ErnteDank - Miteinander
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miteinander 9/2013<br />
Umverteilung<br />
Ernte gut, alles gut?<br />
Beim alljährlichen Dank für die<br />
Ernte kommt auch die Kehrseite der<br />
Lebensmittelvielfalt in den Blick:<br />
leere Mägen hier, tonnenweise<br />
Nahrungsmittel im Müll dort.<br />
Doch es regt sich Widerstand.<br />
Nicht zu überhören ist das Klappern und Klirren<br />
von Tellern und Besteck. Doch viel auffälliger<br />
ist der unverkennbare Geruch von<br />
Gurken. Das dominante Aroma führt einen<br />
direkt in die kleine Küche, in der das Abendessen<br />
gerade zubereitet worden ist: Gurkensuppe,<br />
danach Gurkensalat zu den Hascheenudeln<br />
– „und natürlich auch immer eine<br />
Nachspeise“. Verantwortlich für diese Mahlzeit<br />
sind heute Maria Zahnt und Gertrude<br />
Dolecek. Sie kochen nicht für sich oder ihre<br />
Familien. Einmal in der Woche bewirten sie<br />
gemeinsam mit anderen Freiwilligen rund<br />
30 Gäste, die regelmäßig zum „Altsimmeringer<br />
Nachtmahl“ kommen.<br />
Der kleine Saal der Pfarrgemeinde im elften<br />
Wiener Gemeindebezirk ist fast voll. Gesprochen<br />
wird nicht viel – jedenfalls während der<br />
Hauptspeise. Man will sie warm genießen.<br />
„Einmalig!“, lobt einer jener Menschen, die<br />
aus ganz Wien hierher kommen, das heutige<br />
Gericht nach seinem ersten Bissen.<br />
Jeder hat seine eigenen Gründe, warum er die<br />
angebotene kostenlose Mahlzeit annimmt –<br />
keine Wohnung oder weil das Geld für ein<br />
Essen oft einfach nicht mehr ausreicht. Es<br />
sind Junge und Alte darunter. Manche kommen<br />
selten, andere regelmäßig und bereits<br />
seit Jahren. Wie Gerhard. Er schätzt vor allem<br />
die abwechslungs- und gemüsereiche<br />
Kost. Aber auch der überschaubare, gemütliche<br />
Rahmen zieht den Mann mit dem langen<br />
grauen Bart an.<br />
Geschenke<br />
Die Not jener, die oft zu wenig zu essen haben,<br />
trifft hier auf Menschen, die gerne geben.<br />
Dazu zählen nicht nur die Köchinnen<br />
und das Team an freiwilligen Helfern, die<br />
ihre Zeit schenken. Ermöglicht wird die wöchentliche<br />
warme Mahlzeit auch durch Sachspenden:<br />
Diesmal kommen die Gurken von<br />
Gärtnern, deren Anbauflächen einen großen<br />
Teil der Bezirksfläche von Simmering ausmachen.<br />
Auch Brot oder Süßspeisen sind Spenden an<br />
die Pfarre – oftmals Überbleibsel von Veranstaltungen<br />
und Festen. „So müssen sich die<br />
Spender keine Gedanken über die Entsorgung<br />
übrig gebliebener Lebensmittel machen“,<br />
erklärt Gertrude Dolecek. Der Rest<br />
wird hinzugekauft – finanziert aus Spendengeldern.<br />
Ein Problem tritt beim „Altsimmeringer Nachtmahl“<br />
ganz bestimmt nicht auf: dass etwas<br />
übrig bleibt oder gar weggeworfen werden<br />
muss. Schon nach wenigen Minuten werden<br />
die letzten Nudeln am Topfboden zusammengekratzt<br />
und ausgegeben – und der Topf wandert<br />
leer in die Küche zurück.<br />
Brücke zwischen Überfluss und Mangel:<br />
„Le+O“ gibt Lebensmittel an Armutsbetroffene<br />
weiter.<br />
Das „Altsimmeringer Nachtmahl“ ist mittlerweile<br />
zur Institution geworden. Das Projekt<br />
wurde von Franz Schramml gegründet. Als<br />
Diakon in der Pfarre Altsimmering verstehe<br />
er sich auch als Sozialarbeiter, erklärt er.<br />
Deswegen habe er eine Frühstücksinitiative<br />
für Obdachlose und Arme quasi adaptiert<br />
und in seiner eigenen Pfarre zum „Abendmahl“<br />
umgewandelt. Und so finden mittlerweile<br />
schon seit zehn Jahren einmal in der<br />
Woche Nahrungsmittel, die vielleicht hätten<br />
weggeworfen werden müssen, eine sinnvolle<br />
Verwendung.<br />
Kostbarkeiten<br />
Dass Lebensmittel kostbar, zu kostbar zum<br />
Wegwerfen sind, führt gerade auch das Erntedankfest<br />
vor Augen, bei dem der „Dank für<br />
die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“<br />
im Zentrum steht. Das Fest kann aber<br />
auch an Überfluss von Lebensmitteln auf der<br />
einen Seite und leere Mägen auf der ande-