutzung durch den öffentlichen Auftraggeber<br />
sowie ggf. die Verwertung.<br />
Eigentum: Der private Auftragnehmer überlässt dem öffentlichen Auftraggeber Grundstück und Gebäude, die<br />
sich in seinem wirtschaftlichen und zivilrechtlichen Eigentum befinden, zur Nutzung über die gesamte Vertragslaufzeit.<br />
Auch hier besteht am Ende der Vertragslaufzeit keine Verpflichtung zur Eigentumsübertragung an den<br />
öffentlichen Auftraggeber, ihm kann jedoch eine Kaufoption eingeräumt werden. Der Kaufpreis bemisst sich<br />
jedoch am zu ermittelnden Verkehrswert <strong>zum</strong> Zeitpunkt des Vertragsendes. Bei Ausübung der Kaufoption geht<br />
das wirtschaftliche und zivilrechtliche Eigentum an Grundstück und Gebäude auf den öffentlichen Aufraggeber<br />
über.<br />
Entgelt: Der öffentliche Auftraggeber zahlt ein monatliches Leistungsentgelt an den privaten Auftragnehmer.<br />
Dies bemisst sich jedoch nicht an der Investition, sondern an der marktüblichen Miete und der Vergütung für<br />
erbrachte Betriebsleistungen. Bei Ausübung der Kaufoption durch den öffentlichen Auftraggeber wird der Verkehrswert<br />
der Immobilie an den privaten Auftragnehmer gezahlt.<br />
PPP-Konzessionsmodell<br />
Leistung: Beim PPP-Konzessionsmodell verpflichtet sich der private Auftragnehmer gegenüber dem öffentlichen<br />
Auftraggeber, eine bestimmte Leistung - Planung, Bau (Errichtung und/oder Sanierung), Finanzierung und<br />
Betrieb der Gebäude - auf eigenes wirtschaftliches Risiko unmittelbar an den Bürger zu erbringen.<br />
Eigentum: Das PPP-Konzessionsmodell im öffentlichen Hochbau kann mit allen oben beschriebenen Vertragsmodellen<br />
kombiniert werden.<br />
Entgelt: Im Gegenzug zur Leistungspflicht erhält der private Auftragnehmer vom öffentlichen Auftraggeber das<br />
Recht eingeräumt, seine Investitions- und Betriebskosten sowie das Risiko und den Gewinn über privatrechtliche<br />
Entgelte oder öffentlich-rechtliche Gebühren von den Nutzern zu refinanzieren. Dabei gibt es zwei Ausgestaltungsmöglichkeiten;<br />
entweder steht der privaten Auftragnehmer in vertraglicher Beziehung zu den Nutzern<br />
und erhebt von diesen Entgelt oder Gebühr, oder der öffentliche Auftraggeber erhebt die Gebühren selbst und<br />
leitet sie dann an den private Auftragnehmer weiter. Zusätzlich können Zahlungen durch den öffentlichen Auftraggeber,<br />
wie z.B. eine Anschubfinanzierung oder Zuschüsse <strong>zum</strong> laufenden Betrieb, erfolgen.<br />
PPP-Contractingmodell<br />
Leistung: Beim PPP-Contractingmodell übernimmt der private Auftragnehmer den Einbau bzw. die Optimierung<br />
von bestimmten technischen Anlagen oder Anlagenteilen in einem Gebäude des öffentlichen Auftraggebers.<br />
Eigentum: Mit dem Einbau der Gebäudetechnik geht diese direkt in das Eigentum des öffentlichen Auftraggebers<br />
über. Dem privaten Auftragnehmer wird ein Nutzungsrecht an den Anlagen eingeräumt. Hinsichtlich der<br />
Eigentumsverhältnisse beruht das PPP-Contractingmodell i.d.R. auf dem PPP-Inhabermodell.<br />
Entgelt: Das Leistungsentgelt orientiert sich im Gegensatz zu den anderen Vertragsmodellen nicht an den<br />
Investitionskosten, sondern an den bisherigen Energiekosten des öffentlichen Auftraggebers. Damit muss der<br />
private Auftragnehmer sämtliche Kosten sowie Risikoaufschläge und Gewinnmarge abdecken. Aus diesem<br />
Grund besteht ein erheblicher Anreiz für den privaten Auftragnehmer, durch Optimierung der Anlagen Energiekosten<br />
zu senken.<br />
46<br />
PPP-Gesellschaftsmodell<br />
Das PPP-Gesellschaftsmodell ist eine Form der Ausgestaltung der beschriebenen Vertragsmodelle. Im Rahmen<br />
dieses Modells übernimmt ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen als Auftragnehmer Planung, Bau,
Finanzierung und Betrieb des Projektgegenstandes für eine bestimmte Vertragsdauer. Die Besonderheit des<br />
PPP-Gesellschaftsmodells besteht darin, dass der öffentliche Auftraggeber die Rolle eines Mitgesellschafters<br />
übernimmt. Die Eigentumsverhältnisse, die Vergütung (Leistungsentgelt) sowie die Risikoverteilung entsprechen<br />
dem gewählten Vertragsmodell.<br />
Gesellschaftspolitische Bewertung der PPP-Modelle<br />
PPP-Modelle sind Ausdruck und Folge der kommunalen Finanzkrise, die sich nicht erst im Rahmen der aktuellen<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise offenbart, sondern vielmehr bereits seit rund 25 Jahren ihre Auswirkungen<br />
„entfaltet“.<br />
PPP-Modelle sind jedoch auch Bestandteil eines neoliberalen Wirtschaftsverständnisses, wonach marktwirtschaftliche<br />
Regularien auch das kommunale und öffentliche Handeln bestimmen sollen und der Staat sich auf<br />
die Wahrnehmung sogenannter „Kernaufgaben“ beschränken soll.<br />
Der kommunale Investitionsbedarf beträgt nach Untersuchungen des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIfU)<br />
jährlich rund 47 Mrd. Euro (Ersatzinvestition <strong>zum</strong> Erhalt der kommunalen Infrastruktur + Investitionen zur<br />
Schließung noch vorhandener Infrastrukturlücken).<br />
Gegenwärtig investieren die Kommunen jährlich rund 20 Mrd. Euro, davon rund 16 Mio. Euro Bauinvestitionen.<br />
Hier wird sichtbar, dass es einen erheblichen „freien“ Investitionsbedarf gibt.<br />
Aufgrund der angespannten Finanzsituation der Kommunen versuchen diese, über sogenannte alternative<br />
Finanzierungsmodelle wie PPP diesen „freien“ Investitionsbedarf abzudecken. Die Finanzwirtschaft sieht in den<br />
PPP-Modellen eine äußerst lukrative Finanzanlageform für private Investoren.<br />
Im Zusammenhang mit der Kritik an PPP muss eine Diskussion zu Alternativen für die Kommunen geführt<br />
werden.<br />
Hierzu sollen nachfolgend einige Anregungen und Überlegungen zur Diskussion gestellt werden.<br />
16.1. - Grundsätzliche Anmerkungen<br />
1. Reform der Finanzverfassung<br />
Erhöhung der kommunalen Steuerquote von gegenwärtig rund 13 Prozent auf 20 Pronzent.<br />
Die kommunalen Steuereinnahmen würden sich dadurch um rund 45 Mrd. Euro erhöhen.<br />
Die kommunalen Steuereinnahmen sind insbesondere durch eine Reform der Gewerbesteuer von ihrer Konjunkturanfälligkeit<br />
zu befreien.<br />
2. Reform der kommunalen Finanzausgleichssysteme der Länder<br />
Da die Kommunen verfassungsrechtlich Bestandteil der Länder sind, sind diese verpflichtet, für eine angemessene<br />
Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen. Das Thüringer Verfassungsgericht hat in seiner Entscheidung<br />
vom Mai 2005 entschieden, dass eine angemessene Finanzausstattung eine freie Finanzspitze für die<br />
Wahrnehmung sogenannter freiwilliger Aufgaben von 5 - 10 % der Verwaltungsausgaben einschließt.<br />
3. Bildung eines kommunalen Schuldenfonds bei den Ländern<br />
Die kommunalen Schulden sind dabei bei den Ländern in einem Sondervermögen zusammenzufassen. Dabei<br />
ist zu klären, wie die Finanzierung dieses Sondervermögens (Tilgung + Zinszahlung) erfolgt. Möglich wäre ein<br />
Schuldenmoratorium (Zins- und Teiltilgungserlass). Denkbar ist auch die Finanzierung über die kommunalen<br />
Finanzausgleichssysteme (Entnahme aus der Finanzausgleichsmasse). Die Kommunen würden in diesen Fällen<br />
von den Tilgungs- und Zinszahlungen befreit (Entlastungseffekt …).<br />
16.2. - Kommunale Handlungsoptionen<br />
4. ÖÖP-Modelle (Öffentliche-Öffentliche Partnerschaften)<br />
Anwendung der PPP-Mechanismen unter Einbeziehung öffentlicher Partner (Landesbanken, Landesförderbanken,<br />
Sparkassen)<br />
5. Eigenbetriebsmodell<br />
Realisierung von kommunalen Investitionen in der Form kommunaler Eigenbetriebe<br />
Eigenbetriebe sind Sondervermögen der Kommunen und unterliegen der demokratischen Kontrolle und Steuerung<br />
durch die gewählten Gremien. Als Sondervermögen können Eigenbetriebe eigenständig und unabhängig<br />
von der Kommune Kredite für die Zwischenfinanzierung von Investitionen aufnehmen.<br />
Aufwendungen, die der Eigenbetrieb nicht durch die eigene Geschäftstätigkeit erwirtschaftet, muss die Kom-<br />
47
mune innerhalb von fünf Jahren ausgleichen. Bei Investitionen würde somit der kommunale Haushalt jährlich<br />
maximal mit den Kapitaldienstkosten für die Investitionen belastet. Das Jährlichkeitsprinzip wird durchbrochen.<br />
6. Eigengesellschaftsmodell<br />
Kommunale Investitionen können auch durch kommunale Eigengesellschaften realisiert werden. Hier kommt<br />
es jedoch <strong>zum</strong> Spannungsverhältnis zwischen öffentlichem- und Gesellschaftsrecht. Im Regelfall wird dem<br />
Gesellschaftsrecht ein Vorrang eingeräumt. In dem Zusammenhang kann es zu Problemen hinsichtlich der<br />
demokratischen Steuerung und Kontrolle kommen. Dies kann durch einen sogenannten beherrschenden Gesellschaftervertrag<br />
nivelliert werden. Beim beherrschenden Gesellschaftervertrag ist geregelt, dass wesentliche<br />
Entscheidungen der Gesellschaftsorgane der Zustimmung der Beschlussorgane der Kommune bedürfen. Bei<br />
der Eigengesellschaft kommen sogenannte Steuersparmodelle zur Anwendung (Reduzierung der Körperschaftsund<br />
Kapitalertragssteuerpflicht). Zudem kann die Wirkung des steuerlichen Querverbundes zwischen eigenwirtschaftlichen<br />
und gemeinwirtschaftlichen Bereichen einer Gesellschaft zur Entfaltung kommen. Hier gibt es<br />
vereinzelt Probleme der verdeckten Gewinnausschüttung.<br />
6a. Holdingmodell<br />
Durch die Ausgründung von Tochtergesellschaften kann eine Trennung von Vermögen und Betreibung erfolgen.<br />
Über den steuerlichen Querverbund können finanzielle Vorteile erzielt werden.<br />
Besonderheit: Konzessionsverträge ÖPNV<br />
Hier darf die Haltergesellschaft an den Betreibergesellschaften nur einen Gesellschaftsanteil von max. 33 %<br />
haben. Anderenfalls würde die Holding steuerlich als Einheit betrachtet werden.<br />
7. Bürgschaftsmodell<br />
Beim Bürgschaftsmodell realisieren Dritte (Eigenbetrieb, Eigengesellschaft, Unternehmen mit kommunaler<br />
Beteiligung, Anstalt des öffentlichen Rechts, freier Träger, Privater) Investitionen der kommunalen Infrastruktur.<br />
Durch die kommunale Verbürgung werden die Kapitaldienstkosten reduziert.<br />
Die Bürgschaften dürfen nur als Ausfallbürgschaften ausgestaltet werden. Die Bürgschaften werden bei der<br />
Bewertung der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune als Eventualverbindlichkeiten mitbewertet.<br />
8. Anleihemodell<br />
Ausreichung von kommunalen Anleihen für die Finanzierung kommunaler Investitionen<br />
Die Kommunen können sich dadurch notwendige Finanzmittel außerhalb des klassischen Finanzmarktes beschaffen.<br />
Es gibt rechtsaufsichtliche Genehmigungsprobleme. Kommunale Unternehmen haben leichteren Zugang zu<br />
Anleihemodellen.<br />
9. Kommunale Schuldverschreibungen<br />
Die Stadt Quickborn hat dieses Modell zur Anwendung gebracht. Bis zu 2 Mio. Euro wollte die Stadt dadurch<br />
einnehmen. Das Land und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin haben zwischenzeitlich<br />
die Weiterführung dieses Modells untersagt, da ein Verstoß gegen das Kreditwesengesetz vorläge. Kommunen<br />
dürfen keine Finanzdienstleistungen anbieten. Ausnahmen bilden die Trägerschaft für Sparkassen.<br />
Für kommunale Unternehmen dürften derartige Schuldverschreibungen leichter realisierbar sein.<br />
10. Inhaberschuldverschreibungen<br />
Wird durch einige Wohnungsgenossenschaften realisiert. Voraussetzung ist, dass die Kreditgeber in einem<br />
Eigentümerverhältnis <strong>zum</strong> Gläubiger stehen. Dies wird bei Genossenschaften bejaht.<br />
Um dieses Modell auf Kommunen anzuwenden, müssten Kommunen ermächtigt werden, kommunale Genossenschaften<br />
oder kommunale Aktiengesellschaften zu bilden.<br />
Die Inhaberschuldverschreibungen sind für Bürger ein interessantes und risikofreies Anlagemodell. Zudem<br />
beeinflusst es das Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger positiv.<br />
11. Genossenschaftsmodell<br />
Über kommunale Genossenschaften können ebenfalls Investitionen realisiert werden. Die Wirkungen der genossenschaftlichen<br />
Demokratie kommen hier zur Anwendung. Gegenwärtig gibt es hier noch kommunalrechtliche<br />
Beschränkungen.<br />
12. Bürgergenossenschaften<br />
Können bei Einzelprojekten wie Bürgerkraftwerk <strong>zum</strong> Einsatz kommen.<br />
13. Sondervermögen<br />
Auslagerung von kommunalen Schulden in ein Sondervermögen<br />
Gefahr: Schattenhaushaltswirtschaft<br />
48
14. Flexibilisierung des Haushaltsrecht<br />
Unterscheidung zwischen rentierlichen und unrentierlichen Investitionen im Zusammenhang mit der Genehmigung<br />
kommunaler Kredite<br />
15. Form der kommunalen Gemeinschaftsarbeit<br />
Insbesondere durch die Übertragung von Aufgaben auf kommunale Zweckverbände können kommunale Investitionen<br />
gemeinsam durch mehrere Kommunen realisiert werden.<br />
16. Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts (Bayern, Thüringen, Hessen u.a. )<br />
Organisationsform für die wirtschaftliche Betätigung, die zwischen dem kommunalen Eigenbetrieb und der<br />
kommunalen Eigengesellschaft angesiedelt ist.<br />
17. In-Haus-Geschäfte<br />
Bei der Vergabe von Aufträgen und Leistungen kann auf eine Ausschreibung verzichtet werden, wenn die Auftragsvergabe<br />
an ein kommunales Unternehmen ohne Beteiligung privater Dritter erfolgt.<br />
18. Darlehensgewährung zwischen Kommunen und kommunalen Unternehmen<br />
Kommunale Unternehmen verfügen über finanzielle Rücklagen, die an die Kommunen als Darlehen ausgereicht<br />
werden könnten. Die Zinsgestaltung ist dabei im Wesentlichen frei.<br />
19. Stärkung der Kommunalwirtschaft durch die Bildung von Fiskalvermögen<br />
Nach § 66 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung können kommunale Unternehmen in Thüringen auch ausschließlich<br />
als Fiskalvermögen ausgestaltet sein. Ziel der unternehmerischen Tätigkeit ist dabei die Erzielung<br />
eines fiskalischen Ertrages für den kommunalen Haushalt. Dieses Modell ist eine geeignete Alternative für kommunale<br />
Unternehmen, bei denen der öffentliche Auftrag entfallen ist und deshalb im Regelfall zu privatisieren<br />
wäre. In anderen Bundesländern gibt es diese Möglichkeit der Bildung des Fiskalvermögens noch nicht.<br />
20. Stiftungsmodell<br />
Durch die Bildung von kommunalen Stiftungen eröffnen sich ebenfalls Möglichkeiten zur Realisierung kommunaler<br />
Investitionen, und zwar unabhängig vom jeweiligen kommunalen Haushalt.<br />
21. Gemeinschaftsunternehmen Land und Kommunen<br />
Zur Realisierung von Investitionen können das Land und Kommunen Gemeinschaftsunternehmen gründen. Dies<br />
stößt auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil die Kommunen verfassungsrechtlich Bestandteil der<br />
Länder sind.<br />
17. - Neue Finanzierungsmodelle für die soziale Infrastruktur bzw.<br />
für die nachhaltige Finanzierung von Kultur-, Sport- und<br />
Freizeiteinrichtungen (u. a. Stiftungsmodell)<br />
17.1. - Das Genossenschaftsmodell<br />
Überführung einer Kultureinrichtung in eine Genossenschaft. Die Genossenschaft wird als Bürgergenossenschaft<br />
ausgestaltet. Unternehmen und juristische Personen können ebenfalls Genossenschaftsanteile erwerben.<br />
Um möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern die Mitarbeit in der Genossenschaft zu ermöglichen, sollte<br />
ein Genossenschaftsanteil den Betrag von 500 EUR nicht überschreiten. Zu prüfen wäre, ob die Anzahl der<br />
Genossenschaftsanteile pro Mitglied begrenzt werden soll (z. B. auf 10 Anteile). Die Einnahmen aus den Genossenschaftsanteilen<br />
stärken das Eigenkapital. Das Genossenschaftsmodell ermöglicht eine weitere Stärkung des<br />
Eigenkapitals über das Modell der Inhaberschuldverschreibungen. Bei diesem Modell gewähren die Genossen<br />
ihrer Genossenschaft einen fest verzinstlichen Kredit für einen vertraglich bestimmten Zeitraum (im Regelfall<br />
zwischen zwei und fünf Jahren). Die Genossenschaft ist selbst wirtschaftlich nicht tätig.<br />
Vielmehr unterhält die Genossenschaft eine Stiftung nach Stiftungsrecht. Die Stiftung wird über eine längere<br />
Zeit (bis <strong>zum</strong> Aufbau eines notwendigen Stiftungskapitals) Zuschüsse benötigen und bewirtschaften. Das Stiftungsmodell<br />
ist insbesondere für leistungsfähige Zustifter als steuerlichen Gründen von Interesse.<br />
Denkbar ist auch, dass bisherige Ausschüttungen an den städtischen aus der wirtschaftlichen Betätigung<br />
(einschließlich der Sparkasse) an die Stiftung gehen. Dies erspart Steuern und senkt somit mittelbar den städtischen<br />
Zuschuss an die Einrichtung.<br />
Wird diese Ausschüttung künftig als Zustiftung zur Kulturstiftung getätigt, entfällt die Kapitalertragssteuerpflicht,<br />
und der bisherige städtische Zuschussbetrag verringert sich mittelbar um diesen Betrag.<br />
Die Stiftung bildet zwei eigene wirtschaftliche Zweckbetriebe, <strong>zum</strong> einen eine Eigentumsgesellschaft (hier wird<br />
49
das gesamte Vermögen des Theaters zusammengefast und verwaltet) und eine Betriebsgesellschaft für den<br />
laufenden Betrieb des Theaters.<br />
17.2. - Kulturzukunftsbeitrag<br />
Vorschlag für eine örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuer zur Finanzierung von Kultureinrichtungen:<br />
Arbeitstitel: „Kulturzukunftsbeitrag“<br />
Steuer-/Abgabepflichtige sind die Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigten oder dinglich Nutzungsberechtigten,<br />
die auch grundsteuerpflichtig sind (Begründung: Theater ist Bestandteil der kommunalen Infrastruktur.<br />
Die kommunale Infrastruktur bestimmt unmittelbar/mittelbar den Gebrauchswert der Grundstücke). Die Steuer<br />
bemisst sich an der Grundsteuererhebung (insofern müssen keine neuen Steuerbemessungsgrundlagen geschaffen<br />
werden). Die Steuer wäre umlagefähig auf Mieterinnen und Mieter.<br />
Die Abgabe ist ein Von-Hundert-Satz der festgesetzten Grundsteuer (Zuschlag). Vorgeschlagen wird dabei ein<br />
Zuschlagssatz von 10 Prozent. Offen ist eine Besteuerung von Touristen und auch Theaterbesuchern, die nicht<br />
Einwohner sind.<br />
18. - Projektentwicklung für Maßnahmen der aktiven<br />
Arbeitsmarktpolitik (auch zur Reduzierung der kommunalen<br />
Kosten im Bereich SGB II)<br />
In der Stadtpolitik von <strong>Düsseldorf</strong> ist der Teilbereich „kommunalen Arbeitsmarktpolitik“ durchaus von Bedeutung<br />
und dies sowohl aus Sicht der Betroffenen, als auch aus fiskalischen Gründen.<br />
Beispielhaft soll zunächst auf eine aktuelle Pressemitteilung der Grünen im Stadtrat <strong>Düsseldorf</strong> zu verweisen:<br />
„GRÜNE: Aktive und wirksame kommunale Arbeitsmarktpolitik ist gefragt – für alle!<br />
12. Sep 2013<br />
Was ist los in der Landeshauptstadt bei der Eingliederung und beruflichen Förderung von Langzeitarbeitslosen<br />
oder schwer vermittelbaren Jugendlichen?<br />
Susanne Ott, Ratsfrau und sozialpolitische Sprecherin der GRÜNEN in <strong>Düsseldorf</strong> kritisiert: „Seit kurzem<br />
häufen sich die Schließungen verschiedener Projekte zur Beschäftigungsförderung: im Juli mussten in der<br />
Graf-Recke-Stiftung bereits Bereiche in der praktischen Ausbildung von Jugendlichen geschlossen werden.<br />
Ende Oktober werden die letzten Bereiche aufgegeben und das Arbeitspädagogische Zentrum (APZ) erfährt nun<br />
das endgültige Aus. Und im Dezember dieses Jahres wird die Caritas ihre Fahrradwerkstatt aufgeben müssen.<br />
Welche derartigen Veränderungen stehen uns in der nächsten Zeit noch bevor?“<br />
Für die massiven Kürzungen der Mittel für Beschäftigungsförderung ist die schwarz-gelbe Bundesregierung verantwortlich.<br />
Eine Entwicklung in <strong>Düsseldorf</strong> ist abzusehen gewesen, doch die Stadt unternehme viel zu wenig,<br />
um diesem Trend entgegenzusteuern.<br />
„Bereits im Dezember 2012 haben wir in einem Antrag die Stadt aufgefordert, der drastischen Reduzierung<br />
der Bundesmittel durch eigenes Handeln und mit eigenen Mitteln zu begegnen. Die Integration benachteiligter<br />
Menschen in den Arbeitsmarkt wird in <strong>Düsseldorf</strong> zu wenig durch kommunale Beschäftigungsförderungsmaßnahmen<br />
unterstützt. Nun hoffen wir, dass sich die Stadt durch die aktuelle Entwicklung aufgefordert sieht,<br />
unseren Forderungen schließlich doch nachzukommen. Dieses Jahr werden sich die GRÜNEN in den Haushaltsberatungen<br />
erneut für eine aktive kommunale Arbeitsmarktpolitik<br />
und perspektivisch für den Umbau zu einer kommunalen Arbeits- und Wirtschaftsförderung einsetzen.“<br />
Die Arbeitsmarktpolitik ist eine so genannte Querschnittsaufgabe, deren Umsetzung durch den Bund, die Länder<br />
und die Kommunen gemeinsam erfolgen.<br />
Arbeitsmarktpolitik liegt originär in der Verantwortung der Bundesebene.<br />
Dennoch begannen die Kommunen in den 1980er Jahren angesichts anhaltend hoher Arbeitslosigkeit, dem<br />
Abbau der originären Arbeitslosenhilfe und hoher kommunaler Kosten für die Sozialhilfe, eigene arbeitsmarktpolitische<br />
Programme zu entwickeln.<br />
Rechtliche Grundlage bot damals insbesondere das Bundessozialhilfegesetz (BSHG).<br />
Die §§ 18-20 BSHG boten die Möglichkeit, über die verschiedenen Instrumente der Hilfe zur Arbeit Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
für Hilfeempfänger zu schaffen.<br />
50<br />
Allerdings war auch nach § 25 eine Verpflichtung zur Arbeit festgeschrieben. Im Extremfall bestand sogar die<br />
Möglichkeiten der Einlieferung „arbeitsscheuer“ Menschen in geschlossene Anstalten (vgl.§ 26 BSHG. Dieser<br />
gesetzliche Regelung wurde allerdings bereits (oder erst) 1974 abgeschafft.
Die beschäftigungspolitischen Instrumente des bis zur Einführung des SGB II im Januar 2005 geltenden BSHG<br />
waren in den §§ 18-20, 25 und 30 festgeschrieben. Da dies Geschichte ist, soll an dieser Stelle darauf nicht<br />
näher eingegangen werden.<br />
Zusätzlich standen den Kommunen bis zur Einführung des SGB II über die Beschäftigungsprogramme der<br />
Europäischen Union und des Bundes zusätzliche Mittel für die Beschäftigungsförderung zur Verfügung. Später<br />
kamen auch darüber hinaus gehende Programme und in größerem Maßstab auch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
(ABM) der Bundeagentur für Arbeit <strong>zum</strong> Einsatz. Da letztere ein Beschäftigungsverhältnis begründeten,<br />
konnten deren Teilnehmer nach einem Jahr wieder in die Zuständigkeit der BA wechseln. Die zweigeteilte Zuständigkeit<br />
für Arbeitslose und die teilweise gezielte Strategie der Kommunen, sich auf diese Art ihrer wachsenden<br />
Kosten zu entledigen, wurde schließlich mit dem Begriff der „Verschiebebahnhöfe“ belegt und heftig<br />
kritisiert.<br />
Darüber hinaus entfalteten die Kommunen schon sehr frühzeitig arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Jugendliche<br />
im Rahmen der Jugendberufshilfe.<br />
Diese ist über die Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII (früher Kinder- und Jugendhilferecht „KJHG“) in der<br />
originären Zuständigkeit der Kommunen. Die Leistungen der Jugendsozialarbeit bestehen beispielsweise in<br />
Beratung und Förderung der Erlangung von Schul- und Ausbildungsabschlüssen. Nach § 13 Abs. 2 SGB VIII<br />
besteht darüber hinaus die Möglichkeit, spezielle kommunale Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen für<br />
sozial benachteiligte oder individuell beeinträchtigte Jugendliche zu schaffen, wenn die Maßnahmen anderer<br />
Institutionen nicht ausreichen.<br />
Die Umsetzung des SGB III und landes- und bundespolitischer Sonderprogramme sowie europäischer Strukturförderungsprogramme<br />
zur Beschäftigungsförderung von Arbeitslosen liegt zwar weitestgehend in den Händen<br />
der lokalen Arbeitsagenturen. Die Kommunen sind aber in diese Umsetzung in verschiedenen Formen eingebunden.<br />
Sie können beispielsweise als Träger von oder Beteiligte an Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften<br />
direkt mit der örtlichen Arbeitsagentur bei der Schaffung von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor<br />
kooperieren.<br />
Über die Instrumente der direkten Ausbildungs- und Arbeitsförderung nach BSHG, SGB III und SGB VIII hinaus<br />
wurden die Kommunen vor Einführung des SGB II (im stärkeren Maße auch später) als kooperative Akteure<br />
in ihrer Rolle als Arbeitgeber, Wirtschaftsförderer, Mitglieder der Selbstverwaltung der Arbeitsämter (Arbeitsagenturen),<br />
Geldgeber für Projekte freier Träger und als Moderatoren zivilgesellschaftlicher Prozesse beschäftigungspolitisch<br />
aktiv.<br />
Welche Wege sie dabei gingen und heute gehen, wie sie die verschiedenen Instrumente einsetzten und einsetzen,<br />
welche Schwerpunkte sie setzten und setzen und welche beschäftigungspolitischen Ziele sie verfolgten<br />
und verfolgen, liegt weitgehend in der Entscheidung der Akteure der kommunalen Selbstverwaltung. Hier ist<br />
insbesondere der Stadtrat gefordert, im Dialog mit der Verwaltung den städtischen Beitrag im Gesamtprozess<br />
der Arbeitsmarktpolitik zu konkretisieren.<br />
Arbeitsvermittlung und aktive Stellenakquisition fand bisher in den Kommunen (selbst im weitesten Sinne) nur<br />
in sehr geringem Umfang statt.<br />
Einige Kommunen nutzten ursprünglich die nach § 18 Abs. 4 und 5 BSHG möglichen Zuschüsse an Arbeitgeber<br />
bei Eingliederung von Sozialhilfeempfängern in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Andere Kommunen beauftragten<br />
im Einzelfall Dritte mit der Vermittlung von Arbeitslosen. Ein weiteres Beispiel war auch der Versuch von einzelnen<br />
Kommunen, ihre Kommunalen Beschäftigungsgesellschaften in der Arbeitnehmerüberlassung einzusetzen.<br />
Kernstück der kommunalen Arbeitsmarktpolitik blieb aber die Hilfe zur Arbeit und nicht die Arbeitsvermittlung<br />
in den Ersten Arbeitsmarkt. Kontaktaufnahmen von Sozialamtsmitarbeitern zu Betrieben waren schon immer<br />
die Ausnahme.<br />
Der Umfang der im Rahmen der Hilfe zur Arbeit nach dem BSHG durchgeführten Maßnahmen war und ist<br />
schwer zu quantifizieren.<br />
Zwar veröffentlichte der Deutsche Städtetag seit Mitte der 1990er Jahre regelmäßig Ergebnisse einer Umfrage<br />
unter seinen Mitgliedern; inwieweit die dabei zugrunde gelegte Hochrechnung tatsächlich ein repräsentatives<br />
Bild vermittelt, blieb immer unklar.<br />
Nach diesen Hochrechnungen wurden bis zur Einführung des SGB II jede vierte arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger<br />
in einer aktiven Arbeitsmaßnahme der Kommune beschäftigt.<br />
Mit Einführung des SGB II ist die kommunale Ebene als arbeitsmarktpolitischer Akteur aufgewertet worden.<br />
Dies gilt insbesondere für die zunächst 69 und heute 108 Städte und Kommunen, in denen die kommunale<br />
Ebene allein für die Betreuung und Vermittlung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuständig sind (sog. Optionskommunen<br />
oder zugelassene kommunale Träger).<br />
In den ehemaligen Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) und heutigen Gemeinsamen Einrichtungen (Job-Center)<br />
teilen sich Bund und Kommunen die Zuständigkeit für erwerbsfähige Hilfebedürftige.<br />
51
(vgl. auch Frank Oschmiansky, 19.12.2011, Zentrale Akteure im Feld der Arbeitsmarktpolitik, http://www.bpb.<br />
de/politik/innenpolitik/arbeitsmarktpolitik/54998/zentrale-akteure?p=all )<br />
Das Beispiel Dänemark<br />
Dänemark war eines der ersten Länder, die auf die steigenden Arbeitslosenzahlen mit der Idee der Aktivierung<br />
von langzeitarbeitslosen Personen antworteten, diese staatlich verankerten und umsetzten. Das wichtigste Gesetz,<br />
das dabei zur Anwendung kommt, ist das „Gesetz über einen aktiven Beschäftigungseinsatz“. Im Gesetzesartikel<br />
ist die aktive Beschäftigung als Teil des Aktivierungskonzeptes wörtlich bereits erwähnt.<br />
Fordernde und Fördernde Elemente des Gesetzes sind als Indikatoren für ein Aktivierungskonzeptes deutbar.<br />
Als fordernde Elemente variieren Dauer und Höhe der finanziellen Unterstützungsleistungen je nach Art der<br />
Leistungen.<br />
So sind Arbeitslosentaggelder auf zwei Jahre begrenzt, wo die Sozialhilfe situationsabhängig (und unerschöpflich)<br />
ausbezahlt wird. Arbeitslosentaggelder lassen sich auf 90% des letzten Lohnes beziffern.<br />
Seit 1. Juli 2010 ist die Bezugsdauer von vier auf zwei Jahre reduziert worden. Die Höhe der Unterstützungsleistungen<br />
der Sozialhilfe wird infolge der Sechs-Monate-Regel bei Ehepaaren nach sechs Monaten gekürzt. Die<br />
langzeitarbeitslose Person muss ihre Verfügbarkeit wöchentlich virtuell bestätigen, Gespräche in den Jobcentern<br />
finden alle drei Monate statt. In einem Jobplan wird das Vorgehen im Hinblick auf die individuelle Suchbemühung<br />
festgehalten.<br />
Sollte eine langzeitarbeitslose Person gegen die gesetzlich festgehaltene Pflicht verstoßen, greifen Sanktionen.<br />
Die Sanktionsregelung ist sowohl für den Bezug von Arbeitslosentaggeldern als auch für Sozialhilfe gesetzlich<br />
festgehalten. Diese Ausführungen zeigen, dass fordernde Elemente in der dänischen Strategie enthalten sind<br />
und die Reziprozitätsnorm ein klarer Bestandteil davon ist. Die Auswahl der arbeitsmarktlichen Maßnahmen als<br />
förderndes Element ist sehr breit. Die Langzeitarbeitslosen haben das Recht und die Pflicht an diesen teilzunehmen.<br />
Die zeitlichen Fristen innerhalb derer eine Aktivierung durch eine arbeitsmarktliche Maßnahme erfolgen<br />
soll, sind gesetzlich verankert. Ein finanzieller Anreiz ist nicht direkt zu erkennen. Es kann eher von einem<br />
negativen Anreiz gesprochen werden (Sechs-Monate-Regel). Neben der Abklärung in den Beratungsgesprächen<br />
und einer Eruierung eines zusätzlichen Bedarfs an Unterstützung im Jobcenter, ist das Wohlfahrtsstaatsregime<br />
hinsichtlich der Wohlfahrtsproduktion als soziale Dienstleistung (wie beispielsweise der externen Kinderbetreuung)<br />
insgesamt sehr gut ausgebaut.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das dänische Aktivierungskonzept aus fördernden und fordernden<br />
Elementen besteht, die sich hauptsächlich in den Auflagen, Leistungen und Sanktionen zeigen. Es wird klar<br />
eine Gegenleistung für finanzielle Unterstützungsleistungen verlangt. Das dänische Aktivierungskonzept kann<br />
als breit beurteilt werden, da sowohl langzeitarbeitslosen Personen mit Arbeitslosentaggelder als auch diejenigen<br />
mit Sozialhilfe in gleichem Maß im Fokus der Aktivierung stehen.<br />
Das Beispiel Kopenhagen<br />
Die Stadtverwaltung Kopenhagen betreut in drei Jobcentern alle hier wohnhaften registrierten Langzeitarbeitslosen<br />
(vgl. Jobnet, 2010, 1-3). Langzeitarbeitslose werden während den Gesprächen in den Jobcentern<br />
in Matchkategorien eingeteilt. Da die Langzeitarbeitslosen der Fokusgruppe grundsätzlich arbeitsfähig sind,<br />
kann davon ausgegangen werden, dass die Langzeitarbeitslosen entweder in die Matchkategorie 1 oder in die<br />
Matchkategorie 2 eingeteilt werden. In Kopenhagen ist das „Center für Beschäftigungseinsätze“ für detaillierte<br />
Abklärungen der Situation Langzeitarbeitsloser eingeführt worden.<br />
Es gibt im Center für Beschäftigungseinsätze vier zentrale Abteilungen (vgl. Københavns Kommune, o. J.a, S. 1).<br />
Laut Aussagen von Line Dalum, Mitarbeiterin des Centers für Beschäftigungseinsätze, werden Langzeitarbeitslose<br />
der Matchkategorie 1 und 2 größtenteils von den drei Jobcenters in die Abteilung „Center für Abklärung<br />
und Beschäftigung“ (Center for Afklaring og Beskæftigelse, CAB) vermittelt (persönliche Kommunikation,<br />
4. Oktober 2010). Die anderen drei Abteilungen richten sich an arbeitslose Personen, die erst seit kurzem<br />
auf Stellensuche sind (Center für Kompetenzen und Beschäftigung), an Personen mit Migrationshintergrund<br />
(Center für Sprache und Integration) beziehungsweise an Arbeitslose mit Sehbehinderungen (Center für Blinde)<br />
(vgl. Københavns Kommune, o. J.b, 1). Im CAB findet eine dreimonatige Abklärung der persönlichen Situation<br />
des Langzeitarbeitslosen statt, wobei der Fokus verstärkt auf die gesundheitliche Förderung gelegt wird. Nach<br />
der dreimonatigen Abklärungsphase wird der Langzeitarbeitslose auf der Grundlage des Abklärungsberichtes<br />
in eine der drei Kategorien der arbeitsmarktlichen Maßnahmen (Qualifikationskurs, Praktika, Anstellung mit<br />
Lohnzuschuss) vermittelt (vgl. Københavns Kommune, o. J.c, 1). Es kann also zusammenfassend festgehalten<br />
werden, dass Langzeitarbeitslose in der Regel vom Jobcenter ins CAB verwiesen werden, wo eine gründliche<br />
Abklärung der Situation des Langzeitarbeitslosen unter Einbezug gesundheitlicher Faktoren stattfindet, bevor<br />
ein Entscheid für die Vermittlung in eine weiterführende arbeitsmarktliche Maßnahmen gefällt wird.<br />
In Dänemark melden sich versicherte und nicht versicherte arbeitslose Personen regional bei den so genannten<br />
Jobcenter an, um ihren Anspruch auf Arbeitslosentaggelder oder Sozialhilfe geltend zu machen (vgl. Jobcenter,<br />
2010).<br />
52<br />
Dänemark verfolgt neben der raschen Eingliederung von langzeitarbeitslosen Personen, deren sukzessive<br />
berufliche Qualifizierung (vgl. Socialforskningsinstituttet, 2004, S. 18).
In Dänemark werden in den staatlichen Institutionen bei der Erfassung und Beurteilung der Situation einer<br />
langzeitarbeitslosen Person hauptsächlich ausgebildete Sozialarbeitende herangezogen (persönliche Kommunikation<br />
Stampe Rasmussen, 15. Juni 2010),<br />
Bei den Jobcentern handelt es sich um eine standardisierte Institution, die sich in Dänemark überall gleich<br />
präsentiert im Gegenteil <strong>zum</strong> Beschäftigungsbereich, der im speziellen in Kopenhagen im Vergleich zu anderen<br />
Städten in Dänemark starkausgebaut ist (Line Dalum, persönliche Kommunikation, 4. Oktober 2010).<br />
Vorstehende Informationen sind der nachstehenden Masterarbeit entnommen: http://www.masterinsozialerarbeit.ch/files/download/9ecb0b0b...<br />
Empfehlung:<br />
Die Stadt muss ihre Rolle als Arbeitgeber, Wirtschaftsförderer, Geldgeber für Projekte freier Träger und als<br />
Moderator zivilgesellschaftlicher Prozesse beschäftigungspolitisch selbst definieren.<br />
Eine aktive Rolle ist aus Sicht der Betroffenen, aber auch fiskalischen Gründen geboten.<br />
Die städtischen Organe (Stadtrat, Verwaltung) müssen ständig evaluieren wie sie die verschiedenen Instrumente<br />
einsetzt, welche Schwerpunkte sie setzt und welche beschäftigungspolitischen Ziele sie verfolgt.<br />
Die kommunale Arbeitsmarktförderung muss mit den Elementen der kommunalen Wirtschaftsförderung verzahnt<br />
werden.<br />
Weitergehende Informationen<br />
Beschäftigungspolitik kommunal e. V. über http://www.bp-k.de/bpk<br />
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung „Kommunale Beschäftigungspolitik – Chancen und Perspektiven“<br />
- http://doku.iab.de/chronik/2x/2003_01_31_20_kommbeschpol.pdf<br />
19. - Mobilität als soziales Grundrecht – Projekt „Fahrscheinloser<br />
ÖPNV“ und/oder „Sozialticket“ (Beispiel Erfurt)<br />
Der Vorschlag der Erfurter LINKEN für einen attraktiven und solidarischen öffentlichen Verkehr sieht vor, ihn<br />
<strong>zum</strong>indest im Nahbereich fahrscheinlos zu gestalten.<br />
In der Diskussion um ein solches Modell tauchen verschiedene Begriffe auf: Wichtig dabei ist, dass der ÖPNV<br />
nicht kostenlos ist (er verursacht natürlich Kosten) und – sofern er nicht aus dem normalen Steueraufkommen<br />
finanziert wird – auch mit Entgelten verbunden ist, also nicht entgeltfrei ist. Zentral ist, dass der ÖPNV von<br />
allen ohne Fahrschein oder anderen Berechtigungsnachweisen (wie Zeitkarte oder Personalausweis <strong>zum</strong> Nachweis<br />
über den Wohnsitz) genutzt werden kann. Wir benutzen dafür hier die Begriffe fahrscheinlos, fahrscheinfrei<br />
und Nulltarif synonym.<br />
Der fahrscheinlose ÖPNV würde das Recht auf Mobilität für alle weitgehend garantieren: Damit wäre der Weg<br />
zu Ämtern, Arztpraxen, Bildungseinrichtungen, die Pflege sozialer Beziehungen und um viele andere Dinge des<br />
Alltags zu bewältigen, nicht an den Geldbeutel gebunden. Auch würde die diskriminierende Bedürftigkeitsprüfung<br />
bei Sozialpässen und Sozialtickets entfallen.<br />
Ein solcher fahrscheinloser öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) wurde bereits in den 1970er Jahren in einigen<br />
Städten – wenn auch nur kurzfristig – getestet, unter anderem in Rom, in Bologna und in Atlanta. Es kam in der<br />
Regel zu einer deutlich stärkeren Nutzung. (vgl. Rolf Seydewitz & Markus Tyrell: Der beitragsfinanzierte Nulltarif<br />
- ein Ansatz zur Finanzierung und Attraktivierung des Öffentlichen Personennahverkehrs. Trier: Universität Trier,<br />
1995)<br />
Auch in neuerer Zeit haben einige Städte einen kostenlosen ÖPNV eingerichtet: Die brandenburgischen Kleinstädte<br />
Templin und Lübben sowie Hasselt in Belgien.<br />
Überall kam es zu einer deutlichen Steigerung der Fahrgastzahlen und einem Rückgang des Autoverkehrs. Allerdings<br />
wurden aufgrund dieser erhöhten Nachfrage Investitionen in neue Fahrzeuge notwendig, und für diese<br />
fehlte schlichtweg das Geld. Deswegen wurde der kostenlose ÖPNV in diesen Städten wieder abgeschafft.<br />
In Hasselt war der geplante Bau einer weiteren vierspurigen Ringstraße der Anlass für die Einführung des fahrscheinlosen<br />
ÖPNV. Statt wie heute noch fast überall weiter das Ziel zu verfolgen, den Autoverkehr gut – sprich:<br />
flüssig und ohne Störungen – zu organisieren, setzte der Bürgermeister auf Verkehrsverlagerung. Zentral war<br />
ein kombiniertes Konzept aus unentgeltlichem ÖPNV und gleichzeitigen Maßnahmen, um die Stadt attraktiver<br />
und den Autoverkehr unattraktiver zu machen. Letzteres geschah vor allem durch hohe Parkgebühren (die den<br />
ÖPNV teilweise querfinanzierten), Geschwindigkeitsminderungen, den Abbau von Parkplätzen und die Verbannung<br />
von Autos aus den Einkaufsstraßen. Die Fahrgastzahlen im ÖPNV haben sich zwischen der Einführung<br />
1996 und 2006 mehr als verzehnfacht bei gleichzeitig deutlichem Rückgang des motorisierten Individualverkehrs.<br />
(Vgl. Stadt Hasselt: Mobility with an eye on the environment - Hasselt, an example for Europe, Hasselt<br />
2000. Elisabeth Wehrmann:“Stadt ohne Fahrschein“ Die Zeit, 21.11.1997.)<br />
53
Durch den Verzicht auf neue Straßenprojekte war es dabei nicht einmal teuer für die Stadt: rund 600.000 Euro<br />
oder 23 Euro pro Familie und Jahr. Zudem kommen heute cirka 30 Prozent mehr Besucherinnen und Besucher<br />
in die Stadt, die den Umsatz im Einzelhandel steigen lassen. Für Hasselt hat sich die Einführung des unentgeltlichen<br />
ÖPNV mit den beschriebenen zusätzlichen Maßnahmen also gerechnet. Trotzdem müssen seit Mai 2013<br />
Fahrgäste, die älter als 19 Jahre sind, wieder zahlen – allerdings nur 60 Cent pro Fahrt. Die Begründung auch<br />
hier: die Finanzierung der notwendigen Investitionen infolge des massiven Nachfragebooms.<br />
In der estnischen Hauptstadt Tallinn wurde der Nahverkehr nach einer Volksabstimmung Anfang 2013 für die<br />
Einwohner der Stadt unentgeltlich. Bis Mitte April ist dort der Autoverkehr bereits um 15 Prozent zurückgegangen.<br />
(Der Standard: “Wer in Tallinn lebt, fährt gratis mit Öffis“, 5.4.2013.<br />
Problematisch ist das dortige Modell, weil es eben nicht für alle unentgeltlich ist und vor allem das Ziel verfolgt,<br />
die Anmeldung von Erstwohnsitzen zu erhöhen und damit die kommunalen Einnahmen auf Kosten der umliegenden<br />
Kommunen zu steigern.<br />
Fazit der Modelle in Templin, Lübben und Hasselt: Mit einem fahrscheinlosen ÖPNV können die gewünschten<br />
sozialen und verkehrlich-ökologischen Ziele erreicht werden – aber er muss auf einer soliden finanziellen<br />
Grundlage stehen, die nicht durch den Erfolg des Modells kaputt gemacht wird.<br />
In Tübingen gibt es seit langem die Initiative „TüBus umsonst!“ – doch auch mit Oberbürgermeister Palmer und<br />
Landesverkehrsminister Hermann (beide von den Grünen) wird zwar guter Wille gezeigt, aber kein Mut für eine<br />
Umsetzung. Immerhin soll stufenweise der Anteil der Umlagefinanzierung über Semester- und Jobtickets erhöht<br />
werden. Nulltarif für alle ist das noch lange nicht. Konkreter als in Tübingen ist das Konzept für Erfurt, an dem<br />
DIE LINKE vor Ort maßgeblich mitwirkt: Es enthält einen konkreten Vorschlag für eine Mischfinanzierung, listet<br />
die vielschichtigen positiven Effekte und notwendigen begleitenden Maßnahmen auf und enthält Vorschläge für<br />
Umsetzungsschritte.<br />
Öffentlich geführte Diskussionen sollen die Idee in und mit der Erfurter Bevölkerung weiter verbreiten und<br />
entwickeln.<br />
Auch ein Blick nach Frankreich ist aufschlussreich: Im südfranzösischen Aubagne und den umliegenden<br />
Gemeinden fahren die Busse seit Mai 2009 <strong>zum</strong> Nulltarif. Die Stadtregierung verfolgt damit sowohl soziale als<br />
auch ökologische Ziele. Das Recht auf Mobilität zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben soll damit umgesetzt<br />
werden. Auch hier sind die Fahrgastzahlen gestiegen und der Ausbau des Netzes wurde auf den Weg gebracht.<br />
Viele sind vom privaten Auto auf den ÖPNV umgestiegen. Neben den Einsparungen bei Ticketverkauf und<br />
Kontrollen sowie im Straßenbau wird der Nulltarif hier vor allem durch eine Nahverkehrsabgabe („versement<br />
transport“) finanziert.<br />
Die Nahverkehrsabgabe wird seit 1999 in allen französischen Kommunen von allen Unternehmen mit mehr als<br />
neun Beschäftigten auf die Lohnsumme erhoben und ist nach Einwohnerzahl gestaffelt. Inzwischen gibt es in<br />
23 französischen Verkehrsverbünden jeglicher politischer Couleur den Nulltarif.<br />
Ein ÖPNV <strong>zum</strong> Nulltarif zeigt also viele sozial und ökologisch positive Wirkungen, kann aber nicht umsonst sein.<br />
Wie kann nun eine soziale, nachhaltige und krisenfeste Finanzierung aussehen?<br />
Zunächst sei angemerkt, dass die gesamte Infrastruktur für den motorisierten Individualverkehr mit riesigen<br />
Summen auch aus den kommunalen Haushalten finanziert wird. Was die Kommune für den Autoverkehr zahlt<br />
(Straßenunterhalt etc.), wird nur zu 14% bis 45% von diesem finanziert. In <strong>Düsseldorf</strong> stehen den jährlichen<br />
Ausgaben von 240 Mio. Euro sogar nur Einnahmen von 27 Mio. Euro (11%) gegenüber, der motorisierte Individualverkehr<br />
wird also hier mit 360 Euro pro Einwohner und Jahr subventioniert. (Zahlen aus ICLEI-Studie „Wieviel<br />
zahlt unsere Kommune für den Autoverkehr?“, Freiburg 2001, zu finden auf www.increase-public-transport.de)<br />
54<br />
Dies gilt als selbstverständlich und wird häufig hingenommen wie die negativen Auswirkungen (Unfälle, Lärm,<br />
Luftverschmutzung u.v.a.m.), den dieser Verkehr für die Lebensqualität in den Städten bedeutet. Formen der<br />
Querfinanzierung aus dem Individualverkehr wie Parkgebühren oder auch eine City-Maut sind daher nur ein<br />
kleiner Ausgleich für die öffentlichen und externen Kosten dieses Verkehrs. Sie wären grundsätzlich sinnvoll,<br />
wenn damit weitere Verlagerungsanreize geschaffen werden. Eine nennenswerte Finanzierung des ÖPNV auf<br />
diesem Wege ist jedoch problematisch, da die Einnahmen mit wachsendem Erfolg der Maßnahme – zunehmende<br />
Verlagerung und damit weniger Autoverkehr – sinken.<br />
Als Quelle der Finanzierung sollten daher vor allem die Nutznießer des ÖPNV herangezogen werden: Das sind<br />
neben den tatsächlichen Nutzern auch die Unternehmen, die weniger Parkplätze für Kunden und Beschäftigte<br />
bereitstellen müssen. Weniger Staus und ein attraktiver ÖPNV bringen zudem alle Beschäftigten ausgeruhter<br />
zur Arbeit. Die Unternehmen müssen daher über eine Abgabe, ähnlich wie in Frankreich, oder über einen Aufschlag<br />
auf die Gewerbesteuer beteiligt werden. Ihr Beitrag muss im Sinne einer Erschließungsabgabe <strong>zum</strong>indest<br />
den Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur inklusive der notwendigen neuen Fahrzeuge finanzieren.<br />
Dabei ist noch zu diskutieren, welche Variante sozial gerechter ist: Die Berechnung der Höhe über die Lohnsumme<br />
wie in Frankreich – womit es den Charakter eines Jobtickets hat – oder unabhängig von der Beschäftigungsquote<br />
über den Ertrag (Gewerbesteuer) oder die Flächennutzung (Grundsteuer).<br />
Nutznießer sind auch die Einwohnerinnen und Einwohner der entsprechenden ÖPNV-Region (Stadt/Landkreis),<br />
die von Lärm und Abgasen entlastet werden und perspektivisch mehr öffentlichen Raum und Sicherheit zurück
erhalten. Sie könnten über eine Nahverkehrsabgabe beteiligt werden. Beschränkt auf eine bestimmte Nutzergruppe<br />
gibt es eine solche Nahverkehrsabgabe bereits seit rund 20 Jahren: Mit dem Semesterticket können<br />
Studierende heute ohne Fahrschein im <strong>zum</strong> Teil sehr großen Tarifgebiet fahren. Seit Einführung der Semestertickets<br />
ist die Nutzung des eigenen Autos unter Studierenden stark zurückgegangen. Für Personen unter 18<br />
Jahren, Menschen mit eingeschränkter Mobilität (nach Paragraf 148 SGB IX) und Bezieherinnen und Bezieher<br />
von Grundsicherung sollte die Abgabe entfallen. Zu prüfen wäre darüber hinaus eine einkommensabhängige<br />
Variante.<br />
Eine weitere Finanzierungsquelle könnte die Einführung einer Erschließungsabgabe für den ÖPNV – gekoppelt<br />
an die Grundsteuer – sein. Diese würde sowohl die Unternehmen als auch (über die Miete) die Einwohnerinnen<br />
und Einwohnern belasten. Über die Größe des Grundstücks (kleine Wohnung/Mietshaus oder Villa) enthielte<br />
auch eine solche Berechnung eine soziale Komponente. Zudem könnte die Höhe von der Entfernung zur nächsten<br />
Haltestelle und der dortigen Taktfrequenz abhängen. Damit würde es für die Stadt beziehungsweise den<br />
Nahverkehrsbetrieb einen Anreiz <strong>zum</strong> Ausbau geben, da darüber auch die Einnahmen steigen.<br />
Solche Finanzierungsmodelle müssen den Kommunen durch Ländergesetze ermöglicht werden. Die genaue<br />
Ausgestaltung sollte den Kommunen überlassen werden. Klar muss sein: Die Einführung einer solchen Finanzierung<br />
sollte vorrangig in den bisher schlecht versorgten Gebieten mit einem deutlichen Ausbau des ÖPNV<br />
einhergehen.<br />
Die positiven Effekte der Verkehrsverlagerung durch einen Nulltarif müssen genutzt werden, um die Lebensqualität<br />
für alle zu verbessern: Leere Straßen sollten den Individualverkehr nicht attraktiver machen, sondern<br />
umgenutzt werden:<br />
• Ein Ausbau und eine qualitative Verbesserung der Infrastruktur des Fuß- und Radverkehrs. Dazu zählen<br />
möglichst durchgehende Grüne Achsen, breite und barrierefreie Gehwege, Begegnungszonen und ‚Shared<br />
Space‘-Bereiche, sichere Kreuzungsmöglichkeiten von Straßen sowie Fahrradstreifen, -straßen und<br />
-schnellwege, die sich zu einem guten Fahrradwegenetz ergänzen.<br />
• Ein Rückbau von Straßen und Parkflächen (wie oben für die Stadt Hasselt beschrieben), wodurch sich<br />
zusätzlich sehr viel Stadtraum für echte Lebensqualität gewinnen lässt – für Erholungsflächen oder für<br />
alternative Verkehrswege wie Radwege oder breitere Fußwege. Damit kann eine Stadt zusätzlich attraktiver<br />
gemacht werden, und einer Flächengerechtigkeit unter den Verkehrsmitteln kann <strong>zum</strong>indest ein Stück<br />
näher gekommen werden.<br />
• Eine Entschleunigung des motorisierten Individualverkehrs durch eine flächendeckende Tempo-30-Regelung<br />
(Regelgeschwindigkeit in Städten), was gleichzeitig den Lärm und den Schadstoffausstoß vermindert<br />
und den Verkehr sicherer und damit für zu Fuß Gehende und Fahrradfahrende zusätzlich attraktiver macht.<br />
Mitunter wird auf negative Effekte eines unentgeltlichen ÖPNV hingewiesen: Erstens werden neben Fahrten<br />
vom Auto auch Fahrten vom Fahrrad sowie Fußwege auf den ÖPNV verlagert und zweitens legen Menschen<br />
Wege zurück, die sie ohne den unentgeltlichen ÖPNV überhaupt nicht durchgeführt hätten – mit negativen Auswirkungen<br />
für Umwelt und Klima. Doch sollte die Ermöglichung solcher zusätzlicher Wege für ärmere Menschen<br />
einerseits ein sozialpolitischen Ziel sein, und andererseits ist dieser Effekt gegenüber dem der Verlagerung vom<br />
motorisierten Individualverkehr auf den ÖPNV zu vernachlässigen – und kann durch die oben beschriebenen<br />
Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung von Fuß- und Fahrradverkehr teilweise aufgefangen werden.<br />
Der unentgeltliche Nahverkehr sollte durch attraktive Mobilitätskarten ergänzt werden. Zu sozial gestaffelten<br />
Preisen erhältlich sollten solche Karten für den gesamten Verkehrsverbund, für das Bundesland beziehungsweise<br />
für ganz Deutschland erhältlich sein. Ein solches Modell müsste mit einer – ohnehin notwendigen – Vereinheitlichung<br />
des gesamten Tarifsystems im Land verbunden sein, da es sonst kaum umsetzbar wäre. Voraussetzung<br />
wäre eine entsprechende Abstimmung zwischen den einzelnen Verkehrsverbünden beziehungsweise<br />
deren Trägern.<br />
Fazit: Der Nulltarif im ÖPNV wäre ein großer Schritt zur Verwirklichung des Rechts auf Mobilität sowie zur<br />
Erreichung ökologischer Ziele. Er muss von Angebotsverbesserungen des ÖPNV und hemmenden Maßnahmen<br />
für den motorisierten Individualverkehr begleitet werden und auf einer sozial ausgewogenen und belastbaren<br />
Finanzierung aufbauen. Etliche Details wären noch zu klären und für einige Finanzierungsmodelle müssen die<br />
rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Sinnvoll kann eine stufenweise Einführung sein: Im ersten<br />
Schritt werden die ÖPNV-Tarife inklusive der Zeitkarten halbiert. Die Finanzierung erfolgt beispielsweise über<br />
Gewerbe- und Grundsteuern und bringt auch die Mittel ein, um im zweiten Schritt den ÖPNV deutlich auszubauen.<br />
Erst im dritten Schritt würde der Nulltarif folgen mit Einführung einer Umlage oder aus anderen Quellen<br />
finanziert – einhergehend mit dem weiteren Ausbau des ÖPNV und der Zurückdrängung des motorisierten<br />
Individualverkehrs aus den Wohngebieten. Modellprojekte sind nötig, aber mittelfristig sollte deutschlandweit<br />
ein einheitliches Modell eingeführt werden.<br />
55
20. - Wohnen als Grundrecht – Finanzierung sozialer (kommunaler)<br />
Wohnungsbau, Sicherung der Bereitstellung bezahlbaren<br />
Wohnraums, Förderung des Genossenschaftsmodels<br />
<strong>Düsseldorf</strong> verfügt über ca. 7.000 kommunale Wohnungen (waren mal 7.500). Aus Sicht der LINKEN ist die<br />
Stärkung der städtischen Wohnungsgesellschaft geboten. Zudem soll die Stadt Grundstücke für weitere öffentliche<br />
Wohnungsbauvorhaben zur Verfügung stellen. Die Kapitalaufstockung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft<br />
ist eine weitere Zielstellung der LINKEN. Wohnungspolitisch will die LINKE eine Mietenobergrenze<br />
von 5 EUR/qm im öffentlichen Wohnungsbestand sichern.<br />
Eine weitere Option wäre es, den sozialen Wohnungsbau über das Planungsrecht zu befördern (DIE LINKE<br />
fordert hier eine Sozialwohnungsquote von 30 bis 50 Prozent, SPD fordert 30 Prozent) – die beabsichtige wohnungspolitische<br />
Wirkung tritt hier aber erst in einigen Jahren ein.<br />
20.1. - Wohnungsaufsichtsgesetz<br />
“Wohnungsaufsichtsgesetz ist nötig – löst die Bekämpfung der Überbelegung von Wohnraum aber nicht allein“<br />
Der Städtetag Nordrhein-Westfalen begrüßt das vom Land geplante neue Wohnungsaufsichtsgesetz. Es soll<br />
den Städten in Nordrhein-Westfalen ermöglichen, leichter gegen die Vernachlässigung von Wohnungsbeständen<br />
vorgehen zu können. Mit der Einführung einer neuen Ermächtigungsgrundlage zur Bekämpfung der<br />
Überbelegung von Wohnraum sollen die Städte zudem besser reagieren können, wenn Wohnungseigentümer<br />
die Notlagen von Armutszuwanderern ausnutzen und diese Menschen in un<strong>zum</strong>utbaren Wohnverhältnissen<br />
unterbringen.<br />
Der Vorsitzende des kommunalen Spitzenverbandes, der Mönchengladbacher Oberbürgermeister Norbert<br />
Bude, erklärt: „Ausbeuterische Vermieterpraktiken, un<strong>zum</strong>utbare Wohnverhältnisse und die Überbelegung von<br />
Wohnraum etwa im Zusammenhang mit der Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien sind ernst zu<br />
nehmende Probleme in mehreren Städten in NRW. Deshalb ist eine rechtliche Handhabe wichtig, mit der die<br />
Städte gegen solche Praktiken vorgehen können. Das Land greift hier eine Reihe von Anregungen der Kommunen<br />
auf. Die Wirksamkeit der neuen Instrumente muss sich allerdings erst noch zeigen. Die Neuregelungen<br />
könnten in der Praxis einen sehr hohen Verwaltungsaufwand erfordern, der eine schnelle Problemlösung erschwert.“<br />
Daher hoffe der Städtetag NRW, dass das Land im Gesetzgebungsverfahren auf Hinweise der Städte<br />
noch stärker eingeht.<br />
Ursache für vernachlässigte Wohnungsbestände sind die Eigentümer, die zu wenig oder im Extremfall gar nichts<br />
für die Instandhaltung von Wohnraum ausgeben. Sie müssen künftig neben der baulichen Ausstattung auch<br />
für eine Mindestausstattung in den Bereichen Technik und Hygiene sorgen, also beispielsweise für funktionierende<br />
Heizungsanlagen, Bäder und Toiletten. Sollte die Erfüllung von Auflagen der Stadt in diesen Bereichen<br />
unwirtschaftlich sein, ist das künftig vom Eigentümer nachzuweisen. Damit kehrt sich im Vergleich zur bisherigen<br />
Regelung die Beweislast um, was die Verfahren erleichtert. Ausdrücklich positiv bewertet der Städtetag<br />
Nordrhein-Westfalen, dass die Wohnungsaufsicht auch in Zukunft eine Selbstverwaltungsangelegenheit der<br />
Städte bleibt und nicht als Pflichtaufgabe wahrgenommen werden muss.<br />
Der Städtetag Nordrhein-Westfalen befürchtet allerdings, dass mit dem Wohnungsaufsichtsgesetz als neuer<br />
Rechtsgrundlage bei Bürgerinnen und Bürgern, in den Nachbarschaften so genannter „Problemhäuser“ und in<br />
der Politik eine sehr hohe Erwartungshaltung geweckt wird, der die Städte wegen praktischer Probleme bei der<br />
Anwendung der Regelungen nicht genügen können, so Bude: „Die Probleme von un<strong>zum</strong>utbaren Überbelegungen<br />
von Wohnungen und Häusern in Folge der Armutszuwanderung und die mangelnde Investitionsbereitschaft<br />
von Hauseigentümern in vernachlässigte Wohnungen lassen sich leider nicht allein über die neuen Vorschriften<br />
lösen, das zeigen die Erfahrungen mit ähnlichen Regelungen in anderen Bundesländern.“<br />
So ist beispielsweise der Nachweis der Überbelegung im Einzelfall schwierig, wenn zu klären ist, wer berechtigt<br />
in der Wohnung wohnt, wer zur Familie gehört oder wer nur zu Besuch ist. Hier stoßen viele Städte bei der<br />
praktischen Umsetzung an ihre Grenzen. Gleiches gilt, wenn nach einer Räumungsverfügung wegen Überbelegung<br />
den überzähligen Bewohnern Ersatzwohnraum zur Verfügung gestellt werden muss. (26.9.2013, www.<br />
moenchengladbach.de)<br />
56
20.2. - Satzung <strong>zum</strong> Schutz und Erhalt von Wohnraum<br />
(Beispiel: Stadt Dortmund)<br />
Auf der Grundlage des § 40 Abs. 4 WFNG NRW hat der Beauftragte des Landes für die Wahrnehmung der<br />
Aufgaben des Rates der Stadt Dortmund am 14. Juni 2012 beschlossen, dass die Nutzung von Wohnraum zu<br />
anderen als zu Wohnzwecken und der Leerstand von Wohnraum unter Genehmigungsvorbehalt steht.<br />
Gemäß dieser Satzung kann die zweckentfremdende Nutzung von Wohnraum gegen die Zahlung einer Ausgleichszahlung<br />
genehmigt werden. Die Ausgleichszahlung erfolgt einmalig oder wiederkehrend.<br />
Die Einnahmen aus der Ausgleichszahlung sind zweckgebunden für die Schaffung neuen Wohnraums zu verwenden.<br />
Bei der dauerhaften zweckentfremdeten Nutzung oder dauerhaften Leerstand (ab 10 Jahre) wird eine einmalige<br />
Ausgleichszahlung von 500 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche fällig.<br />
Bei nur vorübergehenden Zweckentfremdung oder Leerstand ist eine laufende, monatlich zu entrichtende Ausgleichszahlung<br />
in Höhe von 3,50 bis 5,00 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche zu zahlen.<br />
21. - Schlussbemerkungen<br />
Die Finanzlage der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> ist abweichend vom allgemeinen Trend in NRW als zufriedenstellend<br />
einzuschätzen. Dies eröffnet finanzielle Gestaltungspotenziale auch für links-alternative Projekte. Durch die<br />
Ausschöpfung der vorhandenen Einnahmemöglichkeiten „eröffnet“ sich ein jährliches Gestaltungspotenzial von<br />
bis zu 100 Millionen EUR.<br />
Diese Untersuchungen im Auftrag der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat <strong>Düsseldorf</strong> gibt zu den Gestaltungspotenzialen<br />
und möglichen links-alternativen Projekten Anregungen und beschreibt Projekte.<br />
Im Rahmen einer Haushaltsklausur wurde über die Untersuchungsergebnisse informiert und über einzelne<br />
Projekte diskutiert.<br />
Die Untersuchungsergebnisse sollten auch in den inhaltlichen Kommunalwahlkampf 2014 einfließen. Dazu<br />
sollten jedoch nur einzelne Projekte ausgewählt und öffentlich zur Diskussion gestellt werden.<br />
57
Begriffsbestimmung (Auswahl):<br />
Allmende<br />
Gemeinschaftliches Eigentum, Gemeingut, z.B. Nutzflächen, Wasserrechte.<br />
Äquivalenzprinzip<br />
Nur der tatsächliche Nutzer einer Leistung muss diese über eine Abgabe zahlen.<br />
Aufgaben der Gemeinden<br />
Pflichtenaufgaben: Übertragung durch Gesetze, entweder im eigen Wirkungskreis, mit Ermessen des Wie der Aufgabenerledigung<br />
(z.B. Kinderbetreuung, Friedhofswesen) oder im übertragenen Wirkungskreis, wobei hier das Land auch Fachaufsicht<br />
ist (z.B. Kfz-Zulassung, Meldewesen).<br />
Freiwillig nicht gesetzlich normierte Aufgaben: z.B. Grünanlagen, Theater, Sport (hier gibt es keinen abschließenden Katalog).<br />
Ausgaben der Gemeinden<br />
z.B. Soziale Leistungen, Personalkosten, Sachkosten ( z.B. Mieten), Investitionen, Ausgaben werden im Haushaltsplan veranschlagt<br />
(Ausgabenermächtigung).<br />
Ausgliederung<br />
Aufgabenwahrnehmung wird aus dem Gemeindehaushalt ausgliedert. Aufgaben werden meist auf kommunale Unternehmen<br />
oder freie Träger übertragen (auch um die Tarifregelungen für den öffentlichen Dienst zu umgehen). In der Folge kommt es<br />
<strong>zum</strong> Fremdbezug von Leistungen.<br />
Beiträge<br />
Abgabe als fiskalische Gegenleistung für eine staatliche (kommunale) Leistung, unabhängig von ihrer tatsächlichen Nutzung<br />
bzw. Inanspruchnahme (z.B. Straßenausbaubeiträge).<br />
Bürgerbegehren<br />
Initiative von Bürgerinnen und Bürger, eine Sachentscheidung anstelle vom Gemeinderat durch die Wahlberechtigten entscheiden<br />
zu lassen, Vorstufe für den Bürgerentscheid, Beispiel für direkte Demokratie.<br />
Bürgerentscheid<br />
Bürgerinnen und Bürger entscheiden in einer Sachfrage anstelle des Gemeinderates (vorgeschaltet ist ein Bürgerbegehren).<br />
Bürgerhaushalt<br />
Beratung des Gemeindehaushalts mit Bürgern, Mitentscheidung nur für Teilhaushalt, Vorteil : mehr Transparenz und Öffentlichkeit.<br />
Die Wirksamkeit ist umstritten.<br />
Chronisches Defizit<br />
Höhere Ausgaben als Einnahmen trotz Konsolidierungsmaßnahmen über einen sehr langen Zeitraum, meist verursacht<br />
durch Aufgabenübertragung des Bundes/des Landes ohne vollen Kostenausgleich.<br />
Daseinsvorsorge<br />
Staatliche Aufgaben, die für die Bürgerinnen und Bürger lebensnotwendig sind, flächendeckend, zu sozial <strong>zum</strong>utbaren Preisen<br />
mit zuverlässigem Leistungsstandard: z.B. Energie, Wasser, Mobilität, Müllentsorgung , Bildung, Krankenhaus.<br />
Deutscher Landkreistag<br />
Kommunaler Spitzenverband aller Landkreise, auch föderal in jedem Bundesland organisiert.<br />
Deutscher Städtetag<br />
Vertretung aller großen, kreisfreien Städte, auch föderal organisiert.<br />
Deutscher Städte- und Gemeindebund<br />
Vertritt alle kreisangehörigen kleinere Städte und Gemeinden.<br />
Doppik<br />
= DOPPelte Buchführung in Konten: neoliberale Methode seit 2003, die öffentliche Verwaltung wie ein privates Unternehmen<br />
zu führen.<br />
Durchgriffsverbot<br />
Der Bund darf seit 2006 kein Gesetz mehr erlassen, das direkt Aufgaben auf Gemeinden überträgt (Art 84 Abs.1 Satz 7).<br />
Eigenbetriebe<br />
Öffentlich-rechtliche Unternehmensform nach der Gemeindeordnung, ausgegliedertes Sondervermögen. Der Gemeinderat<br />
fällt alle Grundsatzbeschlüsse. Der Werksausschuss als Aufsichtsorgan tagt öffentlich. Der Eigenbetrieb ist der privatrechtlichen<br />
Eigengesellschaft vorzuziehen.<br />
58<br />
Einnahmen der Gemeinden<br />
Steuern (Realsteuern, Gemeinschaftssteuern, Örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuern), Landeszuweisungen (Allgemeine<br />
Zuweisungen ohne Zweckbindung, besondere Zuweisungen, Fördermittel, investive Zuweisungen), Einnahmen aus Verwal-
tung und Betrieb (Beiträge, Gebühren, Entgelte…)<br />
Finanzausgleich, kommunal (FAG)<br />
Um gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zu erreichen, werden die Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern<br />
und Gemeinden aufgeteilt und teilweise ausgeglichen:<br />
Vertikal vom Bund auf Länder und Gemeinden,<br />
Horizontal zwischen den Bundesländern und zwischen Gemeinden eines Landes.<br />
Es gibt auch Umlagen von Gemeinden zurück an den Bund oder das Land (z. B. Gewerbesteuerumlage).<br />
Föderalismus<br />
Teilsouveräne Gliedstaaten (Länder) wirken über den Bundesrat im Bund mit. Die Gemeinden werden nur als Teile der<br />
Länder angesehen und haben keine eigene Vertretung. Ihre Interessen können nur indirekt über die Länder im Bundesrat<br />
eingebracht werden.<br />
Gebühren<br />
Abgaben von Bürgerinnen und Bürgern oder Unternehmen für eine konkrete staatliche (kommunale) Leistung an die Gemeinde.<br />
Gemeinde<br />
= Kommune: Unterste Gebietskörperschaft.<br />
Gemeingüter = Allmende<br />
Sind für alle Bürger frei zugänglich.<br />
Gemeindewirtschaftssteuer = Wertschöpfungssteuer<br />
Erweiterte Gewerbesteuer mit einer anderen Bemessungsgrundlage für Selbstständige und Unternehmen, auf Mieterträge,<br />
Lizenzen u.a., ist weniger konjunkturabhängig und würde die jährliche Haushaltsplanung deshalb zuverlässiger machen.<br />
Gewerbesteuer<br />
Wichtigste Einnahmequelle der Gemeinden, erfasst alle Gewerbebetriebe (außer Forst - und Landwirtschaft sowie Freiberufler).<br />
Sie ist im Wesentlichen gewinnorientiert (und damit leistungskraftabhängig). Über den Hebesatz können Gemeinden<br />
unmittelbar die Höhe der Gewerbesteuer beeinflussen. Einzelunternehmen können Teile der Gewerbesteuer mit ihrer<br />
veranlagten Einkommenssteuer verrechnen. Kapitalgesellschaften wurden bei der Körperschaftssteuer entlastet, so dass<br />
Gemeinden höhere Hebesätze bei der Gewerbesteuer zur Anwendung bringen können.<br />
Gewerbesteuer-Umlage<br />
Eine Rückzahlung der Gemeinden an den Bund und an das Land aus dem örtlichen Aufkommen der Gewerbesteuer (ca. 10<br />
Prozent).<br />
Grundsteuer<br />
Erfasst Grundstücke, veraltet bezogen auf das Berechnungsjahr 1935 (neue Bundesländer) bzw. 1964 (alte Bundesländer),<br />
nach Einheitswert, bzw. Bodenrichtwert. Gemeinde setzt in Grenzen den Hebesatz dafür fest und kann somit die Höhe der<br />
Grundsteuer unmittelbar bestimmen.<br />
Haushaltssicherungskonzept (HSK)<br />
Muss aufgestellt und fortgeschrieben werden, wenn die Kommunen über mehrere Jahre Haushaltsdefizite aufweist.<br />
Kommunalaufsicht des Landes fordert dabei in der Regel freiwillige Leistungen und Personalkosten zu kürzen.<br />
Hebesatzrecht<br />
Jede Gemeinde hat das Recht, den Steuersatz für Grund- und Gewerbesteuer selbst festzusetzen. Das Hebesatzrecht befördert<br />
die kommunale Konkurrenz.<br />
Infrastruktur-Investitionen<br />
z. B. Errichtung von bezahlbarem Wohnraum, Radwegen, Gewerbegebieten, Schulbauten u. a., also langfristige Projekte<br />
(Vermögenszuwachs).<br />
Kassenkredite<br />
Kredite, die nur für kurzfristige Schuldenaufnahme zur Deckung von Ausgaben zulässig sind, genehmigungspflichtig durch<br />
Kommunalaufsicht, heute ausgedehnt auf den ganzen Haushalt.<br />
Kommunalaufsicht<br />
Kontroll- und Aufsichtsorgan für die Kommunen, meist im Landesinnenministerium angesiedelt.<br />
Kommunale Kammer<br />
Vorgeschlagenes neues Gremium, das ein Vetorecht beim Erlass neuer Landes- und Bundesgesetze besitzen soll, analog<br />
dem Bundesrat für die Länder bei Bundesgesetzen, in Rheinland-Pfalz Mitwirkung des „Kommunalen Rates“ in der Landesgesetzgebung,<br />
allerdings wenig wirksam.<br />
Kommune = Landkreis, Stadt oder Gemeinde<br />
Unterste Gebietskörperschaft.<br />
59
Konjunkturrat<br />
Gremium der Bundesregierung nach dem Stabilitätsgesetz unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände.<br />
Konnexitätsprinzip<br />
Konnexität = Verbindung<br />
Der auftragende Gesetzgeber (Verursacher von Kosten) muss für die Folgekosten des Auftrages an Land oder Kommune<br />
aufkommen.<br />
Wer eine Maßnahme beschließt, muss sie auch bezahlen. Doch dieses Prinzip wird selten beachtet. Die Kommunen haben<br />
kaum Möglichkeit, eine Aufgabe ohne Kostenübernahme abzuwehren, wie das Land mit dem Bundesrat. Es betrifft die<br />
föderale Beziehung Bund – Land oder Bund - Kommune, oder Land – Kommune.<br />
Konsultationsmechanismus<br />
Ein Verfahren, mit dem sich die Kommunen in Österreich gegen Folgekosten durch Gesetze gegenüber dem Bund wehren<br />
können. Bisher kein sicheres Mittel gegen chronische Unterfinanzierung der Kommunen.<br />
Konzessionsverträge<br />
Privatrechtliche, befristete Verträge zwischen Gemeinden und Energieversorgern. In ihnen verzichten die Gemeinden auf<br />
eine öffentliche Versorgung der Bürger mit Energie. Nur geringer Einfluss des Gemeinderates.<br />
Landesrechnungshof<br />
Soll Haushalt und Wirtschaftsweise der öffentlichen Verwaltung im Land kontrollieren, besitzt keine eigenen Sanktionsmöglichkeiten.<br />
Lohnquote<br />
Ist das Verhältnis von Gesamt-Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP).<br />
Mehrwertsteuer<br />
Umsatzsteuer des Bundes/der Länder, von der 2,2 % an die Gemeinden fließen.<br />
Neoliberalismus<br />
Immer noch vorherrschendes Wirtschaftsmodell: Schlanker Staat, Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen,<br />
Ökonomisierung des öffentlichen Lebens, statt Daseinsvorsorge durch den Staat tritt eine Selbstverantwortung und Eigenbeteiligung<br />
des Bürgers: kurz:“ Privat kann es besser“.<br />
Öffentliche Güter<br />
Alle vom Staat (Kommunen) angebotenen Güter und Dienstleistungen.<br />
Öffentliche (kommunale) Unternehmen<br />
Unternehmen des Staates, die überwiegend der Daseinsvorsorge dienen. Ihre Rechtsformen sind Regiebetriebe, Eigenbetriebe,<br />
Anstalt öffentlichen Rechts, privatrechtliche GmbH oder AG.<br />
Öffentliche Private Partnerschaft (ÖPP) = Public Private Partnership (PPP)<br />
Langfristige Beteiligung privaten Kapitals und Unternehmen zur Erfüllung staatlicher (kommunaler) Aufgaben, meist eine<br />
Form der Privatisierung. Hoheitliche Aufgaben können vollständig oder teilweise an Private übertragen werden. Oft verbunden<br />
mit Geheimverträgen und Ausschluss parlamentarischer Kontrolle. z.B. Toll Collect.<br />
Privatisierung<br />
Zielsetzung: Staat soll nur noch einen Rahmen setzen, alles andere wird marktförmig organisiert, Entbürokratisierung,<br />
Effizienzsteigerung. Haushaltsentlastung.<br />
Formelle Privatisierung: öffentliches Unternehmen wird in ein privatrechtliches umgewandelt (GmbH, AG) nur die Aufgaben<br />
an private Akteure vergeben. z. B. Kreislaufwirtschaftsgesetz (1996), man spricht von Beleihung.<br />
Materielle Privatisierung: Private Investoren übernehmen Anteile an öffentlichen Dienstleistungserstellern z.B. ÖPNV, Krankenhäuser,<br />
Altersversorgung, Wohnungen, Wasser, Müllentsorgung, Krankenversicherung, Soziale Einrichtungen, Energie.<br />
Gemeinderäte verlieren die Kontrolle und den Einfluss auf das Unternehmen.<br />
Realität : selten Haushaltsentlastung, meist durch Renditeorientierung Senkung der Lohnkosten zu Lasten der Mitarbeiter<br />
und Einschränkung des Angebots zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger. Weitere Folgen: Lohndumping, Private Monopole,<br />
Entlassung von Fachexperten aus öffentlichem Dienst.<br />
Quorum<br />
Mindestbeteiligung bei Abstimmungen.<br />
Referendum<br />
Teil der Direkten Demokratie: eine Abstimmung von Bürgern über eine vom Parlament oder der Regierung ausgearbeitete<br />
Vorlage.<br />
60<br />
Rechtsgrundlagen – aus dem Grundgesetz (GG)<br />
Art. 28,2 Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden:<br />
Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der öffentlichen Gemeinschaft im Rahmen der<br />
Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln...<br />
Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen<br />
Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatz zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.<br />
Art. 72,2 fordert gleichwertige Lebensverhältnisse durch Bundesgesetze
Art. 84, Abs. 1 Satz 7, auch Art 85, Abs. 1: Durchgriffsverbot<br />
Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.<br />
Art. 104a, Abs. 1 und Art 196 und 107: Steuern für Gemeinden<br />
Regelt Verteilung, Finanzausgleich zwischen Bundesländern und zwischen Gemeinden eines Bundeslandes.<br />
Art. 106 Abs. 9<br />
Deutet an, dass Gemeinden keine eigene föderale Ebene darstellen, sondern Teil des jeweiligen Landes sind.)<br />
Art. 109 Abs. 3 und Art 115 Schuldenbremse<br />
Im Bund ab 2016 in den Ländern ab 2020. Grundsätzlich sind die Haushalte von Bund und Ländern ohne Kredite auszugleichen,<br />
mit Grenzen nach Art 115.<br />
Rekommunalisierung<br />
Macht eine vorangegangene Privatisierung rückgängig, um wieder Vorteile für die Region zu bekommen und öffentliche<br />
Kontrolle und Steuerung herzustellen.<br />
z.B. Wiedergründung von Stadtwerken, Energie in Bürgerhand, Energieversorgung Schönau, Wasserversorgung, Müllabfuhr,<br />
alles jetzt mit demokratischer Kontrolle/Steuerung.<br />
Schuldenbremse<br />
Verpflichtung des Bundes und der Länder, keine Kredite mehr aufzunehmen d.h. keine neuen Schulden zu machen. Art. 109<br />
Abs. 3 und 115 GG.<br />
Selbstverwaltung<br />
Recht der Kommunen nach Art 28. Abs. 2 GG ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.<br />
Spitzenverbände<br />
Kommunale Verbände als e.V., welche die Interessen der Gemeinden, Städte und Landkreise in den Ländern und im Bund<br />
vertreten.<br />
Staatsquote<br />
Anteil der staatlichen Wirtschaftsaktivität an der Gesamtleistung der Volkswirtschaft (Bruttoinlandsprodukt).<br />
Stabilitätsrat<br />
Bund-Länder-Gremium ohne Gemeinde-Beteiligung zur Überwachung der Haushalte von Bund und Ländern.<br />
Standortmarketing<br />
Werbung der Gemeinde für Ansiedlung von Unternehmen, z.B. durch niedrige Hebesätze und Bildungsinfrastruktur.<br />
Stellenplan<br />
Der Stellenplan ist Bestandteil (Anlage) <strong>zum</strong> kommunalen Haushaltsplan.<br />
Auf ihm beruhen die Ansätze für die Personalausgaben.<br />
Nach den Gemeindehaushaltsverordnungen der Länder hat der Stellenplan die im Haushaltsjahr (HH-Jahr) erforderlichen<br />
Stellen der Beamten und der nicht nur vorübergehend tätigen Beschäftigten auszuweisen.<br />
Der Stellenplan wird mit dem Beschluss des Gemeinderates über die Haushaltssatzung (HH-Satzung) und (soweit kommunalrechtlich<br />
vorgeschrieben mit der kommunalaufsichtlichen Genehmigung) rechtsverbindlich.<br />
Vom Stellenplan darf nur abgewichen und höhere Personalausgaben dürfen nur ausgegeben werden, wenn dies auf Grund<br />
von Änderungen des Beamten-Besoldungsrechtes oder der Tarifverträge für Beschäftigte notwendig sein sollte.<br />
Eine Abweichung vom Stellenplan ist auch dann möglich, wenn dies für die Erfüllung neuer Aufgaben notwendig ist. Hier<br />
sind jedoch enge Maßstäbe anzusetzen.<br />
Eine Änderung des Stellenplanes ist nur über eine Nachtragshaushaltssatzung möglich. Ein einfacher Beschluss reicht hier<br />
nicht aus.<br />
Änderungen des Stellenplanes können sein:<br />
• Neueinstellung von Beamten, Beschäftigten (soweit diese Stellen nicht vorgesehen waren),<br />
• Beförderung von Beamten (soweit diese Beförderung nicht im Stellenplan vorgesehen war),<br />
• Höhere Entgeltgruppen für Beschäftigte (soweit diese im Stellenplan nicht enthalten waren).<br />
Der Stellenplan des Vorjahres gilt weiter, bis die HH-Satzung für das neue Jahr erlassen ist.<br />
Steuerautonomie<br />
Spielraum der Gemeinden in der Festsetzung des Hebesatzes bei der Grund- und Gewerbesteuer.<br />
Subsidiaritätsprinzip<br />
Eine öffentliche Aufgabe sollte auf der tiefsten Ebene erledigt werden. Dies ist auch ein wichtiges Prinzip in der EU-Verfassung.<br />
Verpflichtungsermächtigungen (VE)<br />
Die Festsetzung der Verpflichtungsermächtigungen (VE) in der Haushaltssatzung ist die eigentliche Ermächtigung, dass die<br />
Gemeinde bereits im laufenden Haushaltsjahr Verpflichtungen für künftige Haushaltsjahre für Investitionen eingehen kann.<br />
In der Haushaltssatzung muss der Gesamtbetrag der VE ausgewiesen werden. Dieser Gesamtbetrag unterliegt der rechtsaufsichtlichen<br />
Genehmigung.<br />
Die einzelne Verpflichtungsermächtigung ist im Haushaltsplan darzustellen.<br />
61
Wettbewerb<br />
Grundkriterium neoliberaler Wirtschaftssysteme.<br />
Wettbewerbs-Föderalismus<br />
Führt zur Abwärtsspirale kommunaler Einnahmen durch gegenseitige Unterbietung der konkurrierenden Nachbargemeinden.<br />
Zukunftsvertrag<br />
Vertrag zwischen Land und Kommune, um die Schuldenlast der Kommune zu reduzieren. Durch deutliche Reduzierung der<br />
freiwilligen Leistungen und durch Personalabbau soll ein ausgeglichener Gemeinde-Haushalt für eine Zeit von z.B. 10 Jahren<br />
erreicht werden. Als „Belohnung“ übernimmt das Land einen erheblichen Anteil (z.B.75%) der Gemeinde - Schulden. Chronische<br />
Unterfinanzierung bleibt bestehen.<br />
Zweckverband<br />
Vertragliche Zusammenarbeit von Gemeinden, um bestimmte Aufgaben gemeinsam wahrzunehmen:<br />
ÖPNV, Trinkwasser, Abwasser, Müllentsorgung. Zweckverband ist eigene Rechtsperson (Körperschaft des öffentlichen<br />
Rechts).<br />
Zweitwohnungssteuer<br />
Die Abgabenhoheit ist Teil der Finanzhoheit der Gemeinde und damit Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung nach<br />
Art. 28 Abs. 2 GG. Die Abgabenerhebung liegt im Ermessen der Gemeinde, soweit nicht die Gemeinde zur Abgabenerhebung<br />
gesetzlich verpflichtet ist (z.B. Erschließungsbeiträge nach BauGB).<br />
Abgaben, sind Geldleistungen, die dem Abgabenpflichtigen durch Satzung auferlegt werden. Abgaben sind Beiträgen,<br />
Gebühren, sonstige Entgelte und Steuern (vgl. Uckel, Hauth, Hoffmann; Kommunalrecht in Thüringen, Erläuterung Nr. 1 zu §<br />
54 ThürKO).<br />
Die Gemeinden sind durch das Kommunalabgabengesetz ermächtigt, die Erhebung von kommunalen Abgaben durch Satzung<br />
einzuführen. Dabei sind bestimmte Formvorschriften und Verfahrensvorschriften einzuhalten. Der Satzungserlass liegt<br />
in der ausschließlichen Zuständigkeit des Gemeinderates.<br />
Kommunale Steuersatzungen bedürfen der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde.<br />
Verfahrensvorschriften sind im Kommunalabgabengesetz nicht enthalten. Vielmehr wird im Kommunalabgabengesetz im Interesse<br />
der Rechtseinheit und der Verwaltungsvereinfachung auf das Verfahrensrecht der Abgabenordnung (AO) verwiesen.<br />
Neben der Erschließung zusätzlicher Einnahmen erhoffen sich die Gemeinden von der Zweitwohnungssteuer eine sogenannte<br />
Lenkungswirkung mit dem Ziel, dass weitere Personen mit Nebenwohnsitz ihren Hauptwohnsitz in die betreffende<br />
Kommune nehmen. Dies hätte unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe der Zuweisungen im Rahmen des kommunalen<br />
Finanzausgleichs (Schlüsselzuweisungen, Vorwegschlüsselzuweisungen, Investitionspauschale).<br />
Die Erhebung einer sogenannten Zweitwohnungssteuer liegt im Ermessen der Gemeinde.<br />
Mögliche Satzungsregelungen zur Zweitwohnungssteuer<br />
• Definition Zweitwohnung: Zweitwohnung ist jede Wohnung, über die jemand neben seiner Hauptwohnung als Nebenwohnung<br />
im Sinne des Meldegesetz verfügt. Wohnung ist die Gesamtheit von Räumen, die <strong>zum</strong> Wohnen oder Schlafen<br />
genutzt werden. Eine Wohnung ist eine Nebenwohnung, wenn sie einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person im<br />
Sinne von § 15 des Meldegesetzes zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs dient (Gilt auch für Personen, die eine<br />
Wohnung als Nebenwohnung nutzen, ohne dies gemeldet zu haben).<br />
• Steuerpflichtiger: Ist derjenige, der im Gebiet der Gemeinde eine Zweitwohnung innehat. Haben mehrere Personen<br />
gemeinschaftlich eine Zweitwohnung inne, so sind sie Gesamtschuldner. Inhaber der Zweitwohnung ist derjenige,<br />
dessen melderechtliche Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung zur Folge haben.<br />
• Bemessungsgrundlage: Die Steuer bemisst sich nach der aufgrund des Mietvertrages für die Nutzung im Besteuerungszeitraum<br />
(Kalenderjahr) geschuldeten Nettokaltmiete.<br />
• Steuersatz: Ist ein vom Hundert-Satz der Bemessungsgrundlage.<br />
• Anzeigepflicht: Das Innehaben einer Zweitwohnung oder deren Aufgabe ist der Stadt anzuzeigen.<br />
• Mitteilungspflicht: Der Steuerpflichtige hat für jeden Ermittlungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem<br />
Vordruck abzugeben. Eine Ablichtung des Mietvertrages ist beizufügen.<br />
• Weitere Satzungsbestimmungen: Allgemeines, Steuergegenstand, Besteuerungszeitraum, Ermittlungszeitraum,<br />
Beginn und Ende der Steuerpflicht, Steuerfestsetzung, Übergangsbestimmungen, Ordnungswidrigkeiten, Fälligkeit,<br />
Inkrafttreten<br />
62