Ausgabe - 41 - 2012 - Produktion
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11. Oktober <strong>2012</strong> · Nr. <strong>41</strong> · <strong>Produktion</strong> · Energie-Effizienz · 35<br />
Lastmanagement<br />
Mit Regelleistung Energiekosten ausgleichen<br />
Michaela Neuner, <strong>Produktion</strong> Nr. <strong>41</strong>, <strong>2012</strong><br />
Neue Mindestgrenzen für die bereit zu stellende Leistung machen den<br />
Einstieg in den Regelenergiemarkt auch für produzierende Unternehmen<br />
mit eher durchschnittlichem Stromverbrauch interessant.<br />
Landsberg (mn). „Wir suchen<br />
schaltbare Leistung – mindestens<br />
ein Megawatt pro Standort – und<br />
dahinter muss sich ein Speicher verbergen:<br />
Das kann ein Wärme- oder<br />
Kälte-Speicher, Druckluft oder ein<br />
<strong>Produktion</strong>szwischenspeicher sein.<br />
Immer wenn man so etwas entdeckt<br />
sind wir gerne dabei“, sagt Tom<br />
Schulz, Geschäftsführer von Entelios.<br />
Als Pool-Betreiber bündelt das<br />
junge Münchner Unternehmen<br />
steuerbare Lasten und stellt sie Netzbetreibern<br />
und Energieversorgern<br />
als Regelleistung zur Verfügung.<br />
Diese setzen Regelleistung ein,<br />
um das physikalische Gleichgewicht<br />
zwischen Stromangebot und<br />
-verbrauch im Netz aufrecht zu erhalten.<br />
Sie tarieren damit ihre Bilanzkreise<br />
aus, fangen Schwankungen<br />
durch die witterungsabhänige<br />
Einspeisung von Wind- oder Solarstrom<br />
ab und nutzen sie zum Gegensteuern<br />
bei unvorhersehbaren<br />
Ereignissen wie den plötzlichen<br />
Ausfall von großen Verbrauchern,<br />
von Kraftwerken oder von Teilen<br />
des Stromnetzes.<br />
Die Idee für ihr Geschäftsmodell<br />
brachten die Entelios-Gründer aus<br />
den USA mit: Dort sei der Treiber für<br />
eine Einführung von Demand Response<br />
die schlechte Infrastruktur<br />
mit häufigen Blackouts und Burnouts<br />
gewesen, berichtet Schulz. „Bei<br />
uns ist es die Energiewende: Wenn<br />
Sie Atomkraftwerke abschalten und<br />
immer mehr Strom von Erneuerbaren<br />
einspeisen, dann brauchen Sie<br />
ein System um das zu glätten. Das<br />
sind dann entweder Batterien – aber<br />
da können wir bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag<br />
warten. Oder es ist<br />
Lastensteuerung und die steht kurzfristig<br />
zur Verfügung“, stellt er fest.<br />
Die Beschaffung und Bereitstellung<br />
von Regelenergie für das Gesamtsystem<br />
ist Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber<br />
(ÜNB). Sie<br />
halten gestaffelte Regelleistung (s.<br />
Kasten) bereit, die sie von präqualifizierten<br />
Energiedienstleistern,<br />
Energieversorgern oder Energiegroßverbrauchern<br />
wie Stahlwerken<br />
einkaufen. Mit der Absenkung der<br />
Mindestangebotsgröße für die Minutenreserve<br />
(MRL) im Juli diesen<br />
Jahres von zehn auf fünf Megawatt<br />
wird die Teilnahme am Regelenergiemarkt<br />
auch für Unternehmen<br />
möglich, die nicht zu den Energieintensiven<br />
gehören.<br />
Neue Mindestgebotsgröße für<br />
Minutenreserve beträgt 5 MW<br />
Primäre, sekundäre und Minuten-Regelleistung<br />
Primäre Regelleistung (PRL) wird<br />
von Kraftwerken zur Verfügung gestellt.<br />
Diese müssen im Bedarfsfall<br />
innerhalb von 30 Sekunden ihre<br />
Leistungsabgabe für bis zu 15 Minuten<br />
reduzieren bzw. erhöhen.<br />
Sekundäre Regelleistung (SRL) muss<br />
innerhalb von fünf Minuten für bis zu<br />
Leistung<br />
Primärregelung<br />
durch alle ÜNB<br />
15 Minuten zur Verfügung stehen.<br />
Minutenregelleistung (MRL) muss<br />
innerhalb von 15 Minuten zur Verfügung<br />
stehen und einen gerasterten<br />
Zeitraum von einer bis vier Viertelstunden<br />
abdecken bzw. bei mehreren<br />
Störungen auch für mehrere<br />
Stunden abrufbar sein.<br />
Sekundärregelung und<br />
Minutenreserve durch<br />
den betroffenen ÜNB<br />
Ausgleich durch<br />
den betroffenen<br />
Bilanzkreis<br />
30 s 15 min > 60 min<br />
Damit sich Stromerzeugung und -verbrauch im Stromnetz das Gleichgewicht<br />
halten, setzen die Netzbetreiber Regelenergie ein. Bild: Amprion<br />
Zeit<br />
Eines der Unternehmen, die sich<br />
für eine niedrigere Mindestgrenze<br />
stark gemacht haben ist Linde: Im<br />
Ausland, unter anderem in den USA<br />
und Großbritannien, nimmt der<br />
Gasehersteller bereits am Regelenergiemarkt<br />
teil und drosselt bei<br />
Bedarf große elektrische Verbraucher<br />
wie Kompressoren zur Verflüssigung<br />
von Gasen oder schaltet<br />
diese ganz ab. Nun will Linde auch in<br />
den deutschen Regelenergiemarkt<br />
einsteigen. Vorerst jedoch nicht direkt,<br />
sondern über den Pool eines<br />
Energieversorgers. „Dieser ‚weiche’<br />
Einstieg ermöglicht unserem Unternehmen,<br />
zunächst Erfahrungen bei<br />
der technischen und organisatorischen<br />
Umsetzung zu sammeln“, erklärt<br />
ein Linde-Sprecher. Zudem<br />
ließe sich durch die Teilnahme über<br />
einen Pool „eine eventuelle Nichtverfügbarkeit<br />
besser abfedern“.<br />
Schließlich muss beispielsweise,<br />
wer bei der werktäglichen Ausschreibung<br />
der MRL den Zuschlag<br />
erhält, im Bedarfsfall innerhalb von<br />
15 Minuten liefern und das wenn<br />
nötig über mehrere Stunden. Damit<br />
nur Anbieter am Regelenergiemarkt<br />
teilnehmen, die solche Anforderungen<br />
zuverlässig erfüllen<br />
können, ist eine Präqualifikation<br />
vorgeschrieben.<br />
Vergütet wird Regelleistung in<br />
zwei Stufen: Mit einem Leistungspreis<br />
für die Bereitstellung und einem<br />
Arbeitspreis im Falle eines<br />
Abrufs. Für beide Stufen gilt die<br />
Merit Order, d. h. das jeweils günstigste<br />
Angebot erhält den ersten<br />
Zuschlag, das teuerste wird zuletzt<br />
aufgerufen. „Für positive Minutenreserve,<br />
also im Wesentlichen das,<br />
was die Industrieunternehmen erbringen<br />
können, liegen die Leistungspreise<br />
derzeit im Bereich von<br />
Cent pro Megawatt und Stunde. Vor<br />
einigen Jahren wurden da noch<br />
mehrere Euro bezahlt“, berichtet Dr.<br />
Christoph Maurer, Geschäftsführer<br />
von Consentec, der u. a. Regulierungsbehörden<br />
wie die Bundesnetzagentur<br />
berät. „Bei den Arbeitspreisen<br />
sind dagegen auch schon<br />
einige hundert Euro pro Megawattstunde<br />
erzielbar“, weiß Maurer. Für<br />
Industrieunternehmen sei jedoch<br />
vor allem die Vergütung der Bereitstellung<br />
interessant, weil sie nur<br />
selten wirklich abgerufen werden<br />
wollten, ist seine Erfahrung: „Die<br />
Vermeidungskosten oder die Kosten<br />
der entgangenen <strong>Produktion</strong><br />
sind häufig deutlich höher.“<br />
Lastmanagement schneller<br />
verfügbar als Batterien<br />
Am Minutenreservemarkt jedoch<br />
hauptsächlich mit der Vorhaltung<br />
verdienen zu wollen und nur zwei<br />
oder drei Mal pro Jahr tatsächlich<br />
abgerufen zu werden, diese Rechnung<br />
gehe nicht auf, winkt Thomas<br />
Schulz von Entelios ab: „Damit es<br />
sich lohnt, sollte das schon einmal in<br />
der Woche passieren.“ Doch auch<br />
Entelios kalkuliert mit dem Leistungspreis.<br />
Da dieser für Minutenreserve<br />
derzeit wenig attraktiv ist, will<br />
der Münchner Pool-Betreiber seine<br />
Regelenergie in Zukunft auch für die<br />
technisch deutlich anspruchsvollere<br />
Sekundärreserve anbieten.<br />
Energie-Spar-Tipp<br />
Zuschüsse für Querschnittstechnologien<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>41</strong>, <strong>2012</strong><br />
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bezuschusst<br />
Investitionen in Querschnittstechnolgoien, welche die Energie-<br />
Effizienz in kleinen und mittleren Unternehmen steigern.<br />
Berlin (mn). Unternehmen mit bis<br />
zu 500 Beschäftigten und einem<br />
maximalen Jahresumsatz von<br />
100 Mio Euro können ab dem<br />
1. Oktober <strong>2012</strong> beim BAFA einen<br />
Antrag auf Förderung stellen. Das<br />
Programm umfasst zwei Arten von<br />
Maßnahmen, die Förderung von<br />
Einzelmaßnahmen sowie die sogenannte<br />
systemische Optimierung:<br />
Querschnittstechnologien wie Pumpen, Motoren oder Druckluft beeinflussen<br />
den Energieverbrauch in der Fertigung maßgeblich. <br />
Bild: Nik - Fotolia<br />
Förderung für übergreifende<br />
und für Einzelmaßnahmen<br />
Bei Einzelmaßnahmen wird der<br />
Ersatz einzelner Anlagen durch<br />
hocheffiziente Anlagen in den Bereichen<br />
elektrische Motoren und<br />
Antriebe, Pumpen, raumlufttechnische<br />
Anlagen, Druckluftsysteme<br />
sowie Anlagen zur Wärmerückgewinnung<br />
gefördert, mit einem<br />
nicht rückzahlbarem Zuschuss,<br />
der für KMU 30 % beträgt. Das förderfähige<br />
Netto-Investitionsvolumen<br />
beträgt maximal 30 000 Euro<br />
je Antragsteller.<br />
Die ‚systemische Optimierung‘<br />
zielt auf die ganzheitliche Betrachtung<br />
eines technischen Systems.<br />
Im Rahmen einer Energieberatung<br />
wird zunächst ein unternehmensindividuelles<br />
Energiesparkonzept<br />
erarbeitet, auf dessen Basis dann<br />
sowohl der Ersatz von Querschnittstechnologien<br />
als auch der<br />
Ersatz von Anlagen oder Anlagenteilen,<br />
die die Energieeffizienz eines<br />
technischen Systems unter<br />
Nutzung hocheffizienter Querschnittstechnologien<br />
verbessern,<br />
gefördert werden kann. Förderfähig<br />
sind darüber hinaus notwendige<br />
Leistungen für die Dämmung<br />
von Rohrleitungen, Pumpen und<br />
Armaturen. Das Netto-Investitionsvolumen<br />
muss mindestens<br />
30 000 Euro betragen, die maximale<br />
Fördersumme ist auf 100 000<br />
Euro begrenzt.<br />
Antragsformulare sowie weitere<br />
Details zur Förderung und zum<br />
Antragsverfahren stehen auf den<br />
‚Energie‘-Seiten des BAFA unter<br />
dem Link ‚Querschnittstechnolgien‘<br />
zur Vefügung.<br />
www.bafa.de<br />
Produkt der Woche<br />
Überwacht Motor und Anlage<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>41</strong>, <strong>2012</strong><br />
Das Stromüberwachungsrelais<br />
Sirius 3RR24 von<br />
Siemens ergänzt<br />
das Schalttechnik-Portfolio<br />
mit<br />
IO-Link.<br />
Bild: Siemens<br />
München (mn). Das Stromüberwachungsrelais<br />
Sirius 3RR24 für IO-<br />
Link erweitert das Schalttechnik-Portfolio<br />
der Siemens-Division Industry<br />
Automation. Das neue Sirius 3RR24<br />
überwacht Motoren entlang der gesamten<br />
Drehmomentkurve und ist<br />
darüber hinaus auch für die Stromüberwachung<br />
einer gesamten Anlage<br />
ausgelegt. Das Gerät erkennt einen<br />
Lastabwurf, beispielsweise im Falle<br />
eines Keilriemenrisses ebenso wie eine<br />
Überlastung des Motors, etwa<br />
durch zu hohe Beladung der angetriebenen<br />
Förderbänder oder Kräne. Zusätzlich<br />
erfasst Sirius 3RR24 Stromasymmetrien,<br />
Phasenfolgen, Erdschlüsse<br />
sowie eventuelle Kabelbrüche.<br />
Über ein Display lassen sich aktuelle<br />
Daten direkt am Gerät ablesen.<br />
Das Stromüberwachungsrelais lässt<br />
sich ohne Verdrahtungsaufwand in<br />
den Verbraucherabzweig integrieren,<br />
indem man es an ein Schütz Sirius<br />
3RT2 anbaut.<br />
Über die IO-Link-Schnittstelle werden<br />
– neben der autarken Überwachungsfunktion<br />
- Messwerte und Daten aus<br />
dem Relais an die übergeordnete<br />
Steuerung übertragen, was eine detaillierte<br />
Fehlerortung und -diagnose<br />
erleichtert. Zudem vereinfacht die<br />
Kommunikation per IO-Link die Inbetriebnahme<br />
wesentlich. Das Sirius-Relais<br />
kann entweder direkt am Gerät<br />
oder über die SPS parametriert werden,<br />
was insbesondere bei wiederkehrenden<br />
Parametrierungen die Inbetriebnahme<br />
verkürzt.<br />
www.siemens.com