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ErnteDank - Miteinander

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6<br />

miteinander 9/2013<br />

<strong>ErnteDank</strong><br />

Gastkommentar<br />

Ein Farbtupfer für das<br />

Gesicht der Welt<br />

Dankb<br />

Momente der Dankbarkeit<br />

Die Verkäuferin schenkte mir ein Lächeln<br />

und sagte: „Vielen Dank!“ Ein kleiner Augenblick<br />

des Wahrgenommen-Werdens brachte<br />

ihr Gesicht zum Leuchten. Nachdem sie mich<br />

dann bedient hatte, fragte sie, ob ich Punkte<br />

sammle – wofür weiß ich nicht, aber heute<br />

werden ja überall Punkte gesammelt. Ganz<br />

spontan antwortete ich: „Nein, aber ich sammle<br />

Momente der Dankbarkeit und des Lächelns“.<br />

Von ihr kam ein „Ach, wie schön!“<br />

Ein Augenblick überraschender Freude zwischen<br />

uns – eine Begegnung, die mich über<br />

viele Tage begleitet hat.<br />

Wer offenherzig danken lernt,<br />

der sieht mit neuen Augen und<br />

entdeckt Dinge, die er bisher nicht<br />

wahrgenommen hat.<br />

Es ist nicht lange her, da betrat ich in Wien<br />

eine Bäckerei, um mir Gebäck zu kaufen.<br />

Neben mir in der Warteschlange stand eine<br />

junge Frau, die telefonierte und in diesem<br />

Augenblick von der Bedienung zum dritten<br />

Mal angesprochen wurde, ohne dies zu bemerken.<br />

Sie reagierte nicht, einfach, weil sie<br />

es nicht hörte. Ich berührte sie am Ärmel<br />

und machte sie aufmerksam, dass ihr Gegenüber<br />

versuchte, mit ihr zu kommunizieren<br />

… Sie antwortete, wurde bedient, ging<br />

weg – ohne ein Wort.<br />

Die Farben der Welt<br />

Wir können wahrnehmen, dass Dank sehr oft<br />

mit einem Lächeln verbunden ist. Ja, Dank<br />

zaubert der Welt Farbe ins Gesicht, ein wenig<br />

mehr Leichtigkeit, Licht. Nicht, was wir<br />

einfordern, schenkt uns Leben, sondern das,<br />

was wir mit offenem Herzen empfangen können,<br />

macht uns glücklich. Da hat der Dank<br />

nicht den Geschmack kühler Höflichkeit –<br />

gegen die nichts einzuwenden ist –, sondern<br />

er öffnet uns für unsere Umwelt, für den<br />

Nächsten. Wer für alles danken kann, der<br />

sieht mit neuen Augen und entdeckt Dinge,<br />

die er bisher nicht beachtet hat.<br />

Dieser kurze Vorfall und viele solch kleine<br />

Augenblicke haben mich achtsamer, hellsichtiger<br />

und hellhöriger gemacht für den Dank.<br />

Dabei hilft mir auch, mir am Abend Zeit<br />

zu nehmen, den Tag unter der Frage anzuschauen:<br />

Was ist mir heute geschenkt worden?<br />

Wofür möchte ich danken? Den Tag unter<br />

diesem Blickwinkel noch einmal an mir<br />

vorbeiziehen zu lassen, ihn mir erneut anzueignen<br />

und dann Gott zu überlassen, gibt<br />

ihm Gewicht, Bedeutung. Und offenbart mir,<br />

wie das äußerlich Kleine bedeutsam sein<br />

kann. Ich möchte es nicht krampfhaft, sondern<br />

treu und spielerisch tun, vertrauend,<br />

dass ich unter dem liebenden Blick Gottes<br />

lebe.<br />

Vielleicht können wir unsere kleine Welt –<br />

da wo jede/jeder von uns lebt – in diese Dankbarkeit<br />

einschließen, ihr einen kleinen Farbtupfer<br />

aufs Gesicht malen? Versuchen wir’s<br />

miteinander!<br />

Kl. Sr. Gertrud Veronika<br />

Kleine Schwester Gertrud Veronika gehört der Gemeinschaft<br />

der Kleinen Schwestern Jesu von Charles<br />

de Foucauld an und lebt im Kloster in Regelsbrunn,<br />

Niederösterreich.<br />

Wer dankt, schlägt eine Brücke<br />

zum anderen. Eine Tugend, die<br />

der Moderatorin Barbara Stöckl<br />

zufolge heute nötiger ist denn je.<br />

Viele Kulturen und Epochen betrachten Dankbarkeit<br />

als erstrebenswerten, grundlegenden<br />

Aspekt der menschlichen Persönlichkeit und<br />

des Zusammenlebens, als wichtiges Bindeglied<br />

einer Gesellschaft. Dankbarkeit ist also<br />

nicht nur ein Gefühl, sondern eine Tugend.<br />

Der römische Politiker und Philosoph<br />

Cicero stellte fest, dass „Dankbarkeit nicht<br />

nur die größte aller Tugenden, sondern auch<br />

die Mutter aller Tugenden ist“.<br />

Dankbar sein kann nur der Mensch. Dazu bedarf<br />

es der Erinnerung, der Wahrnehmung<br />

des anderen, der Erkenntnis des Geschenkten<br />

und des Vermögens der Sprache. Erich<br />

Fromm hat Sprache als Ausdruck höchster<br />

Kultur bezeichnet. So betrachtet, ist es richtig<br />

und notwendig, „Danke“ zu sagen, weil<br />

es dadurch erst zu einer Beziehung kommt.<br />

In diesem Sinn heißt „Danke“ sagen, eine<br />

Brücke zum anderen herzustellen. Auch deshalb<br />

sind Traditionen und Bräuche des „Danke“-Sagens<br />

heute so wichtig. „Erntedank“ ist<br />

so ein besonders schönes und wichtiges Ritual,<br />

um Gott für die Gaben der Ernte zu<br />

danken.<br />

Wofür danken?<br />

Jeder Tag ist voll besonderer Geschenke,<br />

wenn wir sie erkennen. Alles ein Geschenk?<br />

Und das in einer Welt, in der wir uns so oft<br />

fragen: Wofür soll ich dankbar sein? In der<br />

das Gefühl, dass wir selbst unseres Glückes<br />

Schmied sind, überwiegt. In der Selbstver-

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