Zwischen Kultur und Kommerz - Politikorange.de
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08 ausgepresst<br />
politik orange<br />
fruchtfleisch<br />
Stephan, 19<br />
Hessen“Meister“schaft<br />
Der CDU-B<strong>und</strong>estagsabgeordnete Dr. Michael Meister aus <strong>de</strong>m Wahlkreis Bergstraße über<br />
Wege aus <strong>de</strong>r Krise im Nibelungenland. Das Gespräch führten Daniel Protzmann <strong>und</strong> die<br />
politikorange-Redaktion<br />
Weil ich aus Frankreich komme, bin zum<br />
ersten Mal hier auf <strong>de</strong>m Hessentag. Ich<br />
arbeite hier, aber weil es sonnig <strong>und</strong> viel<br />
los ist, gefällt es mir gut.<br />
Michaela, 18 & Andrea, 12<br />
Sehr geehrter Dr. Meister, vielen Dank, dass<br />
Sie Zeit für ein Gespräch mit uns gef<strong>und</strong>en<br />
haben. Wir begrüßen Sie ganz herzlich<br />
hier auf <strong>de</strong>m Hessentag in Heppenheim<br />
<strong>und</strong> im Haus am Maiberg. Sie sind<br />
B<strong>und</strong>estagsabgeordneter <strong>de</strong>s Wahlkreises<br />
Bergstraße <strong>und</strong> Mitglied <strong>de</strong>r CDU-Fraktion.<br />
Wo liegen Ihre Arbeitsschwerpunkte?<br />
Ich bin seit 1994 Mitglied <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>estags<br />
für <strong>de</strong>n w<strong>und</strong>erschönen Wahlkreis<br />
Bergstraße an <strong>de</strong>r Schnittstelle zwischen<br />
Rhein-Main <strong>und</strong> Rhein-Neckar-Raum.<br />
Mein Arbeitsschwerpunkt ist gegenwärtig<br />
die Finanzpolitik, das heißt einmal<br />
Finanzmarktthemen <strong>und</strong> zum zweiten<br />
die Steuerpolitik. Ich bin Mitglied im<br />
Finanzausschuss <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>estages<br />
<strong>und</strong> dort Sprecher <strong>de</strong>r CDU/CSU-<br />
B<strong>und</strong>estagsfraktion.<br />
>> Gut gemeistert:<br />
Seit 1994 ist Dr. Meister<br />
B<strong>und</strong>estagsabgeordneter für <strong>de</strong>n<br />
Wahlkreis Bergstraße.<br />
Wir waren gera<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r FFH-Party<br />
<strong>und</strong> haben Alexan<strong>de</strong>r gesehen. Die<br />
Stimmung war gut, aber die Interpreten<br />
an sich sind nicht so ganz so unsere<br />
Geschmack. Martin Kesici wur<strong>de</strong> aber<br />
lei<strong>de</strong>r abgesagt. Auf uns wartet noch<br />
„Dick Brave“, „Mia“, „Wir sind Hel<strong>de</strong>n“<br />
<strong>und</strong> die „H-Blocks“.<br />
Michael, 43<br />
Für <strong>de</strong>n Hessentag bin ich extra<br />
aus Dietzenbach nach Heppenheim<br />
gekommen. Ich habe schon sehr viele<br />
Leute gesehen <strong>und</strong> es gefällt mir ganz<br />
gut.<br />
Björn & Pascal, bei<strong>de</strong> 23<br />
Durch unseren Job als Barkeeper hier<br />
am Stand ist je<strong>de</strong>n Tag Party angesagt<br />
<strong>und</strong> die Stimmung ist spitze! Wir machen<br />
ein klasse Geschäft <strong>und</strong> es lohnt sich…in<br />
je<strong>de</strong>r Beziehung!!<br />
Sie sind auch Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitsgruppe<br />
„Finanzen“ in <strong>de</strong>r CDU. Sieht die Zukunft<br />
Deutschlands aus finanzpolitischer Sicht<br />
wirklich so schlecht aus, wie in <strong>de</strong>n Medien<br />
immer dargestellt?<br />
Wir müssen uns schon die Frage stellen, ob<br />
wir drei Jahre hintereinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Vertrag von<br />
Maastricht als F<strong>und</strong>ament <strong>de</strong>s Euro einfach<br />
verletzen können o<strong>de</strong>r ob wir auf einen<br />
Pfad zurückkehren müssen, <strong>de</strong>r die Stabilität<br />
unserer Währung sichert. Ähnlich sieht es<br />
aus, wenn man das Thema Gr<strong>und</strong>gesetz<br />
betrachtet. Wir befin<strong>de</strong>n uns ebenfalls im<br />
dritten Jahr in einer Situation, in <strong>de</strong>r wir die<br />
Neuverschuldung höher ansetzen als unsere<br />
Investitionen. Das ist laut Verfassung<br />
nur in Ausnahmesituationen, in <strong>de</strong>nen<br />
das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht<br />
gestört ist, erlaubt. Daran habe ich bei<br />
Wachstumsprognosen von 1,5 bis 2 Prozent<br />
erhebliche Zweifel.<br />
Auch Sozialkassen – Rente, Ges<strong>und</strong>heit<br />
<strong>und</strong> Pflegeversicherung – sind sehr stark<br />
belastet. Auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mographischen<br />
Entwicklung kann man nicht damit<br />
rechnen, dass diese wie<strong>de</strong>r in Ausgleich<br />
kommen. Deshalb ist in <strong>de</strong>r Finanz- <strong>und</strong><br />
Wirtschaftspolitik dringend eine Umkehr<br />
angemahnt, um Finanzierungslasten nicht<br />
so groß wer<strong>de</strong>n zu lassen, dass sie nicht<br />
mehr zu schultern sind <strong>und</strong> dann von <strong>de</strong>n<br />
jungen Generationen zu tragen sind.<br />
Sie haben eben eine Umkehr<br />
angesprochen. Wie soll diese aussehen,<br />
haben Sie eine Patentlösung?<br />
Innerhalb <strong>de</strong>s Bereiches Verfassung <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>gesetz müssten wir – B<strong>und</strong>, Län<strong>de</strong>r<br />
<strong>und</strong> Gemein<strong>de</strong>n - an <strong>de</strong>n Konsumausgaben<br />
in allen Bereichen Einsparungen<br />
vornehmen. Dafür müssten wir die<br />
Investitionen in Infrastruktur stärken.<br />
Das gilt für Bildung, Verkehr <strong>und</strong> auch<br />
kommunale Infrastruktur wie Schulen<br />
o<strong>de</strong>r Turnhallen. Zum zweiten müssen wir<br />
dafür sorgen, dass wir in <strong>de</strong>r Wirtschafts-,<br />
Finanz- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik wie<strong>de</strong>r<br />
zu mehr Wachstum kommen. Wir lei<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>n letzten zehn Jahren darunter, dass<br />
dieses <strong>de</strong>utlich unterhalb <strong>de</strong>s europäischen<br />
Durchschnitts liegt. Das führt dazu, dass<br />
Steuereinnahmen <strong>und</strong> Einnahmen in <strong>de</strong>n<br />
Sozialkassen fehlen. Im letzten Jahr haben<br />
wir je<strong>de</strong>n Monat 40.000 Menschen verloren,<br />
die sozialversicherungspflichtig beschäftigt<br />
sind. Über diesen Zeitraum also fast 600.000<br />
Zahler; dort muss angesetzt wer<strong>de</strong>n, um nicht<br />
über höhere Steuern <strong>und</strong> Abgaben, son<strong>de</strong>rn<br />
über mehr Beitragszahler zu einer besseren<br />
Einnahmesituation zu kommen <strong>und</strong> damit<br />
die notwendigen Staatsausgaben bestreiten<br />
zu können. Auf <strong>de</strong>r Ausgabenseite muss<br />
das, was am 1. Januar eingeleitet wor<strong>de</strong>n ist,<br />
also <strong>de</strong>r Subventionsabbau, weitergeführt<br />
wer<strong>de</strong>n. Dort sind erste Schritte getan, aber<br />
<strong>de</strong>r Weg muss in <strong>de</strong>r Zukunft konsequent<br />
weitergegangen wer<strong>de</strong>n.<br />
Sie haben die Strukturpolitik angesprochen.<br />
Welche Auswirkungen hat ein Ereignis wie<br />
<strong>de</strong>r Hessentag für die Region Heppenheim,<br />
die Region Starkenburg o<strong>de</strong>r sprechen Sie<br />
lieber vom Nibelungenland?<br />
Unsere Region ist mit vielen Vorteilen<br />
ausgestattet. Wir haben in naher Umgebung<br />
sieben Universitäten, auf Straße, Schiene<br />
<strong>und</strong> Luftverkehr eine hervorragen<strong>de</strong><br />
Verkehrsanbindung. Diese müssen wir<br />
stärken – beim Flughafen ist klar, was<br />
ich meine, aber auch auf <strong>de</strong>r Schiene<br />
brauchen wir größere Kapazitäten <strong>und</strong> die<br />
Autobahnen zwischen Heppenheim <strong>und</strong><br />
Frankfurt sind je<strong>de</strong>n Tag verstopft. Der<br />
Hessentag bietet die riesige Chance, bekannt<br />
zu machen, welches Tourismusangebot wir<br />
hier haben. Wir liegen nahe Hei<strong>de</strong>lberg,<br />
das von <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten bis nach<br />
Japan weltbekannt ist. Das könnte man<br />
auch innerhalb Deutschlands <strong>und</strong> Europas<br />
noch mehr nutzen <strong>und</strong> <strong>de</strong>utlich machen,<br />
dass wir hier im Raum zwischen Frankfurt<br />
<strong>und</strong> Hei<strong>de</strong>lberg tolle Angebote für einen<br />
Kurzurlaub haben: Den O<strong>de</strong>nwald, das<br />
Neckartal <strong>und</strong> die Bergstraße.<br />
Sie haben angesprochen, dass wir dafür<br />
eine Dachmarke brauchen. Man kann nicht<br />
mit vieren – Ried, O<strong>de</strong>nwald, Bergstraße<br />
<strong>und</strong> Neckartal – werben <strong>und</strong> <strong>de</strong>shalb ist<br />
<strong>de</strong>r Begriff Nibelungenland ein guter<br />
Ansatz, <strong>de</strong>r allerdings über <strong>de</strong>n Landkreis<br />
Bergstraße hinauskommen muss. Diese<br />
Region bekommt jetzt das Prädikat<br />
„Europäischer <strong>und</strong> UNESCO-Geopark“<br />
verliehen. Wir dürfen nicht nur auf dieser<br />
Ebene zusammenarbeiten, son<strong>de</strong>rn müssen<br />
das auf die touristische Ebene erweitern,<br />
um schlagkräftiger zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Sie arbeiten zwar eher auf B<strong>und</strong>esebene,<br />
aber sehen Sie Probleme bei <strong>de</strong>r<br />
Zusammenarbeit <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>eslän<strong>de</strong>r, die ja<br />
hier aneinan<strong>de</strong>rgrenzen?<br />
Meister: Wenn Sie nach Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
schauen, ist es lei<strong>de</strong>r so, dass die<br />
Zusammenarbeit über die Grenze zwischen<br />
Deutschland <strong>und</strong> Frankreich hinweg besser<br />
funktioniert als hier im Rhein-Neckar-<br />
Dreieck, wo Rheinland-Pfalz, Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg <strong>und</strong> Hessen aneinan<strong>de</strong>r<br />
stoßen. Es muss möglich sein, dass wir<br />
als Kreis Bergstraße als Scharnier die<br />
B<strong>und</strong>eslän<strong>de</strong>r verbin<strong>de</strong>n. Ich habe versucht,<br />
die drei Lan<strong>de</strong>sregierungen <strong>und</strong> Politiker<br />
<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>sebene an einen<br />
Tisch zu bekommen, um dann in konkreten<br />
Projekten wie Tourismuswerbung,<br />
gemeinsamer Verkehrsplanung <strong>und</strong><br />
Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung zusammenzuarbeiten.<br />
Vorhin habe ich sieben Universitäten in<br />
drei B<strong>und</strong>eslän<strong>de</strong>rn angesprochen; auch<br />
da kann man untereinan<strong>de</strong>r Schwerpunkte<br />
abstimmen. Aber dort müssen wir in<br />
Gesprächen noch <strong>de</strong>n positiven Willen<br />
zur Zusammenarbeit fin<strong>de</strong>n, damit keine<br />
Besitzstän<strong>de</strong> mehr verteidigt wer<strong>de</strong>n,<br />
son<strong>de</strong>rn man offen aufeinan<strong>de</strong>r zugeht,<br />
um die Chancen zu nutzen. Die Wirtschaft<br />
bringt sich durch die Initiative Rhein-<br />
Neckar-Dreieck positiv mit ein <strong>und</strong> das<br />
sollte politisch begleitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Was halten Sie vom Vorstoß,<br />
Eliteuniversitäten einzuführen <strong>und</strong> wie<br />
sehen Sie die Chancen, hier in <strong>de</strong>r Region<br />
eine anzusie<strong>de</strong>ln?<br />
Ich bin skeptisch, ob es Politikern, egal<br />
welcher Partei, durch Fingerschnippen<br />
gelingen kann, Eliteuniversitäten zu<br />
schaffen. Das muss in verschie<strong>de</strong>nen<br />
Disziplinen mit Spitzenkräften über<br />
Jahre wachsen <strong>und</strong> aufgebaut wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>shalb ist dieses Vorhaben sehr<br />
ambitioniert. Aber verschie<strong>de</strong>ne<br />
Hochschulen wer<strong>de</strong>n in einzelnen<br />
Disziplinen ihre Chancen sicher nutzen.<br />
Wir haben Hei<strong>de</strong>lberg mit einem weltweit<br />
anerkannten Krebsforschungszentrum,<br />
als eine <strong>de</strong>r ältesten Hochschulen<br />
ist die Universität sicher auch für<br />
Geisteswissenschaften prä<strong>de</strong>stiniert.