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Bürgerliches Recht

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16.06.2011<br />

§ 16 MIETVERTRAG


Gliederung<br />

2<br />

I. Einführung<br />

1. Begriff<br />

2. <strong>Recht</strong>snatur<br />

3. Regelungssystematik<br />

4. Entstehung<br />

II. <strong>Recht</strong>e und Pflichten während des Mietverhältnisses<br />

1. Gewährleistung des Vermieters<br />

2. Verletzung der Mieterpflichten<br />

III.Beendigung des Mietverhältnisses<br />

1. Zeitablauf (§ 542 II)<br />

2. Kündigung


I.<br />

Einführung


I.<br />

1. Begriff


Begriff<br />

5<br />

Der Mietvertrag ist ein gegenseitiger Schuldvertrag,<br />

in dem sich die eine Partei (Vermieter) verpflichtet,<br />

der anderen Partei (Mieter) den Gebrauch einer<br />

Sache auf Zeit zu gewähren (§ 535 I 1), während<br />

die andere Partei sich verpflichtet, die vereinbarte<br />

Miete zu bezahlen (§ 535 II).


Pflichten des Vermieters<br />

6<br />

Pflicht der Gebrauchsüberlassung! (§ 535 I 1)<br />

OLG Naumburg ZMR 2000, 290: „Dem Vermieter obliegt<br />

erforderlichenfalls die vertragliche Pflicht, sich aktiv für die<br />

Ermöglichung des vertragsgemäßen Gebrauches der Mietsache<br />

einzusetzen.“<br />

Übergeben, soweit dies zur Durchführung des vertragsgemäßen<br />

Gebrauchs erforderlich ist<br />

(bei beweglichen Sachen ist folglich eine Übergabe nicht zwingend, es<br />

genügt die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes iSd § 854)


Pflichten des Vermieters<br />

7<br />

Pflicht zur Gebrauchserhaltung! (§ 535 I 2)<br />

= Dauerverpflichtung<br />

• Instandsetzung<br />

(Wiederherstellung des vertrags- und ordnungsgemäßen Zustandes)<br />

• Instandhaltung<br />

(Erhaltung des vertrags- und ordnungsgemäßen Zustandes)<br />

• Beachte dazu auch § 538<br />

Beachte: Vertraglich ist diese Pflicht „abdingbar“, kann also auch teilweise<br />

auf Mieter übertragen werden (z.B. Abwälzung von Schönheitsreparaturen)


Pflichten des Mieters<br />

8<br />

Pflicht zur Zahlung eines Entgeltes! (§ 535 II)<br />

• Regelmäßig: Geldleistung<br />

• Aber auch: Sachleistungen (z.B. Naturalien)<br />

Dienstleistungen (z.B. Hausmeisterdienste)<br />

Bei Wohnraummiete: zu Beginn (§ 556b I)<br />

Auch wenn er den Mietgebrauch gar nicht ausüben kann<br />

(z.B. wegen Krankheit)<br />

• Zur Erinnerung: Der Vermieter muss ja lediglich die Möglichkeit zur<br />

Ausübung schaffen!<br />

• Ausnahme i.S.v. Treu und Glauben (§ 242)


Mietsache iSd § 535 I<br />

9<br />

= körperlicher Gegenstand § 90<br />

Unbeweglich<br />

= Grundstücks- und Raummiete<br />

Beweglich<br />

= „Fahrnismiete“<br />

• umfasst z.B. auch Software auf Datenträger<br />

Teile von Sachen<br />

• z.B. eine Hauswand zu Reklamezwecken<br />

Stück-/Gattungsschuld<br />

(Bsp. Gattungsschuld: Bestellung eines Hoteldoppelzimmers mit<br />

Dusche; auch hier Konkretisierung gem. § 243! )


I.<br />

2. <strong>Recht</strong>snatur


<strong>Recht</strong>snatur<br />

11<br />

= Gebrauchsüberlassungsvertrag<br />

Wie auch Pacht und Leihe<br />

Lediglich zeitweise Überlassung der Sache zum Gebrauch<br />

≠ Veräußerungsvertrag<br />

z.B. Kauf, Tausch, Schenkung


<strong>Recht</strong>snatur<br />

12<br />

Folglich:<br />

Keine Änderung der dinglichen <strong>Recht</strong>slage<br />

• Mieter erwirbt lediglich <strong>Recht</strong> zum Besitz iSd § 986<br />

Vermieter bleibt verfügungsberechtigt (soweit dabei nicht<br />

die Nutzung des Mieters gestört wird)<br />

Vermieter trägt während gesamter Vertragsdauer das<br />

Risiko des zufälligen Untergangs


Abgrenzung zur Pacht und Leihe<br />

13<br />

Pacht Miete Leihe<br />

Ist entgeltlich<br />

Ist unentgeltlich<br />

Berechtigt zu<br />

Gebrauch und<br />

Fruchtziehung §§<br />

99, 100<br />

Berechtigt lediglich zum Gebrauch


I.<br />

3. Regelungssystematik


Regelungssystematik<br />

15<br />

Mietrecht<br />

(§§ 535 ff.)<br />

Mietrecht AT<br />

(§§ 535-548)<br />

Mietrecht BT<br />

Mietverhältnisse<br />

über Wohnraum<br />

(§§ 549-577a)<br />

Mietverhältnisse<br />

über andere<br />

Sachen<br />

(§§ 578-580a)<br />

AT<br />

(§§ 549-555)<br />

BT<br />

(§§ 556-577a)


I.<br />

4. Entstehung


Entstehung<br />

17<br />

Durch Vertragsschluss!<br />

= Einigung über<br />

Form<br />

• Mietgegenstand<br />

• Entgelt<br />

• Parteien<br />

Grundsatz: Formfreiheit!<br />

Üblich: vereinbarte Schriftform § 127 (insbes. bei<br />

Mietverträgen über Gebäude und Grundstücke)<br />

Beachte Ausnahmen der §§ 550 S.1, 578!


Entstehung<br />

18<br />

Beispiel: Der Ehegatte E bewohnt die Wohnung seiner Frau,<br />

nutzt sie jahrelang alleine, gibt gegenüber der Hausverwaltung<br />

in eigenem Namen Willenserklärungen ab,<br />

leistet Mietzahlungen und führt Schönheitsreparaturen aus.<br />

Hat E deshalb die <strong>Recht</strong>en und Pflichten eines Mieters?<br />

• Hier geht der BGH von einem konkludenten Eintritt des E als weiteren<br />

Mieter in den Mietvertrag aus! (BGH, NJW 2005, 2620 f.)<br />

• Beachte: Grundsatz der Formfreiheit!


II.<br />

<strong>Recht</strong>e und Pflichten während des<br />

Mietverhältnisses


II.<br />

1. Gewährleistung des Vermieters


II. 1.<br />

Mangel der Mietsache


Mangel der Mietsache<br />

22<br />

BGH NJW 2006, 899 (stRspr): „[…] ist unter einem Mangel […] die für den Mieter<br />

nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem<br />

vertraglich geschuldeten zu verstehen,<br />

wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug<br />

auf die Mietsache als Fehler [= Mangel] in Betracht kommen können.<br />

So können bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände - etwa die Behinderung<br />

des Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal - einen Fehler des Mietobjekts<br />

begründen.<br />

Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden,<br />

stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare<br />

Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, wohingegen Umstände,<br />

die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar<br />

berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind.“


Mangel der Mietsache<br />

23<br />

Mangel<br />

Sachmangel<br />

(§ 536 I)<br />

Fehlen/Wegfall einer<br />

zugesicherten Eigenschaft<br />

(§ 536 II)<br />

<strong>Recht</strong>smangel<br />

(§ 536 III)


Sachmangel (§ 536 I 1)<br />

24<br />

Ist-Beschaffenheit ≠ Soll-Beschaffenheit<br />

subjektiver Mangelbegriff<br />

• Parteivereinbarungen maßgebend<br />

obj. mangelhafter Zustand kann vereinbart werden<br />

Mindeststandards dürfen nicht unterschritten werden


Sachmangel (§ 536 I 1)<br />

25<br />

BGH, Urt. v. 10.02.2010 - VIII ZR 343/08 [Mindeststandards]:<br />

„Der Mieter hat grundsätzlich Anspruch auf eine Elektrizitätsversorgung, die<br />

zumindest den Betrieb eines größeren Haushaltsgeräts wie einer<br />

Waschmaschine und gleichzeitig weiterer haushaltsüblicher Geräte wie zum<br />

Beispiel eines Staubsaugers ermöglicht. Auf eine unterhalb dieses Mindeststandards<br />

liegende Beschaffenheit kann der Mieter nur bei eindeutiger<br />

Vereinbarung verwiesen werden. Dem genügt eine Formularklausel, nach der<br />

der Mieter in der Wohnung Haushaltsmaschinen nur im Rahmen der Kapazität<br />

der vorhandenen Installationen aufstellen darf, nicht […].“


Sachmangel (§ 536 I 1)<br />

26<br />

Erheblichkeit des Mangels<br />

BGH NJW-RR 2004, 1450: „Als unerheblich […] ist ein Fehler<br />

insbesondere dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit<br />

geringen Kosten beseitigt werden kann, so dass die Geltendmachung einer<br />

Minderung gegen Treu und Glauben verstieße.“<br />

unerheblich sind bspw.:<br />

• Kurzfristiger Ausfall der Heizung<br />

• 24 Ameisen pro Kalenderhalbjahr


Sachmangel (§ 536 I 1)<br />

27<br />

BGH NJW 2004, 1947 [Wohnfläche]: „Weist eine gemietete Wohnung<br />

eine Wohnfläche auf, die mehr als 10 % unter der im Mietvertrag<br />

angegebenen Fläche liegt, stellt dieser Umstand grundsätzlich einen Mangel<br />

der Mietsache i.S. des § 536 Absatz I Satz 1 BGB dar, der den Mieter zur<br />

Minderung der Miete berechtigt. Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters,<br />

dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit der Wohnung zum<br />

vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, bedarf es nicht.“<br />

Beachte auch: BGH, Urt. v. 10. März 2010 - VIII ZR 144/09<br />

dies gilt auch, wenn die Wohnfläche mit einer „ca.“-Angabe versehen ist


Sachmangel (§ 536 I 1)<br />

28<br />

Sachmangel<br />

Beschaffenheitsmängel<br />

Umweltmängel<br />

Öffentlich-rechtliche<br />

Beschränkungen


Sachmangel (§ 536 I 1)<br />

29<br />

Beschaffenheitsmängel<br />

• Feuchtigkeitsschäden, insbes. Schimmel<br />

• Wohnfläche<br />

• abgefahrene Reifen bei einem Mietwagen<br />

Umweltmängel<br />

• Luftverschmutzung und Strahlung<br />

• Lärm<br />

öffentlich-rechtliche Beschränkungen<br />

• Inaussichtstellen des Abbruchs<br />

• Untersagung des gewerblichen Betriebs


Fehlen/Wegfall zugesicherter Eigenschaft (§ 536 II)<br />

30<br />

wird als Sachmangel behandelt<br />

Mangel auch bei unerheblicher Beeinträchtigung der<br />

Tauglichkeit<br />

Zusicherung i.d.R. nur, wenn der Vermieter dem Mieter ggü.<br />

zu erkennen gibt, dass er für Bestand der betreffenden<br />

Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will<br />

• bloße Beschreibung der Mietsache im Allgemeinen keine Zusicherung<br />

Bedeutung nahezu ausschließlich bei Mieten über<br />

Gewerberaum<br />

• z.B. Tragfähigkeit von Zwischendecken, Ausstattung mit Anschlüssen


<strong>Recht</strong>smangel (§ 536 III)<br />

31<br />

Beispiel [Doppelvermietung]: Gerd Geldbrauchich (G)<br />

vermietet am 14.05.2011 an Paul Planeimmeralles (P) eine<br />

Wohnung, der Einzug wird auf den 01.06. festgesetzt. Einen Tag<br />

später schließt G mit Stefan Schnellmussmansein (S) einen<br />

weiteren Mietvertrag, dieser zieht noch am gleichen Tage ein. Als<br />

P wie vereinbart am 01.06. mit seinem kompletten Hausrat vor<br />

der Tür seines neuen Domizils steht und feststellen muss, dass der<br />

S sich dort breitgemacht hat, ist er empört.


II. 1.<br />

<strong>Recht</strong>e des Mieters bei Mängeln


<strong>Recht</strong>e des Mieters bei Mängeln<br />

33<br />

Erfüllung<br />

Gewährleistung<br />

Beseitigung des<br />

Mangels (§ 535 I 2)<br />

und Einrede des<br />

nichterfüllten Vertrages<br />

(§ 320)<br />

Minderung der Miete<br />

(§ 536 I)<br />

Schadensersatz<br />

(§ 536a I)<br />

Aufwendungsersatz<br />

(§ 536a II)<br />

Kündigung<br />

(§ 543 II 1 Nr. 1)


34<br />

Mietminderung


Mietminderung<br />

35<br />

§ 536<br />

Miete wird kraft Gesetzes gemindert, dadurch soll das<br />

Äquivalenzverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen<br />

der Mietvertragsparteien geschützt werden.<br />

§ 536 I 1<br />

Erklärt sich von selbst!


Mietminderung<br />

36<br />

§ 536 I 2<br />

BGH, Urt. v. 6. 4. 2005 - XII ZR 225/03:<br />

„Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB ist<br />

die Bruttomiete (Mietzins einschließlich aller Nebenkosten).<br />

Dabei ist unerheblich, ob die Nebenkosten als Pauschale<br />

oder Vorauszahlung geschuldet werden.“<br />

§ 536 I 3<br />

Bsp.: Eine defekte Küchenunterschranktür ist kein Mietminderungsgrund


37<br />

Fall Nr. 1 [Glasscheibe]


Mietminderung<br />

38<br />

Mark Meckertimmer (M) mietet im Haus des Volker<br />

Vermietetgern (V) eine Wohnung. Am 15. November<br />

fliegt ein Ball in das große Wohnzimmerfenster der<br />

Wohnung, weil der böse Bengel vom Nachbarn (B),<br />

unachtsam war. Der Ball zerstört die Glasscheibe. Weil es<br />

draußen sehr kalt ist, kann M die Wohnung für 3 Tage nicht<br />

nutzen.<br />

Abwandlung: M hat die Scheibe beim Putzen versehentlich<br />

selber zerstört, da sonst eigentlich immer seine Frau für ihn<br />

die Fenster putzt (auch hier wurde die Miete bereits im<br />

Voraus gezahlt).


Mietminderung<br />

39<br />

Frage: Hat M Anspruch auf Mietminderung?<br />

Merke: § 536 I 1 ist KEINE Anspruchsgrundlage!<br />

Frage: Kann V trotzdem Bezahlung der Miete<br />

verlangen?


Mietminderung<br />

40<br />

A. Anspruch V gegen M auf Zahlung der Miete gem. § 535 II<br />

I. Anspruch entstanden<br />

II. Anspruch nicht (teilweise) erloschen gem. § 536 I 1, 2<br />

1. Mangel der Mietsache<br />

Einschränkung der Tauglichkeit zum vertragsmäßigen Gebrauch<br />

2. während Mietzeit<br />

hier: § 536 I Alt. 2<br />

3. Erheblichkeit<br />

darf nicht leicht erkennbar und schnell mit geringen Mitteln zu<br />

j beseitigen sein


Mietminderung<br />

41<br />

A. Anspruch V gegen M auf Zahlung der Miete gem. § 535 II<br />

III. Ergebnis<br />

Der Anspruch des V gegen M auf Zahlung der Miete ist gem.<br />

H § 536 I 1, 2 teilweise erloschen, M braucht nur eine geminderte<br />

Miete bezahlen.


Mietminderung<br />

42<br />

Frage: Wie lautet die Anspruchsgrundlage, wenn<br />

M die Miete bereits im Voraus gezahlt hat?<br />

§ 812 I S.2 Var. 1!<br />

(Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung)<br />

Prüfung der Minderungsvorrausetzungen erfolgt dann unter<br />

dem Prüfungspunkt „ohne <strong>Recht</strong>sgrund“


Mietminderung<br />

43<br />

Abwandlung: Kann hier der M seine bereits gezahlte Miete<br />

wegen Minderung teilweise zurückverlangen?<br />

JA! (Auf ein Verschulden kommt es hier ja auf keiner der beiden Seiten an,<br />

lediglich das Vorliegen eines Mangels ist entscheidend!)<br />

Aber: V kann hier im Gegenzug Schadensersatz neben der Leistung gemäß<br />

280 I verlangen, da es sich bei der Zerstörung der Fensterscheibe nicht<br />

um eine Abnutzung durch vertragsgemäßen Verbrauch gem. § 538<br />

handelt (welche ja dann nicht vom M zu vertreten wäre).<br />

Lex specialis der §§ 535ff. greift hier nicht!<br />

Ergebnis: Gemäß § 242 kann hier M nicht fordern, was er sofort wieder<br />

zurückgeben müsste (sog. dolo-agit-Einwand).


44<br />

Schadensersatz


Schadensersatz<br />

45<br />

Schadensersatz<br />

(§ 536 a I)<br />

Mangel bei<br />

Vertragsschluss<br />

Mangel nach<br />

Vertragsschluss<br />

§ 536 a I Alt. 1<br />

§ 536 a I Alt. 2 § 536 a I Alt. 3


Schadensersatz<br />

46<br />

Der Schadensersatzanspruch besteht neben dem<br />

<strong>Recht</strong> aus § 536 I 1, 2 (Minderung)!<br />

Zu § 536 a I Alt. 1:<br />

Der Sach- oder <strong>Recht</strong>smangel besteht schon bei<br />

Vertragsschluss<br />

Das gilt selbst dann, wenn die Mietsache noch nicht<br />

überlassen worden ist (BGH NJW 1985, 1025).<br />

Umfasst der Schadensersatzanspruch nach § 536a I<br />

auch Mangelfolgeschäden?


47<br />

Fall Nr.2 [ansteckende Krankheit]


Mangelfolgeschaden<br />

48<br />

Veronika Video (V) ist Inhaber einer Videothek. Frank<br />

Filmliebhaber (F) „leiht“ dort am 06.12. gegen eine Gebühr<br />

von 1,50 € pro Tag eine DVD „Der Virus“.<br />

Unglücklicherweise hatte der Vornutzer der DVD eine<br />

ansteckende Krankheit, die sich über die Hülle der DVD auf<br />

F überträgt. V konnte dies nicht erkennen. F erkrankt, ihm<br />

entstehen Arztkosten und Verdienstausfall in Höhe von<br />

insgesamt 1000 €.<br />

Frage: Kann F die 1000 € von V verlangen?


Mangelfolgeschaden<br />

49<br />

A. Anspruch F gegen V auf Schadensersatz in Höhe von 1000 € gemäß<br />

§ 536a I Var. 1.<br />

I. Anspruch entstanden<br />

1. Mietvertrag<br />

2. Mangel der Mietsache<br />

3. während Mietzeit<br />

hier: bei Übergabe vorhanden, § 536a I Var. 1<br />

4. Verschulden des Vermieters<br />

a) Erforderlichkeit<br />

laut Normtext nur bei § 536 I Var. 2, also nur bei Mängeln, die<br />

erst nach Übergabe auftreten<br />

„strenge Haftung“ des § 536a


Mangelfolgeschaden<br />

50<br />

A. Anspruch F gegen V auf Schadensersatz in Höhe von 1000 € gem. §<br />

536a I Var. 1.<br />

4. Verschulden des Vermieters<br />

a) Erforderlichkeit<br />

II. Ergebnis<br />

eigentlich nicht!<br />

Ausnahme mangels Sorgfaltspflichtverletzung des V?<br />

Strittig! V hätte hier auch bei äußerster Sorgfalt den Mangel<br />

nicht erkennen können!<br />

Aber: Mietrechtsreform ließ die strenge Haftung des<br />

Vermieters unangetastet, stellte Mieterschutz in Vordergrund!<br />

Somit: keine Entscheidung gegen Wortlaut des §536a I möglich


51<br />

Aufwendungsersatz


Aufwendungsersatz (§ 536a II)<br />

52<br />

OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss v. 29.07.2010 - I-24 U 20/10: „Nach der<br />

Wertung und dem Zweck des § 536a Abs. 2 BGB soll grundsätzlich dem Vermieter<br />

der Vorrang bei der Beseitigung eines Mangels zukommen […].<br />

Dieser Vorrang dient seinem Schutz, weil er dadurch die Minderung der Miete nach<br />

§ 536 BGB oder auch Schadenersatzansprüche des Mieters nach § 536a Abs. 1<br />

BGB abwenden kann. Den Interessen des Mieters wird dagegen dadurch Rechnung<br />

getragen, dass er entweder bei Verzug des Vermieters oder bei notwendigem<br />

umgehenden Beseitigungsbedürfnis zur Selbsthilfe schreiten und seine dafür<br />

erforderlichen Aufwendungen von seinem Vermieter ersetzt verlangen kann.<br />

Dem Vermieter ist allerdings vorrangig die Möglichkeit einzuräumen, den Mangel<br />

selbst zu beseitigen. Außerdem soll es ihm - ohne vom Mieter vor vollendete<br />

Tatsachen gestellt zu werden - vorrangig ermöglicht werden, die Mietsache darauf<br />

zu überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht, auf welcher Ursache er beruht<br />

sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann, und hierzu<br />

gegebenenfalls Beweise zu sichern.“


Aufwendungsersatz (§ 536a II)<br />

53<br />

Aufwendungsersatz<br />

(§ 536 a II)<br />

§ 536 a II Nr. 1 § 536 a II Nr. 2


54<br />

Kündigung


Kündigung<br />

55<br />

§§ 543 I, III<br />

Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund<br />

Ausnahme: angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels<br />

und verstreichen lassen durch den Vermieter<br />

(§ 543 III)<br />

• Beispiel:Wenn die Benutzung der Wohnung infolge eines<br />

Sachmangels mit einer erheblichen Gesundheitsgefährdung<br />

einhergeht (§§ 543 I, III 2 Nr. 2, 569 I 1)


56<br />

Gewährleistungsausschluss


Gewährleistungsausschluss<br />

57<br />

Gewährleistungsausschluss<br />

kraft<br />

Vereinbarung<br />

kraft<br />

Gesetzes<br />

§ 536 d<br />

§ 536 b § 536 c


Gewährleistungsausschluss<br />

58<br />

kraft Vereinbarung (§ 536 d)<br />

Auf eine Vereinbarung, durch die die <strong>Recht</strong>e des<br />

Mieters wegen eines Mangels der Mietsache<br />

ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich<br />

der Vermieter nicht berufen, wenn er den Mangel<br />

arglistig verschwiegen hat.


Gewährleistungsausschluss<br />

59<br />

kraft Gesetzes<br />

§ 536 b<br />

• Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Mieters bei<br />

Mängeln, die bei Vertragsschluss bestanden.<br />

§ 536 c<br />

• Versäumte Mängelanzeige bei nachträglich auftretendem<br />

Mangel.


II.<br />

2. Verletzung der Mieterpflichten


Verletzung der Mieterpflichten<br />

61<br />

Verletzung der Zahlungspflicht<br />

Keine Befreiung bei pers. Hinderungsgrund (§ 537 I 1)<br />

Kündigungsrecht des Vermieters (§ 543 I, II 1 Nr. 3)<br />

Überschreitung des Gebrauchs<br />

Schadensersatzanspruch des Vermieters (§ 280)<br />

Unterlassungsanspruch des Vermieters (§ 541)<br />

Kündigungsrecht des Vermieters (§ 543 I, II 1 Nr. 2)<br />

Verletzung der Rückgabepflicht (§§ 546 a I, 571 I)


III.<br />

Beendigung des Mietverhältnisses


Möglichkeiten der Beendigung<br />

63<br />

Beendigung des Mietverhältnisses<br />

Nach Zeitablauf<br />

(§ 542 II BGB)<br />

Kündigung<br />

Aufhebungsvertrag<br />

ordentlich<br />

(§§ 542 I, 573, 573a BGB)<br />

außerordentlich<br />

fristgemäß<br />

(§§ 554 III 2, 561, 563 IV, 564 BGB)<br />

fristlos<br />

(§§ 543 I, 569 BGB)


III.<br />

1. Zeitablauf


Zeitablauf<br />

65<br />

Regelung: § 542 Abs. 2 BGB<br />

„Mietverhältnis auf bestimmte Zeit“<br />

Endet nach Ablauf einer bestimmten Zeit<br />

Ausnahmen: - außerordentliche Kündigung (§ 542 II Nr. 1)<br />

- Verlängerung (§ 542 II Nr. 2)<br />

- Stillschweigende Verlängerung (§ 545 BGB)


III.<br />

2. Kündigung


67<br />

Begriff und Funktion


Begriff und Funktion<br />

68<br />

Gestaltungsrecht<br />

dient der Beendigung von Dauerschuldverhältnissen<br />

Wirkung: ex nunc!<br />

Erlöschen bestehender Erfüllungsansprüche<br />

keine Rückabwicklung des Vertrages<br />

bedingungsfeindlich und widerrufsfeindlich<br />

Prüfungsschema:1. Kündigungsgrund<br />

2. Kündigungserklärung<br />

3. Kein Ausschluss / Fristen


69<br />

Kündigungsgrund


Kündigungsgrund<br />

70<br />

Kündigungsgründe<br />

Pflichtverletzung<br />

Parallelität zum<br />

Leistungsstörungsrecht<br />

(§§ 543 II, 569 BGB)<br />

Änderung der Verhältnisse<br />

(§§ 543 I, 573 II Nr. 2 BGB)


Kündigung<br />

71<br />

Ordentliche (§ 542 BGB)<br />

Außerordentliche (§ 543 BGB)<br />

<br />

<br />

<br />

„Normalfall“<br />

grds. keine Begründung<br />

erforderlich<br />

Ausnahme:<br />

Wohnungsmietverhältnis<br />

(§§ 573 ff)<br />

<br />

<br />

<br />

setzt einen wichtigen Grund<br />

voraus<br />

kann den Vereinbarungen<br />

widersprechen<br />

außerordentlich heißt nicht<br />

immer fristlos! (§ 561 BGB)<br />

<br />

eine Frist ist notwendig


Kündigung<br />

72<br />

BGH, Urt. v. 14.07.2010 - VIII ZR 267/09: „Ein Vermieter, dessen<br />

außerordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen<br />

Zahlungsverzugs des Mieters deswegen unwirksam geworden ist, weil er<br />

hinsichtlich der Mietrückstände und der fälligen Entschädigung (§ 546a BGB)<br />

binnen zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage von einer öffentlichen<br />

Stelle befriedigt worden ist, kann eine erneute Kündigung des Mietverhältnisses<br />

regelmäßig nicht darauf stützen, dass der zahlungsunfähige Mieter nicht auch<br />

die im erledigt erklärten Räumungsprozess angefallenen Verfahrenskosten<br />

ausgeglichen hat.“<br />

BGH NJW 2007, 2177: „Auch die außerordentliche fristlose Kündigung eines<br />

Mietverhältnisses über Wohnraum wegen erheblicher Gesundheitsgefährdung<br />

nach § 543 Abs. 1, § 569 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich erst zulässig, wenn der<br />

Mieter dem Vermieter zuvor gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB eine<br />

angemessene Abhilfefrist gesetzt hatte.“


73<br />

Fall Nr.3 [Lagerplatz]


Ordentliche Kündigung<br />

74<br />

Fabrikant Rudi Reifenbauer (R) mietet von Udo<br />

Unentschlossen (U) mündlich ein unbebautes Grundstück<br />

als Lagerplatz auf unbestimmte Zeit mit einer<br />

Kündigungsfrist von zwei Jahren. Nach neun Monaten<br />

kündigt U zum Ablauf des ersten Mietjahres.<br />

Muss R am Ende des Jahres ausziehen?


Ordentliche Kündigung<br />

75<br />

A. R gegen U auf Gebrauchsüberlassung für 2 (weitere) Jahre<br />

gem. § 535 I 1<br />

I. Anspruch entstanden<br />

II. Anspruch nicht erloschen<br />

1. Durch ordentliche Kündigung § 542 I<br />

a) Kündigungserklärung<br />

Formvorschrift? Nein, nur bei Wohnraumkündigung ( § 568 I)<br />

b) Kündigungsfrist<br />

aa) Parteivereinbarung<br />

2 Jahre<br />

bb) Wirksamkeit


Ordentliche Kündigung<br />

76<br />

A. R gegen U auf Gebrauchsüberlassung für 2 (weitere) Jahre<br />

gem. § 535 I 1<br />

bb) Wirksamkeit (-)<br />

gem. § 578 Unwirksamkeit der Kündigungsabreden bei<br />

Formmangel des Mietvertrages!<br />

cc) Gesetzliche Frist<br />

gem. 580a I Nr. 3 drei Monate<br />

2. Zwischenergebnis<br />

III. Ergebnis<br />

U konnte mangels Schriftform des Mietvertrages drei Monate vor<br />

Jahresschluss wirksam kündigen. Rs Anspruch auf Gebrauchsüberlassung des<br />

Grundstücks für 2 weitere Jahre ist somit erloschen.


Kündigungserklärung<br />

77<br />

grundsätzlich formfrei<br />

Ausnahmen:<br />

§ 568 (Wohnraummiete)<br />

Vereinbarungen


Kündigungsfrist<br />

78<br />

<br />

<br />

variiert je nach<br />

Mietverhältnis<br />

Vertragsdauer<br />

Partei<br />

Art der Kündigung<br />

<br />

Beispiel:<br />

Wohnmietvertrag: grds. 3 Monate


79<br />

Konkurrierende <strong>Recht</strong>sinstitute


Konkurrierende <strong>Recht</strong>sinstitute<br />

80<br />

Kündigung und Schadensersatz<br />

grds. möglich (§ 314 IV)<br />

Kündigung und Rücktritt<br />

gegenteilige <strong>Recht</strong>sbehelfe<br />

Kündigung und Widerruf<br />

Nachdem die Kündigung den Kündigungsgegner erreicht hat<br />

ist diese grundsätzlich ausgeschlossen! (Gestaltungswirkung)


Konkurrierende <strong>Recht</strong>sinstitute<br />

81<br />

Kündigung und Anfechtung<br />

umstritten!<br />

Kündigung und Anfechtung?<br />

Nein!<br />

Kündigungsvorschriften<br />

als lex specialis<br />

Ja,<br />

mit der<br />

Einschränkung:<br />

Anfechtung wirkt<br />

ex nunc<br />

Ja, in vollem<br />

Umfang!<br />

Anfechtung wirkt<br />

ex tunc<br />

(BGH)


Kündigung und Anfechtung<br />

82<br />

<br />

BGH, Urt. v. 06.08.2008 - XII ZR 67/06: „Während die Anfechtung nach<br />

§ 123 Abs. 1 BGB die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit schützt und<br />

deren Beeinträchtigung durch rückwirkende Vernichtung der Erklärung<br />

beseitigt, ist Gegenstand der Gewährleistungsrechte und der<br />

außerordentlichen Kündigung eine aktuelle Leistungsstörung, der durch<br />

Minderung und Schadensersatz bzw. durch Beendigung des Vertrages<br />

Rechnung getragen wird. […] Die gleichen Schwierigkeiten<br />

(Rückabwicklung) bestehen bei Mietverträgen, die gemäß § 105 BGB oder<br />

§§ 134, 138 BGB nichtig sind, ohne dass dort an einer<br />

bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsmöglichkeit gezweifelt wird. […]<br />

Denn durch die Gewährleistungsvorschriften vor allem der §§ 434 ff. BGB<br />

beim Kauf wird nur die Irrtumsanfechtung (§ 119 Abs. 2 BGB), nicht aber<br />

die Anfechtung nach § 123 BGB ausgeschlossen.“


83<br />

Wohnmietverhältnisse<br />

Die wichtigsten Besonderheiten


Besonderheiten bei Wohnmietraum<br />

84<br />

<br />

Mieterschutz<br />

Kauf bricht nicht Miete (§ 566)<br />

Begründung bei der ordentlichen Kündigung (§ 573 III 1)<br />

Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung (§ 574)<br />

Zeitmietvertrag nur unter den Voraussetzungen des § 575 Abs. 1<br />

zulässig<br />

Teilweise lange Kündigungsfristen (§ 573c)<br />

Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577

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