Zwischen Kultur und Kommerz - Politikorange.de
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02 ausgepresst<br />
politik orange<br />
impressionen<br />
saftig<br />
Heppenheim, Ausstieg in Fahrtrichtung rechts. Vom<br />
Bahnhof bis zum „Haus am Maiberg“, unserem<br />
vorübergehen<strong>de</strong>r Unterbringung, vorbei an<br />
holländischen Pommes, Currywurst, an Caipirinhamach-Dir-Deine-Mischung-selbst-Stän<strong>de</strong>n,<br />
an leeren<br />
Bühnen <strong>und</strong> Schil<strong>de</strong>rn mit „Wir-begrüßen-Sie-zum-<br />
Hessentag-in-Heppenheim-Slogans“; diesen Weg<br />
mussten alle po-Mitarbeiter noch vor <strong>de</strong>r offiziellen<br />
Eröffnung <strong>de</strong>s „Tages <strong>de</strong>r Hessen“ beschreiten. Auf<br />
dieser Reise erblickten wir eine offene Tür, dahinter<br />
ein Licht, das zum Eintreten einlädt. Gesagt, getan<br />
<strong>und</strong> schon befan<strong>de</strong>n wir uns plötzlich in einem<br />
hektischen Gewimmel blau-behem<strong>de</strong>ter, verkabelter<br />
Jugendlicher, <strong>de</strong>ren Gesichter von Frust geprägt<br />
nach Antworten zu Örtlichkeiten, Veranstaltungen<br />
<strong>und</strong> Arbeitseinteilungen suchen. Hier war Aktion,<br />
hier wur<strong>de</strong> gearbeitet. Und schnell war klar: Das<br />
Innenleben <strong>de</strong>s Hauses mit <strong>de</strong>r Plakatierung „Radio<br />
Stark“ hatte eine Mission zu erfüllen.<br />
Radio mit Jugendlichen <strong>und</strong> für Jugendliche (<strong>und</strong> mit<br />
<strong>de</strong>r Jugendpresse), vom Hessentag <strong>und</strong> über <strong>de</strong>n<br />
Hessentag <strong>und</strong> von zwölf bis Mittag, also immer.<br />
Aber warum? Aus Spaß an <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong>, aus <strong>de</strong>m<br />
Drang heraus, etwas zu bewegen <strong>und</strong> aus <strong>de</strong>m<br />
Glauben heraus, <strong>de</strong>r jungen Generation die Arbeit<br />
mit Medien näher zu bringen. Moment! Teilen nun<br />
also die Macher, Grün<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Organisatoren<br />
dasselbe Schicksal wie wir, die Aktiven <strong>de</strong>r<br />
Jugendpresse? Ja, so war es <strong>und</strong> vielleicht war<br />
<strong>de</strong>r Einsatz für die gute Sache an sich <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong><br />
dafür, dass die Kollaboration <strong>de</strong>r Jugendpresse<br />
Hessen <strong>und</strong> Radio Stark zustan<strong>de</strong> kam. Der<br />
Deal war <strong>de</strong>r Folgen<strong>de</strong>: Die po-Redakteure <strong>de</strong>r<br />
Hessentagsprojekts rissen sich zweimal am Tag von<br />
ihrer inneren Schreibwut los <strong>und</strong> fingen Fakten <strong>und</strong><br />
Meinungen zu <strong>de</strong>r ganzen Veranstaltung ein <strong>und</strong><br />
versorgten die Radioshows mit Informationen, um<br />
im Gegenzug für das eigene Projekt zu werben <strong>und</strong><br />
auch selbst Radio mitzugestalten. In 2 ½ Beiträgen<br />
erzählten <strong>und</strong> stellten wir vor, was uns auf <strong>de</strong>r Seele<br />
brannte – dass niemand von uns vorher wusste, wie<br />
lang 190 Sek<strong>und</strong>en wirklich sein können, wur<strong>de</strong> uns<br />
manchmal zum Verhängnis.<br />
In Zeiten <strong>de</strong>s Notstands im Hauptzentrum o<strong>de</strong>r<br />
im „Gläsernen Studio“ <strong>de</strong>s regionalen Radios<br />
halfen wir aus, schrieben Nachrichten zur vollen<br />
St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> funktionierten sogar einen unserer<br />
Redakteure in einen ihrer Mo<strong>de</strong>ratoren um, <strong>de</strong>r<br />
nun zu <strong>de</strong>n unmöglichsten Tages- <strong>und</strong> Nachtzeiten<br />
auf Sendung ist (Ihn in dieser Zeit mit Mails<br />
von seiner Fangemein<strong>de</strong> zu beglücken <strong>und</strong> auf<br />
<strong>de</strong>ren Verkündung zu warten, erleichterte uns so<br />
manchen Arbeitsprozess). Im En<strong>de</strong>ffekt machte die<br />
Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m R<strong>und</strong>funk fataler Weise<br />
jedoch soviel Spaß, dass die Zeitungsarbeit niemals<br />
ganz, aber oftmals ein wenig in <strong>de</strong>n Hintergr<strong>und</strong><br />
rückte. Das ist auch <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong> dafür, dass unser<br />
Vorwort in unserem Büro verfasst wird, während<br />
sich draußen die Vögel schon zum Morgengesang<br />
treffen, <strong>de</strong>r Himmel sich erhellt <strong>und</strong> das momentan<br />
bunte Dasein <strong>de</strong>r Stadt Heppenheim hervorhebt.<br />
Positiv <strong>de</strong>nken- je später die Zeitung fertig ist,<br />
<strong>de</strong>sto mehr Treiben <strong>und</strong> Stimmung fin<strong>de</strong>n ihren<br />
Platz im Printmedium <strong>de</strong>r Jugendpresse. Und wir<br />
versprechen, dass die Zeit, die wir auf Ohren- <strong>und</strong><br />
Augen-Aufspannen verwen<strong>de</strong>t haben, sich gelohnt<br />
hat <strong>und</strong> sich in unserem Ergebnis wie<strong>de</strong>rspiegelt.<br />
Mittlerweile war <strong>de</strong>r Hessentag endlich eröffnet <strong>und</strong><br />
als im Laufe sogar <strong>de</strong>r Zeit Petrus die Wasserpumpe<br />
abgestellt hatte, konnte die eigentliche Arbeit<br />
beginnen. Besucherströme eroberten das<br />
Festgelän<strong>de</strong>, man aß Currywurst, investierte Geld in<br />
holländische Pommes, trank Caipirinha <strong>und</strong> rockte<br />
zu <strong>de</strong>r Liveperformance von Coverbands <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />
großen, leuchten<strong>de</strong>n Sternen <strong>de</strong>s Musikhimmels.<br />
Endlich gab es etwas zu berichten. Und je weiter<br />
im Wochenen<strong>de</strong> <strong>und</strong> je später <strong>de</strong>r Abend, <strong>de</strong>sto<br />
gesprächiger die Menschen- man fragt sich<br />
warum-, <strong>de</strong>sto leichter die Arbeit, <strong>de</strong>sto länger<br />
die Nächte, <strong>de</strong>sto besser die Stimmung <strong>und</strong> <strong>de</strong>sto<br />
lecker die Caipis. Wir, ausgestattet mit Mikrofon,<br />
Kamera <strong>und</strong> Aufnahmegerät, stürzten uns ins<br />
Getümmel (wir vergaßen zwar manchmal auf <strong>de</strong>n<br />
Aufnahmeknopf zu drücken <strong>und</strong> verwechselten<br />
jenen mit <strong>de</strong>r Löschtaste, aber das tat <strong>de</strong>m Ganzen<br />
keinen Abbruch).<br />
Unser Abenteuer ging jedoch noch ein Stück weiter.<br />
Das „Haus am Maiberg“, das für uns in <strong>de</strong>r Zeit<br />
<strong>de</strong>r redaktionellen Arbeit ein zu Hause, also die<br />
Verpflegung am Tag <strong>und</strong> die Ruhe in <strong>de</strong>r Nacht, war,<br />
wur<strong>de</strong> während <strong>de</strong>s Hessentages Heimstätte einer<br />
multikulturellen Jugendbegegnung. Bewohner <strong>de</strong>r<br />
hessischen Partnerregionen Europas begrüßten uns<br />
auf Polnisch, Französisch, Italienisch, Spanisch <strong>und</strong><br />
Russisch. Sie diskutierten über Gott <strong>und</strong> die Welt,<br />
über die einzelnen <strong>Kultur</strong>en, über Zukunft <strong>und</strong> vor<br />
allem über internationale Verständigung.<br />
Wir, schon allein durch die gemeinsamen Essen (die<br />
übrigens fünfmal am Tag stattfan<strong>de</strong>n, welch Luxus)<br />
in das Geschehen mit eingeb<strong>und</strong>en, verbrachten<br />
mit ihnen viel laue Abendst<strong>und</strong>en, um ein bisschen<br />
multikulturelle Luft zu schnuppern, uns vom<br />
Computer zu lösen <strong>und</strong> gebrochenes Französisch,<br />
Englisch o<strong>de</strong>r Italienisch aufzubessern. Wir<br />
vergaßen dabei natürlich die Arbeit nicht, son<strong>de</strong>rn<br />
versuchten, alles Interessante mitzuschnei<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />
zu verwursten. „Verwursten“ wur<strong>de</strong> in diesen Zeiten<br />
<strong>de</strong>r Konzentration zu unserem Lieblingswort, <strong>de</strong>nn<br />
wettkampfmäßig gaben wir uns mehr als nur Mühe,<br />
je<strong>de</strong>s Wort, das Neuigkeiten versprach, in so vielen<br />
Medien wie möglich unterzubringen. Natürlich nicht,<br />
weil wir Leser <strong>und</strong> Hörer unendlich langweilen<br />
wollten, son<strong>de</strong>rn weil <strong>de</strong>r Zeitdruck manchmal<br />
einfach zu groß o<strong>de</strong>r aber das V-Wort uns mit <strong>de</strong>r<br />
Zeit einfach zu lieb gewor<strong>de</strong>n war.<br />
Naja, die Zeit war je<strong>de</strong>nfalls wie immer unser größter<br />
Feind. Denn natürlich hat <strong>de</strong>r Tag zu wenig St<strong>und</strong>en,<br />
um sich je<strong>de</strong>m Event mit vollster Konzentration o<strong>de</strong>r<br />
sich ihm überhaupt zu widmen. Trotz<strong>de</strong>m haben wir<br />
viel Vitamin C für euch besorgt, viel Fruchtfleisch<br />
<strong>und</strong> Informationen ausgepresst <strong>und</strong> nebenbei auch<br />
noch ein bisschen altes <strong>und</strong> verdorbenes Obst für<br />
euch kommentiert. Wir hoffen, dass ein Bruchteil<br />
<strong>de</strong>r Stimmung, die <strong>de</strong>r diesjährige Hessentag<br />
verbreitet euch erreicht <strong>und</strong> dass ein Funke Spaß,<br />
<strong>de</strong>r uns diese Arbeit vor Ort bereitet hat, auf euch<br />
überspringt.