Seite 22 Tugenden und Laster September 2009 Die eigentlichen Wurzeln des Neides Aus dem oben gesagten ergibt sich schon, dass die häufigste Ursache des Neides die Ruhmsucht ist. Der Mensch, der die Ehre vor anderen Menschen sucht und nicht daran denkt, dass es wichtig ist, wie er vor Gott dasteht, ist für den Neid anfällig. Die Ruhmsucht hat ihre eigentliche Wurzel wiederum im Stolz, der letztlich die Quelle aller Übel ist. Der stolze Mensch glaubt, auf sich allein bauen zu können und keine Hilfe zu brauchen. Der Stolz nimmt dem Menschen Sicht auf die Wirklichkeit der Dinge und verdunkelt auch die Selbsterkenntnis. Der heilige Gregor schreibt im Zus<strong>am</strong>menhang mit den Hauptsünden. „Denn der erste Sprosse des Stolzes ist die eitle Ruhmgier, und diese erzeugt, während sie den von ihr gedrückten Geist verdirbt, alsbald den Neid.“ Eine weitere Ursache des Neides kann auch der Kleinmut sein, eine komplexhafte oder schuldhafte Unterschätzung der eigenen Person, Gaben und Qualitäten. Dem Kleinmütigen erscheint alles bedeutend, und wenn jemandem etwas Geringes gelingt, meint er schon, er sei in etwas Großem überwunden worden. Die Töchter des Neides Der Neid ist nicht nur in sich ein Schaden für die Gesundheit und die Seele des Menschen, sondern er bildet auch die Ursache für weitere Übel bzw. Sünden, die er hervorbringt. Kirchenväter sprechen von den Töchtern dieses Lasters. Wer einen anderen beneidet, gerät in Versuchung, ihn schlecht zu machen, ihn zu verleumden und schließlich auch ihm aktiv zu schaden. Wenn der Neid sich weiter verfestigt, dann führt er <strong>am</strong> Ende zum Hass. So führt der heilige Gregor unter den Kindern des Neides auch die üble Nachrede, das Murren und den Hass an. Die häufig vorkommende Schadenfreude zählt der heilige Thomas zum Neid selbst dazu. Der klerikale Neid Eine spezielle Form des Neides ist der klerikale Neid. So war der Priester Florentinus auf das Wirken des Hl. Benedikt neidisch. Er fing, an, dessen Mönchsleben zu verleumden. So verzehrte er sich mehr und mehr in der Fl<strong>am</strong>me des Neides, sodass er immer boshafter wurde. Der Neid trieb ihn so weit, dem Hl. Benedikt vergiftetes Brot zu senden. Wenn der Priester oder Mönch zufrieden ist und weiß, wer er ist und was Gott ihm anvertraut hat, dann wird er dankbar und zufrieden sein. Er braucht dann weder eine Sebstbestätigung noch das Lob anderer. Der Neid ist besiegt. Hilfen, um den Neid zu überwinden Es ist auch klar, dass viele Menschen, die dem Neid verfallen sind, gerne davon loskommen möchten, weil sie spüren, dass der Neid ihnen die Lebensfülle, Freude und andere geistigen Güter nimmt. Grundsätzlich gibt es bei allen Lastern die Möglichkeit, diese direkt bzw. an der Wurzel oder durch das Erstreben der gegenteiligen Tugend zu überwinden. Hier einige Vorschläge, wie der Neid mit der Zeit überwunden werden kann: - Durch wahre Erkenntnis der Werte: Ein erster Weg, einen Neid zu überwinden, ist das Bemühen um Erkenntnis wahrer Werte. Wer ein christliches Wertbewusstsein hat, der versteht, dass es sich nicht lohnt, jemanden wegen vergänglicher Güter zu beneiden. Wer vom Glauben her denkt, für den sind irdische Güter keine Höchstwerte, und er weiß, dass es unvernünftig ist, neidisch zu sein. Im Alten Test<strong>am</strong>ent wird gemahnt, den Gottlosen nicht um sein unverdientes Glück zu beneiden, weil dieses Glück ja doch trügerisch ist und die Gottlosen „rasch wie Gras verdorren.“ - Durch richtige Selbstliebe und Selbsterkenntnis: Wer sich selbst liebt und sich auch erkennt, der weiß auch, was für seine Seele und für sein Heil das wichtigste ist. Diese Erkenntnis bewahrt ihn vor dem Neid und lässt ihn nach dem Streben, was im Himmel ist. - Durch die Heilige Beichte: Jeder Mensch wird spüren, dass er Grenzen hat und letztlich nur mit Gottes Gnade mitwirken kann. Wenn der Neid aufrichtig gebeichtet wird, dann gibt Gott übernatürliche Kraft, ihn zu überwinden. - Durch das Bemühen um Demut: Die Demut lässt den Menschen spüren, dass er ein Geschöpf ist und alles Gott verdankt. Es kommt ihm nicht mehr darauf an, wie er vor anderen dasteht, sondern wie er im Lichte Gottes ist. Dies bewahrt ihn vor der eitlen Ruhmsucht. Durch die Dankbarkeit. Mit der Demut geht die Dankbarkeit einher. Der dankbare Mensch freut sich auch über das Gute anderer. Die beste Schulung für die Dankbarkeit ist die ehrfürchtige Feier der Danksagung. Es nützt dem Menschen und der Gemeinschaft viel, wenn jemand Sonntags zur Kirche geht!!!
Seite 22 Geistliche Sprüche September 2009 Hl. Teresia Benedicta a Crude (Edith Stein, 1891 – 1942) Meine erste Morgenstunde gehört dem Herrn. Das Tagwerk, das er mir aufträgt, das will ich in Angriff nehmen, und Er wird mir die Kraft geben, es zu vollbringen. Ich nehme, was kommt, und bitte nur, dass mir die nötigen Fähigkeiten dazu gegeben werden. Je dunkler es hier um uns wird, desto mehr müssen wir das Herz öffnen für das Licht von oben. Wer ges<strong>am</strong>melt in der Tiefe lebt, sieht auch die kleinen Dinge in grossen Zus<strong>am</strong>menhängen. Das "Dein Wille geschehe!" in seinem vollen Ausmass muss die Richtschnur des Christenlebens sein. Es muss den Tagesablauf vom Morgen bis zum Abend, den Gang des Jahres und des ganzen Lebens tragen. Meine Suche nach der Wahrheit war ein einziges Gebet" - ein herrliches Wort des Trostes für alle, die sich mit dem Gottesglauben schwer tun! Gott verlangt nichts von den Menschen, ohne ihnen zugleich die Kraft dafür zu geben.