ErnteDank - Miteinander
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miteinander 9/2013<br />
Interview<br />
det, insofern er die Abhängigkeit von einem<br />
Schöpfergott mitdenkt. Die ökologische Aufladung<br />
kam dann erst später.<br />
Wird eine theologische Position heute im Umweltdiskurs<br />
überhaupt gehört?<br />
Ja, wenn sich die Kirche ihrerseits auch als<br />
Hörende und Lernende positioniert. Die internationalen<br />
und interdisziplinären Diskurse<br />
basieren stark auf Gegenseitigkeit. Wenn<br />
wir die hohe Kompetenz der säkularen NGOs<br />
(nichtstaatliche Organisationen, Anm.) ernst<br />
nehmen, dann öffnen sich diese ebenfalls.<br />
Es gibt also durchaus ein Gespür für den<br />
Wert theologischer Argumentation.<br />
Worin liegt der „Mehrwert“ theologischer Argumente<br />
genau?<br />
Schöpfungstheologische Ansätze können<br />
den „säkularen“ Diskurs inspirieren in dem<br />
Sinn, als sie den Wert des unverdienten Geschenks<br />
der Schöpfung betonen. Theologie<br />
hat aber auch eine wichtige kritische Funktion,<br />
insofern der Glaube aufdecken kann,<br />
dass manches heutige Konzept von Nachhaltigkeit<br />
bei genauer Betrachtung windelweich<br />
ist. Wo die Theologie den Bogen zur nächsten<br />
Generation schlägt, dort hat sie einen<br />
Maßstab an der Hand, dem viele hochpolierte<br />
Corporate Social Responsibility-Konzepte<br />
(Konzepte für verantwortliches unter-<br />
Religion bietet zahlreiche Ansatzpunkte für einen nachhaltigen,<br />
ressourcenschonenden Lebensstil.<br />
nehmerisches Handeln, Anm.) von rein wirtschaftlich<br />
interessierten Unternehmen heute<br />
nicht standhalten.<br />
Was sind denn konkrete Arbeitsfelder heutiger<br />
Schöpfungstheologie?<br />
Die aktuellen Fragen der Nachhaltigkeit und<br />
der Schöpfungsverantwortung werden vor<br />
allem im Bereich der Schöpfungsethik verhandelt.<br />
Da hat sich in den vergangenen Jahren<br />
der Fokus hin zu spirituellen Aspekten<br />
der Nachhaltigkeit und zu einem nachhaltigen<br />
Lebensstil verlagert. Schließlich wird<br />
sich nichts ändern, wenn wir nicht bei uns<br />
persönlich, bei unserem Lebensstil anfangen.<br />
Und Lebensstilfragen sind letztlich Urfragen<br />
der Religion: Wie können wir mit<br />
begrenzten Ressourcen glücklich werden?<br />
Wichtiger werden außerdem die Fragen nach<br />
den Mitgeschöpfen – den Tieren – und unserem<br />
Umgang mit ihnen. Da hat die Theologie<br />
meines Erachtens viel zu lange weggeschaut.<br />
Welches Zeugnis stellen Sie der Kirche in<br />
Sachen Nachhaltigkeit aus?<br />
Eine einheitliche Beurteilung ist schwierig.<br />
In vielen Pfarren sehe ich sehr gute Ansätze,<br />
etwa bei der Energieversorgung von<br />
kirchlichen Einrichtungen oder Pfarrhöfen.<br />
An anderen Stellen gibt es weiterhin Nachholbedarf.<br />
Ich glaube, wir dürfen uns da<br />
nicht übermäßig loben: Wir sind nicht besser<br />
oder schlechter als andere große Organisationen,<br />
aber wir haben einen besonderen<br />
Auftrag und ein Potenzial – und daran<br />
erinnert das Erntedankfest.<br />
Das Interview führte<br />
Henning Klingen.<br />
Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger,<br />
1987 zum Priester<br />
geweiht, ist Vorstand des<br />
Instituts für Moraltheologie<br />
an der Katholisch-Theologischen<br />
Privatuniversität Linz,<br />
u. a. mit dem Forschungsschwerpunkt<br />
Schöpfungsethik.<br />
Er ist Umweltsprecher<br />
der Diözese Linz und seit<br />
2004 Mitglied der Gentechnik-Kommission<br />
beim österreichischen<br />
Bundesministerium<br />
für Gesundheit.