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Das Leben des Propheten Muhammad (s.a.s.) nach M. H. Haikal

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zum Inhalt<br />

Die erste Reise <strong>nach</strong> Asch Scham<br />

Als <strong>Muhammad</strong> (s.a.s.) in seinem zwölften <strong>Leben</strong>sjahr stand, wollte Abu Talib eines Tages zu einer<br />

Handelsreise <strong>nach</strong> Asch Scham aufbrechen. Es war nicht seine Absicht, <strong>Muhammad</strong> (s.a.s.)<br />

mitzunehmen, da er sich wegen der Mühen der Reise und der Durchquerung der Wüste um ihn Sorgen<br />

machte. Aber <strong>Muhammad</strong> (s.a.s.) zeigte ein solch aufrichtiges Verlangen, seinen Onkel zu begleiten,<br />

dass alles Zaudern Abu Talibs beseitigt wurde und der Junge die Karawane bis <strong>nach</strong> Busra im Süden<br />

von Asch Scham begleitete. Die biographischen Bücher berichten, dass er auf jener Reise mit dem<br />

Mönch Bahira zusammentraf und dieser bei ihm die Zeichen der <strong>Propheten</strong>schaft erkannte, für die ihn<br />

die Vorankündigungen der christlichen Schriften als Beweismittel dienten. In einigen Überlieferungen<br />

heißt es, der Mönch habe Abu Talib geraten, ihn nicht bis ins Lan<strong>des</strong>innere von Asch Scham<br />

mitzunehmen, da er fürchtete, dass die Juden diese Zeichen an dem Jungen erkennen und ihm Schaden<br />

zufügen könnten.<br />

Auf dieser Reise fielen die schönen Augen <strong>Muhammad</strong>s (s.a.s.) auf die Weite der Wüste und hingen<br />

an den leuchtenden Sternen ihres klaren Wüstenhimmels. Er kam an Madjan, dem Tal von Kura und<br />

den Stätten von Thamud vorbei, und seine scharfen Ohren lauschten der Unterhaltung der Araber und<br />

der Wüstenbewohner über diese Wohnstätten und ihre Geschichte. Auf dieser Reise stand er aber auch<br />

in Asch Scham vor den blühenden Gärten, die jene von At Taif bei weitem übertrafen. Dieser Anblick<br />

ließ ihn die Gärten am Rande von der Öde der unfruchtbaren Wüste und die kahlen Berge in der<br />

Umgebung Mekkas vergessen.<br />

In Asch Scham erfuhr <strong>Muhammad</strong> (s.a.s.) ferner einiges über die Römer und ihr Christentum, hörte<br />

von ihrer Offenbarungsschrift, vom Streit der feueranbetenden Perser mit ihnen und dem zu<br />

erwartenden Krieg zwischen beiden. Wenn er auch erst zwölf Jahre alt war, so verfügte er doch über<br />

eine Größe <strong>des</strong> Geistes, Gescheitheit <strong>des</strong> Herzens, Überlegenheit <strong>des</strong> Verstan<strong>des</strong>, Feinheit der<br />

Wahrnehmung, ein starkes Erinnerungsvermögen und dergleichen Vorzüge, die ihm die göttliche<br />

Vorsehung in Vorbereitung auf das gewichtige <strong>Propheten</strong>amt verliehen hatte, dass er auf die Dinge<br />

und Menschen um ihn herum mit dem Blick eines Prüfenden und Hinterfragenden schaute. Er verließ<br />

sich nicht auf alles, was er hörte und sah, sondern prüfte in seinem Inneren und fragte sich: "Wo liegt<br />

bei all dem die Wahrheit?"<br />

Wahrscheinlich brachte Abu Talib diese Reise nicht viel Erlös, denn er unternahm da<strong>nach</strong> keine<br />

derartige Reise mehr. Er war mit seinem Los zufrieden und blieb in Mekka, wo er mit seinen<br />

begrenzten finanziellen Mitteln seine vielen Kinder versorgte. Zufrieden mit seinem Geschick lebte<br />

<strong>Muhammad</strong> (s.a.s.) mit seinem Onkel so wie seine Altersgenossen. Während der heiligen Monate<br />

blieb er in Mekka bei seinen Angehörigen oder brach mit ihnen zu den be<strong>nach</strong>barten Märkten in Ukaz,<br />

Madschanna und Dhul Madschaz auf, wo er den Rezitationen der Vertreter der Mudhahhabat- und<br />

Muallakat-Dichtungen * zuhörte. Seine Ohren folgten ihrer Sprachgewandtheit in ihrer Liebespoesie,<br />

ihrer Prahlerei und ihren Erinnerungen an ihre Abstammung, Moral, Ehre und Huld. Dann verarbeitete<br />

er dies verstan<strong>des</strong>gemäß und verwarf alles, was er davon nicht richtig fand, und bewunderte alles, was<br />

sein Wohlgefallen hervorrief.<br />

Er hörte den Reden der Juden und Christen zu, die das Heidentum ihrer arabischen Brüder scharf<br />

kritisierten und von den Schriften Jesu und Mose erzählten und sie zu dem aufriefen, was sie für die<br />

Wahrheit hielten. <strong>Muhammad</strong> (s.a.s.) wog dies in seinem Inneren ab, und er hielt es für besser als<br />

jenes Heidentum, in das sein Volk versunken war, aber zufrieden war er auch damit nicht. So lenkte<br />

die göttliche Vorsehung seine Seele seit seiner frühesten Jugend auf den Weg, der ihn für jenen<br />

bedeutungsvollen Tag rüstete, den Tag der ersten Offenbarung, da ihn sein Herr dazu aufrief, SEINE<br />

Botschaft zu verkünden: die Botschaft der Rechtleitung und Wahrheit für die gesamte Menschheit.<br />

* Al Mudhahhabat (=die Goldenen) ist die Bezeichnung für eine Gedichtform, die besonders treffliche<br />

Sinnsprüche enthält. At Muallakat heißt wörtlich "die Hängenden". Es handelt sich hierbei um<br />

Gedichte, die bei einem Wettstreit mit einem Preis ausgezeichnet und dann an die Mauern der Kaba<br />

gehängt wurden.<br />

zum Inhalt<br />

Der "Fidschar Krieg" *<br />

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