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Schafft „Dark Tourism“ Mitleid oder Mitgefühl?<br />

von Vanessa Flicker<br />

„Dark Tourism“ oder auch<br />

„Grief Tourism“ genannt,<br />

sind keine unbekannten<br />

Begriffe in Fachkreisen, bereits 1996 wurden<br />

diese Wörter von Professor John Lennon<br />

im schottischen Glasgow geprägt.<br />

Ganze Universitätsabteilungen befassen<br />

sich mit der Thematik und wollen herausfinden,<br />

warum Menschen bereit sind historische<br />

Orte des Grauens zu besuchen. Alle<br />

diese Plätze erzählen Geschichten vom Tod<br />

anderer Menschen und den Abgründen<br />

unserer Zivilisation. Welche sozialen oder<br />

auch moralischen Beweggründe lassen sich<br />

bei den Besuchern erkennen? Seit 2012 gibt<br />

es an der University of Central Lancashire<br />

ein Forschungszentrum, das sich gerade<br />

mit diesen Fragen beschäftigt.<br />

Nach 9/11 haben Tausende von Menschen<br />

New York City besucht und begleitete Touren<br />

rund um „Ground Zero“ mitgemacht.<br />

Beim Verlassen der U-Bahn fällt der erste<br />

Blick sofort darauf.<br />

Als die Trümmer der gefallenen Türme<br />

beseitigt waren, klafften nur noch zwei<br />

riesige Löcher aus dem Boden, die daran<br />

erinnerten, dass dort einst die zwei größten<br />

Gebäude in New York standen. Bis vor<br />

kurzem war die Baustelle noch mit Zäunen<br />

umgeben und die Bauarbeiter waren bemüht,<br />

so schnell wie möglich die Zeichen<br />

eines Terroranschlags zu beseitigen. Auch<br />

umliegende Gebäude wurden von fallenden<br />

Trümmern beschädigt. Das einzige<br />

Gebäude, was nicht zerstört wurde, ist die<br />

St. Paul’s Chapel, in der die Verletzten und<br />

erschöpften Helfer verpflegt wurden. Heute<br />

soll ist die Kapelle als ein Symbol der<br />

amerikanischen Stärke gelten– so deuten es<br />

zumindest einige New Yorker und Hinweise<br />

in der Kapelle<br />

Aber schon Tage nach dem Geschehen<br />

wurden T-Shirts und andere Souvenirs am<br />

Unglücksort verkauft, erzählt Patricia Newkirk.<br />

Seit 30 Jahren lebt die Rentnerin<br />

in der Metropole am Hudson River. Sie<br />

empfand es als tiefe Beleidigung, dass kurze<br />

Zeit später Profit aus dem Leid anderer<br />

gemacht wurde. Selbst heute noch vermeidet<br />

Sie es nach Down Town Manhattan zu<br />

gehen und das Denkmal zu besuchen. Für<br />

Sie ist es kein Ort, um zu Trauern und Halt<br />

zu finden, da das, was dort gebaut wird zu<br />

groß ist, um zu begreifen, was hier einst geschah.<br />

An jenen Tag jedoch kann sich Patricia<br />

Newkirk noch genau erinnern. Der Wind<br />

drehte und der beißende Geruch brennender<br />

Büroräume, Gebäude und Mitmenschen<br />

wehte durch die Straßen ihrer<br />

Heimatstadt. Zwölf Jahre später ist so gut<br />

wie nichts mehr von dem Unglück zu sehen.<br />

Es wurden Grünanlagen angelegt und<br />

das Fundament der zerstörten Türme ist<br />

zu den größten künstlichen Wasserfällen<br />

der USA umfunktioniert. Außerdem sind<br />

Tafeln um die Schächte herum errichtet,<br />

auf denen die Namen der Opfer stehen.<br />

Der neu erbaute Freedom Tower und das<br />

Denkmal sollen an jene erinnern, die an<br />

diesem Tag ihr Leben gaben. Jeder verarbeitet<br />

dieses Geschehen auf eine andere<br />

Weise und die Menschen kommen aus vielerlei<br />

Gründen zum Ground Zero. Patricia<br />

Newkirk glaubt: auf der einen Seite ist es<br />

Respekt, aber auf der anderen Seite treibt<br />

sie auch die Neugier dorthin.<br />

Auch Schauplätze des zweiten Weltkriegs<br />

ziehen seit vielen Jahren Besucher an. Fast<br />

jedes Kind besucht mindestens einmal in<br />

seiner Schulzeit ein Konzentrationslager.<br />

Obwohl es Dutzende von Museen gibt,<br />

die ebenfalls über die Geschichte aufklären<br />

könnten.<br />

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