BASICS - Quadriga
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<strong>BASICS</strong><br />
Tragwerksplanung<br />
– 28 – 4/2012<br />
Dachkonstruktionen mit aussteifender<br />
Beplankung<br />
Dachkonstruktionen müssen sowohl in Gebäudequerrichtung<br />
(Wind auf Traufe) als auch in Gebäudelängsrichtung<br />
(Wind auf Giebel) ausgesteift sein.<br />
Während bei Pfettendächern die Horizontallast<br />
infolge „Wind auf Traufe“ von der Deckenscheibe<br />
aufgenommen wird, sind die Möglichkeiten der<br />
Aussteifung bei „Wind auf Giebel“ vielfältiger. Bei<br />
eher einfachen Dachstühlen und -formen werden<br />
häufig aussteifende Holzwerkstoffplatten als Beplankung<br />
der Sparren ausgeführt.<br />
Aussteifungsvarianten<br />
Zur Aufnahme der auf die<br />
Giebelfläche einwirkenden<br />
Windlasten kommen drei<br />
typische Systeme zur Ausführung.<br />
Alle verhindern ein<br />
Umkippen der Sparrensysteme:<br />
● Windrispen (Windrispenbänder<br />
aus Stahl)<br />
● Aussteifende Beplankungen<br />
/ Holztafelelemente<br />
● Aussteifende Wände in<br />
Längsrichtung<br />
Die zuletzt genannte Variante<br />
hat den Vorteil, dass<br />
die über die Giebelfläche<br />
eingetragenen Windlasten<br />
von den in Firstrichtung<br />
vorhandenen, aussteifenden<br />
Wänden im Dachgeschoss<br />
aufgenommen werden können.<br />
Dazu sind die entsprechenden<br />
Pfetten kraftschlüssig<br />
mit den Rähmhölzern<br />
dieser Längswände zu verbinden.<br />
Windrispen oder<br />
aussteifende Beplankungen<br />
sind dann entbehrlich.<br />
Ähnlich verhält es sich bei<br />
Walmdächern, bei denen die<br />
Firstpfette durch die strebenartigen<br />
Gratsparren gehalten<br />
wird. Die dem Wind abgewandten<br />
Gratsparren werden<br />
auf Druck beansprucht<br />
und leiten die Horizontallasten<br />
an ihrem Fußpunkt in<br />
die Deckenscheibe bzw. den<br />
Drempel ein.<br />
Windrispenbänder<br />
Windrispenbänder aus feuerverzinktem<br />
Lochblech waren<br />
über Jahrzehnte die am weitesten<br />
verbreitete Variante<br />
zur Aussteifung von Dachflächen.<br />
Nachteilige Aspekte<br />
dieser Art der Aussteifung<br />
in Verbindung mit bekanntgewordenen<br />
Schäden haben<br />
die schnelle und kostengünstige<br />
Montage in den Hintergrund<br />
gedrängt.<br />
Windrispenbänder funktionieren<br />
ausschließlich auf Zug<br />
und sind daher je Dachfläche<br />
stets paarweise anzuordnen.<br />
Mit Dicken von meist 1,5 bis<br />
3 mm stören sie den Dachaufbau<br />
nur geringfügig, können<br />
bei Vordeckungen etc.<br />
jedoch zu Beschädigungen<br />
führen. Bei der Montage sind<br />
sie stets stramm zu spannen<br />
und in der kalten Jahreszeit<br />
nur temperiert (aus<br />
dem beheizten Baustellenfahrzeug)<br />
einzubauen. Die<br />
aufwändige Verankerung an<br />
den jeweiligen Endpunkten<br />
sind ingenieurmäßig zu planen<br />
und vom Holzbaubetrieb<br />
umzusetzen (Abb. 1).<br />
Auf einen expliziten Nachweis<br />
sollte weder der Bauherr<br />
noch der Betrieb verzichten.<br />
Die Befestigung an<br />
allen Kreuzungspunkten mit<br />
den Sparren ist obligatorisch.<br />
Detaillierte Informationen<br />
siehe [4].<br />
Da thermische Verformungen<br />
nicht auszuschließen sind,<br />
kann es in Verbindung<br />
mit dem unvermeidlichen<br />
Schlupf bei den Verbindungsmitteln<br />
zu einem Durchhang<br />
der Windrispenbänder<br />
kommen. Dabei besteht<br />
die Möglichkeit nicht unerheblicher<br />
Verschiebungen,<br />
bevor die Windlasten aufgenommen<br />
werden können.<br />
Eine Anordnung der Rispenbänder<br />
unter einer Aufdachdämmung<br />
(oder zusätzlichen<br />
Überdämmung der Sparren)<br />
kann die Verformung deutlich<br />
verringern.<br />
Aussteifende<br />
Beplankungen<br />
Flächige Schalungen aus<br />
sägerauen Brettern (auch<br />
gespundet) stellen lediglich<br />
eine Kippsicherung für die<br />
Sparren dar; zur Aussteifung<br />
der Dachfläche sind sie nicht<br />
geeignet! Soll die Aussteifung<br />
der Dachflächen durch<br />
Holzwerkstoffe gewährleistet<br />
Autoren:<br />
Gerhard Wagner,<br />
Helmut Zeitter<br />
werden, ist die Beplankung<br />
der Sparren mit geeigneten<br />
MDF-Platten auf den Sparren<br />
eine inzwischen weit verbreitete<br />
„zimmermannsmäßige“<br />
Lösung (Abb. 2). Diese<br />
Variante hat den Vorteil, dass<br />
die Beplankungsfläche eben<br />
ist und als wasserableitende<br />
Schicht dienen kann. Gleichzeitig<br />
können Anforderungen<br />
an die Winddichtheit<br />
und meist auch einen temporären<br />
Witterungsschutz<br />
erfüllt werden.<br />
Abb. 1: Beispielhafte (End-)<br />
Verankerung der Windrispen<br />
am First mit Verblockung<br />
Abb. 2: Versetzte MDF-<br />
Platten (≥ 1 Sparrenabstand)<br />
zur Ausbildung der<br />
Dachscheiben (beidseits der<br />
Gaube)
4/2012<br />
Anordnung und<br />
Lasteinleitung<br />
Schwebende Stöße der MDF-<br />
Platten quer zu den Sparren<br />
sind zulässig, wenn diese<br />
um mindestens einen Sparrenabstand<br />
versetzt werden<br />
(vgl. [4], und Abb. 2).<br />
Die Lasteinleitung in die<br />
Beplankung erfolgt unmittelbar<br />
über den Randsparren<br />
(Abb. 3) oder das Giebelwandrähm<br />
(Abb. 4).<br />
Ohne die Beteiligung von<br />
Verteilerrippen (Sparren)<br />
gelten die Randabstände<br />
für den beanspruchten<br />
Rand a 2,t (7 x d). Die versetzt<br />
angeordneten Platten<br />
werden mit Nägeln oder<br />
Klammern kontinuierlich<br />
befestigt und bilden dann<br />
die Dachscheibe. Für den<br />
First- und Traufbereich sind<br />
zwischen allen Sparren Verblockungen<br />
anzuordnen<br />
und mit der First- bzw.<br />
Fußpfette kraftschlüssig zu<br />
verbinden (Abb. 5 und 6).<br />
Durchlaufende Gurthölzer<br />
sind dort aufgrund der Geometrie<br />
(Dachneigung) nur<br />
aufwändig herzustellen.<br />
Nur wenn alle Plattenränder<br />
schubsteif miteinander verbunden<br />
sind, es also keine<br />
freien Plattenränder gibt, gelten<br />
grundsätzlich die Verbindungsmittelabstände<br />
für den<br />
unbeanspruchten Rand. Der<br />
Abstand vom Hirnholz muss<br />
mindestens 12 d betragen.<br />
Regeln für Verbindungsmittel<br />
siehe Infokasten.<br />
Einzelne Öffnungen in der Beplankung<br />
bis 200 x 200 mm<br />
dürfen vernachlässigt werden.<br />
Bei mehreren Öffnungen<br />
muss die Summe der<br />
Längen bzw. Breiten kleiner<br />
als 10% der Tafellänge bzw.<br />
-breite bleiben. Größere Öffnungen<br />
(z.B. Kamin) sind<br />
stets nachzuweisen.<br />
Materialeigenschaften<br />
Die MDF-Platten für tragende<br />
Zwecke müssen für den<br />
Feuchtbereich (NKL 2) nach<br />
DIN EN 622-5 (Bezeichnung<br />
MDF-HLS) geeignet<br />
sein. Die aussteifende Wirkung<br />
und der temporäre<br />
Witterungsschutz sind in der<br />
Zulassung geregelt und dort<br />
nachzulesen. Die Tragfähigkeit<br />
des Verbindungsmittels<br />
errechnet sich u.a. aus der<br />
Lochleibungsfestigkeit von<br />
MDF-Platte und Holzbauteil<br />
(idR aus KVH).<br />
Für Nagel- oder Klammerverbindungen<br />
von MDF-<br />
Platten mit Vollholz sind in<br />
der Bemessungsnorm (DIN<br />
EN 1995-1-1 bzw. DIN<br />
1052:2008) keine Formeln<br />
zur Ermittlung der Lochleibungsfestigkeit<br />
angegeben.<br />
Die meisten Hersteller haben<br />
dazu in ihren Zulassungen<br />
ebenfalls keine Angaben<br />
gemacht, so dass eine Bemessung<br />
daher formal zunächst<br />
nicht möglich ist.<br />
Als (sehr) konservative<br />
Abschätzung kann für die<br />
Lochleibungsfestigkeit der<br />
MDF-Platte die Druckfestigkeit<br />
von Vollholz (NH C24<br />
/ KVH) unter einem Winkel<br />
von 90° angesetzt werden.<br />
Der Wert f c,90,k für NH C24<br />
beträgt 2,5 N/mm 2 und ist<br />
deutlich geringer als die in<br />
der Zulassung angegebenen<br />
Druckfestigkeiten f c,90,k bei<br />
Scheibenbeanspruchung der<br />
MDF-Platte.<br />
Infokasten<br />
Randabstände<br />
Für Nägel d < 5 mm oder<br />
Klammern zur Verbindung<br />
von Holzwerkstoffplatten<br />
mit Rippen aus Vollholz oder<br />
Brettschichtholz gelten folgende<br />
Randabstände:<br />
vom Hirnholzende ≥ 12 d<br />
untereinander ≥ 20 d<br />
an allen<br />
Plattenrändern ≤ 150 mm<br />
an Innenrippen ≤ 300 mm<br />
Die Abstände an allen Rändern<br />
sind stets identisch!<br />
Die Abstände bei Innenrippen<br />
sind konstant!<br />
Literaturhinweis:<br />
[4] Technik im Holzbau,<br />
herausgegeben von Holzbau<br />
Deutschland – Bund Deutscher<br />
Zimmermeister, Berlin,<br />
Ausgabe August 2011<br />
[5] bauen mit holz; Fritzen,<br />
K.; 2/2008; Seite 42-46; Köln<br />
– 29 –<br />
Abb. 3: Randsparren als Randgurt der<br />
Dachscheibe<br />
Abb. 4: Giebelwandrähm als Randgurt<br />
der Dachscheibe<br />
Abb. 5: Verblockung am First zur Herstellung<br />
des Scheibengurts<br />
Abb. 6: Verblockung an der Traufe zur<br />
Herstellung des Scheibengurts<br />
<strong>BASICS</strong><br />
Tragwerksplanung<br />
Artikel-Ticker: Dachkonstruktionen in HOLZBAU – die neue quadriga: [1] Zugkräfte in Holzrahmenbauwänden:<br />
4-2010 +++ [2] Deckenscheiben aus Holzbalkendecken: 4-2011 +++ [3] Dach- und Deckentafeln nach der<br />
neuen DIN 1052: 1-2006