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Dokumentation der Fachtagung vom 4.6.2013 in Berlin - Perspektive ...

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Stefan Sell<br />

13<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erwachsenenbildung, dass <strong>der</strong> zentrale<br />

Wirkfaktor – aus Sicht <strong>der</strong> Wissenschaftler „lei<strong>der</strong>“<br />

– die Personen s<strong>in</strong>d. Strukturen kann ich <strong>in</strong> Organigramme<br />

pressen, ich kann PowerPo<strong>in</strong>t-Folien machen,<br />

ich kann Strukturvariablen def<strong>in</strong>ieren und messen,<br />

Kennzahlen bilden. Aber diese vielen unterschiedlichen<br />

Personen und ihre Interaktionen, wie fasse ich die jetzt<br />

wissenschaftlich?<br />

Derzeit <strong>in</strong> vielen Artikeln und Hörfunksendungen<br />

zu Fragen <strong>der</strong> Schulbildung höchst aktuell und gerne<br />

diskutiert: Die sogenannte „Hattie-Studie“, die aber<br />

letztendlich alter We<strong>in</strong> <strong>in</strong> neuen Schläuchen ist. Es ist<br />

doch e<strong>in</strong>e alte pädagogische Grun<strong>der</strong>kenntnis, dass<br />

das Unterrichtsklima des Lehrpersonals im positiven<br />

wie im negativen S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>e zentrale Wirkdimension<br />

im pädagogischen Prozess ist. Das weiß je<strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

selber mal unterrichtet hat. Dann ist doch klar, dass<br />

die Akteure eigentlich e<strong>in</strong>e ganz wichtige Ebene <strong>der</strong><br />

Bildungspolitik se<strong>in</strong> müssten und dass wir auch die<br />

Innovationen und die knappen Ressourcen auf dieses<br />

Beziehungsgefüge fokussieren müssten.<br />

Die weit über die Bedeutung für die re<strong>in</strong> kognitive<br />

Wissensvermittlung h<strong>in</strong>ausgehende Rolle <strong>der</strong> Lehrenden<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule beziehungsweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung<br />

<strong>der</strong> Betriebe – das ist ja auch e<strong>in</strong>e Lernstätte – kann<br />

man sich vor dem H<strong>in</strong>tergrund grundlegen<strong>der</strong> gesellschaftlicher<br />

Verän<strong>der</strong>ungen beispielsweise daran verdeutlichen,<br />

dass sie zunehmend auch e<strong>in</strong>e Elternersatzfunktion<br />

übernehmen müssten. Viele Betriebe wollen<br />

das aber nicht mehr tun, auch weil sie viele Jahre e<strong>in</strong><br />

Überangebot an Auszubildenden erlebt haben, müssten<br />

es jedoch – gerade bei <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Jugendlichen<br />

o<strong>der</strong> jungen Menschen, über die wir hier reden.<br />

In <strong>der</strong> bildungspolitischen Diskussion wird oftmals<br />

über Strukturen, Strukturen, Strukturen geredet,<br />

immer wie<strong>der</strong> wird an Strukturen herumgefummelt.<br />

Ich weiß, ich b<strong>in</strong> jetzt auf dünnem Eis. Ich sehe<br />

Gesichter, die e<strong>in</strong> Zögern ausdrücken: ‚Moment, <strong>in</strong><br />

dem Programm steht das doch dr<strong>in</strong>. Wir s<strong>in</strong>d gerade<br />

auf- und angetreten, um Strukturen zu verbessern<br />

und zu schaffen’. Ja, aber lassen Sie mich e<strong>in</strong>e holzschnittartige<br />

Bewertung des gesamten Geschehens im<br />

Übergangssystem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Satz pressen: Nirgendwo, <strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong>em Handlungsfeld, habe ich <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

so oft die Worte Koord<strong>in</strong>ierung und Kooperation<br />

angetroffen, wie im Feld des Übergangssystems. Alle<br />

reden über Strukturen, mit denen man koord<strong>in</strong>iert<br />

und kooperiert, aber wie e<strong>in</strong>e gläserne Decke ist die<br />

logisch am Ende sich stellende Frage: •Wer hat denn<br />

verb<strong>in</strong>dlich am Ende den Hut auf?• Und seien wir mal<br />

ehrlich, durch die Vielzahl <strong>der</strong> Akteure <strong>in</strong> diesem Feld<br />

kreist man immer um die Begriffe „Koord<strong>in</strong>ation“ und<br />

„Kooperation“. Das ist ke<strong>in</strong> Vorwurf, son<strong>der</strong>n das ist<br />

e<strong>in</strong>e soziologische Notwendigkeit o<strong>der</strong> Logik, um am<br />

Ende nicht festlegen zu müssen, wer letztendlich die<br />

Entscheidungen trifft, die Mittel verantwortet und<br />

auch die Ergebnisse verantworten muss. Nicht, dass es<br />

<strong>in</strong> diesem Feld zu wenige Strukturen gäbe. Sie zielen<br />

mit Ihrer Arbeit darauf ab, e<strong>in</strong>en Push <strong>in</strong> die richtigen<br />

Strukturen h<strong>in</strong>zukriegen. Wir haben aber schon e<strong>in</strong>e<br />

sehr <strong>in</strong>tensive Strukturdiskussion, die jedoch oftmals<br />

nicht die eigentliche Frage stellt: ‚Was braucht man am<br />

Ende an Verb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>in</strong> diesem Bereich?’<br />

Auch ich habe bei <strong>der</strong> Beschäftigung mit dem<br />

Übergangssystem wegen <strong>der</strong> ganzen Abkürzungen<br />

Kopfschmerzen bekommen. Schauen Sie sich e<strong>in</strong>mal<br />

den neuesten Berufsbildungsbericht an, was gibt es da<br />

nicht alles an Abkürzungen. Der Abkürzungswahn ist<br />

natürlich auch e<strong>in</strong>e Folge e<strong>in</strong>es ganz an<strong>der</strong>en realen<br />

Problems, das hier nur angedeutet werden kann: Das<br />

Problem mit den ganzen unterschiedlichen Maßnahmen,<br />

Programmen, Initiativen, Projekten usw., die wir<br />

<strong>in</strong> diesem Bereich haben.<br />

Das Programm „<strong>Perspektive</strong> Berufsabschluss“ mit<br />

den beiden För<strong>der</strong><strong>in</strong>itiativen „Regionales Übergangsmanagement“<br />

und „Abschlussorientierte modulare<br />

Nachqualifizierung“, über das wir heute hier reden, ist<br />

ja nur e<strong>in</strong> Teil <strong>in</strong> diesem Universum von Programmen<br />

und Projekten. Ich habe versucht, mir selbst die gesamte<br />

Beschreibung dieser För<strong>der</strong><strong>in</strong>itiativen auf zwei Sätze<br />

e<strong>in</strong>zudampfen, um zu verstehen, was Sie da eigentlich<br />

machen:<br />

Me<strong>in</strong>e Übersetzung <strong>der</strong> För<strong>der</strong><strong>in</strong>itiative 1 ist: „Wie<br />

kriegen wir die jungen Leute rüber?“<br />

Die Übersetzung von För<strong>der</strong><strong>in</strong>itiative 2 ist: „Wie kriegen<br />

wir die Leute später noch mal re<strong>in</strong>?“<br />

So geht es auch, o<strong>der</strong>? Damit könnte man – scherzhaft<br />

formuliert – e<strong>in</strong>e Menge Druckkosten sparen. Wenn<br />

man diese Fragen reflektiert, dann sehen Sie schon<br />

die zentralen Probleme: Bei beiden geht es um das<br />

„Wie?“. Also wie, mit welchen Methoden, mit welchen<br />

Instrumenten, mit welchen Leuten schaffe ich das, was

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