Einführung in die Psychologie, Farbwahrnehmung - am Institut für ...
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<strong>Psychologie</strong> des Farbensehens<br />
Prof. Dr. Jan Drösler<br />
Universität Regensburg<br />
WS 2010/2011<br />
Vorbemerkung<br />
Der Stu<strong>die</strong>nanfänger an e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen<br />
Hochschule sollte berücksichtigen,<br />
daß er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Studium nicht mit<br />
dem ges<strong>am</strong>ten Bereich der <strong>Psychologie</strong>,<br />
sondern nur mit den Teilbereichen davon<br />
<strong>in</strong> Berührung kommt, <strong>die</strong> wissenschaftlich<br />
bearbeitet s<strong>in</strong>d. Wer andere Bereiche der<br />
<strong>Psychologie</strong> erfahren will, wird sich mit<br />
schöner Literatur, mit der bildenden Kunst<br />
oder dem Theater ause<strong>in</strong>andersetzen.<br />
Der Begriff der Wissenschaftlichkeit hat<br />
sich <strong>in</strong> der Kulturgeschichte und <strong>Psychologie</strong><br />
fortentwickelt. Heute läßt er sich auf<br />
<strong>die</strong> e<strong>in</strong>fache Aussage reduzieren, wissenschaftliche<br />
Sätze s<strong>in</strong>d beweisbare Aussagen.<br />
E<strong>in</strong> Beweis wiederum ist e<strong>in</strong>e logische<br />
Ableitung aus bestimmten Voraussetzungen.<br />
E<strong>in</strong> psychologischer Satz ist demnach<br />
e<strong>in</strong>e Ableitung aus Voraussetzungen,<br />
<strong>die</strong> sich auf menschliches Verhalten beziehen.<br />
Es s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel Verhaltensbeobachtungen.<br />
Diese Reduktion der Def<strong>in</strong>ition etwa im<br />
Vergleich zur Zeit um 1900, als e<strong>in</strong> Wiener<br />
Psychiater noch viel Beachtung fand, der<br />
Gelegenheitsbeobachtungen oder gar eigene<br />
Erlebnisse zur Grundlage weitreichender<br />
Folgerungen machte, ist ihrerseits wieder<br />
durch Erfahrung begründet. Experimentelle<br />
Begründung ergibt bessere Prognosen,<br />
während beispielsweise <strong>die</strong> Remission<br />
von Symptomen krankhaften Verhaltens,<br />
behandelt nach den Vorschriften des<br />
erwähnten Wiener Psychiaters sich ebenso<br />
schnell bzw. langs<strong>am</strong> vollzieht, wie <strong>die</strong><br />
Remission der gleichen Symptome bei<br />
Personen, <strong>die</strong> wegen Überbeschäftigung<br />
der Behandelnden ke<strong>in</strong>erlei Konsultation<br />
erhalten hatten (z. B. Eysenck, 1967).<br />
Menschliches Verhalten ist im e<strong>in</strong>zelnen<br />
nicht vorhersagbar. Es erfüllt d<strong>am</strong>it <strong>die</strong><br />
Kriterien, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitslehre<br />
den Begriff des zufälligen Ereignis<br />
ausmachen. Sicher ist, um e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>faches<br />
Beispiel heranzuziehen, daß e<strong>in</strong> Proband<br />
e<strong>in</strong>e ihm vorgelegte Aufgabe löst oder<br />
nicht löst. Diese Art von Charakterisierung<br />
zufälligen Geschehens reicht aber mit e<strong>in</strong>igen<br />
anderen Annahmen aus, um e<strong>in</strong>e anwendbare<br />
Theorie der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
zu begründen (Kolmogorov, 1933).<br />
Der Zufallscharakter des menschlichen<br />
Verhaltens als Gegenstand der <strong>Psychologie</strong><br />
ist bei Verhaltensbeobachtungen zur<br />
Schaffung sachlicher Grundlagen von psychologischen<br />
Sätzen besondere Anforderungen<br />
zu berücksichtigen. Diese empirischen<br />
Voraussetzungen werden <strong>in</strong> psychologischen<br />
Experimenten gelegt. Von ihnen<br />
ist gefordert, daß sie, wie <strong>die</strong> Experimente<br />
<strong>in</strong> anderen Wissenschaften, deren Gegenstand<br />
aus zufälligen Ereignissen besteht (<br />
z. B. Meteorologie, Biologie, Volkswirtschaftslehre<br />
oder Teilchenphysik),<br />
gewisse Anforderungen der Inferenzstatistik<br />
erfüllen (z. B. W<strong>in</strong>er, 1971)..<br />
Diese Vorlesung benützt zur E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong><br />
<strong>die</strong> <strong>Psychologie</strong> <strong>die</strong> <strong>Farbwahrnehmung</strong>,<br />
e<strong>in</strong>e Thematik, <strong>die</strong> angesichts vieler drängender<br />
Probleme unserer Gesellschaft hergeholt<br />
ersche<strong>in</strong>en mag. Leider s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />
psychologischen Aspekte von Phänomenen<br />
wie der Krim<strong>in</strong>alität oder der menschlichen
Partnerwahl um nur zwei „<strong>in</strong>teressante“<br />
Gebiete zu nennen, experimentell und d<strong>am</strong>it<br />
naturwissenschaftlich so wenig erforsch,<br />
daß darüber meist nur versuchsweise<br />
(„essayistische“) Erörterungen zustande<br />
kommen. Das Studium der <strong>Farbwahrnehmung</strong><br />
dagegen kann auf e<strong>in</strong>en Forschungstand<br />
zurückgreifen, der durch e<strong>in</strong> ausgewogenes<br />
Verhältnis von experimentellen<br />
Ergebnissen und e<strong>in</strong>er geschlossenen, logisch<br />
daraus ableitbaren Theorie zu beschreiben<br />
ist. Die Theorie ist verzweigt<br />
genug, neben den allgeme<strong>in</strong>en Aussagen<br />
auch – was <strong>die</strong> Farbenfehlsichtigkeit angeht<br />
– differentiellpsychologische Feststellungen,<br />
sogar praktischer Art, zu treffen.<br />
Das Reizgeschehen<br />
Die Empf<strong>in</strong>dung Farbe wird ausgelöst,<br />
wenn bestimmte Elektromagnetische<br />
Schw<strong>in</strong>gungen auf <strong>die</strong> Zapfen genannten<br />
Rezeptoren der Netzhaut e<strong>in</strong>es gesunden<br />
Auges fallen. Es s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Schw<strong>in</strong>gungen<br />
e<strong>in</strong>er Wellenlänge zwischen etwa 350<br />
nm und 700 nm. E<strong>in</strong> nm ist 10^-9 Meter,<br />
also e<strong>in</strong> Millionstel Millimeter. Es gibt<br />
elektromagnetische Strahlungen anderer<br />
Wellenlängen, <strong>die</strong> im allgeme<strong>in</strong>en nicht<br />
wahrnehmbar s<strong>in</strong>d. Neben den sichtbaren<br />
Wellenlängen gibt es Infrarot- oder Wärmestrahlen,<br />
<strong>die</strong> mit eigenen Rezeptoren<br />
wahrgenommen werden.<br />
Der theoretische Bereich der <strong>Psychologie</strong><br />
des Farbensehens be<strong>die</strong>nt sich darüber h<strong>in</strong>aus<br />
kanonischer algebraischer Strukturen<br />
mittels e<strong>in</strong>er im Kle<strong>in</strong>detail experimenteller<br />
Begründung. D<strong>am</strong>it beteiligt sich <strong>die</strong><br />
<strong>Psychologie</strong> an dem traditionell <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />
Projekt e<strong>in</strong>er Farbenlehre, <strong>die</strong><br />
über <strong>die</strong> Wahrnehmungsfragen h<strong>in</strong>aus auch<br />
Probleme etwa der Farbästhetik oder der<br />
Nachrichtentechnik des Farbfernsehens<br />
umfaßt. Daraus ergeben sich Gelegenheiten<br />
für den angewandten Psychologen, der<br />
sich etwa mit der Gewährleistung von<br />
Farb-Invarianz zwischen Computerbildschirm<br />
und Farbdrucker beschäftigt, auch<br />
über <strong>die</strong> Grenzen der Wahrnehmungspsychologie<br />
h<strong>in</strong>auszublicken.<br />
Struktur<br />
E<strong>in</strong>e Beschäftigung mit der <strong>Farbwahrnehmung</strong><br />
setzt Bekanntschaft mit e<strong>in</strong>igen elementaren<br />
Begriffen der Strukturlehre voraus,<br />
wie sie auf den ersten Seiten von<br />
Lehrbüchern der abstrakten Algebra e<strong>in</strong>geführt<br />
werden ( z.B. v. d. Waerden, 1932),<br />
Die verwendeten Begriffe werden sukzessive<br />
def<strong>in</strong>iert, ausgehend von Primitiva, <strong>die</strong><br />
zur „naiven“ ( d. h. nicht der axiomatischen)<br />
Mengenlehre gehören.<br />
Abbildung: Elektromagnetische Wellen<br />
mit sichtbarem Bereich.<br />
E<strong>in</strong> Weg, sichtbare Elektromagnetische<br />
Strahlung herzustellen, ist <strong>die</strong> Erwärmung<br />
eiens schwer entzündbaren Gegenstandes,<br />
z. B. Plat<strong>in</strong>. Mit steigender Temperatur<br />
verbreitet sich das Spektrum, also <strong>die</strong> wellenlängenabhängige<br />
Energieverteilung
vom <strong>in</strong>fraroten zum sichtbaren bereich und<br />
darüber h<strong>in</strong>aus.<br />
Strahlungserzeuger nennt man <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem<br />
Zus<strong>am</strong>menhang selbstleuchtend. Die Farbrezeptoren<br />
werden aber auch von Strahlungen<br />
getroffen, <strong>die</strong> von der Oberfläche der<br />
Gegenstände zurückgeworfen werden. Der<br />
Rückwurf der e<strong>in</strong>gefallenen Strahlung<br />
hängt von den spezifischen Absorbtionseigenschaften<br />
der Materialien ab. Wolle löst<br />
dann <strong>die</strong> Empf<strong>in</strong>dung rot aus, wenn sie<br />
kurzwellige Strahlung im sichtbaren Wellenlängenbereich<br />
eher absorbiert und<br />
langwellige eher reflektiert.<br />
Lichtbrechung<br />
Abbildung: Planckscher Strahler<br />
Diese Erzeugung von Strahlung mittels des<br />
Planckschen Strahlers heißt Inkandeszenz.<br />
E<strong>in</strong>e andere Art der Strahlungserzeugung<br />
ist <strong>die</strong> Fluoreszenz, wie sie beispielsweise<br />
<strong>in</strong> Leuchtstoffröhren stattf<strong>in</strong>det. Das entstehende<br />
Strahlungsspektrum hängt vom<br />
Druck des fluoreszierenden Gases ab. Bei<br />
niedrigem Druck entsteht e<strong>in</strong> L<strong>in</strong>ienspektrum,<br />
bei hohem Druck e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierliches<br />
Spektrum.<br />
Beim Übergang von e<strong>in</strong>em Medium (z. B.<br />
Luft ) <strong>in</strong> e<strong>in</strong> anderes (z. B. Glas) werden<br />
elektromagnetische Strahlen <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />
vom E<strong>in</strong>fallsw<strong>in</strong>kel, besonders aber<br />
wellenlängenabhängig gebrochen. Längere<br />
Wellenlängen werden stärker gebrochen.<br />
Diesen Effekt benützt man, um zus<strong>am</strong>mengesetzte<br />
Strahlungsspektren, z. B. das<br />
von der Sonne ausgehende, nach ihren, den<br />
Wellenlängen zugehörigen Komponenten<br />
aufzuschlüsseln. Die dazu <strong>die</strong>nliche Vorrichtung<br />
ist e<strong>in</strong> Prisma.<br />
Das dabei entstehende visuelle Phänomen<br />
er<strong>in</strong>nert an e<strong>in</strong>en Regenbogen, dessen Ursprung<br />
tatsächlich auf <strong>die</strong> gleiche Weise zu<br />
verstehen ist, nämlich durch <strong>die</strong> prismatische<br />
Wirkung von Regentropfen.<br />
Physik oder <strong>Psychologie</strong>?<br />
Das Studium von Vorrichtungen zur Erzeugung<br />
von Farben hat gelegentlich zu
der Auffassung geführt, Farbe sei Gegenstand<br />
der Physik. Diese Me<strong>in</strong>ung ist nicht<br />
haltbar. Strahlung als Farbreiz ist, wie jeder<br />
S<strong>in</strong>nesreiz etwas Physikalisches. Die<br />
Farbe selbst braucht für ihre Entstehung<br />
e<strong>in</strong>en Betrachter, im psychologischen Laborjagon<br />
e<strong>in</strong>e Versuchperson. Ohne Betrachter<br />
ke<strong>in</strong>e Farbe!<br />
Struktur der Farben<br />
Munsell (1905) ließ mehrere hundert Farbplättchen<br />
durch e<strong>in</strong>e Versuchsperson nach<br />
Farbähnlichkeit ordnen. Es ergibt sich <strong>in</strong><br />
reproduzierbarer Weise e<strong>in</strong>e dreidimensionale<br />
räumliche Anordnung.<br />
Abb.: Ergebnis des Munsellschen Experiments<br />
zur räumlichen Ordnung von Farbplättchen<br />
nach Ähnlichkeit.<br />
Die dabei zustande gekommenen Raumrichtungen<br />
lassen sich als Farbattribute<br />
identifizieren, Von unten nach oben steigt<br />
<strong>die</strong> Helligkeit der Farbe, von <strong>in</strong>nen nach<br />
außen erhöht sich <strong>die</strong> Sättigung des Farbe<br />
und im Umkreis um <strong>die</strong> senkrechte Achse<br />
ändert sich der Farbton, gegen den Uhrzeigers<strong>in</strong>n<br />
entsprechend der Abfolge im Regenbogen.<br />
Räumliche Anordenbarkeit der Farben<br />
führt zur Vermutung, daß <strong>die</strong> Menge der<br />
Farben auch im wissenschaftlichen S<strong>in</strong>ne<br />
e<strong>in</strong>e Struktur trägt (vgl. z. B. v. d. Waerden,<br />
1932). Struktur ist def<strong>in</strong>iert als Menge<br />
mit e<strong>in</strong>er darauf erklärten Abbildung. E<strong>in</strong>e<br />
Abbildung ist e<strong>in</strong>e spezielle b<strong>in</strong>äre Relation,<br />
Also als e<strong>in</strong>e Teilmenge des kartesischen<br />
Produkts e<strong>in</strong>er Menge mit sich<br />
selbst. Abbildungen s<strong>in</strong>d durch L<strong>in</strong>kstotalität<br />
und Rechtse<strong>in</strong>deutigkeit ausgezeichnet.<br />
Alle Elemente der ersten Menge stehen <strong>in</strong><br />
Relation zu genau e<strong>in</strong>em Element der<br />
zweiten Menge.<br />
Für <strong>die</strong> Fachausdrücke der Strukturlehre<br />
s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> folgenden Abkürzungen üblich:<br />
E<strong>in</strong>e Relation R ist e<strong>in</strong>e Teilmenge des<br />
kartesischen Produkts e<strong>in</strong>er Menge A mit<br />
sich selbst: R A A. E<strong>in</strong>e Menge mit<br />
e<strong>in</strong>er Relation bildet e<strong>in</strong> Relativ. Beispiel:<br />
Farbreize A und <strong>die</strong> Relation „m<strong>in</strong>destens<br />
so hell“ : < A, > . E<strong>in</strong>e Abbildung<br />
ist e<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>kstotale rechts-e<strong>in</strong>deutige Relation.<br />
Beispiel Farbmischung: : A A <br />
A. E<strong>in</strong>e Struktur ist e<strong>in</strong>e Menge mit e<strong>in</strong>er<br />
darauf erklärten Operation < A, >.<br />
Es zeigt sich, daß <strong>die</strong>se Def<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>er<br />
Abbildung auch im technischen S<strong>in</strong>ne von<br />
Farben erfüllt wird, wenn man Farbmischung<br />
betrachtet. Je zwei Farben gemischt<br />
ergeben genau e<strong>in</strong>e neue Farbe. Hier ist<br />
nicht von der Mischung von Farbstoffen<br />
<strong>die</strong> Rede, sondern von der Übere<strong>in</strong>anderprojektion<br />
von Reizspektren. Sie läßt sich<br />
etwa durch Verwendung mehrerer Farbdia-<br />
Projektionen verwirklichen. Die Grenze<br />
der räumlichen Auflösung des menschlichen<br />
Auges führt auch zu e<strong>in</strong>er Farbmischung,<br />
wenn <strong>die</strong> beiden Reizspektren nebene<strong>in</strong>ander<br />
aber unter der räumlichen<br />
Auflösungsschwelle des Auges projiziert<br />
werden. Dieses Pr<strong>in</strong>zip wird von den Farbfernseh-<br />
und Computerbildschirmen genutzt.<br />
Schließlich kommt Farbmischung ebenfalls<br />
zustande, wenn <strong>die</strong> Zeitliche Auflösungsschwelle<br />
des Auges bei Nache<strong>in</strong>anderprojektion<br />
der beiden Reizspektren unterschritten<br />
wird. Das ist der Fall, wenn sie<br />
im Rhythmus von 0,05 s oder schneller<br />
abwechselnd projiziert werden. Diese<br />
Technik der Farbmischung benutzte Goe-
the mittels e<strong>in</strong>e Farbkreisels für se<strong>in</strong>e<br />
Farbversuche. Der Nachteil <strong>die</strong>ses ohne<br />
selbstleuchtende Reize arbeitenden Verfahrens<br />
liegt dar<strong>in</strong>, daß hohe Leucht<strong>in</strong>tensitäten<br />
nur sehr schwer, oder bei Goethe nicht<br />
herstellbar waren. Er k<strong>am</strong> dadurch von<br />
se<strong>in</strong>en Beobachtungen zu sachlich falschen<br />
Schlüssen und fiel teilweise h<strong>in</strong>ter den<br />
Kenntnisstand von Newton, mehr als hundert<br />
Jahre vor ihm zurück.<br />
Die Versuchsanordnung<br />
Da jede Fernsehbildröhre drei verschiedene<br />
Phosphore verwendet, <strong>die</strong> blau, grün<br />
und rot leuchten, kann man auf e<strong>in</strong>em<br />
Computerbildschirm e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Farbmischgerät<br />
realisieren. Es gibt auf der l<strong>in</strong>ken<br />
Seite e<strong>in</strong>en Halbkreis, dessen Komponenten<br />
zufällig ausgewählt vorgegeben<br />
werden (Abbildung).<br />
Die Komponenten des rechten Halbkreises<br />
s<strong>in</strong>d von der Versuchsperson mittels der<br />
Computer-Maus e<strong>in</strong>zeln regelbar (Abbildung).<br />
Die Versuchsperson wird <strong>in</strong>struiert, visuelle<br />
Ununterscheidbarkeit der beiden<br />
Halbkreise herzustellen. Geräte <strong>die</strong>se Art<br />
arbeiten zufriedenstellend, besitzen aber<br />
den Nachteil, daß der vorgegebene Reiz<br />
aus technischen Gründen immer nur aus<br />
den gegebenendrei Primärfarben hergestellt<br />
wird. Wünschenswert ist <strong>die</strong> Vorgabe<br />
beliebiger physikalischer Spektren<br />
Eigentliche und uneigentliche Farbmischung<br />
E<strong>in</strong>e Schwierigkeit bei der Farbmischung<br />
besteht dar<strong>in</strong>, daß man mit e<strong>in</strong>er festen<br />
Anzahl – z. B. drei – Grundfarben stets nur<br />
e<strong>in</strong>en bestimmten Vorrat von Farben (englisch<br />
g<strong>am</strong>ut) ermischen kann. Dieser Vorrat<br />
wechselt, wenn man andere Grundoder<br />
Ausgangsfarben heranzieht. E<strong>in</strong>e<br />
Theorie des Farbensehens will sich auf alle<br />
Farben, also auf <strong>die</strong> Mengenvere<strong>in</strong>igung<br />
aller möglicher Farbvorräte beziehen.<br />
Graßmann (1853) erreichte <strong>die</strong>s durch E<strong>in</strong>führung<br />
der uneigentlichen Farbmischung.<br />
Ist e<strong>in</strong>e vorgegebener Reiz durch drei bestimmte<br />
Grundfarben für <strong>die</strong> Versuchsperson<br />
nicht ermischbar, so kann sie trotzdem<br />
Met<strong>am</strong>erie herstellen, <strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong>e der<br />
Grundfarben zum vorgegebenen Reiz h<strong>in</strong>zumischt<br />
und mittels geeigneter Dosierung<br />
der beiden anderen dazu Met<strong>am</strong>erie herstellt.<br />
Mittels eigentlicher oder uneigentlicher<br />
Farbmischung s<strong>in</strong>d alle Farben aus<br />
e<strong>in</strong>em festen Grundfarbentripel ermischbar.<br />
Das Relativ < A, > bestehend aus<br />
den Reizspektren und der Farbmischopration<br />
ist e<strong>in</strong>e Struktur-<br />
Wenn Farbmischung empirisch e<strong>in</strong>e<br />
Struktur begründet, so ist von Interesse<br />
welche Eigenschaften <strong>die</strong>se Struktur besitzt<br />
und ob es sich dabei um e<strong>in</strong>e auch<br />
sonst <strong>in</strong> der Wissenschaft auftretende kanonische<br />
Struktur handelt.<br />
Kanonische Struktur: Gruppenstruktur<br />
E<strong>in</strong> Grund, Suche nach Strukturen zum<br />
Ziel der wissenschaftlichen Forschung zu<br />
erklären, liegt <strong>in</strong> der historischen Erfahrung,<br />
daß häufig auch <strong>in</strong> neu erschlossenen<br />
Sachbereichen <strong>die</strong> gleichen Strukturen<br />
gefunden werden, <strong>die</strong> bereits <strong>in</strong> anderen<br />
Bereichen aufgetreten s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e solche<br />
kanonische Struktur ist <strong>die</strong> Gruppenstruktur.<br />
Das Relativ < A , o >, bestehend aus<br />
e<strong>in</strong>er Menge A und e<strong>in</strong>er Verknüpfung o<br />
bildet e<strong>in</strong>e Gruppe, wenn <strong>die</strong> Verknüpfung<br />
abgeschlossen und assoziativ ist, e<strong>in</strong> neutrales<br />
Gruppenelement sowie zu jedem
Gruppenelement e<strong>in</strong> <strong>in</strong>verses Element<br />
existiert- Assoziativität bedeutet: Für alle<br />
a,b,c aus A gilt a o (b o c) = (a o b) o c.<br />
Abgeschlossenheit heißt: Für alle a, b aus<br />
A ist a o b wieder <strong>in</strong> A. Für e<strong>in</strong> neutrales<br />
Element n aus A gilt für alle a aus A ; a o<br />
n = a. Für alle a aus A ist -a e<strong>in</strong> <strong>in</strong>verses<br />
Element, wenn gilt a o -a = n.<br />
Bestimmte Zahlenmengen und <strong>die</strong> Addition<br />
tragen Gruppenstruktur<br />
Das Motiv für <strong>die</strong> Suche nach Gruppenstrukturen<br />
<strong>in</strong> der Natur liegt dar<strong>in</strong>, daß<br />
wichtige theoretische Relative wie z. B. <strong>die</strong><br />
ganzen Zahlen Z mit der Addition +<br />
Gruppenstruktur aufweisen. Obwohl das<br />
Relativ e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> theoretisches ist –<br />
Zahlen und <strong>die</strong> darauf erklärten Operationen<br />
s<strong>in</strong>d vom Menschen erdacht – besitzt<br />
es für Naturwissenschaftler große Anziehungskraft.<br />
Wenn nämlich e<strong>in</strong>e Sachbereich<br />
<strong>die</strong> gleiche Struktur wie e<strong>in</strong> theoretischer<br />
Bereich aufweist, dann kann mit letzterem<br />
so theoretisiert werden, daß <strong>die</strong> erschlossenen<br />
Ergebnisse nicht alle<strong>in</strong> rechnerisch,<br />
sondern auch sachlich richtig s<strong>in</strong>d.<br />
Auf der Ausnutzung derartiger Strukturgleichheiten<br />
beruht zum wesentlichen Teil<br />
der Fortschritt der Physik. Viele zu lösende<br />
physikalische Alltagsprobleme gestatten<br />
<strong>die</strong> (theoretische Berechnung ihrer Lösung.<br />
E<strong>in</strong> physikalisches Beispiel<br />
Mit elektrischen Gleichspannungen kann<br />
man deshalb so trefflich Berechnungen<br />
anstellen, weil <strong>die</strong> Elemente der Grundmenge<br />
als Batterien gesehen werden können,<br />
das neutrale Element als leere Batterie<br />
und <strong>die</strong> <strong>in</strong>versen Elemente als umgekehrt<br />
gepolte Batterien. Assoziativität der Verknüpfung<br />
ist bei Batterien ebenfalls gegeben.<br />
Zu fragen wäre nun, ob <strong>die</strong> Menge der<br />
Farbreize A zus<strong>am</strong>men mit der Mischungsoperation<br />
Gruppenstruktur trägt.<br />
Diese Frage läßt sich unmittelbar verne<strong>in</strong>en:<br />
Zu ke<strong>in</strong>em Farbreiz existiert e<strong>in</strong> <strong>in</strong>verses<br />
Element, dessen Beimischung zu<br />
e<strong>in</strong>em neutralen Farbreiz führen würde,<br />
e<strong>in</strong>em Reiz also dessen H<strong>in</strong>zumischung zu<br />
e<strong>in</strong>er beliebigen Farbe visuell nichts ändert.<br />
Es sieht so aus, als wäre d<strong>am</strong>it jeder<br />
Versuch, das Farbensehen zu quantifizieren<br />
als aussichtslos erledigt.<br />
Andererseits läßt sich mit physikalischen<br />
Mengen wie Massen oder Abständen sehr<br />
sachgerecht rechnen, obwohl aus sie ke<strong>in</strong>e<br />
Gruppenstruktur an den Tag legen. Es existiert<br />
zu e<strong>in</strong>er Masse ke<strong>in</strong>e Inverse, <strong>die</strong> zu<br />
ersterer <strong>in</strong> der Waagschale h<strong>in</strong>zugeführt,<br />
deren Gewicht neutralisieren würde. Ganz<br />
entsprechend sucht man für Längen vergeblich<br />
nach <strong>in</strong>versen Elementen, deren<br />
Verknüpfung mit e<strong>in</strong>er gegebenen Länge<br />
<strong>die</strong>se annihilieren würde. Dennoch repräsentieren<br />
Berechnungen mittels zahlenmäßiger<br />
Gruppenstrukturen, z. B. der reellen<br />
Zahlen und ihrer Addition + sehr realistisch<br />
das , was sich beim Zus<strong>am</strong>menfügen<br />
von Massen oder Abständen ergibt. Es<br />
muß also e<strong>in</strong>e Beziehung zwischen Relativen<br />
und den arithmetischen Gruppen geben,<br />
<strong>die</strong> theoretisch tragfähig ist, auch<br />
wenn <strong>die</strong> empirischen Relative selbst ke<strong>in</strong>e<br />
Gruppenstruktur besitzen,<br />
Halbgruppen<br />
Analysiert man das physikalische Geschehen,<br />
das sich beim Zus<strong>am</strong>menlegen von<br />
Massen <strong>in</strong> der Waagschale oder beim<br />
Ane<strong>in</strong>anderlegen von Abständen abspielt,<br />
do stellt man fest, daß <strong>die</strong>se physikalischen<br />
Relative empirisch e<strong>in</strong>e Halbgruppenstruktur<br />
aufweisen, Die Grundmenge ist<br />
jeweils mit e<strong>in</strong>er abgeschlossenen assoziativen<br />
Verknüpfung versehen. Die Attribute,<br />
<strong>die</strong> daraus e<strong>in</strong>e Gruppe machen würden,<br />
fehlen. Wenn man mit <strong>die</strong>sen Halbgruppen<br />
rechnerisch theoretisieren kann und bekanntlich<br />
sachlich richtige Ergebnisse erhält,<br />
so muß e<strong>in</strong>e ausnutzbare Beziehung<br />
zwischen empirischen Halbgruppen und<br />
den arithmetischen Gruppen bestehen. Es<br />
gibt sie. Sie wurde von Hölder,1901, beschrieben.<br />
Das Stichwort heißt E<strong>in</strong>bettung<br />
e<strong>in</strong>er Halbgruppe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gruppe.
F<strong>in</strong>gerrechnen<br />
Dieser E<strong>in</strong>bettungsvorgang ist jedem von<br />
uns aus se<strong>in</strong>er Grundschulerfahrung geläufig,<br />
wenn er sich an das F<strong>in</strong>gerrechnen<br />
er<strong>in</strong>nert. E<strong>in</strong>e Grundmenge von F<strong>in</strong>gern<br />
und <strong>die</strong> Operation des Zus<strong>am</strong>menfassens<br />
mehrerer F<strong>in</strong>ger besitzt Halbgruppenstruktur.<br />
Dieses Zus<strong>am</strong>menfassen als arithmetische<br />
Addition zu repräsentieren ist nur<br />
beschränkt möglich. Auch wenn man ausdrücklich<br />
drei F<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gegebenen<br />
Zus<strong>am</strong>menhang als <strong>in</strong>vers erklärt, erbr<strong>in</strong>gt<br />
deren Zus<strong>am</strong>menfügung mit beispielsweise<br />
e<strong>in</strong>em F<strong>in</strong>ger ke<strong>in</strong> Ergebnis. Die Lehrer<strong>in</strong><br />
sagte d<strong>am</strong>als, das Abziehen der drei von<br />
e<strong>in</strong>em „geht nicht“. Wir Schüler nahmen<br />
das h<strong>in</strong>, ohne nach dem Warum zu fragen,<br />
Erst <strong>in</strong> den oberen Klassen haben wir etwas<br />
von negativen Zahlen und den zugehörigen<br />
Sachverhalten, beispielsweise Geldschulden,<br />
erfahren.<br />
Kanonische E<strong>in</strong>bettung<br />
Die Bemühungen unserer Grundschullehrer<strong>in</strong><br />
um das F<strong>in</strong>gerrechnen waren nicht<br />
vergeblich, weil sich das Relativ bestehend<br />
aus F<strong>in</strong>gern und ihrer Zus<strong>am</strong>menfügung <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e empirische Gruppe ebenso e<strong>in</strong>betten<br />
läßt, wie <strong>die</strong> Halbgruppe der natürlichen<br />
Zahlen mit + <strong>in</strong> <strong>die</strong> Gruppe der ganzen<br />
Zahlen mit +. Das geschieht dadurch, daß<br />
man das kartesische Produkt der Menge<br />
der natürlichen zahlen mit sich selbst bildet.<br />
Man erhält <strong>die</strong> Menge von Paaren natürlicher<br />
Zahlen und richtet das Augenmerk<br />
auf <strong>die</strong> Differenz bei jedem Paar.<br />
Paare mit gleicher Differenz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Richtung<br />
(z. B. erster Paarl<strong>in</strong>g größer als der<br />
zweite) erklärt man als neue Grundmenge.<br />
Sie bildet mir e<strong>in</strong>er neu zu def<strong>in</strong>ierenden<br />
Addition der Differenzen weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Halbgruppe. Fügt man <strong>die</strong> Differenzen der<br />
anderen Art (jetzt erster Paarl<strong>in</strong>g kle<strong>in</strong>er<br />
als der zweite) h<strong>in</strong>zu, so besitzt jedes Element<br />
der Ausgangsmenge nun e<strong>in</strong> <strong>in</strong>verses<br />
Element, <strong>die</strong> Paare mit gleichen Paarl<strong>in</strong>gen<br />
s<strong>in</strong>d neutrale Elmente. Will man, daß jedes<br />
Element nur e<strong>in</strong>mal vorkommt, so betrachtet<br />
man nicht <strong>die</strong> eben konstruierte Menge<br />
der Paare, sondern deren Äquivalenzklassen,<br />
<strong>die</strong> jede stets gleiche Differenzen<br />
enthält. Der Prozeß wird kanonische E<strong>in</strong>bettung<br />
genannt.<br />
Hölders Beitrag von 1901<br />
Der Beitrag von Otto Hölder bestand dar<strong>in</strong>,<br />
daß er im e<strong>in</strong>zelnen untersucht hat, welche<br />
Halbgruppen sich <strong>in</strong> Gruppen e<strong>in</strong>betten<br />
lassen. Dabei stieß er unter anderem auf<br />
<strong>die</strong> sogenannte Aufhebungseigenschaft. Im<br />
Zus<strong>am</strong>menhang des Farbensehens formuliert<br />
verlangt sie: S<strong>in</strong>d zwei Farbreize met<strong>am</strong>er<br />
(visuell nicht unterscheidbar) dann<br />
bleiben sie met<strong>am</strong>er, wenn man zu beiden<br />
den gleiche dritten Farbreiz h<strong>in</strong>zumischt.<br />
Es fügt sich, daß Hermann Graßmann bereits<br />
1853 <strong>die</strong>se Aussage experimentell<br />
untersucht und für das Farbensehen bestätigt<br />
gefunden hat. Sie heißt heute das zweite<br />
Graßmannsche Gesetz. Grassman hat<br />
darüber h<strong>in</strong>aus erkannt, daß <strong>die</strong>s <strong>die</strong> kritische<br />
empirische Gegebenheit ist, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>bettung der Farbreize A und ihrer Mischung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gruppe gestatten.<br />
Historische Anmerkung<br />
Wenngleich uns der Durchbruch Hölders<br />
(1901) im Verständnis der Messung vor<br />
gut e<strong>in</strong>hundert Jahren als e<strong>in</strong> lange zurückliegendes<br />
Ereignis anmuten mag, fand er<br />
doch vergleichsweise spät statt. Die Reduktion<br />
der Elementargeometrie auf e<strong>in</strong>e<br />
Axiomatik, aus der sämtliche Lehrsätze<br />
ableitbar s<strong>in</strong>d, wurde von Euklid etwa 350<br />
v. Chr. <strong>in</strong> Anknüpfung an e<strong>in</strong>e lange, bis<br />
nach Altägypten reichende Tradition geleistet.<br />
Die Verb<strong>in</strong>dung von Geometrie und<br />
Arithmetik gelang Descartes im siebzehnten<br />
Jahrhundert <strong>in</strong> der Entwicklung der<br />
analytischen Geometrie. Trotzdem dauerte<br />
es bis zum Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts,<br />
ehe e<strong>in</strong>e der euklidischen geometrischen<br />
Axiomatik entsprechende für<br />
<strong>die</strong> natürlichen Zahlen durch Peano – nach<br />
Vorarbeiten von Frege und Dedek<strong>in</strong>d –
vorgelegt werden konnte. Die Zahlen hatte<br />
bis dah<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Sche<strong>in</strong> des Num<strong>in</strong>osen umgeben,<br />
der noch 1960 e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> der theoretischen<br />
und empirischen Forschung überaus<br />
erfolgreichen Physiker von e<strong>in</strong>er angeblich<br />
„unreasonable effectiveness of mathematics<br />
<strong>in</strong> the natural sciences“ (Wigner, 1960)<br />
sprechen ließ. Bis dah<strong>in</strong> hatte sich der e<strong>in</strong>fache<br />
Gedanke Hölders von 1901 offenbar<br />
noch nicht herumgesprochen, daß <strong>die</strong><br />
Arithmetik dann und nur dann sachlich<br />
richtige Rechenergebnisse liefert, wenn <strong>die</strong><br />
Struktur des betroffenen Sachbereichs im<br />
Kle<strong>in</strong>detail der Struktur der Zahlen entspricht.<br />
Um <strong>die</strong>s besser zu verstehen und <strong>in</strong><br />
der <strong>Psychologie</strong> anwenden zu können, ist<br />
e<strong>in</strong> Blich auf <strong>die</strong> Struktur der Zahlen erforderlich.<br />
Sachliche Richtigkeit (Erfülltheit) der<br />
Axiome der Arithmetik<br />
Man versteht sofort, warum <strong>die</strong> gleiche<br />
theoretische Summenbildung beim Zus<strong>am</strong>menschütten<br />
von Flüssigkeiten manchmal<br />
e<strong>in</strong> sachlich richtiges Ergebnis vorausberechnen<br />
läßt, <strong>in</strong> anderen Fällen nicht,<br />
etwa beim Zus<strong>am</strong>menschütten von Alkohol<br />
und Wasser. In e<strong>in</strong>em Falle s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />
Axiome der Addition empirisch erfüllt, im<br />
anderen Falle s<strong>in</strong>d sie empirisch verletzt:<br />
Theoretische Struktur: Arithmetik<br />
Seien <strong>die</strong> natürlichen Zahlen {0, 1, 2, ...}<br />
und s( ) <strong>die</strong> Nachfolger-Relation. Das Relativ<br />
< , s( ), + > ist e<strong>in</strong>e Struktur., weil<br />
s( ) und + Abbildungen s<strong>in</strong>d Ihre Eigenschaften<br />
lassen sich durch drei Annahmen<br />
(„Axiome“) beschreiben. Diese Axiome<br />
s<strong>in</strong>d dann brauchbar gewählt, wenn sich<br />
alle<strong>in</strong> mit ihnen alle Sätze der Arithmetik<br />
des + beweisen lassen.<br />
Die Axiome der Addition<br />
1. Für alle x : s(x) 0<br />
2. Für alle x,y : wenn s(x) s(y),<br />
dann x y<br />
3. Für alle x : x + 0 = x<br />
4. Für alle x,y : x + s(y) = s( x+y)<br />
Satz: Für alle x: s(x) = x + s(0).<br />
Beweis: Man setzt <strong>in</strong> 4. y = 0 und vertauscht<br />
<strong>die</strong> Seiten.<br />
Ist Anwendbarkeit auf Farbenmischung<br />
gegeben?<br />
Diese Theorie bezieht sich auf <strong>die</strong> Nachfolgerelation<br />
der Zahlen, also auf deren<br />
Anordnung. Farben s<strong>in</strong>d empirisch durch<br />
Versuchspersonen nicht wie e<strong>in</strong>e Perlenkette<br />
anordenbar. Sie erfüllen <strong>die</strong> Ordnungsaxiome<br />
nicht. D. h., Versuchspersonen<br />
können Farben nicht konnex, transitiv<br />
und antisymmetrisch anordnen. Deshalb ist<br />
<strong>die</strong> Theorie <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Formulierung nicht<br />
auf Farben anwendbar. Nicht jede Axiomatik<br />
e<strong>in</strong>er Theorie, hier also der natürlichen<br />
Zahlen, eignet sich für e<strong>in</strong>en empirischen<br />
Vergleich mit den im Experiment vorf<strong>in</strong>dbaren<br />
Gegebenheiten. Diese Schwierigkeit<br />
kannte Graßman (1853) nicht. Er fand e<strong>in</strong>e<br />
empirische Struktur und deren theoretische<br />
Entsprechung speziell für <strong>die</strong> Farben, <strong>die</strong><br />
später als Graßmannstruktur kanonisiert<br />
worden ist, weil sie auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unübersehbare<br />
Vielfalt von empirischen Strukturen<br />
andere Sachbereichen zu beobachten<br />
ist. Die psychologische Forschung hat historisch<br />
hier ausnahmsweise gegenüber der<br />
anderer Diszipl<strong>in</strong>en <strong>die</strong> Vorreiterstellung<br />
e<strong>in</strong>genommen.<br />
Addition von Mehrkomponentigem<br />
Der Intention, Farbmischung durch arithmetische<br />
Addition zu repräsentieren steht<br />
zunächst der Umstand entgegen, daß<br />
Farbmischung e<strong>in</strong>e Angelegenheit von drei<br />
Komponenten ist. Andererseits ist <strong>in</strong> der<br />
Mechanik das Zus<strong>am</strong>menwirken mechanischer<br />
Kräfte <strong>in</strong> der Ebene ist durch Addition<br />
repräsentierbar. Diese „Vektoraddition“<br />
ist weiter nichts als <strong>die</strong> komponentenweise<br />
Ausführung der gewöhnlichen<br />
Arithmetik. E<strong>in</strong> Beispiel dafür liefert das<br />
Kräfteparallelogr<strong>am</strong>m. E<strong>in</strong> gewichtigeres<br />
H<strong>in</strong>dernis für <strong>die</strong> Benutzung der gewünschten<br />
Repräsentation stellt der Sachverhalt<br />
dar, daß <strong>die</strong> Mischungskomponenten<br />
als Energiewerte stets positiv
s<strong>in</strong>d, also ke<strong>in</strong>e Gruppenstruktur sondern<br />
höchstens Halbgruppenstruktur tragen<br />
können.<br />
Verschiedene Wege der E<strong>in</strong>bettung<br />
Die bei Wägung und Längenmessung beschrittenen<br />
Wege der E<strong>in</strong>bettung von<br />
Halbgruppen <strong>in</strong> Gruppen benutzen <strong>die</strong><br />
Anordnung der gegebenen Mengenelemente.Sie<br />
s<strong>in</strong>d für Farben wegen deren<br />
fehlender Anordenbarkeit nicht gangbar.<br />
Graßmann (1853) hat <strong>die</strong> Regularität oder<br />
Aufhebungseigenschaft zus<strong>am</strong>men mit<br />
Kommutativität als geeignete Voraussetzungen<br />
für <strong>die</strong> E<strong>in</strong>bettung <strong>die</strong>ser Halbgruppe<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gruppe erkannt.<br />
Struktur der Farben<br />
Krantz (1975) hat <strong>die</strong> Graßmannsche Entwicklung<br />
<strong>in</strong> moderner Form dargestellt und<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Punkten vervollständigt. Im e<strong>in</strong>zelnen<br />
hebt er folgendes hervor: Sei A <strong>die</strong><br />
Menge der Farbreize und <strong>die</strong> Operation<br />
des Übere<strong>in</strong>anderprojizierens : A × A <br />
A, so daß < A, > e<strong>in</strong>e kommutative<br />
Halbgruppe bildet. Sei * <strong>die</strong> Operation der<br />
physikalischen Intensitätsverstärkung * : A<br />
× A, so daß < A, *> e<strong>in</strong>e kommutative<br />
Halbgruppe bildet.<br />
Sei <strong>die</strong> zweistellige Äquivalenzrelation<br />
der Met<strong>am</strong>erie. Für jede Äquivalenzrelation<br />
gilt:<br />
Sei e<strong>in</strong>e zweistellige Relation auf A. für<br />
alle a,b,c aus A gilt:<br />
a a ,<br />
(Reflexivität)<br />
a b g.d.w. b a,<br />
(Symmetrie)<br />
wenn a b und b c , dann a c<br />
(Transitivität).<br />
E<strong>in</strong>e Halbgruppe < A, > ist kommutativ,<br />
g.d.w für alle a,b aus A gilt:<br />
a b b a.<br />
Die Halbgruppe < A, > ist regulär g. d.<br />
w. für alle a,b,c aus A gilt:<br />
a b g.d.w. a c b c<br />
Die Halbgruppe < A ,* > ist regulär, g.d.w.<br />
für alle a,b aus A und t aus gilt:<br />
a b g.d.w. a * t b * t<br />
Regularität wird auch Aufhebungseigenschaft<br />
genannt.<br />
Die Surjektivität von <br />
Das Relativ < A, > ist nur dann e<strong>in</strong>e für<br />
<strong>die</strong> Beschreibung der Farben brauchbare<br />
Struktur, wenn <strong>die</strong> Operation surjektiv<br />
ist, d. h. wenn sämtliche Farben aus e<strong>in</strong>er<br />
gewissen Anzahl von Ausgangsfarben ermischbar<br />
s<strong>in</strong>d. Das ist durch direktes<br />
Übere<strong>in</strong>anderprojizieren („eigentliche<br />
Farbmischung“) nicht der Fall. Man def<strong>in</strong>iert<br />
deshalb <strong>die</strong> „uneigentliche Farbmischung“<br />
ganz entsprechend wie beim Wägen<br />
<strong>die</strong> Plazierung der als <strong>in</strong>verses Element<br />
<strong>die</strong>nenden Masse <strong>in</strong> <strong>die</strong> andere<br />
Waagschale.<br />
Graßmannstruktur<br />
Nach <strong>die</strong>sen Vorüberlegungen läßt sich<br />
<strong>die</strong>jenige Struktur def<strong>in</strong>ieren, <strong>die</strong> Farben<br />
zus<strong>am</strong>men mit der Operation Farbmischung<br />
besitzen müssen, um theoretisch<br />
durch <strong>die</strong> kanonische Struktur e<strong>in</strong>es Vektorraumes<br />
repräsentiert zu werden. Ob <strong>die</strong>se<br />
Struktur tatsächlich für e<strong>in</strong>e gegebene<br />
Versuchsperson realisiert ist, wird durch<br />
e<strong>in</strong> Farbmischungsexperimente empirisch<br />
entschieden. Dazu ist für jede empirisch<br />
prüfbare Voraussetzung e<strong>in</strong> eigenes Experiment<br />
erforderlich. Es ist für <strong>die</strong> Psychologenschaft<br />
von besonderem Interesse, daß<br />
<strong>die</strong>se heute kanonische Struktur der mehrdimensionalen<br />
analytischen Geometrie<br />
d<strong>am</strong>als von Graßmann zur Beschreibung<br />
des Farbensehens entwickelt worden ist<br />
und erst später <strong>in</strong> anderen Diszipl<strong>in</strong>en zur<br />
Anwendung k<strong>am</strong>.<br />
Def<strong>in</strong>ition: E<strong>in</strong>e Graßmannstruktur ist e<strong>in</strong><br />
Quadrupel < A , , *, ~ >, bei dem A e<strong>in</strong>e<br />
Menge, e<strong>in</strong>e Funktion auf A × A, * e<strong>in</strong>e<br />
Funktion auf + × A und ~ e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>ärrelation<br />
auf A × A s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> folgende fünf<br />
Voraussetzungen erfüllen:<br />
1. < A , > ist e<strong>in</strong>e kommutative<br />
Halbguppe.
2. * besitzt als skalare Multiplikation<br />
<strong>die</strong> Eigenschaften:<br />
für alle a, b aus A und t,u aus +<br />
gilt:<br />
t*(u * a) = (t u) * a<br />
t * (a b ) = ( t* a ) ( t * b )<br />
(t + u ) * a = ( t* a ) ( u * a )<br />
1 * a = a<br />
3. ~ ist e<strong>in</strong>e Äquivalenzrelation auf A.<br />
4. Aufhebungseigenschaft bezüglich :<br />
Für alle a,b,c aus A gilt<br />
a ~ b g. d. w. a c ~ b c.<br />
Aufhebungseigenschaft bezüglich * :<br />
Für alle a,b aus A und r aus + gilt<br />
wenn a ~ b, dann r * a ~ r * b.<br />
5. Trichromatizität: Für alle a1, a2,a3, a4<br />
aus A existieren positive Zahlen ri, ui, i =<br />
0,1,2,3 so daß ri ui für m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> i,<br />
und daß für i = 0 ...3<br />
ri * ai ~ ui * ai.<br />
Die Summation bezieht sich auf .<br />
Für alle a1, a2,a3 aus A existieren positive<br />
Zahlen ri, ui, i = 0,1,2,3 so daß wenn für i<br />
= 0 ...2<br />
ri * ai ~ ui * ai,<br />
dann ri = ui für i = 0,1,2.<br />
Die Summation bezieht sich auf .<br />
Von großer praktischer Bedeutung ist <strong>die</strong><br />
Nr. 5. Sie wurde von Helmholtz <strong>die</strong> „Dimensionsthatsache“<br />
genannt. Weil <strong>die</strong> Dosierungen<br />
von vier (oder mehr) Mischfarben<br />
zur Herstellung der Met<strong>am</strong>erie mit<br />
e<strong>in</strong>er vorgegebenen Farbe nicht zu e<strong>in</strong>deutigen<br />
vier Dosierungswerten führen, ist<br />
d<strong>am</strong>it gezeigt, daß vier Dimensionen m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong>e Dimension zu viel s<strong>in</strong>d. Weil<br />
drei Mischfarben zu e<strong>in</strong>deutigen Dosierungswerten<br />
führen, s<strong>in</strong>d (für Normalsichtige)<br />
drei Dimensionen <strong>die</strong> richtige Anzahl.<br />
Der Raum der Farben<br />
Der Begriff des Raumes ist synonym zu<br />
dem der Struktur. Es handelt sich um e<strong>in</strong>e<br />
Menge mit e<strong>in</strong>er darauf erklärten Abbildung.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel ist der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsraum.<br />
Räume im anschaulichen<br />
S<strong>in</strong>ne s<strong>in</strong>d geometrische Strukturen.<br />
Die Grundmenge kann dabei aus Orten<br />
bestehen, <strong>die</strong> Operation z. B. e<strong>in</strong>e Bewegung<br />
oder e<strong>in</strong> Wechsel des Bezugssystems<br />
se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e uns geläufige Bewegung ist z. B.<br />
<strong>die</strong> euklidische, <strong>die</strong> Längen unverändert<br />
läßt und deshalb Ortsverlagerung von Größenveränderung<br />
zu trennen erlaubt.<br />
Farben als räumliche Repräsentation der<br />
Graßmannstruktur: Repräsentationssatz<br />
Ist e<strong>in</strong>e Graßmannstruktur gegeben, so läßt<br />
sie sich geometrisch darstellen, oder geometrisch<br />
repräsentieren. Dieser Umstand<br />
ist beweisbar und wird deshalb als Satz<br />
wiedergegeben. Repräsentationssätze haben<br />
e<strong>in</strong> bestimmtes Format. Sie konstatieren,<br />
daß unter gewissen Voraussetzungen<br />
e<strong>in</strong>e qualitative Struktur homomorph <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e numerische Struktur abgebildet werden<br />
könne. E<strong>in</strong> Homomorphismus bildet<br />
nicht alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> Mengenelemente <strong>in</strong> Zahlentupel<br />
ab sondern ebenfalls <strong>die</strong> qualitativen<br />
Relationen und Funktionen <strong>in</strong> entsprechende<br />
numerische Relationen und<br />
Funktionen. Wenn <strong>die</strong> qualitativen Voraussetzungen<br />
<strong>in</strong> Laboratoriumsexperimenten<br />
erfüllt s<strong>in</strong>d, bleibt <strong>die</strong> Bedeutung des Satzes<br />
nicht aufs Mathematische beschränkt,<br />
sondern beschreibt e<strong>in</strong> Naturgesetz<br />
.<br />
Satz 1: Sei < A , , *, ~ > e<strong>in</strong>e Graßmannstruktur,<br />
dann existiert e<strong>in</strong> Vektorraum<br />
V über , e<strong>in</strong> konvexer Kegel C V<br />
und e<strong>in</strong>e Funktion von A auf C, so daß<br />
für alle a, b aus A, r aus + und v aus C<br />
gilt:<br />
( a b ) = ( a ) + ( b );<br />
(r * a) = r . ( a );<br />
a ~ b g.d.w. (a ) = ( b);<br />
es existieren c, d aus A, so daß<br />
v = (c ) - ( d ).<br />
Im wesentlichen wird ausgesagt, daß <strong>die</strong><br />
durch <strong>die</strong> Graßmannstruktur oben beschriebene<br />
Geometrie durch e<strong>in</strong>e gewöhnliche<br />
m-dimensionale analytische<br />
Geometrie darstellbar ist. Der Bildraum ist
e<strong>in</strong> Teilraum C e<strong>in</strong>es Vektorraumes V. Die<br />
physikalischen Reizspektren werden, wenn<br />
m = 3 gilt, dar<strong>in</strong> als Zahlentripel abgebildet.<br />
Deren drei Komponenten s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />
drei Dosierungen, <strong>die</strong> zum Mischen der<br />
jeweiligen Farbe aus den drei aktuellen<br />
Primärfarben erforderlich s<strong>in</strong>d. Die letzten<br />
fünf Zeilen des Satzes erklären, um welche<br />
Art von Homomorphismus es sich handelt:<br />
Er ist additiv und homogen. Funktionen ,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong>se beiden Atrribute besitzen, nennt<br />
man l<strong>in</strong>ear. Met<strong>am</strong>ere Spektren werden auf<br />
das gleiche Zahlentripel abgebildet. Weil<br />
Met<strong>am</strong>erie e<strong>in</strong>e visuelle Äquivalenz ist,<br />
stellt der Satz e<strong>in</strong>en Beitrag zur <strong>Psychologie</strong><br />
und nicht etwa zur Physik dar, obwohl<br />
physikalische Reizspektren <strong>die</strong> Grundmenge<br />
A bilden. Für <strong>die</strong> <strong>Psychologie</strong> ist nun<br />
geklärt, was Farben s<strong>in</strong>d: Sie s<strong>in</strong>d Visuelle<br />
Äquivalenzklassen von physikalischen<br />
Reizspektren. Die <strong>am</strong> Schluß genannte<br />
Eigenschaft garantiert, daß jeder Vektor<br />
aus V mittels e<strong>in</strong>er Differenz von zwei<br />
Farbvektoren erzeugt werden kann. Man<br />
spricht deshalb von e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong>imalen Vektorraum<br />
V.<br />
E<strong>in</strong>deutigkeitssatz<br />
Die Zuordnung der Spektren zu den Farben<br />
ist <strong>in</strong>sofern nicht e<strong>in</strong>deutig, als bei unterschiedlichen<br />
Farbskalierungsexperimenten<br />
unterschiedliche Zahlentripel für <strong>die</strong> gleichen<br />
Spektren auftreten können. Diese<br />
Une<strong>in</strong>deutigkeit ist jedoch durch e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Umrechenbarkeit der Zahlenwerte<br />
e<strong>in</strong>geschränkt, wie der folgende Satz<br />
angibt:<br />
Satz 2: Gibt es e<strong>in</strong>en anderen Homomorphismus<br />
´ nach C´ aus V´, so existiert<br />
e<strong>in</strong>e nichts<strong>in</strong>guläre Transformation T von<br />
V nach V´, so daß für alle a aus A<br />
T[ ( a )] = ´ ( a ).<br />
Wechsel der drei Grundfarben<br />
Der E<strong>in</strong>deutigkeitssatz bezieht sich auf den<br />
Umstand, daß Farben außer mittels der drei<br />
aktuellen Primärfarben auch durch andere<br />
Farbtripel ermischbar s<strong>in</strong>d. Wegen der<br />
gegebenen Vektorraumrepräsentation läßt<br />
sich nun e<strong>in</strong> Wechsel des Primärfarbentripels<br />
mittels Vektoralgebra berechnen.<br />
a b c x a * x b * y c * z<br />
d e f y d * x e * y f * z<br />
g h k z g * x h * y k * z<br />
Dabei s<strong>in</strong>d x,y,z <strong>die</strong> Komponenten des<br />
Farbvektors im alten System und a bis k<br />
<strong>die</strong> zunächst unbekannten Komponenten<br />
der Transformationsmatrix. Von ihr ist<br />
Nichts<strong>in</strong>gularität vorausgesetzt, Das bedeutet,<br />
ke<strong>in</strong>e Zeile oder Spalte darf aus den<br />
beiden anderen Zeilen oder Spalten mittels<br />
L<strong>in</strong>earkomb<strong>in</strong>ation berechenbar se<strong>in</strong>. Für<br />
das Farbmischungsexperiment gibt es dafür<br />
e<strong>in</strong>e klare Interpretation. Von den als<br />
neue Primärfarben <strong>in</strong> Aussicht genommen<br />
drei Farben darf ke<strong>in</strong>e aus den beiden anderen<br />
ermischbar se<strong>in</strong>. Rechts ist der Farbvektor<br />
mit se<strong>in</strong>en Koord<strong>in</strong>aten im neuen<br />
System angegeben. Diese s<strong>in</strong>d erst dann<br />
gegeben, wenn <strong>die</strong> Koeffizienten a – k der<br />
Transformationsmatrix ermittelt s<strong>in</strong>d.<br />
Die Umrechnungs-Koeffizienten<br />
Um <strong>die</strong> unbekannten Komponenten der<br />
Transformationsmatrix zu berechnen geht<br />
man davon aus, daß <strong>die</strong> Farbkoord<strong>in</strong>aten<br />
der neuen Grundfarben aus dem alten System<br />
so transformiert werden müssen, daß<br />
sie im neuen System e<strong>in</strong>e Basis bilden.<br />
r g b t t t<br />
1 1 1 1,1 1,2 1,3<br />
r g b t t t<br />
2 2 2 2 ,1 2 ,2 2 ,3<br />
r g b t t t<br />
3 3 3 3,1 3,2 3,3<br />
1 0 0<br />
0 1 0<br />
0 0 1<br />
Dazu muß <strong>die</strong> Matrixgleichung<br />
R T = E<br />
nach T aufgelöst werden. Es ergibt sich<br />
T = R^(-1),<br />
<strong>die</strong> zu R <strong>in</strong>verse Matrix. Für sie gilt<br />
T^(-1) T = E,<br />
<strong>die</strong> E<strong>in</strong>heitsmatrix. Die Notwendigkeit<br />
<strong>die</strong>ser Matrix<strong>in</strong>version war es, <strong>die</strong> oben zur<br />
Forderung nach Nichts<strong>in</strong>gularität geführt
hat, denn s<strong>in</strong>guläre Matrizen s<strong>in</strong>d nicht<br />
<strong>in</strong>vertierbar.<br />
Matrix<strong>in</strong>version erfordert viel umständliche<br />
Rechnung. Deshalb benutzt man<br />
heute dazu e<strong>in</strong> Expertensystem, wie Maple<br />
oder Mathematica. E<strong>in</strong> Maple-Skript wird<br />
<strong>in</strong> der Virtuellen Universität Regensburg<br />
beigegeben. Es ist von praktischer Bedeutung,<br />
da e<strong>in</strong> Wechsel der Primärfarben<br />
nicht selten ansteht, etwa bei e<strong>in</strong>em Beleuchtungswechsel<br />
oder beim Übergang<br />
von e<strong>in</strong>er Farbfernsehbildröhre zu e<strong>in</strong>er<br />
anderen mit unterschiedlichen Phosphoren.<br />
Helmholtz’ Dimensionsthatsache<br />
Die Anzahl der Dimensionen des Farbraumes<br />
wird durch <strong>die</strong> Angabe m variabel<br />
gehalten. Das liegt daran, daß nur für<br />
Normalsichtige m = 3 gilt. Farben bl<strong>in</strong>de,<br />
über <strong>die</strong> noch später zu berichten se<strong>in</strong><br />
wird, besitzen meistens e<strong>in</strong> m =2. Welche<br />
Dimensionszahl vorliegt ist theoretisch (<strong>in</strong><br />
der Graßmannstruktur) durch <strong>die</strong> l<strong>in</strong>eare<br />
Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit der<br />
Farbkoord<strong>in</strong>aten, also der Dosierungen der<br />
Primärfarben zur Mischung e<strong>in</strong>er vorgegebenen<br />
Farbe bestimmt. Die größte Anzahl<br />
l<strong>in</strong>ear unabhängiger Farbkoord<strong>in</strong>aten (e<strong>in</strong>deutiger<br />
Dosierungen) bestimmt <strong>die</strong> Dimensions-zahl<br />
m. Deshalb ist der folgende<br />
Satz beweisbar:<br />
Satz 3: Der Vektorraum ist m-dimensional,<br />
g.d.w. < A , , *,~> m-chromatisch ist.<br />
Die Beweise<br />
Die Beweise für <strong>die</strong> drei Sätzt f<strong>in</strong>det man<br />
bei Krantz (1975). Dieser Autor hat <strong>die</strong><br />
Entdeckungen von Graßmann (1853) präzisiert<br />
und, wo nötig ergänzt. Der Beweisgedanke<br />
ist grundsätzlich der gleiche wie<br />
bei der mathematischen Rechtfertigung des<br />
F<strong>in</strong>gerrechnens. E<strong>in</strong>e Halbgruppe, hier <strong>die</strong><br />
Halbgruppe der Spektren zus<strong>am</strong>men mit<br />
der Operation der Farbmischung, läßt sich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gruppe e<strong>in</strong>betten, weil sie <strong>die</strong> dafür<br />
erforderlichen zusätzlichen Eigenschaften<br />
besitzt, nämlich <strong>die</strong> Aufhebungseigenschaften.<br />
Das Gedankengebäude betrifft<br />
<strong>die</strong> <strong>Psychologie</strong>, weil sich <strong>die</strong> beiden Aufhebungseigenschaften<br />
als Graßmannsche<br />
Gesetze im Wahrnehmungslabor experimentell<br />
realisieren lassen. Die Details der<br />
Beweise übersteigen den Stoff <strong>die</strong>ser Darstellung.<br />
Der Vektorraum der Farben<br />
Wenn nun durch <strong>die</strong> Repräsentation e<strong>in</strong>e<br />
analytische Geometrie zur Verfügung<br />
steht, läßt sich <strong>die</strong>se auch anschaulich, man<br />
sagt synthetisch, nutzen. In der Abbildung<br />
sieht man den Teilraum C, auf den sich <strong>die</strong><br />
Repräsentation bezieht, als Tütenförmigen<br />
Bereich. E<strong>in</strong> Primärfarbentripel ist durch<br />
<strong>die</strong> Vektoren R,G,B hervorgehoben.<br />
Abb.: Der konvexe Kegel der Farben im<br />
Farbraum. E<strong>in</strong>gezeichent <strong>die</strong> Ebene (1, 1,<br />
1).<br />
In dem abgebildeten Falle durchstoßen <strong>die</strong><br />
Primärvalenzen den Rand des tütenförmigen<br />
konvexen Kegels. Das macht den Bereich<br />
der Farben, <strong>die</strong> aus <strong>die</strong>sem Tripel <strong>in</strong><br />
eigentlicher Mischung herstellbar s<strong>in</strong>d,<br />
besonders groß. Grundsätzlich können aber<br />
<strong>die</strong> Primärvalenzen beliebig <strong>in</strong> den Kegel<br />
gelegt werden, solange sie nicht alle drei <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Ebene zu liegen kommen.<br />
Dann wäre stets e<strong>in</strong>e der vorgesehen Primärvalenzen<br />
aus den beiden anderen ermischbar,<br />
und sie würden deshalb ke<strong>in</strong>en<br />
dreidimensionalen Farbraum aufspannen.
Zu Vektoren außerhalb des konvexen Kegels<br />
gehören ke<strong>in</strong>e Farben. Derartige Vektoren<br />
s<strong>in</strong>d als Farben nicht realisierbar.<br />
Farbwertkurven<br />
Farbwertkurven nennt man <strong>die</strong> Graphen<br />
der auf e<strong>in</strong> Primärfarbentripel bezogenen<br />
Farbkoord<strong>in</strong>aten sämtlicher schmalbandiger<br />
Reize im sichtbaren elektromagnetischen<br />
Spektrum. Da physikalisch 5 nm das<br />
schmalste realisierbare Band im Spektrum<br />
sichtbarer elektromagnetischer Reize ist,<br />
lassen sich zwischen 380 und 780 nm etwa<br />
80 schmalbandige, auch monochromatisch<br />
genannte Reize herstellen. Visuell s<strong>in</strong>d das<br />
<strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Regenbogenfarben, da auch<br />
e<strong>in</strong> Prisma das Spektrum nach den e<strong>in</strong>zelnen<br />
Wellenlängen auflöst.<br />
Abb.: Farbwertkurven, bezogen auf <strong>die</strong>jenigen<br />
schalbandigen Reize als Grundfarben,<br />
bei denen jeweils zwei Kurven den<br />
Wert Null annehmen.<br />
Farbwertkurven enthalten normalerweise<br />
negative Kurvenverläufe, da auch <strong>die</strong><br />
schmalbandigen Reize manchmal nur<br />
durch uneigentliche Farbmischung zu mischen<br />
s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Wechsel der Grundfarben<br />
führt zu andern Farbwertkurven-Tripeln.<br />
Man unterscheidet Farbwertkurven, <strong>die</strong><br />
sich auf<br />
• gegebene Grundfarben,<br />
• Koord<strong>in</strong>aten, <strong>die</strong> selbst ke<strong>in</strong>e Farben<br />
repräsentieren,<br />
• hypothetischen Rezeptorempf<strong>in</strong>dlichkeiten,<br />
• gemessene Rezeptorempf<strong>in</strong>dlichkeiten,<br />
• Farbtonlöschungsexperimente,<br />
beziehen.<br />
Bezug auf drei Grundfarben<br />
Diese Grundfarben müssen unabhängig<br />
se<strong>in</strong> Ke<strong>in</strong>e von ihnen darf durch <strong>die</strong> beiden<br />
anderen ermischbar se<strong>in</strong>. Auch <strong>die</strong><br />
Grundfarben können schmalbandige Reize<br />
bestimmter Wellenlängen se<strong>in</strong>.<br />
Bestimmung der Farbkoord<strong>in</strong>aten zum<br />
Farbreiz<br />
Farbkoord<strong>in</strong>aten s<strong>in</strong>d stets auf e<strong>in</strong> bestimmtes<br />
Primärfarbentripel bezogen Den<br />
Beitrag des Reizspektrums zu jeder Farbkoord<strong>in</strong>ate<br />
ermittelt man wegen der L<strong>in</strong>earität<br />
der Repräsentation durch Gewichtung<br />
der jeweiligen Farbwertkurve mit dem<br />
Reizspektrum. Die Graßmann-Repräsentation<br />
begründet <strong>die</strong>se Gewichtung durch<br />
wellenlängenweise Multiplikation und anschließende<br />
Summation. Für jedes Reizspektrum<br />
P lassen sich <strong>die</strong> Farbwerte berechnen,<br />
wenn <strong>die</strong> Farbwertkurven gegeben<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
780<br />
B P b ( ) d<br />
380<br />
780<br />
G P g ( ) d<br />
380<br />
780<br />
R P r ( ) d<br />
380<br />
Obwohl es sich um e<strong>in</strong>e Summierung von<br />
etwa 80 Produkten handelt, schreibt man<br />
hier Integrale. Sie sollen ausdrücken, daß<br />
<strong>die</strong> Summierung <strong>in</strong> beliebig fe<strong>in</strong>en Wellenlängenschritten<br />
erfolgen kann.
IBK-Farbwertkurven<br />
Die XYZ-Kurven wurden von der Internationalen<br />
Beleuchtungskommission alle<strong>in</strong><br />
zur Vermeidung negativer Zahlenwerte auf<br />
Farbwerte bezogen, zu denen ke<strong>in</strong>e Farben<br />
existieren. Neben <strong>die</strong>sem alle Summierungen<br />
erleichternden praktischen Gesichtspunkt<br />
spielte wohl auch <strong>die</strong> Hoffnung<br />
mit, <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen Kurven bereits <strong>in</strong> etwa <strong>die</strong><br />
d<strong>am</strong>als noch unbekannten Rezeptorcharakteristiken<br />
zu erfassen.<br />
Abb.: Hypothetische Rezeptorempf<strong>in</strong>dlichkeiten<br />
nach der Young-Helmholtz<br />
Theorie.<br />
Dem entgegen sand <strong>die</strong> Gegenfarbentheorie<br />
von Her<strong>in</strong>g, <strong>die</strong> auf vier Rezeptorenarten<br />
h<strong>in</strong>zuweisen schien.<br />
Gemessene Rezeptorempf<strong>in</strong>dlichkeiten<br />
Abb.: Die Farwertkurven x,y,z der Internationalen<br />
Beleuchtungskommission.<br />
Hypothetische Rezeptorkurven<br />
Im 19. Jahrhundert wurde über <strong>die</strong> Empf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
der Rezeptoren spekuliert, ehe<br />
<strong>die</strong>se entdeckt worden waren. Auf der e<strong>in</strong>en<br />
Seite wurde für <strong>die</strong> Young-Helmholtz<br />
Theorie argumentiert, <strong>die</strong> drei Arten von<br />
Rezeptoren unterstellte, deren Antworten<br />
auf schmalbandige Reizung sich <strong>in</strong> drei<br />
glockenförmigen Kurven niederschlagen<br />
Neurophysiologische Messungen der elektrischen<br />
Reaktion von neuroanatomisch<br />
isolierten Rezeptorzellen ergab im 20.<br />
Jahrhundert, daß man von der Reaktion her<br />
tatsächlich drei Rezeporarten, Zapfen genannt,<br />
unterscheiden kann. Es s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />
sogenannten kurz-, mittel- und langwelligen<br />
Zapfen. Gemessen wurden <strong>die</strong> Rezeptorempf<strong>in</strong>dlichkeiten<br />
erst von Bowmaker<br />
& Dartnall (1980) mittels Mikrospektrographie.<br />
Die Theorie von Young<br />
und Helmholtz fand sich auf <strong>die</strong>se Weise<br />
neurophysiologisch bestätigt.
Abb.: Gemessene Rezeptorantworten auf<br />
schmalbandige elektromagnetische Reizung<br />
Daß <strong>die</strong>se Kurven e<strong>in</strong> anderes Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />
besitzen liegt alle<strong>in</strong> an der logarithmischen<br />
Verzerrung der Ord<strong>in</strong>atenrichtung.<br />
Farbtonlöschungskurven<br />
Versuchsperson können durch H<strong>in</strong>zumischen<br />
der Gegenfarbe e<strong>in</strong>en im gegebenen<br />
Reiz sichtbaren Farbton „löschen“. Z. B.<br />
löscht mehr oder weniger Beimischen von<br />
Grün e<strong>in</strong>en vorhandene rötliche Tönung<br />
(Brückner, 1928). Tragt man für schmalbandige<br />
Reize <strong>die</strong> erforderlichen Dosierungen<br />
zur Farbtonlöschung von rot oder<br />
grün, bzw. blau oder gelb gegen <strong>die</strong> Wellenlängen<br />
ab, so ergeben sich Kurven <strong>die</strong><br />
fast mit denen der Her<strong>in</strong>gschen Gegenfarbentheorie<br />
übere<strong>in</strong>stimmen.<br />
Abb.: Die mittels Farbtonlöschungs-<br />
Experimenten erzeugten Farbwertkurven<br />
verlaufen entsprechend derr Gegenfarbentheorie<br />
von Her<strong>in</strong>g.<br />
Als dritte Kurve ist <strong>die</strong> glockenförmige<br />
Kurve der Lichtausbeute, V , e<strong>in</strong>gezeichnet.<br />
Sie gibt <strong>die</strong> reziproken Absolutschwellen<br />
für schmalbandige Reizung der jeweiligen<br />
Wellenlänge an. Obwohl <strong>die</strong>se drei<br />
Kurven völlig anders ersche<strong>in</strong>en als andere<br />
Farbwertkurven, stehen sie zu ihnen nicht<br />
im Widerspruch. Sie s<strong>in</strong>d nämlich durch<br />
e<strong>in</strong>e nichts<strong>in</strong>guläre l<strong>in</strong>eare Transformation<br />
<strong>in</strong> jene überführbar, bewegen sich also<br />
<strong>in</strong>nerhalb der E<strong>in</strong>deutigkeit der Graßmann-<br />
Repräsentation. Das bedeutet, daß <strong>die</strong> Gegenfarben<br />
im visuellen System wohl e<strong>in</strong><br />
anderes Prozessniveau als das der Rezeptoren<br />
betreffen.<br />
Normfarbwerte<br />
Gibt man statt der Farbwerte deren Anteile,<br />
bezogen auf ihre jeweilige Summe wieder,<br />
so spricht man von Normfarbwerten. Für<br />
manche Zwecke reicht es aus, Normfarbwerte<br />
zu betrachten.<br />
r<br />
R<br />
G<br />
g<br />
R G B R G B<br />
B<br />
b r g b<br />
R G B<br />
1
Normfarbwertkurven<br />
Normfarbtafel e<strong>in</strong>getragen werden. E<strong>in</strong><br />
angenähert weißes Spektrum geht von der<br />
Sonne aus.<br />
Die Normfarbtafel<br />
Wegen der konstanten Summe von E<strong>in</strong>s<br />
läßt sich der dritte Normfarbwert jeweils<br />
aus zwei gegebenen bestimmen. Dies<br />
macht sich <strong>die</strong> Normfarbtafel zunutze. Sie<br />
ist als Ebene im Farbraum e<strong>in</strong>e zweidimensionale<br />
Landkarte der Farben.<br />
Abb.: Die Normfarbwertkurven ad<strong>die</strong>ren<br />
sich für jede Wellenlänge zu E<strong>in</strong>s.<br />
Der Spektralzug<br />
Die Normfarbwerte (hier im IBK-System)<br />
der monochromatischen Reize liegen auf<br />
dem Spektralzug.<br />
Abb.: Die Normfarbtafel <strong>in</strong> der Ebene<br />
(1,1,1) des Farbraums.<br />
Farbphänomene<br />
Abb.:Die Farborte der Schmalbandigen<br />
elektromagnetischen Reize bilden e<strong>in</strong>e<br />
hufeisenförmige Kurve im Farbraum.<br />
Der Weißpunkt<br />
Das energiegleiche Spektrum sieht weiß<br />
aus. Es hat <strong>die</strong> Normfarbwerte x = 1/3, y =<br />
1/3, z = 1/3 und kann entsprechend <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
Die zweidimensionale Normfarbtafel ist<br />
geeignet, <strong>die</strong> Vektorraum-Repräsentation<br />
verschiedener Phänomene des Farbensehens,<br />
Farbmischung, Gegenfarben usw.<br />
geometrisch zu repräsentieren.<br />
Eigentliche Farbmischung<br />
Alle Punkte e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dungsl<strong>in</strong>ie repräsentieren<br />
<strong>die</strong> eigentlichen Mischfarben der<br />
beiden Ausgangsfarben. Alle Punkte <strong>in</strong>nerhalb<br />
e<strong>in</strong>es Dreiecks deren eigentliche<br />
Mischfarben, wie im Beispiel des Far-<br />
Farbmonitor
Abb.: Die Phosphore e<strong>in</strong>es Farbbilschirms<br />
spannen <strong>in</strong> der Normfarbtafel das Dreieck<br />
der durch sie <strong>in</strong> eigentlicher Mischung<br />
reproduzierbarer Farben auf.<br />
Komplementärfarben<br />
Alle Farben, deren Verb<strong>in</strong>dungsl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> der<br />
Normfarbtafel durch den Weißpunkt verläuft,<br />
lassen sich <strong>in</strong> geeigneter Dosierung<br />
zu weiß mischen. Sie s<strong>in</strong>d Gegen- oder<br />
Komplementärfarben<br />
Niedere Farbmetrik<br />
Auch uneigentliche Farbmischung und<br />
Gegenfarben s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Normfarbtafel<br />
abzulesen, nicht aber Farbähnlichkeit oder<br />
gar Farbn<strong>am</strong>e. Deshalb wird <strong>die</strong> Graßmannsche<br />
Farbskalierung manchmal niedere<br />
Farbmetrik genannt. Die Bezeichnung<br />
ist irreführend, da von e<strong>in</strong>er Metrik im<br />
S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Abstandsbestimmung hier<br />
nicht <strong>die</strong> Rede ist.<br />
Abb:. Die RGB-Farbwertkurven von<br />
Normalsichtigen (normiert auf jeweils E<strong>in</strong>s<br />
bei den verwendetn schmalbandigen Primärfarben)<br />
unterscheiden sich für verschiedene<br />
Versuchspersonen.<br />
Deshalb verwendet man für alle Berchnungen<br />
von Farborten Durchnittskurven , <strong>die</strong><br />
mit überstrichenen Buchstaben, zum Beispiel<br />
r, g, b bezeichnet werden.<br />
Farbfehlsichtigkeit<br />
Für ca. 5% der Männer s<strong>in</strong>d drei Farben<br />
stets l<strong>in</strong>ear abhängig. Ihr Farbraum ist<br />
zweidimensional. Zur Beschreibung ihres<br />
Farbmischverhaltens kommt man deshalb<br />
mit Paaren von Farbwertkurven aus. Es<br />
gibt drei Typen von Dichromaten: Protanope<br />
, Deuteranope und Tritanope.<br />
Individuelle Unterschiede<br />
Die RGB-Farbwertkurven unterscheiden<br />
sich für verschiede normalsichtige Personen<br />
ger<strong>in</strong>gfügig.
Abb.: Bei den beiden rot-grün-bl<strong>in</strong>den<br />
Typen von Farbfehlscihtigkeit fehlen <strong>die</strong><br />
rot-grün Farbwertkurven.<br />
Typen der Farbfehlsichtigkeit<br />
Abb.: Entsprechend ihrer Rot-Grün-<br />
Bl<strong>in</strong>dheit verlaufen <strong>die</strong> Verwechslungsl<strong>in</strong>ien<br />
der Protanopen von Rot nach Grün.<br />
Die Zweidimensionalität des dichromatischen<br />
Farbraums wird dadurch repräsentiert,<br />
daß Dichromaten alle Farben auf<br />
bestimmten Flächen im Raum der Trichromaten<br />
(L<strong>in</strong>ien <strong>in</strong> der Normfarbtafel)<br />
verwechseln.Von den drei Typen von<br />
Dichromaten kommen Tritanope nur sehr<br />
selten vor. Das Verhalten der drei Typen<br />
ist durch jeweils spezifische Verwechslungsl<strong>in</strong>ien<br />
charakterisiert.<br />
Von besonderem Interesse d<strong>in</strong>d <strong>die</strong>jenigen<br />
Verwechslungsl<strong>in</strong>ene, <strong>die</strong> dirch den Weißpunkt<br />
(0,33; 0,33) verlaufen. An ihnen<br />
kann man erkennen, welche Regenbogenfarben<br />
für <strong>die</strong> verschiedenen Farbsehgestörten<br />
achromatisch („grau“) ausssehen,<br />
da sie zum Weißüunkt met<strong>am</strong>er s<strong>in</strong>d. Es<br />
s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>s für Rot-Grün-Bl<strong>in</strong>de eben rot und<br />
grün, für <strong>die</strong> Tritanopen blau und gelb.<br />
Abb.: Die Verwechslungsl<strong>in</strong>ien der Deuteranopen<br />
verlaufen ebenfalls von rot nach<br />
grün.
Physik oder <strong>Psychologie</strong>?<br />
Diese Berechnung wird ohne unmittelbaren<br />
Rückgriff auf <strong>die</strong> Aussagen e<strong>in</strong>er Versuchsperson<br />
vollzogen. Es ist trotzdem e<strong>in</strong><br />
re<strong>in</strong> psychologischer Gedankengang, da<br />
das Verhalten der Versuchsperson <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
Farbwertkurven e<strong>in</strong>gegangen ist. Colorimeter<br />
s<strong>in</strong>d nicht etwa Physikalische sondern<br />
psychologische Meß<strong>in</strong>strumente, weil<br />
sie <strong>die</strong> Farbwertkurven „e<strong>in</strong>gebaut“ haben<br />
Die Normfarbtafel als „Landkarte“ der<br />
Farben<br />
Abb.: Die Verwechslungsl<strong>in</strong>ien der<br />
Tritanopen verlaufen von blau nach gelb.<br />
Kurvenvergleich<br />
Vergleich der Farbwertkurven des durchschnittlichen<br />
Beobachters mit den von<br />
Smith & Pokorny (1975) aus Daten von<br />
Farbfehlsichtigen abgeleiteten Kurven.<br />
Kann <strong>die</strong> Normfarbtafel weitere Farbphänomene<br />
wiedergeben? Gedacht ist an<br />
Farbähnlichkeit bzw.Unähnlichkeit und an<br />
Farbenreichtum (englisch g<strong>am</strong>ut).E<strong>in</strong>e<br />
Schwierigkeit bei der Beantwortung <strong>die</strong>ser<br />
Frage zeigen Untersuchung der Unterschiedsempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
für Farben.<br />
McAd<strong>am</strong> Ellipsen<br />
McAd<strong>am</strong> (1943) hat gemessen, wie groß<br />
der ebenmerkliche Unterschied zweier<br />
Farben, ausgedrückt im Unterschied der<br />
beiden Farbkoord<strong>in</strong>aten ist.<br />
Abb:. Die aus Farbmischexperimenten von<br />
Farbfehlsichctigen abgeleiteten Farbwertkurven<br />
s<strong>in</strong>d tatsächlich im Rahmen der<br />
E<strong>in</strong>deutigkeit der Graßmannrepräsentation<br />
aus Farbmischdaten Normalsichtiger darzustellen.<br />
Abb.:McAd<strong>am</strong>-Ellipsen s<strong>in</strong>d alle unterschiedlich<br />
groß obwohl sie <strong>die</strong> gleiche<br />
psychologische Distanz „e<strong>in</strong> ebenmerklicher<br />
Unterschied“ ausdrücken.
Farbähnlichkeit würde durch das Normfarbkarte<br />
repräsentiert, wenn sämtliche<br />
McAd<strong>am</strong> Ellipsen dort als gleichgroße<br />
Kreise ersche<strong>in</strong>en würden. McAd<strong>am</strong> selbst<br />
hat versucht, e<strong>in</strong>en derartigen Uniform<br />
Color Space mittels Ausnutzung der Une<strong>in</strong>deutigkeit<br />
der Graßmann-Repräsentation<br />
durch Probieren herzustellen. Er konnte<br />
e<strong>in</strong>e Näherungslösung ereichen, <strong>die</strong> sich<br />
aber theoretisch nicht begründen lässt. Die<br />
freien l<strong>in</strong>earen Transformationen des E<strong>in</strong>deutigkeitssatzes<br />
s<strong>in</strong>d ja alle gleichberechtigt.<br />
Außerdem bleibt bei dem Probierverfahren<br />
unklar, <strong>in</strong> wie weit <strong>die</strong> McAd<strong>am</strong>schen<br />
Unterschiedsempf<strong>in</strong>dlichkeiten auch<br />
an anderen Bereichendes Farbraums, abseits<br />
der Ebene der Normfarbtafel auf <strong>die</strong>se<br />
Weise normiert worden s<strong>in</strong>d.<br />
Das Thema blieb jedoch Mitte des zwanzigsten<br />
Jahrhunderts aktuell, Wrights dashes<br />
geben experimentelle Ergebnisse wieder,<br />
<strong>in</strong> denen <strong>die</strong> Unähnlichkeit von Farbpaaren<br />
direkt untersucht worden s<strong>in</strong>d. >uch<br />
hier teigt sich <strong>die</strong> ungleiche Länge von<br />
psychologisch gleichen Distanzen.<br />
Auch Uniform Color Spaces s<strong>in</strong>d wiederholt<br />
durch verschiedene Probierverfahren<br />
ermittelt worden. Breckenridge-Schaub<br />
(1939)gelang es, <strong>die</strong>s mittels orthogonaler<br />
Transformationen zu erreichen. Dennoch<br />
greift hier <strong>die</strong> gleich Kritik wie oben. Die<br />
Ergebnisse besitzen allenfalls praktischen<br />
Wert, fördern aber nicht <strong>die</strong> E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> den<br />
Prozeß des Farbensehens.<br />
Abb.:Projektiver UCS nach McAd<strong>am</strong><br />
(1937).<br />
Auch Breckenride-Schaub (1939) versuchte,<br />
durch l<strong>in</strong>eare Entzerrung der McAd<strong>am</strong>-Ellipsen<br />
e<strong>in</strong>e Uniform Color Space<br />
herzustellen, <strong>in</strong> dem <strong>die</strong>se als Kreise gleichen<br />
Durchmessers ersche<strong>in</strong>en.<br />
Abb.:Experimente von Wright (1946) haben<br />
Farbpaare gleicher Unähnlichkeit ermittelt.
Abb.: Rectangular Uniform Color Space<br />
Abb.:E<strong>in</strong>e Merkatorprojektion (unten)<br />
bildet kürzeste Verb<strong>in</strong>dungsl<strong>in</strong>ien als Bögen<br />
ab. E<strong>in</strong>e loxodrome Projektion (oben)<br />
besitzt <strong>die</strong>sen Mangel nicht<br />
.<br />
Geographische Flächentreue<br />
Geometrie des Farbraumes<br />
Das UCS Vorgehen ist auch abgesehen<br />
von se<strong>in</strong>em Probiercharakter nicht vertretbar,<br />
weil es den geometrischen Charakter<br />
jeder Metrik verkennt. E<strong>in</strong>ige der dabei<br />
auftretenden Schwierigkeiten lassen sich<br />
an dem Problem der Geographie erläutern,<br />
<strong>die</strong> Kugeloberfläche des Globus als Landkarte<br />
auf ebenes Papier so abzubilden, daß<br />
brauchbare Eigenschaften der Landkarte<br />
gegeben s<strong>in</strong>d. Dies können Längentreue,<br />
Richtungstreue, W<strong>in</strong>keltreue oder Flächentreue<br />
s<strong>in</strong>, niemals abe alle gleichzeitig.<br />
Abb.:Vergleich von Grönland und Afrika<br />
<strong>in</strong> Merkator-Projektion<br />
.<br />
Geographische Richtungstreue<br />
Abb.:Die gleiche Gegenüberstellung <strong>in</strong><br />
flächentreuer L<strong>am</strong>bert-Projektion.<br />
E<strong>in</strong>e Vielzahl <strong>die</strong>se Projektionen und ihrer<br />
Eigenschaften lassen sich praktisch erproben<br />
unter:<br />
http://www.aquarius.geomar.de/omc/make<br />
_map.html
Längentreue<br />
Für psychologische Landkarten ist <strong>in</strong> erster<br />
L<strong>in</strong>ie Längentreue gefragt. Die ersten Ansätze,<br />
auch <strong>die</strong> Farb-(Un)Ähnlichkeit zu<br />
erfassen st<strong>am</strong>men von Helmholtz, Stiles<br />
und Schröd<strong>in</strong>ger. Alle <strong>die</strong>se Autoren orientierten<br />
sich an Fechner (1860), der das<br />
Webersche Gesetz S/S = const. Für den<br />
ebenmerklichen Unterschied zu e<strong>in</strong>er Differentialgleichung<br />
umdeutete. Diese löste<br />
er dann asl R = k log(S), dem Fechnerschen<br />
Gesetz. D<strong>am</strong>it hatte er gezeigt, welche<br />
Reiz<strong>in</strong>kremente zu gleichen Empf<strong>in</strong>dungszuwächsen<br />
führen.<br />
Das L<strong>in</strong>ienelement<br />
Helmholtz (1896) erweiterte e<strong>in</strong>fach das<br />
Webersche Gesetz auf drei Dimensionen<br />
und g<strong>in</strong>g zur Grenze über:<br />
((dr/R)² + (dG/G)² + (dB/B)² )^(1/2) =<br />
const = ds<br />
Die Lösung <strong>die</strong>ser Differentialgleichung<br />
hat sich nicht als psychologisches Gesetz<br />
durchsetzen können. Sie war empirisch<br />
ungenau und nicht begründbar.<br />
das sich selbst mit ¾ c bewegt, ergibt –<br />
von außen betrachtet – 1 ½ c.<br />
Automorphismen<br />
Repräsentiert man Geschw<strong>in</strong>digkeit als<br />
Weg / Zeit, so lassen sich Systeme verschiedener<br />
gleichförmiger Geschw<strong>in</strong>digkeit<br />
als L<strong>in</strong>ien unterschiedlicher Steigungen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Koord<strong>in</strong>atensystem auffassen.<br />
Der Übergang von e<strong>in</strong>em System zu<br />
e<strong>in</strong>em anderen ist als Drehung repräsentiert.<br />
Deren Invariante ist das Euklidische<br />
Abstandsmaß (x² + y)^(1/2). Addition von<br />
Geschw<strong>in</strong>digkeiten ist ebenfalls als Drehung<br />
repräsentiert.<br />
Relativistischer Übergang<br />
D<strong>am</strong>it ke<strong>in</strong>e Lichtgeschw<strong>in</strong>digkeiten grßer<br />
als c entstehen können, muß <strong>die</strong> Drehung<br />
entsprechend beschränkt werden. Das erreichte<br />
E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> durch E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er<br />
Pseudodrehung, <strong>die</strong> anstatt auf e<strong>in</strong>er<br />
Kreisbahn auf der e<strong>in</strong>er Hyperbel verläuft.<br />
Auch durch Addition kann so <strong>die</strong> erreichte<br />
Geschw<strong>in</strong>digkeit nicht über <strong>die</strong> Asymptote<br />
der Hyperbel, c, anwachsen. Die Invariante<br />
ist nicht mehr x² + y² sondern x² - y² entsprechend<br />
dem Unterschied Der Gleichungen<br />
von Kreis- und Hyperbelbahn.<br />
E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> und <strong>die</strong> Metrik-Frage<br />
E<strong>in</strong>e andere Quelle, aus der man zur Lösung<br />
des Metrik-Problems schöpfen kann,<br />
ist E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>(1905).Er hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er speziellen<br />
Relativitätstheorie gezeigt, daß man <strong>die</strong><br />
Bestimmung e<strong>in</strong>er Metrik auch ohne Differentialgleichungen<br />
erreichen kann und dadurch<br />
sogar näher an den Beobachtungen<br />
bleibt. Das Relativitätspr<strong>in</strong>zip besagt, daß<br />
<strong>in</strong> allen gleichförmig bewegten Systemen<br />
<strong>die</strong> Naturgesetze gleich s<strong>in</strong>d. Das gilt auch<br />
für <strong>die</strong> Lichtgeschw<strong>in</strong>digkeit c. Daraus<br />
ergibt sich <strong>in</strong> der klassischen Physik e<strong>in</strong><br />
Widerspruch: Z. B. ¾ c, <strong>in</strong> Bewegungsrichtung<br />
ausgestrahlt von e<strong>in</strong>em System,<br />
Kreis- bzw. Hyperbelbahn<br />
Ab.:,:Verschiedene Invarianten<br />
Die Kreisgleichung lautet x² + y² = const.
Die Hyperbelgleichung x² - y² = const. Sie<br />
beitzen demnach unterschiedliche Invarianten.<br />
Dreht man <strong>die</strong> Hyperbel rechts um<br />
<strong>die</strong> Abszisse, was auf de Betrachtung e<strong>in</strong>er<br />
zweiten räumlichen Ausdehnung h<strong>in</strong>ausläuft,<br />
so entsteht e<strong>in</strong> Rotationsellipsoid, das<br />
an den konvexen Kegel im Farbraum er<strong>in</strong>nert.<br />
Die Anregung aus der E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>schen<br />
Theorie führt dazu, den konvexen Kegel<br />
als unüberschreitbare Begrenzung aufzufassen.<br />
Farbadaptation<br />
Dazu hatten bereits Burnh<strong>am</strong>, Evans &<br />
Newhall (1957) bemerkenswerte Experimente<br />
angestellt. Sie ließen nur e<strong>in</strong> Auge<br />
adaptieren. D<strong>am</strong>it stand das andere für<br />
Vergleichsurteile zur Verfügung.<br />
Dies hat Yilmaz (1962) vorgeschlagen. Er<br />
betrachtete den konvexen Kegel der Farben<br />
relativistisch. Ke<strong>in</strong>e Bewegung im Farbraum<br />
kann dessen Begrenzung überschreiten.<br />
Bewegungen im Farbraum aber s<strong>in</strong>d<br />
Farb-Adaptationen.<br />
Frühe Adaptationstheorien<br />
v. Kries (1905) hielt Farbadaptation für<br />
e<strong>in</strong>e Ermüdungsersche<strong>in</strong>ung der d<strong>am</strong>als<br />
noch hypothetischen Rezeptoren. Farbwertkurven,<br />
mittels derer Adaptation als<br />
e<strong>in</strong>fache Proportionalität beschreibbar wären,<br />
müßten Rezeptorcharakteristiken se<strong>in</strong>.<br />
Heute weiß man das e<strong>in</strong>e derartige Theorie,<br />
<strong>die</strong> Farbadaptation als Ergebnis der<br />
fehlenden E<strong>in</strong>deutigkeit der Repräsentation<br />
auffaßt, nicht gültig se<strong>in</strong> kann. Die Theorie<br />
läßt nämlich erwarten, daß durch Adaptation<br />
Farben auch unsichtbar werden könnten<br />
oder gänzlich neue entstehen könnten, weil<br />
sie sich durch den Vorgang aus dem<br />
schildförmigen Bereich der Normfarbtafel<br />
h<strong>in</strong>ausbewegen. Beides ist nicht der Fall.<br />
Invarianten des Farbraumes<br />
Yilmaz (1962) hat erkannt, daß <strong>die</strong> Begrenzung<br />
des konvexen Kegels e<strong>in</strong>e Invariante<br />
se<strong>in</strong> muß, d<strong>am</strong>it durch Adaptation<br />
Farben nicht <strong>in</strong> Unsichtbares transformiert<br />
werden oder umgekehrt . Wenn <strong>die</strong>se Begrenzung<br />
e<strong>in</strong> Kegel ist, dann legt dessen<br />
Invarianz auch e<strong>in</strong>e Metrik fest. E<strong>in</strong>e Metrik<br />
ist e<strong>in</strong>e Abstandsbestimmung, <strong>die</strong> sich<br />
unter Bewegung nicht ändert.<br />
Die höhere Farbmetrik ist eng verwandt<br />
mit E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>s(1905) Raum-Zeit Metrik.<br />
Abb.:B<strong>in</strong>okularer Farbabgleich, bei dem<br />
e<strong>in</strong> Auge auf e<strong>in</strong>e bestimmte Farbe (hier<br />
gelb) adaptiert war, führt zu e<strong>in</strong>er Bewegung<br />
im Farbraum. Dem adaptierten Auge<br />
ersche<strong>in</strong>t weiß, was dem anderen Auge<br />
gelblich ersche<strong>in</strong>t.<br />
Euklidische und nichteuklidische Geometrie<br />
Die Überlegungen der letzten Absätze geben<br />
Anlaß, auf <strong>die</strong> Nichteuklidische Geometrie<br />
e<strong>in</strong>zugehen, Sie stellt nicht alle<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e Bemerkenswerte Ausformung der<br />
abendländischen Geistesgeschichte dar,<br />
sondern ist auch mannigfach mit der <strong>Psychologie</strong><br />
verwoben. Jahrtausendelang war<br />
man der Auffassung, es gäbe nur e<strong>in</strong>e<br />
Geometrie, <strong>die</strong> nach Euklid benannte, deren<br />
Axiome und Sätze er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em berühmten<br />
Buche etwa 350 vor Christus<br />
s<strong>am</strong>melte. Dies Geometrie ist dadurch ausgezeichnet,<br />
daß Längen <strong>in</strong> der Ebene mit-
tels des Satzes von Pythagoras bestimmbar<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Spiegelungen) ist. Euklidische Bewegungen<br />
s<strong>in</strong>d Automorphismen bezüglich des<br />
Satzes von Pythagoras. Es gibt jedoch<br />
andere geometrische Strukturen, <strong>in</strong> denen<br />
<strong>die</strong>s nicht gilt.<br />
Das Parallelenaxiom<br />
Abb.:Satz des Pythagoras<br />
Es existieren ca. 36 veerschiedene Beweise<br />
für <strong>die</strong>sen Satz (vgl. Pickert (19,,) . E<strong>in</strong>en<br />
besonderes anschaulichen vermittelt <strong>die</strong><br />
folgende Abbildung.<br />
Dieses Euklissche Axiom besagt: Durch<br />
e<strong>in</strong>en Punkt der Ebene abseits e<strong>in</strong>er kürzesten<br />
L<strong>in</strong>ie gibt es genau e<strong>in</strong>e Parallele.Im<br />
achtzehnten Jahrhundert versuchte man,<br />
<strong>die</strong>se Axiom als Satz aus den übrigen<br />
Axiomen abzuleiten und stieß dabei auf<br />
Strukturen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> sich stimmig, aber von<br />
der Euklidischen Geometrie unterschieden<br />
waren, eben weil das Parallelenxiom <strong>in</strong><br />
ihnen nicht gilt. Auf der Kugeloberfläche<br />
gibt es ke<strong>in</strong>en zu e<strong>in</strong>em Grp0kreis parallelen.,<br />
Abb.: Anschaulicher Beweis des pythagoräischen<br />
Satzes.<br />
Aber auch <strong>die</strong>ser Beweis rekurriert auf <strong>die</strong><br />
W<strong>in</strong>kelsumme im Dreieck und andere Axiome.<br />
Räumliche Struktur<br />
Der Satz des Pythagoras ist e<strong>in</strong> geometrisches<br />
Strukturmerkmal, weil se<strong>in</strong>e Aussage<br />
<strong>in</strong>variant gegenüber euklidischen Bewegungen<br />
(Translationen, Drehungen,<br />
Abb.: Kugeloberfläche. Auf ihr verläuft<br />
durch e<strong>in</strong>en Punkt abseits e<strong>in</strong>er kürzesten<br />
L<strong>in</strong>ie („Gerade“) ke<strong>in</strong>e andere kürzeste<br />
L<strong>in</strong>ie gleichabständig („parallel“).<br />
D<strong>am</strong>it war der Streit entschieden, ob nichteuklidische<br />
Geometrien überhaupt existierten,<br />
Auf der Pseudosphäre existieren zue e<strong>in</strong>er<br />
kürzesten L<strong>in</strong>ier durch e<strong>in</strong>en Punkt abseits<br />
von <strong>die</strong>ser mehrere Parallelen.
Abb.: Pseudosphäre. Auf ihrer Oberfläche<br />
verlaufen durch jeden Punkt abseits e<strong>in</strong>er<br />
kürzesten L<strong>in</strong>ie („Gerade“) zwei davon<br />
gleichabständige kürzeste L<strong>in</strong>ien („Parallelen“).<br />
D<strong>am</strong>it war gezeigt, daß es mehrere verschiedene<br />
nichteuklidische Geometrien<br />
gibt. Im Jahre 1949 zeigte nun Luneburg,<br />
daß das menschliche Raumsehen, solange<br />
es auf b<strong>in</strong>okulare Reize alle<strong>in</strong> gestellt ist,<br />
<strong>die</strong> Struktur e<strong>in</strong>er nichteuklidisch hyperbolischen<br />
Geometrie besitzt. D<strong>am</strong>it war gezeigt,<br />
daß derartige Geometrien sogar <strong>in</strong><br />
uns wirks<strong>am</strong> s<strong>in</strong>d.<br />
Der konvexe Kegel der Farben<br />
Der Farbkegel spielt für <strong>die</strong> Bestimmung<br />
der Farbmetrik <strong>die</strong> gleiche Rolle, wie der<br />
Raum-Zeit-Kegel bei E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>: Er kann<br />
nicht überschritten werden, weil alle Farben<br />
konvexe Komb<strong>in</strong>ationen der Spektralfarben<br />
s<strong>in</strong>d (Yilmaz, 1962).<br />
Abb.:Der konvexe Kegel der Farben mit<br />
Farbton, Helligkeit und Sättigung als Zyl<strong>in</strong>derkoord<strong>in</strong>aten.<br />
Die Kegelgleichung<br />
Man erhält <strong>die</strong> Gleichung e<strong>in</strong>es quadratischen<br />
Kegels, wenn man von Farbtonlöschungskurven<br />
mit besonderer Wahl der zu<br />
löschenden Farbtöne ausgeht (Yilmaz,<br />
1962). Dann nämlich lassen sich <strong>die</strong> Farbwertkurven<br />
durch <strong>die</strong> Gaußsche Normalverteilung<br />
und zwei ihrer Ableitungen beschreiben.<br />
In daraus gebildeten Normfarbwertkurven<br />
kürzen sich <strong>die</strong> Exponentialfunktionen<br />
heraus. Es bleibt e<strong>in</strong>e Kegelgleichung<br />
zweiten Grades.<br />
Abb.: Farbtonlöschungskurven, <strong>die</strong> bei<br />
555 nm verschw<strong>in</strong>den ermöglichen e<strong>in</strong>e
e<strong>in</strong>fache Formulierung der Kegelgleichung.<br />
Die Normfarbtafel als Projektion<br />
Weil <strong>die</strong> Normfarbtafel e<strong>in</strong>e Projektion ist,<br />
manifestiert sich <strong>die</strong> Abstandsformel dort<br />
als projektive Metrik. D<strong>am</strong>it sie gegenüber<br />
den durch Farbadaptation hervorgerufenen<br />
„Bewegungen“ der Farbkoord<strong>in</strong>aten von<br />
e<strong>in</strong>em Farbort zum anderen <strong>in</strong>variant ist,<br />
nimmt sie e<strong>in</strong>e besondere Gestalt an. Für je<br />
zwei Farben im Farbraum gibt e<strong>in</strong> geometrisches<br />
(logarithmierten) Doppelverhältnis<br />
<strong>die</strong> Farbähnlichkeit wieder.<br />
Das Doppelverhältnis<br />
Für je vier Punkte PQUV auf e<strong>in</strong>er Geraden<br />
ist der Bruch<br />
u - p v - p<br />
(PQUV) = ----- : -----,<br />
q - u q - v<br />
wobei p, q, u, v <strong>die</strong> Koord<strong>in</strong>aten der Punkte<br />
s<strong>in</strong>d, das Doppelverhältnis. Zur Erhaltung<br />
des Kegels müssen U und V auf dem<br />
Spektralzug liegen.<br />
Metrik<br />
Es läßt sich beweisen, daß (P,Q)= log<br />
(PQUV) <strong>die</strong> Eigenschaften e<strong>in</strong>er Metrik<br />
besitzt:<br />
1. (X,X) = 0.<br />
2. (X,Y) = (Y,X) > 0, für X Y.<br />
3. (X,Y) + (Y,Z) (X, Z).<br />
Diese Eigenschaften besitzt auch <strong>die</strong> euklidische<br />
Metrik.<br />
Vali<strong>die</strong>rung<br />
Die Prüfung <strong>die</strong>ser Metrik kann durch e<strong>in</strong>en<br />
Vergleich der empirischen Längen<br />
von Wrights dashes und den mittels der<br />
Metrik berechneten Werten. Es ergibt sich<br />
e<strong>in</strong> Korrelationskoeffizient von 0.84 (Drösler,<br />
19 ..).D<strong>am</strong>it ist im übrigen auch <strong>die</strong><br />
unterschiedliche Größe der McAd<strong>am</strong>-<br />
Ellipsen theoretisch aufgeklärt.<br />
Räumliche E<strong>in</strong>flüsse<br />
Ebenso wie zeitliche Vorbehandlung des<br />
visuellen Systems als Farbadaptation zu<br />
e<strong>in</strong>er farblichen Umstimmung führt, gibt es<br />
e<strong>in</strong>e räumliche Nachbarschaftswirkung <strong>in</strong><br />
der <strong>Farbwahrnehmung</strong>. H<strong>in</strong>tergrundfarbreize<br />
bestimmen <strong>die</strong> Wahrnehmung des<br />
betrachteten Farbreizes mit. Deshalb gilt<br />
<strong>die</strong> Graßmann-Repräsentation nur, wenn<br />
solche E<strong>in</strong>flüsse als Störfaktoren im Experiment<br />
ausgeschaltet s<strong>in</strong>d.<br />
Photometrie<br />
Die Reizgröße ist der Strahlungsfluß <strong>in</strong><br />
Watt [W] e<strong>in</strong>er punktförmige Strahlungsquelle.z.<br />
B. Plat<strong>in</strong> bei Schmelztemperatur.<br />
Die Strahlstärke ist <strong>die</strong> ausgesandte Strahlungsleistung<br />
pro E<strong>in</strong>heit des Raumw<strong>in</strong>kels<br />
[Watt / Steradian].<br />
Raumw<strong>in</strong>kel.<br />
Der Raum um e<strong>in</strong>en punktförmigen Strahler<br />
enthält 4 Steradian. Daher sendet e<strong>in</strong><br />
Strahler von 1 Candela Lichtstärke <strong>in</strong>sges<strong>am</strong>t<br />
e<strong>in</strong>en Lichtstrom von 4 aus. Bei<br />
e<strong>in</strong>er ausgedehnten strahlenden Oberfläche<br />
(z.B. e<strong>in</strong>em LED Chip) trägt jedes Element<br />
der Fläche zur Lichtstärke der Quelle <strong>in</strong><br />
jede gegebene Richtung bei. Die Lichtstärke<br />
<strong>in</strong> der gegebenen Richtung (Candela)<br />
geteilt durch <strong>die</strong> bestrahlte Fläche (z. B.<br />
m²) <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Richtung wird Leuchtdichte<br />
genannt. Man spricht <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Zus<strong>am</strong>menhang<br />
auch oft von der "Helligkeit"<br />
oder photometrischer Helligkeit.<br />
Empf<strong>in</strong>dungsgröße<br />
Lichtstrom (" lum<strong>in</strong>ance"). Lumen [ lm ] (1<br />
Lumen entsteht bei Reizung mit 1/683<br />
Watt bei λ = 555 nm). Helligkeitsempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
(Lichtausbeute wird gemessen <strong>in</strong>
Lumen/Watt). Das Maximum der Helligkeitsempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
beim Tagessehen beträgt<br />
680 Lumen/Watt bei 555 nm Wellenlänge.<br />
Etwa <strong>die</strong> halbe Hellempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
liegt bei 510 und 610 nm Die Empf<strong>in</strong>dungsgröße<br />
ist <strong>die</strong> Candela [cd]. Sie bezeichnet<br />
den Lichtstrom pro E<strong>in</strong>heit des<br />
Raumw<strong>in</strong>kels.<br />
Wird fortgesetzt!<br />
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