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Philosophisches Themendossier - Philosophie.ch

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Pro ges<strong>ch</strong>lossene Grenzen<br />

Haben die Staaten ein moralis<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t,<br />

potenziellen Einwanderern die Einreise zu<br />

verbieten? Dies ist die Hauptfrage, mit denen<br />

si<strong>ch</strong> die folgenden Seiten bes<strong>ch</strong>äftigen<br />

und worauf si<strong>ch</strong> die Pro- und Kontraargumente<br />

beziehen.<br />

Die Argumente für ges<strong>ch</strong>lossene Grenzen<br />

lassen si<strong>ch</strong> folgendermassen strukturieren:<br />

1. Erhalt der Landeskultur<br />

2. S<strong>ch</strong>utz der Wirts<strong>ch</strong>aft<br />

3. Verteilung von staatli<strong>ch</strong>er Unterstützung<br />

4. Herstellung von Si<strong>ch</strong>erheit<br />

5. Politis<strong>ch</strong>e Selbstdefinition<br />

6. Demokratie<br />

7. Indirekter Kosmopolitanismus<br />

In den folgenden Abs<strong>ch</strong>nitten wird darauf<br />

Wert gelegt, einzelne problematis<strong>ch</strong>e<br />

Punkte der Argumente zu beleu<strong>ch</strong>ten. Um<br />

die Argumente für ges<strong>ch</strong>lossene Grenzen<br />

aufre<strong>ch</strong>terhalten zu können, müssten diese<br />

problematis<strong>ch</strong>en Punkte argumentativ gelöst<br />

werden.<br />

1. Erhalt der Landeskultur<br />

Die Kontrolle über die eigene Landeskultur<br />

ist eines der häufigsten Argumente für ges<strong>ch</strong>lossene<br />

Grenzen. Wie David Miller erklärt,<br />

geht es dabei um die Mögli<strong>ch</strong>keit, die<br />

Entwicklung der eigenen Kultur und der ihr<br />

zu Grunde liegenden Werte zu formen. Dabei<br />

können kulturelle Werte au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> ökonomis<strong>ch</strong>e<br />

Gegebenheiten oder dur<strong>ch</strong> andere<br />

Kräfte untergraben werden und entziehen<br />

si<strong>ch</strong> somit der politis<strong>ch</strong>en Kontrolle. (10) Der<br />

Erhalt der Landeskultur hängt in Bezug auf<br />

Einwanderer aber au<strong>ch</strong> von folgenden Fragen<br />

ab: Wie sehr unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> die Kultur<br />

der Einwanderer wirkli<strong>ch</strong>? Bspw. ist der<br />

kulturelle Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en Deuts<strong>ch</strong>land<br />

und der S<strong>ch</strong>weiz ni<strong>ch</strong>t so gross wie<br />

der Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en Brasilien und der<br />

S<strong>ch</strong>weiz. Konsequenterweise dürften dann<br />

alle Personen ins Land einreisen, die kulturell<br />

glei<strong>ch</strong> geprägt sind und im Weiteren<br />

folgte au<strong>ch</strong>, dass ni<strong>ch</strong>t alle Personen mit<br />

einem anderen kulturellen Hintergrund ausges<strong>ch</strong>lossen<br />

werden dürfen. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

ändert si<strong>ch</strong> die Landeskultur ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> die<br />

Einreise von Einzelpersonen. Aber wird damit<br />

klar, weshalb der Erhalt der Landeskultur<br />

(moralis<strong>ch</strong>) wi<strong>ch</strong>tiger ist als beispielsweise<br />

die Flü<strong>ch</strong>tlingshilfe? (11a)<br />

2. S<strong>ch</strong>utz der Wirts<strong>ch</strong>aft<br />

Meistens wird argumentiert, dass Personen<br />

mit geringem Bildungsstand eine grössere<br />

Konkurrenz auf dem Stellenmarkt erfahren<br />

wegen Einwanderern. Grundsätzli<strong>ch</strong><br />

profitiert die Wirts<strong>ch</strong>aft jedo<strong>ch</strong> meist dur<strong>ch</strong><br />

Einwanderer. Geht man davon aus, dass<br />

ein wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>aden dur<strong>ch</strong> die Einwanderung<br />

entsteht, setzt man voraus,<br />

dass die Wirts<strong>ch</strong>aft nur eine begrenzte<br />

Zahl Personen bes<strong>ch</strong>äftigen kann. Die Realität<br />

zeigt jedo<strong>ch</strong>, dass Firmen einerseits<br />

teilweise niedrigere Löhne zahlen und damit<br />

tiefere Preise am Markt bieten können<br />

und anderseits au<strong>ch</strong> der Konsum dur<strong>ch</strong> die<br />

höhere Bevölkerungszahl steigt. Christopher<br />

Wellman argumentiert, dass dieses<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Argument verfeinert werden<br />

müsse, um sti<strong>ch</strong>haltig zu sein: Solange die<br />

gesamte Bevölkerung und die Immigranten<br />

profitieren, müsste für diejenigen Personen,<br />

die eine grössere Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt<br />

erfahren, ein Re<strong>ch</strong>t auf eine geringe<br />

Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt<br />

bestehen. Es müsste gezeigt werden,<br />

dass für die betroffenen Personen ein moralis<strong>ch</strong>es<br />

Re<strong>ch</strong>t besteht, von den ihnen<br />

entstehenden Kosten (bspw. für Ums<strong>ch</strong>ulungen)<br />

vers<strong>ch</strong>ont zu bleiben. Als Verglei<strong>ch</strong><br />

wären hier diejenigen Kosten zu betra<strong>ch</strong>ten,<br />

die ein Staat investiert, um arbeitslose Textilarbeiter<br />

umzus<strong>ch</strong>ulen, da die Liberalisierung<br />

des Textilmarktes eine Abwanderung<br />

der Firmen ins Ausland ausgelöst hat. (11b)<br />

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