Ausgabe - 28 - 2012 - Produktion
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6 · Unternehmen & Märkte · <strong>Produktion</strong> · 12. Juli <strong>2012</strong> · Nr. <strong>28</strong><br />
INTERVIEW<br />
WELTWEITE ROBOTERHERSTELLER<br />
„Auch ein chinesischer Wettbewerber<br />
muss erstmal laufen lernen“<br />
ANNIKA MENTGEN, PRODUKTION NR. <strong>28</strong>, <strong>2012</strong><br />
China soll laut International Federation of Robotics (IFR) bis 2014 zum<br />
größten Roboterkäufer der Welt avancieren. Wie stellen sich die etablierten<br />
Roboterhersteller auf die große Nachfrage ein und wie begegnen sie<br />
potenziellen neuen Wettbewerbern aus China? <strong>Produktion</strong> fragte nach.<br />
Wenn China zum größten Roboterabnehmer<br />
der Welt wird,<br />
bedeutet das eine extrem hohe<br />
Roboter-Nachfrage. Wie reagiert<br />
Ihr Unternehmen hinsichtlich<br />
Strategie und <strong>Produktion</strong>skapazitäten<br />
in China auf<br />
diese Entwicklung?<br />
Dr. Michael Wenzel, Reis Group: Die<br />
große Nachfrage kann Reis Robotics<br />
nur bestätigen, schließlich<br />
konnten wir in den vergangenen<br />
Jahren unsere Umsätze in China<br />
um jeweils über 100 Prozent steigern.<br />
Derzeit baut Reis seine Präsenz<br />
in China deutlich aus, unter<br />
anderem mit einer Vergrößerung<br />
des Stammsitzes nahe Shanghai<br />
und diversen regionalen Repräsentanzen.<br />
Als Lieferant von Komplettanlagen<br />
konzentrieren wir<br />
uns auf der <strong>Produktion</strong>sseite dabei<br />
allerdings auf System- und Peripheriekomponenten.<br />
Manfred Stern, Yaskawa: Yaskawa<br />
kommt der steigenden Nachfrage<br />
aus allen geographischen Märkten,<br />
also auch aus China, dadurch nach,<br />
dass wir eine augewogene Kapazitätserweiterung<br />
vornehmen. Elemente<br />
der Erweiterung der Fertigungskapazitäten<br />
umfassen den<br />
Ausbau und die verstärkte Automatisierung<br />
des Stammwerkes in Japan,<br />
die Eröffnung einer zusätzlichen<br />
Roboterfabrik in China sowie<br />
die Erweiterung der Controller-<br />
Fertigung in Europa und den USA.<br />
Olaf C. Gehrels, Fanuc Robotics: Dass<br />
Fanuc seine <strong>Produktion</strong>skapazitäten<br />
auf 5 000 Roboter pro Monat<br />
ausgebaut hat, ist auch eine Folge<br />
der starken Nachfrage aus China.<br />
Gerade im Vertrieb setzen wir mit<br />
exzellentem Erfolg auf regionale<br />
Partner, die ihre Märkte bestens<br />
kennen. Ebenso bewährt hat sich<br />
die zentrale, hochautomatisierte<br />
<strong>Produktion</strong> auf höchstem Qualitätsniveau,<br />
wie wir es bei dezentralen<br />
<strong>Produktion</strong>sstandorten vermutlich<br />
nicht erreichen könnten.<br />
Per Vegard Nerseth, ABB Robotics: In<br />
der Robotik eröffnete ABB 1994<br />
die erste Fabrik in China und produziert<br />
dort lokal seit 2005, an unserem<br />
Standort in Shanghai seit<br />
2009. ABB ist derzeit der führende<br />
Roboterhersteller in China und<br />
wird auch weiterhin die Kapazität<br />
steigern, um mit dem Wachstum<br />
in diesem schnell expandierenden<br />
Markt Schritt zu halten.<br />
Dr. Till Reuter, Kuka: Schon heute hat<br />
Kuka in China <strong>Produktion</strong>skapazitäten<br />
von rund 2 000 Robotern. In<br />
den nächsten Jahren werden wir<br />
diese Kapazitäten auf mindestens<br />
5 000 Roboter ausbauen. Die Vergrößerung<br />
der <strong>Produktion</strong> in China<br />
ist für uns aber kein reines Kostenargument.<br />
Uns geht es darum, in<br />
Asien vor Ort zu sein. Es ist uns<br />
sehr wichtig, in China für China zu<br />
produzieren, so wie wir in Europa<br />
Roboter für Europa herstellen.<br />
In China werden mittelfristig<br />
neue Roboterhersteller entstehen.<br />
Wie bereitet sich Ihr Haus<br />
auf neue Marktbegleiter aus<br />
China vor?<br />
Olaf C. Gehrels, Fanuc Robotics: Wir<br />
können von der Energie des chinesischen<br />
Marktes nur profitieren.<br />
Denn die Dynamik gerade in produzierenden<br />
Bereichen erfordert<br />
ein sehr, sehr hohes technisches<br />
Know-how – auch weil man oft<br />
sehr schnell reagieren muss. Da ist<br />
Fanuc zuhause, das ist unsere Domäne.<br />
Und was den Wettbewerb<br />
betrifft: Starke Marktbegleiter tun<br />
der Entwicklung nur gut!<br />
Per Vegard Nerseth, ABB Robotics:<br />
Wir bereiten uns nicht anders vor,<br />
als wir es in der Vergangenheit getan<br />
haben: Starke Investitionen in<br />
Forschung und Entwicklung, zuhören<br />
was die Kundenanforderungen<br />
sind, Marktanforderungen<br />
mit innovativen Technologien<br />
kombinieren und geographisch<br />
nah an unseren Kunden sein, so<br />
dass wir sie jetzt und zukünftig optimal<br />
unterstützen können.<br />
Dr. Michael Wenzel, Reis Group: Hier<br />
gelten die gleichen Regeln wie<br />
schon seit jeher im internationalen<br />
Wettbewerb: Kunden entscheiden<br />
sich für denjenigen Anbieter, der<br />
das beste Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
bietet und bei Flexibilität und<br />
Kundennähe die Anforderungen<br />
erfüllt. Reis Robotics behauptet<br />
sich erfolgreich unter diesen Rahmenbedingungen<br />
wird sich auch<br />
einer geänderten Wettbewerbssituation<br />
zu stellen wissen. Eine spezielle<br />
Vorbereitung auf einen möglichen,<br />
künftigen Wettbewerber hingegen<br />
ist wenig sinnvoll, solange<br />
dieser nicht auf dem Markt in Erscheinung<br />
getreten ist und seine<br />
spezielle Stärken (aber auch<br />
Schwächen) analysiert werden<br />
können.<br />
Bild: Bild:Fotolia - Ray<br />
Wie schätzen Sie die Entwicklungen<br />
bei Foxconn derzeit ein?<br />
Könnte das Unternehmen der<br />
erste chinesische Roboterhersteller<br />
werden?<br />
Olaf C. Gehrels, Fanuc Robotics: Es ist<br />
sicherlich spannend, darüber zu<br />
spekulieren. Doch wenn es nicht<br />
Foxconn ist, dann wird es ein anderer<br />
sein. Wir sind im Robotermarkt<br />
sehr erfolgreich und sehen<br />
als Weltmarktführer mit einer <strong>Produktion</strong>skapazität<br />
von 60 000 Einheiten<br />
pro Jahr der Herausforderung<br />
eines aufstrebenden chinesischen<br />
Wettbewerbers gelassen<br />
entgegen. Und auch ein chinesischer<br />
Wettbewerber wird erst einmal<br />
laufen lernen müssen, bevor<br />
er rennen kann. Das ist eine Erkenntnis,<br />
die auch durch die Größe<br />
des chinesischen Marktes nicht<br />
außer Kraft gesetzt wird.<br />
Manfred Stern, Yaskawa: Über Foxconn<br />
wird seit einiger Zeit kräftig<br />
spekuliert. Was man mit Sicherheit<br />
sagen kann ist, dass Foxconn<br />
einen großen Bedarf an Betriebsmitteln<br />
und an Automationsanlagen<br />
hat. Die Anforderungen an<br />
diese Art Automatisierung unterscheidet<br />
sich von den Produkten,<br />
die in heute üblichen industriellen<br />
Roboteranwendungen zum Einsatz<br />
kommen. Und dann ist Foxconn<br />
zunächst ein Anwender für<br />
Automatisierung und nicht ein<br />
Anbieter auf dem Robotermarkt.<br />
Dr. Till Reuter, Kuka: In China wird<br />
die Automatisierung voranschreiten.<br />
Die Entwicklung bei Foxconn<br />
ist eine wichtige Bestätigung dieses<br />
Trends. Grundsätzlich sehen<br />
wir die Situation als große Chance<br />
für Kuka. Foxconn baut zwar selbst<br />
Roboter, die Schlüsselkomponenten<br />
beziehen sie jedoch von extern.<br />
Foxconn wird sicherlich<br />
günstige Applikationen in bestimmten<br />
Feldern haben, die wir<br />
jedoch gar nicht anpacken möchten.<br />
Kuka ist eine Hightech-Innovationsfirma.<br />
Unsere Aufgabe im<br />
Hinblick auf die Entwicklungen<br />
bei Foxconn ist es, unsere Position<br />
im chinesischen Markt zu verteidigen<br />
und weiterzuentwickeln.<br />
Was passiert aktuell seitens der<br />
chinesischen Regierung beim<br />
Thema Robotik?<br />
Dr. Michael Wenzel, Reis Group: Es ist<br />
richtig, dass die chinesische Regierung<br />
nicht nur bestrebt ist, Knowhow<br />
und Hightech ins Land zu<br />
bringen, um den Status der ‚Werk-<br />
bank für die Welt‘ abzulegen, sondern<br />
auch speziell die Robotertechnik<br />
als eine der Schlüsseltechnologien<br />
benannt hat. Unter diesen<br />
Randbedingungen ist es sicher<br />
richtig, dass auch seitens der EU<br />
Kommission der Robotertechnik<br />
eine erhöhte Bedeutung beigemessen<br />
wird, da diese als klassische<br />
‚enabler‘-Technologie auf künftige<br />
<strong>Produktion</strong>sverfahren und -konzepte<br />
maßgeblichen Einfluss haben<br />
wird. Sofern allerdings an der<br />
einen oder anderen Stelle diese Zusammenhänge<br />
erst dadurch in den<br />
Vordergrund treten, weil nun China<br />
der Robotertechnologie hohe<br />
Bedeutung zumisst, ist dies zu bedauern.<br />
Per Vegard Nerseth, ABB Robotics:<br />
Kürzlich hob die chinesische Regierung<br />
die Bedeutung der Entwicklung<br />
der Automatisierung und insbesondere<br />
der Robotik als Teil ihres<br />
5-Jahres-Plans hervor. Die Vorteile<br />
in Bezug auf die Qualität des Endprodukts<br />
und die Gesamt-Produktivität<br />
durch flexible Roboterlösungen,<br />
die Roboterautomation in ein<br />
Land bringen kann, sind heute auf<br />
dem chinesischen Markt viel stärker<br />
akzeptiert als noch vor ein paar<br />
Jahren. Die frühzeitige Entscheidung<br />
von ABB zu Investitionen in<br />
China in die Bereiche Engineering,<br />
Fertigung und F&E war ein wichtiger<br />
Teil unseres Erfolges in diesem<br />
Markt. Zukünftig werden wir davon<br />
profitieren und unsere Führungsposition<br />
auf diesem investitionsfreudigen<br />
Wachstumsmarkt für flexible<br />
Automation festigen.<br />
„Wir können von der Energie<br />
des chinesischen Marktes nur<br />
profitieren. Starke Marktbegleiter<br />
tun der Entwicklung gut!“<br />
„In China wird die Automatisierung<br />
voranschreiten. Die Entwicklung<br />
bei Foxconn ist eine<br />
wichtige Bestätigung dafür.“<br />
„Derzeit baut Reis seine Präsenz<br />
in China aus, unter anderem<br />
mit einer Vergrößerung des<br />
Stammsitzes nahe Shanghai.“<br />
„Yaskawa kommt der steigenden<br />
Nachfrage aus China durch<br />
eine augewogene Kapazitätserweiterung<br />
nach.“<br />
„ABB ist derzeit der führende<br />
Roboterhersteller in China und<br />
wird auch weiterhin die Kapazität<br />
steigern.“<br />
Olaf C. Gehrels, Präsident<br />
Fanuc Luxembourg Corporation<br />
Dr. Till Reuter,<br />
Vorstandsvorsitzender (CEO) Kuka AG<br />
Dr. Michael Wenzel, Geschäftsführer<br />
Reis Group Holding<br />
Manfred Stern, Präsident & COO<br />
Yaskawa Europe<br />
Per Vegard Nerseth,<br />
Leiter ABB Robotics<br />
Seite 06 Unternehmen & Märkte PRO_<strong>2012</strong>_<strong>28</strong>.indd 6 05.07.<strong>2012</strong> 09:56:19