Festansprache David Statnik (Textversion) - Der Nordschleswiger
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der Niederlausitz mit jeweils 30 Burgbezirken zu den wichtigsten sorbischen<br />
Stämmen.<br />
Seit dem Ende des 8. Jahrhunderts mehrten sich kriegerische<br />
Auseinandersetzungen mit den benachbarten fränkischen und sächsischen<br />
Stämmen, bis sich im 10. Jahrhundert die Waage zugunsten des frühfeudalen<br />
deutschen Staates neigte. Trotz Gegenwehr verloren die Lusizer im Jahr 963<br />
und die Milzener wenig später, im Jahr 990, ihre politische und ökonomische<br />
Unabhängigkeit. Seitdem, das sei vorweggenommen, haben die Sorben ihre<br />
Unabhängigkeit nie wieder erlangt.<br />
Damit einher ging die Christianisierung dieser Landstriche; Bistümer wurden<br />
gegründet und bald erfasste ein Netz von Kirchen das gesamte sorbische<br />
Siedlungsgebiet. Die Sorben wurden kulturell, politisch und ökonomisch ins<br />
deutsche Reich einbezogen, während sich Sprache, Brauchtum und<br />
Lebensweise weiter eigenständig behaupten konnten. Zu Assimilation und<br />
Germanisierung trugen rechtliche Unterschiede ebenso bei wie generelle<br />
Sprachverbote.<br />
Kein Sachse möge eines Wenden Urteil leiden, und Wenden, die vor<br />
Gericht schon einmal deutsch gesprochen hätten, müssten dies auch<br />
zukünftig tun, hieß es etwa im »Sachsenspiegel«, einem Rechtsbuch<br />
aus dem 13. Jahrhundert. 2<br />
Lediglich uns, den Lausitzer Sorben, Nachkommen der Oberlausitzer Milzener<br />
und der Niederlausitzer Lusizer, ist es gelungen, bis in die Gegenwart unsere<br />
Sprache und Kultur zu erhalten. Die historischen Wurzeln sind bis heute an den<br />
beiden sprachlichen Idiomen sichtbar: dem Obersorbischen auf der Grundlage<br />
des Bautzener Dialekts, das der tschechischen und slowakischen Sprache<br />
näher ist, und dem Niedersorbischen, das aus dem Dialekt um Cottbus<br />
entstanden und dem Polnischen enger verwandt ist. Letzteres wird auch<br />
Wendisch genannt (dies ist eine Fremdbezeichnung); die Sorben selbst haben<br />
sich stets als »Serbja« (os.) und »Serby« (ns.) bezeichnet. 3<br />
2 Kunze, ebd., S. 17<br />
3 Neben dieser Bezeichnung ist im Deutschen heute noch der Begriff “Wenden” verbreitet, insbesondere inn<br />
der Niederlausitz. Dieser geht zurück auf römische Geschichtsschreiber, die ihnen im Einzelnen nicht bekannte<br />
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