Rund um die Jugendhilfe - Landschaftsverband Rheinland
Rund um die Jugendhilfe - Landschaftsverband Rheinland
Rund um die Jugendhilfe - Landschaftsverband Rheinland
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jhr_rund <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
Offene Ganztagsschule (OGATA)<br />
Beratungs- und Informationsangebot der<br />
Landesjugendämter <strong>Rheinland</strong> und Westfalen-Lippe<br />
Mit Erlass vom 12.02.2003 hat das<br />
Ministeri<strong>um</strong> für Schule, Jugend und<br />
Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
(kurz: MSJK NRW) den Einstieg in<br />
<strong>die</strong> Offene Ganztagsschule im Primarbereich<br />
eingeleitet. In der Offenen<br />
Ganztagsgrundschule sollen Unterricht<br />
und <strong>die</strong>sen ergänzende Angebote zu<br />
einem Gesamtkonzept von Bildung, Erziehung,<br />
Förderung und Betreuung<br />
zusammen wachsen.<br />
Die Offene Ganztagsschule ist somit<br />
weit mehr als Unterricht; Lehrkräfte<br />
und Fachkräfte der außerschulischen<br />
Partner aus insbesondere <strong>Jugendhilfe</strong>,<br />
Sportvereinen und Organisationen der<br />
Kultur sollen den Lern- und Lebensra<strong>um</strong><br />
Schule gemeinsam gestalten. Wir<br />
berichteten ausführlich in der Ausgabe<br />
1/2003.<br />
Die Umsetzung der Offenen Ganztagsschulen<br />
in NRW ist ein gemeinsames<br />
Unternehmen von <strong>Jugendhilfe</strong><br />
und Schule. Auf Landesebene wurde<br />
deshalb eine Beratergruppe ins<br />
Leben gerufen, mit Vertreter/Innen<br />
– des MSJK NRW,<br />
– der Schulabteilungen der Bezirksregierungen,<br />
– des Landesinstituts für Schule und<br />
Weiterbildung in Soest<br />
– und der Landesjugendämter.<br />
Aufgabe ist <strong>die</strong> Beratung und Begleitung<br />
von Kommunen und Trägern<br />
bei der Antragstellung und Errichtung<br />
von Offenen Ganztagsgrundschulen.<br />
Ansprechpartner im Landesjugendamt<br />
<strong>Rheinland</strong> sind:<br />
Alexander Mavroudis (Tel.: 0221/809-<br />
6230, E-Mail: a.mavroudis@lvr.de) und,<br />
in Vertretung, Hans Peter Schaefer<br />
Telefon 0221/809-6234, E-Mail:<br />
hp.schaefer@lvr.de).<br />
Laufende Informationen über Entwicklungen<br />
zur Offenen Ganztagsgrundschule<br />
veröffentlicht das MSJK NRW im<br />
Internet unter<br />
www.bildungsportal.nrw.de.<br />
Landesjugendamt vor Ort<br />
Das Landesjugendamt <strong>Rheinland</strong><br />
verstärkt seinen Informationsservice,<br />
indem Vorträge und Präsentationen<br />
über aktuelle Themen für<br />
örtliche Rats- oder Ausschusssitzungen<br />
angeboten werden. Meistens<br />
kommt dabei das Medi<strong>um</strong> „Power-<br />
Point“ z<strong>um</strong> Einsatz, womit auch trockene<br />
Sachverhalte interessant dargestellt<br />
werden können und <strong>die</strong><br />
Geduld der Zuhörer nicht über<br />
Gebühr strapaziert wird.<br />
Themen wie Shell-Stu<strong>die</strong>, PISA,<br />
Freiheitsentziehende Maßnahmen,<br />
Jugendkriminalität, Partizipation im<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>ausschuss, Einigungsstelle<br />
zwischen Psychiatrie und <strong>Jugendhilfe</strong><br />
oder eben auch Offene<br />
Ganztagsschule stehen auch als<br />
Dateien zur Verfügung und können<br />
entweder für Druckexemplare<br />
oder als Internetangebot<br />
genutzt werden. Die Referententätigkeit<br />
des Landesjugendamtes<br />
ist für Träger der <strong>Jugendhilfe</strong> im<br />
<strong>Rheinland</strong> selbstverständlich kostenlos.<br />
Die Liste der Vortragsthemen<br />
wird ständig erweitert und<br />
aktualisiert. Wenn Sie uns „buchen“<br />
wollen – für „OGaTa“ oder<br />
andere heiße Eisen – rufen Sie uns<br />
an: 0221/ 809-6217.<br />
Pro-Hort-Kampagne<br />
Der Caritasverband des Erzbist<strong>um</strong>s<br />
Köln hat eine „Pro-Hort-Kampagne“<br />
ins Leben gerufen. Die Gewerkschaft<br />
ver.di Bezirk Köln, das Amt für Diakonie<br />
des Ev. Stadtkirchenverbandes<br />
Köln, der Diözesanverband Kath. Elternschaft,<br />
der Landesverband der Erzieherinnen<br />
im ZKD, das Bist<strong>um</strong> Essen<br />
und <strong>die</strong> Waldorf-Kindergärten NRW<br />
haben sich <strong>die</strong>ser Kampagne angeschlossen.<br />
Ziel ist es, dass <strong>die</strong> bestehenden Angebote<br />
der <strong>Jugendhilfe</strong> auch über das<br />
Jahr 2007 hinaus gefördert werden<br />
und ein differenziertes und qualifiziertes<br />
Angebot in der Schulkindbetreuung<br />
erhalten bleibt.<br />
www.pro-hort.de<br />
2/03 21
und <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>_jhr<br />
Alltagskultur junger Menschen im <strong>Rheinland</strong><br />
Interview mit dem Leiter des Amtes für rheinische Landeskunde (ARL)<br />
im <strong>Landschaftsverband</strong> <strong>Rheinland</strong>, Herrn Dr. Fritz Langensiepen<br />
JHR: Herr Dr. Langensiepen, Sie sind als<br />
Leiter des ARL insbesondere daran interessiert,<br />
<strong>die</strong> junge Generation im <strong>Rheinland</strong><br />
mit den Angeboten Ihres Amtes zu<br />
erreichen. Was leistet das ARL für junge<br />
Menschen im <strong>Rheinland</strong>, welche Bereiche<br />
sollen stärker ausgebaut werden?<br />
Langensiepen: Lassen Sie mich<br />
zunächst etwas Grundsätzliches zur<br />
Arbeit des Amtes für rheinische Landeskunde<br />
sagen, das sich als Serviceund<br />
Kompetenzzentr<strong>um</strong> für <strong>die</strong> regionale<br />
Alltagskultur im <strong>Rheinland</strong> versteht.<br />
Unsere vielfältigen Aktivitäten<br />
können wir unter ein Motto stellen:<br />
der Region Profil geben, also das Profil<br />
der Region heraus arbeiten und bewusst<br />
machen. Genau das ist unser<br />
Ziel. Aber was prägt das Profil unserer<br />
Region? Das ist vor allem der Alltag.<br />
Der Alltag ist das, was wir Tag<br />
für Tag leben und erleben, wie wir<br />
sprechen, essen, arbeiten, feiern, wie<br />
wir miteinander kommunizieren.<br />
Es geht uns also <strong>um</strong> zwei Größen,<br />
<strong>um</strong> <strong>die</strong> Alltagskultur und <strong>um</strong> <strong>die</strong> Region.<br />
Wir wissen, wie sehr <strong>die</strong> junge<br />
Generation das Profil der Region mit<br />
trägt. Junge Menschen haben einen<br />
engen Bezug zu ihrer Region und zu<br />
ihrem Alltag. Wenn wir also den Alltag<br />
im <strong>Rheinland</strong> richtig verstehen<br />
wollen, dann müssen wir uns auch der<br />
Frage widmen, wie junge Menschen<br />
mit ihrem Alltag <strong>um</strong>gehen. Daraus ergibt<br />
sich einmal der Auftrag, den Alltag<br />
junger Menschen zu untersuchen<br />
und zu dok<strong>um</strong>entieren. Daraus ergibt<br />
sich aber auch der Auftrag, jungen<br />
Menschen Service zu bieten, wie sie<br />
ihre Region verstehen können und ihren<br />
Alltag gestalten können. Konkret<br />
festmachen können wir das an einzelnen<br />
Bräuchen der jungen Menschen<br />
und da an einzelnen Events. Das müssen<br />
keineswegs <strong>die</strong> alten traditionellen<br />
Bräuche sein, wie sie etwa von<br />
Junggesellenvereinen gepflegt werden,<br />
<strong>die</strong> alten Maibräuche, Mailehenversteigerung<br />
o. Ä. Ich denke vielmehr an<br />
aktuelle Entwicklungen und Trends, <strong>die</strong><br />
einen erstaunlichen Einfluss auf unsere<br />
Alltagskultur haben. Nehmen Sie z.B.<br />
Halloween, ein Fest, das seine rasante<br />
Entwicklung genommen hat, oder nehmen<br />
Sie z.B. <strong>die</strong> Abiturbräuche, <strong>die</strong><br />
sog. Abi-Gags. Das sind schon prägende<br />
Elemente unseres Alltags. Ein solcher<br />
Brauch berührt viele Menschen.<br />
In <strong>die</strong>sem Jahr machen 30.000 junge<br />
Leute hier bei uns im <strong>Rheinland</strong> ihr<br />
Abitur. Aber nicht nur sie berührt der<br />
Abiturbrauch. Es sind ja auch ihre Familien,<br />
Lehrer, Freunde, <strong>die</strong> alle daran<br />
Anteil haben. Wir haben es also nicht<br />
mit einem Nischen-Phänomen zu tun,<br />
sondern mit einem Phänomen, das<br />
sehr deutlich unseren Alltag prägt. Ich<br />
möchte noch einmal betonen: Träger<br />
<strong>die</strong>ses Geschehens sind junge Menschen.<br />
Sie machen und gestalten <strong>die</strong>sen<br />
Brauch, und sie prägen damit ein<br />
stückweit <strong>die</strong> Alltagskultur der Region.<br />
Uns geht es nicht nur dar<strong>um</strong>, <strong>die</strong>sen<br />
Brauch z.B. zu dok<strong>um</strong>entieren und<br />
empirisch zu untersuchen, sondern es<br />
ist unser Ziel, hier gezielt Service für<br />
<strong>die</strong> jungen Menschen zu bieten, <strong>die</strong>sen<br />
jungen Menschen ein For<strong>um</strong> zu<br />
bieten, in dem sie in einen Dialog treten<br />
können, untereinander und mit<br />
uns. Wir haben viel in eine Internet-<br />
Site z<strong>um</strong> Thema Abi-Action investiert<br />
und es ist bemerkenswert, wie <strong>die</strong>se<br />
Site von den jungen Leuten genutzt<br />
Maiba<strong>um</strong> setzen: Beliebt wie immer!<br />
und angenommen wird. Ähnliches haben<br />
wir auch bei Halloween erlebt.<br />
Wir können also einerseits feststellen:<br />
Junge Menschen gestalten aktiv<br />
<strong>die</strong> Alltagskultur im <strong>Rheinland</strong> mit und<br />
sie tragen sehr zur Weiterentwicklung,<br />
zur Erneuerung der Alltagskultur bei.<br />
Andererseits kann sich <strong>die</strong> Mehrheit<br />
der jungen Menschen sehr wohl mit<br />
der Region und mit der Alltagskultur<br />
der Region identifizieren. Und <strong>die</strong>s<br />
halte ich auch für wichtig in einer Welt,<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>fachkräfte sind<br />
Multiplikatoren<br />
<strong>die</strong> durch globale Einflüsse immer anonymer<br />
und unüberschaubarer wird.<br />
Hier kann der regionale Alltag auch<br />
jungen Leuten Vertrautheit und Sicherheit<br />
bieten.<br />
Wie wollen wir noch zulegen, <strong>um</strong> mehr<br />
für junge Menschen bieten zu können?<br />
1. Wir müssen unsere Trendforschung<br />
noch mehr ausbauen, <strong>um</strong> einen<br />
<strong>um</strong>so besseren Service leisten zu<br />
können und dichter an <strong>die</strong> junge<br />
Generation herankommen.<br />
2. Wir müssen unsere Kontakte und<br />
unseren Service noch stärker syste-<br />
22 2/03
jhr_rund <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
matisieren und uns noch stärker als<br />
Service-Einrichtung ins Bewusstsein<br />
der jungen Leute bringen. Ich sehe<br />
darin eine Verstärkung unserer Anstrengungen<br />
auf <strong>die</strong>sem Gebiet,<br />
dass nun eine Referentin für Jugendfachfragen<br />
im ARL arbeitet. So können<br />
viel stärker als zuvor Jugendeinrichtungen<br />
und <strong>Jugendhilfe</strong>fachkräfte<br />
im <strong>Rheinland</strong> als wichtige<br />
Multiplikatoren erreicht werden.<br />
JHR: Welche Fachdisziplinen sind im ARL<br />
vertreten? Welches Fachwissen können<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>fachkräfte aus der Region im<br />
ARL für ihre praktische Arbeit vor Ort abfragen?<br />
Langensiepen: Im Mittelpunkt unserer<br />
Aufmerksamkeit und unserer Untersuchungen<br />
steht <strong>die</strong> regionale Identität.<br />
Was sind <strong>die</strong> konkreten Faktoren<br />
und Werte, <strong>die</strong> regionale Identität bewirken?<br />
Wir können uns <strong>die</strong>ser Kernfrage<br />
unter unterschiedlichen methodischen<br />
und inhaltlichen Aspekten<br />
nähern. Die klassischen Disziplinen, <strong>die</strong><br />
im ARL vertreten sind, das sind <strong>die</strong><br />
„Was ist typisch rheinisch?“<br />
Volkskunde, <strong>die</strong> sich Fragen des alltäglichen<br />
Lebens zuwendet, Erhebungen<br />
und Filme macht. Da ist <strong>die</strong> Sprachforschung,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Entwicklung der<br />
regionalen Alltagssprachen untersucht,<br />
und da ist schließlich <strong>die</strong> Stadtgeschichte,<br />
<strong>die</strong> in dem Projekt Rheinischer<br />
Städteatlas ein sehr präzises Bild<br />
von der Stadtlandschaft im <strong>Rheinland</strong><br />
präsentiert. Hinzu kommt aber in jüngerer<br />
Zeit ganz wesentlich der Bereich<br />
der Regional-Kommunikation. Von hier<br />
aus erschließen sich <strong>die</strong> modernen Entwicklungen<br />
in der Region und hier<br />
wird vor allem <strong>die</strong> Frage beantwortet<br />
„Was ist typisch rheinisch?“. Sie sehen<br />
also: Wo es <strong>um</strong> Details der rheinischen<br />
Alltagskultur geht, oder <strong>um</strong> <strong>die</strong> rheinische<br />
Identität überhaupt, da sind<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>-Fachkräfte im Amt für rheinische<br />
Landeskunde an der richtigen<br />
Adresse. Sie können das regionale Gedächtnis<br />
des ARL nutzen, ob es sich<br />
<strong>um</strong> Detailfragen handelt, was „Fisematenten“<br />
oder „Fisternöll“ bedeutet,<br />
oder was der Rheinsalm früher für eine<br />
Rolle spielte, oder wieso der Osterhase<br />
<strong>die</strong> Eier bringen soll, oder wie es<br />
zur Gründung <strong>die</strong>ser oder jener rheinischen<br />
Stadt gekommen ist. Das sind<br />
nun einige willkürlich heraus gegriffene<br />
Beispiele, <strong>die</strong> zeigen, dass das ARL<br />
ein gewaltiges Reservoir an Wissen z<strong>um</strong><br />
<strong>Rheinland</strong> anbieten kann. Dieses Wissen<br />
zu nutzen, erschließt ganz neue<br />
Aspekte in der <strong>Jugendhilfe</strong>, <strong>die</strong> ja den<br />
Alltag der Region gar nicht ausklammern<br />
kann.<br />
JHR: Die Ergebnisse der Pisastu<strong>die</strong> haben<br />
Mängel im Schulsystem und in der <strong>Jugendhilfe</strong><br />
aufgedeckt. Wie ist Ihre Meinung<br />
dazu? Können andere Fachbereiche,<br />
u.a. <strong>die</strong> landschaftliche Kulturpflege<br />
zu Innovationen in <strong>die</strong>sen Systemen beitragen?<br />
Langensiepen: Ich bin kein Pädagoge,<br />
sondern ein Regionalforscher und<br />
kann deshalb nur aus meiner Sicht hier<br />
antworten. Aber mir fallen hier zwei<br />
Aspekte spontan ein. Das eine ist <strong>die</strong><br />
interdisziplinäre Zusammenarbeit und<br />
das andere ist das Prinzip der Nähe.<br />
Die Beachtung beider Aspekte kann<br />
ganz neue Impulse geben. Meine<br />
Erfahrung ist, dass bei der Erforschung<br />
und bei der Vermittlung von alltagskulturellen<br />
Inhalten eine interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit ganz wichtig ist.<br />
Der interdisziplinäre Ansatz ist denn<br />
auch ein besonderes Anliegen des ARL.<br />
Bei der regionalen Alltagskultur geht<br />
es <strong>um</strong> das Zusammenleben der Menschen<br />
in der Region, und das ist ein<br />
sehr komplexes und vielschichtiges<br />
Thema.<br />
Alltagsforschung hat<br />
Bildungsaspekte<br />
Wir können das Phänomen des Alltags<br />
nur adäquat erfassen und analysieren,<br />
wenn <strong>die</strong> verschiedensten Disziplinen<br />
zusammen arbeiten. Ich will<br />
ein Beispiel nennen: In unserem aktuellen<br />
Projekt Frauensprache-Männersprache,<br />
einem wichtigen Gender<br />
Mainstreaming Thema, kommen linguistische,<br />
soziologische und psychologische<br />
Methoden und Erkenntniswege<br />
zusammen. Auf <strong>die</strong>se Weise<br />
entdecken wir Fakten, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Weiterentwicklung<br />
unserer Gesellschaft<br />
von großer Bedeutung sind und auf<br />
<strong>die</strong> wir ohne <strong>die</strong>ses Zusammenspiel<br />
verschiedener Fachbereiche gar nicht<br />
kämen.<br />
Es ist klar: Wer sich mit Alltagsfragen<br />
der Region befasst, der befasst sich<br />
mit Phänomenen, <strong>die</strong> im wahrsten Sinne<br />
des Wortes nahe liegen. War<strong>um</strong> soll<br />
das im schulischen Zusammenhang<br />
nicht ein wesentliches Prinzip sein?<br />
Nahe liegt das, was <strong>die</strong> jungen Menschen<br />
in ihrem Alltag unmittelbar angeht,<br />
und hier können sie selbst aktiv<br />
werden, können selbst in Projekten<br />
mitarbeiten und dabei lernen, wie<br />
man Erkenntnisse gewinnt, wie Teamarbeit<br />
funktioniert und wie man Erkenntnisse<br />
in konkretes Handeln <strong>um</strong>setzen<br />
kann. Ich finde, einen besseren<br />
Weg zur Empirie gibt es gar nicht. Da<br />
können junge Leute selbst entdecken,<br />
wie Sprache einmal aussah, wenn sie<br />
an einem Projekt mitarbeiten „So haben<br />
unsere Großeltern gesprochen“,<br />
oder wenn sie ein Filmprojekt konzipieren<br />
und durchführen „Alte Handwerke<br />
in unserem Ort“.<br />
JHR: Welche Formen der Zusammenarbeit<br />
des ARL mit Jugend bzw. deren Vertretungen<br />
im <strong>Rheinland</strong> gibt es bisher?<br />
Langensiepen: Am Anfang stand, wie<br />
ich schon sagte, <strong>die</strong> Erkenntnis: Die<br />
junge Generation ist unmittelbar und<br />
aktiv an der rheinischen Alltagskultur<br />
beteiligt. Sie trägt z<strong>um</strong> Profil der Region<br />
kräftig bei. Um mit jungen Leuten<br />
in einen engen Austausch zu treten<br />
und junge Leute für Fragen der<br />
regionalen Alltagskultur zu interessieren,<br />
haben wir uns Themen vorgenommen,<br />
<strong>die</strong> ganz der Alltagskultur junger<br />
Leute entsprechen und darüber<br />
viel aussagen. Das waren beispielsweise<br />
Halloween oder Abi-Action oder der<br />
Umgang mit Handys oder <strong>die</strong> Esskultur<br />
junger Leute. Und über <strong>die</strong>se Themen<br />
sind wir hervorragend an <strong>die</strong> jungen<br />
Menschen heran gekommen.<br />
Dieser direkte Draht war für uns von<br />
Nutzen, aber er war auch für <strong>die</strong> jungen<br />
Leute von Nutzen.<br />
Eine Erkenntnis, <strong>die</strong> sich aus <strong>die</strong>sen<br />
Aktivitäten ergab, war, dass wir <strong>die</strong><br />
Zusammenarbeit mit der Jugend ausbauen<br />
sollten. Die Verstärkung unseres<br />
Teams <strong>um</strong> eine Referentin, <strong>die</strong> sich<br />
u.a. gezielt Jugendfragen zuwendet<br />
und hier sehr systematisch den Ausbau<br />
betreiben kann, ist ein richtiger<br />
und viel versprechender Schritt. Wir<br />
können unser Ziel, den Dialog in Richtung<br />
junge Menschen zu intensivieren,<br />
2/03 23
und <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>_jhr<br />
so noch besser erreichen. Ich nenne<br />
ein konkretes und ganz aktuelles Beispiel,<br />
das wir jetzt angehen können.<br />
In einem hochinteressanten Projekt<br />
sollen junge Menschen mit Redaktionserfahrung<br />
selbst Themen der Alltagskultur<br />
und der Region in einer Ausgabe<br />
unserer Zeitschrift VOLKSKULTUR AN<br />
RHEIN UND MAAS erarbeiten und gestalten.<br />
Auf <strong>die</strong>se Weise entsteht eine neue<br />
Perspektive, <strong>die</strong> Sicht junger Leute auf<br />
ihre Region und ihren Alltag. Und <strong>die</strong>s<br />
erlaubt für das Verständnis der Region<br />
und der regionalen Faktoren der<br />
Identifikation möglicherweise ungeahnte<br />
Aufschlüsse. Wir gewinnen<br />
möglicherweise Erkenntnisse, an <strong>die</strong><br />
wir selbst nicht denken. Wenn <strong>die</strong>ses<br />
Pilotprojekt erfolgreich läuft, dann ist<br />
es folgerichtig, weitere Vorhaben <strong>die</strong>ser<br />
Art anzupacken.<br />
JHR: Als eine wesentliche Funktion der<br />
landschaftlichen Kulturpflege gilt <strong>die</strong><br />
Identitätsstiftung. Was leistet hier das ARL,<br />
<strong>um</strong> der jungen Generation Sinnzusammenhänge<br />
in der Region aufzuzeigen,<br />
aus denen sie für sich selbst profitieren<br />
können?<br />
<strong>Rheinland</strong> ist ein Teil Europas<br />
auch <strong>die</strong> jungen Leute überzeugen<br />
können. Erlauben Sie mir in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
an einen anderen Gedanken<br />
anzuknüpfen. Die Region<br />
<strong>Rheinland</strong> besteht natürlich nicht für<br />
sich, sondern sie ist ein Teil Europas.<br />
Und deshalb ist es ein wesentliches Anliegen<br />
des ARL, Verständnis zu wecken<br />
für den Alltag der europäischen Nachbarn.<br />
Deshalb legen wir eine Zeitschrift<br />
für VOLKSKULTUR AN RHEIN UND MAAS<br />
auf – Rhein und Maas, das ist hier Programm.<br />
Zur rheinischen Identität gehört<br />
auch <strong>die</strong> Offenheit gegenüber Fremden,<br />
gegenüber Immis, und damit verbunden<br />
<strong>die</strong> Integration von Menschen<br />
verschiedener Kulturen im <strong>Rheinland</strong>.<br />
Diese Integration kann nur gelingen,<br />
wenn wir <strong>die</strong> Kultur, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Migranten<br />
mitbringen, kennen und sie als eine<br />
positive Bereicherung unserer rheinischen<br />
Kultur bewerten lernen. Dazu<br />
hat das ARL einige Projekte durchgeführt,<br />
hat Dok<strong>um</strong>entarfilme gemacht,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Kultur von Türken, Italienern,<br />
Spaniern und Griechen, <strong>die</strong> hier unsere<br />
rheinischen Mitbürger geworden<br />
sind, authentisch darstellen. Döner<br />
und Pizza beispielsweise sind feste Bestandteile<br />
der Esskultur junger Leute.<br />
Es trägt ein wenig zur Integration<br />
bei, wenn wir in unseren<br />
Untersuchungen deutlich<br />
machen können, wie <strong>die</strong><br />
Veränderungen in der Esskultur<br />
junger Leute aussehen.<br />
JHR: Welche Möglichkeiten<br />
gibt es für interessierte Leser<br />
des <strong>Jugendhilfe</strong>-Reportes,<br />
sich an dem von Ihnen<br />
angebotenen Dialog zu beteiligen,<br />
bei Projekten des<br />
ARL mitzuwirken etc.?<br />
engagieren. Weil der Alltag so bunt<br />
und so prägend ist für <strong>die</strong> jungen Leute,<br />
gibt es unzählige Anknüpfungspunkte,<br />
entweder <strong>die</strong> Dok<strong>um</strong>entationen<br />
des ARL pädagogisch zu nutzen<br />
und in <strong>Jugendhilfe</strong>-Zusammenhänge<br />
sinnvoll einzubauen oder etwa Jugendliche<br />
zur Mitarbeit bei empirischen<br />
Umfrageprojekten zu gewinnen oder<br />
auch gemeinsame Projekte zu formulieren,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> regionale Identität der<br />
jungen Generation weiter beleuchten<br />
und aufschlüsseln. Die Türen und <strong>die</strong><br />
Fenster des ARL sind jedenfalls weit<br />
geöffnet. Das ARL ist als Service-Einrichtung<br />
auf Kooperation angelegt,<br />
damit auch hier ein ergiebiger interdisziplinärer<br />
Dialog sein kann.<br />
Interview: Reinhild Brandes,<br />
Amt für rheinische Landeskunde,<br />
Endenicher Str. 133, 53115 Bonn,<br />
Tel: (0228)9834-205,<br />
E-Mail: reinhild.brandes@lvr.de<br />
Internet: www.arl.lvr.de<br />
Langensiepen: Wir wissen aus anderen<br />
Zusammenhängen: Identität ist<br />
das unterschätzte Kapital der Region.<br />
Im regionalen Flair des <strong>Rheinland</strong>es<br />
stecken Potenziale mit großer Schubkraft.<br />
Dies gilt es bewusst zu machen<br />
und auch für <strong>die</strong> jungen Leute aufzuschließen,<br />
d.h., Identitätsbeispiele und<br />
Identätsmerkmale heraus zu filtern, <strong>die</strong><br />
auch junge Leute überzeugen können.<br />
Wir arbeiten z.B. an einem Projekt<br />
unter dem Titel „Unternehmen <strong>Rheinland</strong>“,<br />
das sich der rheinischen Identität<br />
als wirtschaftlicher Ressource widmet.<br />
Es gilt nun auch bewusst zu machen,<br />
dass es viel für <strong>die</strong> Zukunft der<br />
jungen Leute bedeutet, wenn ihre Region,<br />
wenn das <strong>Rheinland</strong> im Wettbewerbskonzert<br />
europäischer Regionen<br />
mithalten oder sogar eine führende<br />
Rolle spielen kann. Und deshalb gilt<br />
es auch den jungen Leuten zu vermitteln,<br />
dass es sich lohnt in <strong>die</strong>se Ressource<br />
regionale Identität zu investieren.<br />
Dazu wird das ARL in den<br />
nächsten Jahren, so hoffe ich, ganz<br />
konkrete Beispiele aufbereiten, <strong>die</strong><br />
Langensiepen: Wie gesagt,<br />
der Alltag geht jeden an,<br />
weil jeder den Alltag lebt<br />
und erlebt. Auch junge Leute<br />
leben und erleben ihren<br />
Alltag. Deshalb ist das Zentr<strong>um</strong><br />
für regionale Alltagskultur<br />
des LVR mit seinem<br />
differenzierten regionalen<br />
Angebot ein interessanter,<br />
beinahe un<strong>um</strong>gänglicher<br />
Partner auch für <strong>die</strong>jenigen,<br />
<strong>die</strong> sich in der <strong>Jugendhilfe</strong><br />
Kommunikation ändert sich.<br />
24 2/03
Schulverweigerung im Brennpunkt<br />
der öffentlichen Debatte<br />
Ich möchte in komprimierter Form<br />
zentrale Bedingungen und Handlungsebenen<br />
und einige Erkenntnisstände<br />
z<strong>um</strong> Phänomen der Schulverweigerung<br />
vorstellen. Umfassende<br />
Daten über <strong>die</strong> Entwicklung sucht<br />
man noch vergeblich. Es gibt verstreute,<br />
regionale Erhebungen, Praxisberichte<br />
und Umfragen, <strong>die</strong> Teilaspekte<br />
beleuchten. So ist laut der<br />
Zeitung „Express“ jeder 12. Schüler<br />
in Köln als Verweigerer zu betrachten.<br />
Schulverweigerung ist zu einer gesamtgesellschaftlichen<br />
Herausforderung<br />
geworden. Es gab sie schon<br />
immer, aber sie nimmt zu.<br />
Die Bedingungen von Schulverweigerung<br />
sind meist vielfältig; selten lassen<br />
sich Verweigerungstendenzen auf<br />
einzelne Aspekte biografischer, familiärer,<br />
schulischer oder gesellschaftlicher<br />
Art reduzieren.<br />
Schulverweigerung führt in der Regel<br />
zu sinkenden Schulleistungen und<br />
häufig zu fehlenden Schulabschlüssen.<br />
Soziale Integration und kontinuierliche<br />
Teilhabe am Erwerbsleben sind hoch<br />
gefährdet.<br />
Die Folgen beharrlicher Abwesenheit<br />
von Schule sind also gravierend<br />
im Blick auf <strong>die</strong> wirtschaftliche und<br />
gesellschaftliche Stellung.<br />
Begriffe und Formen<br />
Es werden in der Fachliteratur zahlreiche<br />
Begriffsdefinitionen, <strong>die</strong> auch starke<br />
Regelverstöße in Schule und Unterricht<br />
einschließen, diskutiert. Sie<br />
reichen von Schulmüdigkeit, Schulverdrossenheit,<br />
Schulvermeidung, Schuldistanzierung,<br />
Schulflucht, Schulabsentismus,<br />
Schulschwänzen, Schulverweigerung<br />
bis hin zur Schulphobie.<br />
Gemeinsam ist allen Begriffen, dass sie<br />
Kinder und Jugendliche bezeichnen, <strong>die</strong><br />
sich der Schule entziehen und <strong>die</strong>s in<br />
unterschiedlichem Ausmaß. Mit Blick<br />
auf <strong>die</strong> Gruppe, <strong>die</strong> wiederholt und<br />
über längere Zeit dem Unterricht fern<br />
bleibt bzw. nach einiger Zeit den Unterricht<br />
überhaupt nicht mehr besucht,<br />
haben <strong>die</strong> meisten Autoren eine<br />
Differenzierung nach passiver und aktiver<br />
Schulverweigerung vorgenommen.<br />
Passive Schulverweigerer<br />
Hier werden zwei Formen mehrheitlich<br />
angeführt: Einmal Diejenigen, <strong>die</strong><br />
körperlich anwesend sind, sich aber<br />
geistig den schulischen Anforderungen<br />
entziehen. Diese Schüler verhalten sich<br />
äußerst unauffällig im Unterricht, trä<strong>um</strong>en<br />
vor sich hin und klinken sich oft<br />
aus. Weil sie insgesamt ka<strong>um</strong> verhaltensauffällig<br />
sind, wird <strong>die</strong>se Verweigerungsform<br />
von den Lehrkräften häufig<br />
nicht als solche erkannt.<br />
Darüber hinaus wird noch auf eine<br />
andere Form der passiven Verweigerung<br />
hingewiesen: Es gibt eine nicht<br />
unerhebliche Anzahl von Schülern, <strong>die</strong><br />
verdeckt dem Unterricht fernbleibt.<br />
Das Verweigern von Schule wird von<br />
<strong>die</strong>sem Teil durch Entschuldigungen,<br />
Atteste, entsprechende Schreiben der<br />
Eltern und mündliche Ausreden kaschiert.<br />
Die Dunkelziffer <strong>die</strong>ser latenten<br />
Verweigerer wird recht hoch eingeschätzt.<br />
Aktive Schulverweigerer<br />
Diese stehen im Mittelpunkt zahlreicher<br />
Untersuchungen, da hier „Messungen“<br />
einigermaßen möglich sind.<br />
Sie bringen mit ihrem Verhalten offen<br />
z<strong>um</strong> Ausdruck, dass sie nicht gewillt<br />
oder in der Lage sind, schulischen Anforderungen<br />
nachzukommen. Sie können<br />
in zwei Gruppen unterteilt werden:<br />
Die erste Gruppe sind solche Schülerinnen<br />
und Schüler, <strong>die</strong> als Verhaltensmuster<br />
für <strong>die</strong> Lösung ihrer Probleme<br />
das Fernbleiben vom Unterricht<br />
gewählt haben. Die Intensität des Fernbleibens<br />
ist dabei sehr unterschiedlich<br />
und reicht von gelegentlicher bis dauerhafter<br />
Abwesenheit.<br />
Die zweite Schülergruppe geht zwar<br />
weiterhin zur Schule, sie bringt aber<br />
ihre Ablehnung und Verweigerung offen<br />
im Unterricht z<strong>um</strong> Ausdruck und<br />
macht durch aggressives oder destruktives<br />
Verhalten gegenüber Mitschülern<br />
und Lehrkräften auf sich aufmerksam.<br />
Sie wird auch als aktionsorientierte<br />
Schulverweigerung in der Schule bezeichnet.<br />
Ab wann der Begriff Schulverweigerung<br />
verwendbar ist – ob bei 5 %<br />
jhr_rund <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
oder 10 % Abwesenheit im Schuljahr<br />
– wird wohl immer <strong>um</strong>stritten bleiben.<br />
Zahlen rund <strong>um</strong> <strong>die</strong><br />
Schulverweigerung<br />
Die Untersuchungsziele, <strong>die</strong> Herangehensweise<br />
und <strong>die</strong> Bandbreite, welches<br />
Verhalten man zahlenmäßig festmachen<br />
will sind vielfältig. Insofern<br />
können Zahlen teilweise unterschiedlich,<br />
sogar verwirrend sein. Ich<br />
beschränke mich auf einige, <strong>die</strong> in verschiedenen<br />
Quellen wiederholt genannt<br />
werden.<br />
Immer mehr Schülerinnen und Schüler<br />
weigern sich, regelmäßig zur Schule<br />
zu gehen. Schätzungen bzw. Hochrechnungen<br />
sprechen von ca.<br />
– 300.000 bundesweit, Tendenz steigend.<br />
Andere Schätzungen nennen<br />
bis zu 500.000.<br />
– 80.000-100.000 SchülerInnen, rund<br />
9-10 % eines Altersjahrgangs –<br />
ebenfalls mit steigender Tendenz,<br />
verlassen <strong>die</strong> Schulen jährlich ohne<br />
Abschluss, der weitaus größte Teil<br />
aus Hauptschulen und Sonderschulen,<br />
darunter etwa ein drittel Mädchen.<br />
Weniger als <strong>die</strong> Hälfte der Gesamtgruppe<br />
holt den Abschluss außerschulisch<br />
nach und weniger als 20 %<br />
der abschlusslosen SchulabgängerInnen<br />
erhält einen Ausbildungsvertrag.<br />
Regionale, teilweise länger zurückliegende<br />
Befragungen (Brandenburg<br />
1993) ergaben, dass:<br />
– Knapp 8 % der Befragten Schule als<br />
nutzlos erlebten und nach Wegen<br />
suchten, ihr zu entrinnen. Experten<br />
sind sich einig, dass <strong>die</strong>se Zahlen<br />
bundesweit übertragbar sind und<br />
ein dramatisches schulisches Sinn-,<br />
Akzeptanz- und Integrationsdilemma<br />
bei einer bedeutsamen Minderheit<br />
verdeutlichen. Dass das Verweigerungsverhalten<br />
bei den<br />
Vollzeit-Schulpflichtigen sich hauptsächlich<br />
in der achten und neunten<br />
Jahrgangsstufe manifestiert und <strong>die</strong><br />
Mehrzahl der akut Ausstiegsgefährdeten<br />
zwischen 14-16 Jahre ist, gilt<br />
als gesichert.<br />
2/03 25
und <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>_jhr<br />
– Bis zu 2 % der SchülerInnen können<br />
als RegelverweigereInnen eingeschätzt<br />
werden.<br />
– Ebenfalls ca. 2 % gelten als erhebliche<br />
GelegenheistverweigerInnen<br />
(Schwänzer).<br />
– Die Anzahl von offensiv störenden<br />
UnterrichtsverweigerInnen (aktionsorientierte<br />
Verweigerer) könnte – je<br />
nach Definition – bundesweit bei 5<br />
bis 20 % liegen.<br />
Hinsichtlich der Bedingungen und<br />
Motive, der Verläufe und der persönlichen<br />
Disposition lässt sich keine Schulverweigerung<br />
mit einer anderen vergleichen.<br />
Sie ist häufig das Ergebnis<br />
eines Prozesses, an dessen Zustandekommen<br />
mehrere Bedingungsbereiche<br />
beteiligt sind. 1<br />
Soziale Benachteiligung als<br />
belastender Faktor<br />
Bei schulischem Verweigerungsverhalten<br />
stellen sozial unterprivilegierte<br />
SchülerInnen <strong>die</strong> Mehrzahl. (Kriminologisches<br />
Forschungsinstitut 1999).<br />
Je ausgeprägter <strong>die</strong> materielle, soziale<br />
und kulturelle Armut ist, dazu<br />
noch Wohnen in belasteten Wohnbereichen<br />
kommt, desto häufiger ist<br />
Schwänzen und Verweigerung. Soziostrukturelle<br />
Benachteiligungsfaktoren<br />
wie Eltern ohne Berufsausbildung, Arbeitslosigkeit<br />
und geringes Einkommen<br />
machen Schwänzen und vor allem<br />
Schulverweigerung wahrscheinlicher.<br />
Soziale Ungleichheit spiegelt sich also<br />
auch im Verweigererthema. Die Mehrheit<br />
der VerweigerInnen sind VerliererInnen,<br />
– mit schlechteren Noten, geringwertigen<br />
Abschlüssen und einer<br />
Keine Berufsausbildung ohne<br />
Schulabschluss.<br />
Flut von Misserfolgen und Absagen.<br />
Nicht selten begeben sie sich in <strong>die</strong><br />
Selbstillusion und/oder Selbstentwertung.<br />
Die PISA-Stu<strong>die</strong> belegt, dass<br />
Schule – besonders in Deutschland –<br />
<strong>die</strong> Herkunftsbenachteiligung äußerst<br />
unzureichend ausgleicht.<br />
Die Erkenntnisse aus der PISA-Stu<strong>die</strong><br />
im Bereich „Soziale Herkunft – erworbene<br />
Kompetenzen“ untermauern,<br />
dass folgende zentrale Aussagen getroffen<br />
werden können:<br />
– In Deutschland werden <strong>die</strong> schwachen<br />
Schülerinnen und Schüler weniger<br />
erfolgreich gefördert<br />
– Schule schreibt den sozialen Status<br />
der Eltern fort: Niedriger sozio-ökonomischer<br />
Status der Eltern gleich<br />
niedriger Leistungsstand der Kinder<br />
– Jugendliche mit Migrationsintergrund<br />
liegen deutlich unter dem<br />
Durchschnitt<br />
Schulbesuch beinhaltet für viele, <strong>die</strong><br />
mit massiven, lang andauernden sozialen<br />
Benachteiligungen leben müssen<br />
und nicht besonders gestützt werden,<br />
dramatisch weniger Aussicht auf gelingende<br />
Schulverläufe. Insofern kann<br />
Verweigerung von Unterricht und<br />
Schule eine „logische“ Antwort sein.<br />
Diese Jugendlichen haben vielfach<br />
derart gehäufte Schwierigkeiten zu<br />
bewältigen, dass für <strong>die</strong> Aufnahme von<br />
Schulstoff keine Ressourcen mehr vorhanden<br />
sind.<br />
Belastungen können sein: Fehlende<br />
Unterstützung im Elternhaus, Konfrontationen<br />
mit dem Gesetz, frühe Mutterschaft,<br />
massivste Selbstzweifel und<br />
Drogenkons<strong>um</strong>, Migrationsproblematiken<br />
wie z.B. Sprach- und Integrationsschwierigkeiten.<br />
Schulverweigerung bedingt häufig<br />
abweichendes Verhalten. Schätzungen<br />
deuten darauf hin, dass bis zu einem<br />
Drittel <strong>die</strong>ser SchülerInnen als –<br />
gegebenenfalls episodisch-delinquent<br />
gelten kann.<br />
Schule kann <strong>die</strong>sen Jugendlichen<br />
keine ausreichende Unterstützung bei<br />
der „Bearbeitung“ <strong>die</strong>ser Problemlagen<br />
bieten und ist darauf auch nicht<br />
ausgelegt. Familiäre Konflikte führen<br />
in der Regel zu Konflikten in der Schule.<br />
Überlagern und potenzieren sich<br />
beide Konfliktfelder, so ist der Jugendliche<br />
überfordert, er entzieht sich<br />
zuerst dem Konfliktfeld, bei dem es<br />
für ihn – vor allem in psychischer Hinsicht<br />
– „am leichtesten“ ist, der Schule.<br />
Familiäre Bedingungen<br />
Nahtlos schließt sich hier der Bedingungsbereich<br />
Familie an. Zunehmend<br />
weniger Familien sind in der Lage, das<br />
Schulleben ihrer Kinder kompensatorisch<br />
zu ergänzen.<br />
Hinter VerweigererInnen stehen oft<br />
Mütter und Väter, Familien in Not.<br />
Schulverweigerung sollte grundsätzlich<br />
als Folgesymptom familiär bedingter<br />
lebens- und Entwicklungsschwierigkeiten<br />
gedeutet werden.<br />
Wie u.a. in der Übersicht zu erkennen<br />
war und auch andere Einzelfalluntersuchungen<br />
zeigen:<br />
Bedeutsam häufig sind Schulverweigerungsproblematiken<br />
in Familien anzutreffen,<br />
<strong>die</strong> psychosozial belastet<br />
bzw. dauerbelastet sind wie z.B. der<br />
Verlust elterlicher Bezugspersonen<br />
durch deren Trennung, Todesfälle<br />
oder Inhaftierung, psychische Erkrankungen<br />
oder massive psychische Probleme<br />
der Eltern, Missbrauch, Gewalt<br />
und Sucht.<br />
Im Blick auf Erziehungsstile weisen<br />
Einzelfalluntersuchungen auf folgende,<br />
Schulverweigerung begünstigende<br />
Defizite und Faktoren hin:<br />
– Elterliche Kontrollschwächen,<br />
– Ausfall von Unterstützung,<br />
– Orientierungsprobleme durch mangelhafte<br />
Grenzsetzung und bildungsferne<br />
Elternmodelle. Hilflosigkeit<br />
und Bagatellisierung gegenüber<br />
unregelmäßigem Schulbesuch und<br />
Autoritätsdefizite sowie permanente<br />
Unstetigkeit und Unberechenbarkeit<br />
im elterlichen Handeln.<br />
– Negative Schulerfahrungen der Eltern<br />
und daraus resultierende Zwiespältigkeit<br />
und Distanzierung gegenüber<br />
Schule<br />
– Überanpassung an Schule sowie<br />
Kontrollzwänge von rigiden einseitig<br />
leistungsorientierten Eltern.<br />
Andererseits belegen Befunde, dass<br />
elterliches Interesse und moderate<br />
Unterstützung sowie dosierte Kontrolle<br />
sich tendenziell positiv auf Anwesenheit,<br />
Schulerfolg und Schulzufriedenheit<br />
auswirken. Zusammenfassend<br />
sollte – was durch Untersuchungen<br />
belegt ist und durch PISA untermauert<br />
wurde – im Blick bleiben dass<br />
26 2/03
jhr_rund <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
– Familien <strong>die</strong> entscheidende Sozialisationsinstanz<br />
für das Aufwachsen<br />
von Kindern und Jugendlichen ist<br />
– Familien zunehmend Orientierungsbedarf<br />
haben und Überforderungen<br />
zunehmen<br />
– Ihre sozio-ökonomischen Bedingungen<br />
weitgehend <strong>die</strong> Lebenslagen der<br />
Kinder bestimmen.<br />
Insofern ist es dringender den je,<br />
dass Familien geeignete Rahmenbedingungen<br />
für Erziehung und Bildung<br />
benötigen.<br />
Wirkungsra<strong>um</strong> Schule<br />
Schule selbst ist als gravierende Belastungen<br />
erzeugender Bereich nicht auszublenden.<br />
Offensichtlich scheint ein<br />
nicht unerheblicher Teil der Bedingungen<br />
für Schulverweigerung in der<br />
Schule selbst begründet zu sein. Aus<br />
Schülerperspektive betrifft <strong>die</strong>s:<br />
– Bedrohlicher bzw. bedrohlich erlebter<br />
Unterricht. Leistungsüberforderungen<br />
und Versagensängste entstehen<br />
unter anderem durch ein<br />
unangebrachtes Vermittlungstempo<br />
und stoffliche Schwierigkeitsgrade -<br />
mehr als <strong>die</strong> Hälfte der VerweigerInnen<br />
musste eine Klasse wiederholen<br />
(Puhr 2001)<br />
– fehlendes Interesse der Lehrkraft an<br />
der Person des Schülers der Schülerin,<br />
Zynismus gegenüber Schülerverhalten,<br />
mangelnde Wertschätzung<br />
und Zuwendung für den jungen<br />
Menschen in und außerhalb der<br />
Schülerrolle<br />
– gestörte Beziehungen durch unbearbeitete<br />
Konflikte zwischen SchülerIn<br />
und Lehrkraft<br />
– ungelöste Konflikte zwischen den<br />
Schülern sowie Rückhalt- und Integrationsprobleme<br />
in der Klasse.<br />
Beeinflussungen<br />
durch MitschülerInnen<br />
Knapp 30 % der vom Deutschen Jugendinstitut<br />
befragten 346 jugendlichen<br />
Schulverweigerer nannten Konflikte<br />
mit Mitschülern als einen<br />
wichtigen Grund für das Fernbleiben<br />
von der Schule. Diese Befragung ergab<br />
auch, dass ca. 50 % in Cliquen<br />
schwänzen (Reißig, Deutsches Jugendinstitut,<br />
Schulverweigerung, Werkstattbericht.<br />
2001, S. 25). Dieser Verweigertypus<br />
agiert eher offensiv,<br />
Jungen stellen hier mit 60% <strong>die</strong> Mehrzahl.<br />
Beim Verweigern außerhalb von<br />
Cliquen - hier dominieren Mädchen<br />
mit 53% - stehen resignative Verarbeitungsformen<br />
und negative Selbstkonzepte<br />
im Vordergrund. In <strong>die</strong> Klasse<br />
integrierte SchülerInnen haben in der<br />
Regel eine positivere Einstellung z<strong>um</strong><br />
Schulbesuch. Nicht integrierte oder<br />
von Problemen überwältigte SchülerInnen<br />
suchen sich <strong>die</strong> „passenden Leute“.<br />
Schulaversive Cliquen in oder außerhalb<br />
der Schule <strong>die</strong>nen häufig dazu:<br />
– Kränkungen auszugleichen,<br />
– Ängste zu bearbeiten und<br />
– sich in der ablehnenden Einstellung<br />
zur Schule zu stärken.<br />
Häufige Schulversä<strong>um</strong>nisse führen<br />
z<strong>um</strong> Beziehungsverlust zu solchen<br />
SchülerInnen, <strong>die</strong> eine positive Bezug<br />
zur Schule haben. Damit steigt <strong>die</strong><br />
Wahrscheinlichkeit, sich gegen- und<br />
außerschulischen Gruppen anzuschließen.<br />
Inoffizielle Schätzungen lassen vermuten,<br />
dass circa 10 % aller SchüleInnen<br />
und möglicherweise 10 % bis<br />
20 % der VerweigerInnen Opfer von<br />
Gewalt oder Bedrohung sind. Hier entstehen<br />
Fluchttendenzen, <strong>um</strong> nicht mit<br />
aggressiv einschüchternden Schülern<br />
in Kontakt zu kommen. Die vermeintlichen<br />
Opfer entwickeln häufig psychosomatische<br />
Beschwerden, schon der<br />
Schulweg wird z<strong>um</strong> Problem. Finden<br />
sie niemandem, dem sie ihre Not anvertrauen<br />
können, bleibt häufig nur<br />
noch das Fernbleiben als Lösung.<br />
Faktoren, <strong>die</strong> in der Person<br />
begründet sind<br />
Schulverweigerung ist nicht selten ein<br />
Problem fehlender personaler und sozialer<br />
Bewältigungsstrategien von Belastungen.<br />
Aus sonderpädagogischer<br />
Sicht wird ein Teil der Schulverweigerer<br />
so beschrieben: leichter erregbar,<br />
emotional labiler, Unterlegenheitsgefühle,<br />
weniger schulischer Ehrgeiz und<br />
schlechtere schulische Leistungen trotz<br />
durchschnittlicher Intelligenz (Warzecha<br />
2000). Offensichtlich unterscheiden<br />
sich VerweigerInnen zu regelmäßigen<br />
SchulbesucherInnen auch durch<br />
geringer entwickelte psychische Verkraftungs-<br />
und Konfliktlösungsfähigkeiten<br />
So können u. a. folgende personenbezogenen<br />
Faktoren eine bemerkenswerte<br />
Rolle spielen:<br />
– Mangelnde Selbstorganisation im<br />
Blick auf Einteilung von Aufgaben,<br />
Zeitabläufen, Übersicht über Anforderungen<br />
– Das Zukunftsbild ist nicht altersentsprechendes,<br />
absolut unrealistisches,<br />
fatalistisch oder es fehlt<br />
– Leistungsstörungen, Teilleistungsstörungen<br />
– Grenzüberschreitungsbestreben,<br />
dass sich in übersteigerter Kick- und<br />
Soziale Kontakte können förderlich und hinderlich sein.<br />
2/03 27
und <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>_jhr<br />
Autonomiesuche zeigt. Auch der<br />
übersteigerter Focus bezüglich Autoritätsthemen<br />
d.h. Lehrkräfte<br />
permanent herausfordern und ständige<br />
Schuldzuweisungen an Lehrkräfte.<br />
– Kränkbarkeit und Verletzbarkeit sind<br />
stark ausgeprägt<br />
– Körperbild – i.S.v. Behinderungen,<br />
körperliche Auffälligkeiten negativer<br />
Art, <strong>die</strong> besondere Bewältigungsstrategien<br />
bedürfen.<br />
Eine nicht bezifferbare Zahl ist von –<br />
teilweise verdeckter – Angst geleitet:<br />
Soziale Ängste wie z.B. Rivalitätsangst,<br />
Schul- und Versagensängste, und Zukunftsangst.<br />
Ein eher negatives Selbstkonzept<br />
- nach dem Prinzip „ich schaff<br />
es doch nicht“ – sowie niedriger Rangstatus<br />
in der Klasse kommen häufig<br />
dazu.<br />
Prozessuale Bedingungen<br />
Viele spätere Schulverweigerer sind in<br />
der Grundschule von Lern- und Leistungsschwierigkeiten<br />
betroffen und<br />
versuchen häufig, <strong>die</strong> entstehende<br />
Frustration und <strong>die</strong> Versagensängste<br />
durch Verhaltensauffälligkeiten zu<br />
überspielen. Der Mangel an positiven<br />
schulischen Erfahrungen und das Fehlen<br />
sozialer Kompetenzen führen zu<br />
misslingenden Auseinandersetzungen,<br />
Ausgrenzung und Erleben von Selbstwertbedrohung.<br />
Eine mögliche Konsequenz<br />
ist das Fernbleiben. In einem<br />
„Teufelskreis“ wachsen soziale Probleme<br />
und Lernprobleme.<br />
In den 6.-8. Jahrgangsstufen können<br />
vermehrt massive Probleme mit<br />
Mitschülern und Lehrkräften auftreten,<br />
weil u.a. auch <strong>die</strong> Einsicht wächst, dass<br />
<strong>die</strong> Fähigkeiten z<strong>um</strong> Mithalten in der<br />
Schule nicht reichen. Hier kann der<br />
Kreislauf des Schwänzens, Wiedererscheinens,<br />
Bloß-gestellt-werdens und<br />
Leistungsversagens auf Grund von<br />
Wissenslücken beginnen.<br />
Nennenswerte außerschulischen<br />
Gründe waren der Wunsch nach Zusammensein<br />
mit Freunden oder dem<br />
Freund/der Freundin. Dies ist sicherlich<br />
als ein Indiz für <strong>die</strong> wachsende Rolle<br />
und damit den Einfluss der Peergroup<br />
zu werten.<br />
Die zunehmende soziale Isolation<br />
und Gleichgültigkeit der Mitschüler/-<br />
innen den Schwänzerinnen und VerweigerInnen<br />
gegenüber machen eine<br />
Rückkehr immer schwieriger. Fehlende<br />
Hilfen nach dem ersten Schwänzen<br />
begünstigen <strong>die</strong> Verfestigung des Verhaltens.<br />
Selten hatte eine SchwänzerIn<br />
ursprünglich vor, eine SchulverweigerIn<br />
zu werden, vielmehr entwickelt<br />
Kooperationsprojekte zwischen <strong>Jugendhilfe</strong> und Schule<br />
schaffen Perspektiven – auch für Schülmüde!<br />
sich ein Leben dahin – im Sinne des<br />
Nicht-Bleiben-könnens und des Nicht-<br />
(wieder)-Hinfindens.<br />
Alle Formen von Verweigerung<br />
sind subjektiv ein Probleme lösendes<br />
Verhalten, also Bewältigungshandeln,<br />
und ist fast<br />
immer ein Schutz vor Selbstwertbedrohung.<br />
Glückliche<br />
Schulverweigerers gibt es<br />
nicht. Junge Menschen brauchen<br />
und wollen <strong>die</strong> Zugehörigkeit<br />
zur Klassengemeinschaft,<br />
einen Schulabschluss,<br />
Annahme durch <strong>die</strong> Lehrkräfte<br />
und eine überschaubare Tagesstruktur.<br />
Handlungsmöglichkeiten in der<br />
<strong>Jugendhilfe</strong><br />
Erfahrungen zeigen, dass Schule allein<br />
überfordert ist, wenn der Kontakt zu<br />
ihr abgerissen ist, oder bei massiven<br />
Störungen nur der Schulverweis als<br />
Option vorhanden und Familie schwer<br />
einzubinden ist.<br />
Oft bestehen systembedingt Lücken<br />
zwischen dem Fernbleiben von der<br />
Schule und dem Einsatz von <strong>Jugendhilfe</strong><br />
bei der Verfestigung von Auffälligkeiten.<br />
Erfolgversprechend können<br />
folgende von <strong>Jugendhilfe</strong> betriebene<br />
schulergänzende Angebote sein:<br />
– Schülerbezogene Sozialarbeit am<br />
Ort Schule, u.a. Konfliktklärungsrunden,<br />
Mediatorenausbildung<br />
– Elternarbeit – in Gruppen oder<br />
individuell. Hier können u.a. familiengerichtete<br />
Lösungsstrategien bezüglich<br />
der Verbesserung von Ressourcen<br />
und Kompetenzen Wirkungen<br />
zeigen<br />
– Mobile Jugendsozialarbeit – Treffpunkte<br />
von Schwänzern aufsuchen.<br />
StreetworkerInnen suchen <strong>die</strong> jungen<br />
Menschen morgens auf und<br />
holen sie ab.<br />
– Eine aktivierende, flexible Hilfe, <strong>die</strong><br />
<strong>die</strong> Peergroups – also <strong>die</strong> Gruppe<br />
von Jugendlichen, <strong>die</strong> sich gegenseitig<br />
bei der Loslösung vom Elternhaus<br />
unterstützen – einbindet. Hier<br />
können intensive, ernsthafte Kontakte,<br />
geprägt durch Kontinuität, Verlässlichkeit<br />
und Akzeptanz, hilfreich<br />
sein.<br />
28 2/03
jhr_rund <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
– Kooperation von <strong>Jugendhilfe</strong> und<br />
Schule. Hier sollten Politik und Planungsinstanzen<br />
einbezogen sein. Es<br />
müssen gerechte, verbindliche und<br />
verpflichtende Zuständigkeits- und<br />
Kooperationsvereinbarungen entwickelt<br />
werden <strong>um</strong> deren Nachhaltigkeit<br />
zu sichern. Diese können in<br />
Schulverweigererprojekte in und<br />
außerhalb von Schule münden.<br />
Schulverweigererprojekte<br />
Die Zusammenarbeit von Schule und<br />
<strong>Jugendhilfe</strong> ist notwendig, da Schule<br />
ihren Integrationsauftrag für einen Teil<br />
der SchülerInnen nicht in jedem Fall<br />
wahrnehmen kann. Die Erfüllung besonderer<br />
Erziehungsbedarfe und am<br />
Einzelfall orientierte Vorgehensweisen<br />
sind für Schule nur bedingt möglich.<br />
Schule hat konzeptionelle und strukturelle<br />
Grenzen. Intensivpädagogische<br />
Konzepte der <strong>Jugendhilfe</strong> will und<br />
kann sie nicht übernehmen.<br />
Es ist jedoch das Bildungssystem<br />
selbst, das „phantasievolle Nebenwege<br />
für SorgenschülerInnen und Sorgenstadtteile<br />
benötigt und bereitstellen<br />
muss“ (Warzecha 2001, S.12.) Eine<br />
zentrale Leistung des Bildungssystems<br />
sollte- mehr den je – auch darin liegen,<br />
jene zu erreichen, <strong>die</strong> wenig mitbringen.<br />
Integration bleibt also der Königsweg,<br />
Ausgliederung der<br />
Notausgang.<br />
Inzwischen ist bewiesen, dass viele<br />
SchulverweigerInnen an nichtschulischen<br />
und pädagogisch besonderen<br />
Lernorten Lust auf Leben und Lust auf<br />
Lernen gewinnen können. Für eine<br />
Schulmüden Projekt „Zündstoff“ des Sozial<strong>die</strong>nstes<br />
Katholischer Frauen und Männer e.V. in Erkrath<br />
Grundsätzlich ist <strong>die</strong> Betreuung der Jugendlichen durch drei Schwerpunkte<br />
geprägt:<br />
• Schulbezogenes Lernen im Unterricht<br />
• Berufsorientiertes Lernen in der Schreinerwerkstatt<br />
• Sozialpädagogische Begleitung<br />
Der Tag beginnt für <strong>die</strong> SchülerInnen mit einem gemeinsamen Frühstück<br />
<strong>um</strong> 8.30h. Das Frühstück endet <strong>um</strong> 9.00h; <strong>um</strong> 9.10h beginnt<br />
der Unterricht oder <strong>die</strong> Werkstattarbeit, <strong>die</strong> sich wochenweise abwechseln.<br />
Der Unterricht oder <strong>die</strong> Werkstattarbeit enden <strong>um</strong> 13.00h.<br />
Anschließend nehmen <strong>die</strong> SchülerInnen und MitarbeiterInnen in den<br />
Projekträ<strong>um</strong>en ein gemeinsames Mittagessen ein. Danach endet mit<br />
dem Küchen<strong>die</strong>nst der verpflichtende Tagesplan für <strong>die</strong> Jugendlichen.<br />
Parallel z<strong>um</strong> Unterricht werden <strong>die</strong> Schüler in der Werkstatt von einem<br />
Schreiner angeleitet. Hier werden kleinere Werkstücke hergestellt,<br />
wie z.B. ein Damespielbrett, Marionetten oder ein CD-Ständer. Auch<br />
eigene Ideen der Jugendlichen werden, soweit sie in der Praxis <strong>um</strong>setzbar<br />
sind, aufgenommen und realisiert. Hier steht besonders das<br />
Erleben des Sinnzusammenhanges von Theorie und Praxis im Vordergrund.<br />
Gleichzeitig kann es für <strong>die</strong> Jugendlichen aber auch ein erster<br />
Schritt auf den Arbeitsmarkt sein, da Motivationen geweckt und durch<br />
Praktika in Betrieben verstärkt werden können.<br />
Von großer Bedeutung ist beim normalen Tagesablauf <strong>die</strong> sozialpädagogische<br />
Begleitung der SchülerInnen. So nimmt <strong>die</strong> Pädagogin je<br />
nach Bedarf am Unterricht teil oder unterstützt den Anleiter in der<br />
Werksatt. Dabei steht sie in enger Beziehung zu den Jugendlichen und<br />
versucht ihr Vertrauen zu gewinnen. Nur so ist es möglich mit den<br />
SchülerInnen eine eigenverantwortliche Lebensführung einzuüben und<br />
sozialintegrative Kompetenzen zu entwickeln. Darüber hinaus ist <strong>die</strong><br />
Pädagogin Ansprechpartnerin für <strong>die</strong> Jugendlichen in Einzelgesprächen<br />
und auch in Krisensituationen zur Stelle. Sie steht in engen Kontakt<br />
zu den Eltern oder Betreuungspersonen der SchülerInnen, <strong>um</strong><br />
auch dort notwendige Rückkoppelungen zu erhalten und zu geben.<br />
Beschulung an einem anderen Ort sollten<br />
als Vorraussetzungen gelten:<br />
– Die Verweigerung ist weit überdurchschnittlich<br />
massiv und intensiv<br />
ausgeprägt<br />
und<br />
– Pädagogische und maßregelnde Interventionen<br />
erbrachten keine nachhaltige<br />
Wirkung.<br />
Im Blick sollte bleiben, dass eine<br />
Nischenbildung für Schulpflichtige <strong>die</strong><br />
Gefahr trägt, dass Regelanforderungen<br />
in den Hintergrund geraten.<br />
Nebenstehend wird beispielhaft ein<br />
typischer Wochenablauf in einem<br />
Schulmüdenprojekt dargestellt.<br />
Auch wenn Schule ein zentraler Stellenwert<br />
zukommt, reicht Bildung jedoch<br />
weit über Schule hinaus. Gelingende<br />
Lebensführung und soziale<br />
Integration basiert auf den unterschiedlichen<br />
Bildungsprozessen in Familie,<br />
Kitas, Jugendarbeit und Beruf.<br />
Das gilt für alle SchülerInnen, auch<br />
wenn <strong>die</strong> Problematischen besonders<br />
im Blick sein sollten.<br />
Den Bildung ist der <strong>um</strong>fassende Prozess<br />
der Entwicklung, Förderung und<br />
Entfaltung derjenigen Fähigkeiten, <strong>die</strong><br />
Menschen in <strong>die</strong> Lage versetzen, zu<br />
lernen, Leistungspotentiale zu entwickeln,<br />
wirkungsvoll zu handeln, Probleme<br />
zu lösen und Beziehungen zu<br />
gestalten.<br />
Insofern sollten <strong>Jugendhilfe</strong> und<br />
Schule unter Wahrung ihrer Funktionen,<br />
Fachlichkeiten und gesetzlichen<br />
Aufgaben <strong>die</strong> Verantwortung für SchulverweigerInnen<br />
– und natürlich auch<br />
der „anderen“ SchülerInnen – in einer<br />
Kultur des Miteinanders der Professionen<br />
bewältigen. Dies schließt <strong>die</strong> Bereitschaft<br />
ein, innerhalb der verschiedenen<br />
Systeme flexibel zu sein und<br />
gemeinsam auch in den fachpolitischen<br />
Ra<strong>um</strong> zu wirken.<br />
Hartmut Braun, Fachberater,<br />
Landesjugendamt <strong>Rheinland</strong><br />
1<br />
Die im Folgenden vorgestellten Bedingungsbereiche<br />
sowie Handlungsmöglichkeiten<br />
sind teilweise in Anlehnung an Karlheinz<br />
Thimm, Aufsatz in Soziale Arbeit,<br />
1.2002, dargestellt.<br />
2/03 29
und <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>_jhr<br />
Zusammenarbeit zwischen Schule und <strong>Jugendhilfe</strong><br />
im Bereich des Kreisjugendamtes Düren<br />
In der Bestimmung des § 81 SGB VIII<br />
ist dem Träger der öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong><br />
aufgegeben, u. a. auch mit Schulen<br />
und Stellen der Schulverwaltung<br />
im Rahmen der jeweiligen Aufgaben<br />
und Befugnisse zusammenzuarbeiten.<br />
Während bisher <strong>die</strong> Verpflichtung<br />
zur Zusammenarbeit nur einseitig der<br />
öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong> zugeordnet<br />
war, besteht aus gutem Grund <strong>die</strong>se<br />
Verpflichtung seit 2000 durch Änderung<br />
des Schulverwaltungsgesetzes<br />
vom 15. 06. 1999 in § 5 b auch seitens<br />
der Schule.<br />
Die Allgemeine Dienstordnung für<br />
Lehrer, Lehrerinnen und Schulleiter/<br />
Innen an öffentlichen Schulen vom<br />
20.09.1992 unterstreicht <strong>die</strong> Verpflichtung,<br />
z. B. das Jugendamt über besondere<br />
Vorkommnisse zu unterrichten.<br />
Aus den unterschiedlichsten Gründen<br />
bestehen auch heute noch auf<br />
beiden Seiten Ängste, aufeinander zuzugehen,<br />
obwohl <strong>die</strong> Zielgruppe für<br />
beide Bereiche <strong>die</strong> Gleiche ist.<br />
Wenn <strong>Jugendhilfe</strong> entsprechend<br />
dem Auftrag nach Kinder- und <strong>Jugendhilfe</strong>recht<br />
den jungen Menschen und<br />
ihren Familien gerecht werden will, so<br />
hat sie deren Lebenssituationen in ihrer<br />
Gesamtheit zu berücksichtigen. Im<br />
konkreten Fall heißt das, dass Schule<br />
als wesentlicher Erziehungsfaktor unter<br />
dem Gesichtspunkt einer ganzheitlichen<br />
Betrachtungsweise nicht außer<br />
Acht gelassen werden darf.<br />
Wenngleich Schule immer mehr den<br />
Anforderungen unserer Leistungsgesellschaft<br />
gegenübersteht, so sieht sie<br />
sich gleichermaßen den defizitären<br />
Strukturen der Ursprungsfamilie und<br />
den einhergehenden Entwicklungen<br />
unserer Kons<strong>um</strong>gesellschaft ausgesetzt.<br />
Aufgrund der gemeinsamen Verantwortung<br />
gegenüber den jungen Menschen<br />
arbeiten das Kreisjugendamt<br />
und das Schulamt für den Kreis Düren<br />
seit Jahren in vielen Teilbereichen partnerschaftlich<br />
zusammen.<br />
An nachfolgenden Beispielen wird<br />
<strong>die</strong> Zusammenarbeit aufgezeigt:<br />
Schulverweigerung<br />
Gemeinsam mit Schulamt, der zuständigen<br />
Schule, dem Jugendamt und<br />
den betroffenen Schülern/Innen sowie<br />
den Erziehungsberechtigten wird unter<br />
Berücksichtigung der gesetzlich<br />
vorgegebenen Schulpflicht nach einem<br />
Weg gesucht, der den betroffenen<br />
Schülern/Innen aus dem Teufelskreis<br />
„Schulverweigerung“ heraushilft.<br />
Einzelfallhilfen nach<br />
§ 13 SGB VIII<br />
Das Sozialwerk Dürener Christen e. V.<br />
unterhält in Düren eine Jugendwerkstatt,<br />
<strong>die</strong> mit Mitteln der <strong>Jugendhilfe</strong><br />
unterstützt wird. Im Rahmen der Einzelfallhilfe<br />
werden dort im Verbund mit<br />
der jeweiligen Schule, dem Schulamt<br />
und des Jugendamtes junge Menschen<br />
ganztägig betreut.<br />
Neben einer praxis-orientierten Förderung<br />
erhalten <strong>die</strong> jungen Menschen im<br />
engen Verbund mit dem Schulamt<br />
Unterricht im Sinne des Schulpflichtgesetzes.<br />
Hilfen für Migrantenkinder<br />
Im Rahmen des Projektes „Jugendbus“<br />
werden Migrantenkinder, deren Eltern<br />
in den Randgebieten des Kreises leben,<br />
im Primarbereich an <strong>die</strong> deutsche<br />
Sprache herangeführt. Neben einer<br />
sozialpädagogischen Fachkraft steht<br />
eine Lehrkraft des Schulamtes aus dem<br />
Stellenpool für Integrationshilfe zur<br />
Verfügung.<br />
Die Struktur des Kreisjugendamtes<br />
Düren (Flächenkreis) bedingt einen flexiblen<br />
Einsatzort für <strong>die</strong> Durchführung<br />
des Förderunterrichts.<br />
Hilfen zur Erziehung und Hilfen<br />
nach § 35 a SGB VIII<br />
Im Vorfeld und bei Umsetzung <strong>die</strong>ser<br />
Hilfen werden nach Bedarf Helferkonferenzen<br />
im engen Zusammenwirken<br />
mit der Schule durchgeführt. Diese<br />
Konferenzen werden unter Berücksichtigung<br />
einer ganzheitlichen Betrachtungsweise<br />
des Einzelschicksals eines<br />
jungen Menschen immer größere Bedeutung<br />
haben.<br />
Das wird dadurch deutlich, dass<br />
Helferkonferenzen entweder durch den<br />
jeweils zuständigen Schulaufsichtsbeamten<br />
oder <strong>die</strong> Leitung des Jugendamtes<br />
einberufen und gemeinsam verantwortlich<br />
durchgeführt werden.<br />
Der Leiter des Jugendamtes nimmt<br />
an Schulleiterkonferenzen im Primarund<br />
Sekundarstufenbereich teil. Er informiert<br />
ausführlich über <strong>die</strong> Aufgaben<br />
der <strong>Jugendhilfe</strong>. Im Rahmen <strong>die</strong>ser<br />
Veranstaltungen werden zwischen<br />
Jugendamt, Schule und Schulamt konkrete<br />
Absprachen für <strong>die</strong> künftige Zusammenarbeit<br />
getroffen. Dies geschieht<br />
auch erstmals im Rahmen von<br />
Arbeitsgemeinschaften für neu eingestellte<br />
Lehrerinnen und Lehrer, <strong>die</strong> in<br />
den meisten Fällen keinerlei Erfahrungen<br />
im Bereich der Kooperation zwischen<br />
Schule und <strong>Jugendhilfe</strong> besitzen.<br />
Aus der Sicht des Kreisjugendamtes<br />
und des Schulamtes für den Kreis<br />
Düren sollte <strong>die</strong> Thematik in der Lehrerausbildung<br />
einen besonderen Stellenwert<br />
erhalten und vor allem z<strong>um</strong><br />
festen Bestandteil des Curricul<strong>um</strong>s in<br />
der 2. Ausbildungsphase werden.<br />
Ausblick:<br />
Die aufgezeigten Beispiele spiegeln einen<br />
Teil der Zusammenarbeit von <strong>Jugendhilfe</strong><br />
und Schule wieder. Wichtig<br />
ist, dass <strong>die</strong> Zusammenarbeit keine Einbahnstraße<br />
ist, sondern getragen wird<br />
vom gegenseitigen Vertrauen und der<br />
Akzeptanz.<br />
Im Interesse der gemeinsamen Zielgruppen<br />
sollte erreicht werden:<br />
– Intensivierung und Verbesserung der<br />
Kooperation mit allen Schulformen<br />
der Sekundarstufe I und Sekundarstufe<br />
II.<br />
– Ausbau des Präventionsmodells “<strong>Jugendhilfe</strong><br />
- Schule - Polizei”<br />
– Teilnahme an den Dienstbesprechungen<br />
der Ausbildungsseminare<br />
für Primar- und Sekundarstufe in der<br />
Region.<br />
Auskünfte erteilen gerne<br />
Für das Schulamt für den Kreis Düren:<br />
Schulamtsdirektor Josef Lemoine<br />
Tel.: 02421/222802<br />
E-Mail-Adresse:<br />
Josef.Lemoine@KreisDueren.de<br />
Für das Kreisjugendamt Düren: Jugendamtsleiter<br />
Gerhard Otte<br />
Tel.: 02421/222475<br />
E-Mail-Adresse:<br />
Gerhard.Otte@KreisDueren.de<br />
30 2/03
Für ein integriertes, interdisziplinäres<br />
Verständnis der „Sozialra<strong>um</strong>analyse“<br />
In der gegenwärtigen Diskussion und<br />
Praxis von sozialer Stadterneuerung,<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>planung und Neuorganisation<br />
sozialer Dienste gewinnen Orientierungen<br />
am sozialen Ra<strong>um</strong> zunehmend<br />
an Bedeutung. Das Kinder- und<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>gesetz (KJHG) formuliert an<br />
verschiedenen Stellen Aufträge für eine<br />
sozialrä<strong>um</strong>lich ausgerichtete Analyse,<br />
Planung und Organisation von Leistungsangeboten<br />
und verweist im Konzeptbegriff<br />
der ‚Lebensweltorientierung‘<br />
ebenfalls auf rä<strong>um</strong>liche Komponenten.<br />
Bereits <strong>die</strong> erste Welle der<br />
Neuorganisation sozialer Dienste zielte<br />
mit deren Dezentralisierung auf eine<br />
auch rä<strong>um</strong>lich effektivere Organisation.<br />
Im Rahmen der neuen Steuerungsmodelle<br />
wird mit dem ‚Sozialra<strong>um</strong>budget‘<br />
eine Ressourcensteuerung eingeführt,<br />
bei der öffentliche und freie<br />
Träger gemeinsam das – für den Hilfebereich<br />
in einem Sozialra<strong>um</strong> veranschlagte<br />
– Budget bewirtschaften sollen.<br />
Und mit dem Bund–Länder-Programm<br />
‚Stadtteile mit besonderem<br />
Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt‘<br />
wird der Sozialra<strong>um</strong> z<strong>um</strong> Gegenstand<br />
von Analyse, Planung und Handlungsstrategien.<br />
Es handelt sich insgesamt<br />
<strong>um</strong> recht unterschiedliche Zusammenhänge<br />
und Perspektiven, innerhalb<br />
derer <strong>die</strong> Begriffe Sozialra<strong>um</strong>, Sozialra<strong>um</strong>bezug<br />
und Sozialra<strong>um</strong>orientierung<br />
z<strong>um</strong> Thema geworden sind.<br />
Die Professionalisierung von Berufsgruppen,<br />
<strong>die</strong> an stadträ<strong>um</strong>lichen Definitions-<br />
und Interventionsprozessen<br />
beteiligt sind, hat im Laufe der vergangenen<br />
Jahrzehnte zu einer ‚Pluralisierung‘<br />
des sozialrä<strong>um</strong>lichen Verständnisses<br />
geführt. Eine Integration<br />
verschiedener methodischer Konzepte<br />
ist bei empirischen Annäherungen<br />
an Sozialrä<strong>um</strong>e bisher ka<strong>um</strong> vorzufinden.<br />
Die Schnittstellen, über <strong>die</strong> ein<br />
integriertes interdisziplinäres Verständnis<br />
von Sozialrä<strong>um</strong>en zu gewinnen ist,<br />
bleiben häufig unbeachtet, weil <strong>die</strong><br />
Untersuchungen oft immer noch auf<br />
ein einzelwissenschaftliches Ra<strong>um</strong>konzept<br />
beschränkt werden.<br />
Wir haben deshalb eine methodische<br />
Typologie für <strong>die</strong> Sozialra<strong>um</strong>analyse<br />
vorgeschlagen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se monodisziplinären<br />
Einzelperspektiven<br />
zueinander in Bezug setzt. Dabei werden<br />
zwei Typen der Sozialra<strong>um</strong>analyse<br />
unterscheiden: An erster Stelle steht<br />
der gesamtstädtische Ansatz, bei dem<br />
<strong>die</strong> Teilrä<strong>um</strong>e einer Stadt miteinander<br />
verglichen werden. An zweiter Stelle<br />
steht der ein städtisches Teilgebiet differenzierende<br />
Ansatz, bei dem sich das<br />
Interesse auf <strong>die</strong> inneren Strukturen<br />
und Qualitäten eines in der Stadt ausgewählten<br />
Ra<strong>um</strong>es richtet. Diese komplexe<br />
Untersuchung kann auf mehrere<br />
Ebenen bezogen sein (Mehrebenenanalyse),<br />
indem <strong>die</strong> strukturelle<br />
Ra<strong>um</strong>ebene mit personalen Handlungsebenen<br />
verknüpft wird.<br />
Beim Typ I, dem gesamtstädtischen<br />
Ansatz, wird in der Regel mit quantitativen<br />
Daten nach dem klassischen<br />
h<strong>um</strong>anökologischen Modell der ‚Social<br />
Area Analysis’ operiert, <strong>um</strong> in einer gesamtstädtischen<br />
Analyse besondere Teilrä<strong>um</strong>e<br />
zu identifizieren bzw. <strong>die</strong> städtischen<br />
Teilrä<strong>um</strong>e systematisch<br />
voneinander zu unterscheiden. Zur<br />
Beschreibung und Analyse werden im<br />
Allgemeinen Indikatoren und Merkmale<br />
aus der kommunalen Statistik heran<br />
gezogen. Auf der Basis <strong>die</strong>ser sozioökonomischen<br />
Indikatoren werden<br />
Strukturmuster gesucht, <strong>um</strong> urbane<br />
Teilrä<strong>um</strong>e auf der Ebene der Gesamtstadt<br />
signifikant voneinander abgrenzen<br />
zu können und dabei Stadtgebiete<br />
mit einem besonderen Handlungsund<br />
Interventionsbedarf zu identifizieren.<br />
Beim Typ II der Differenzierung eines<br />
Teilra<strong>um</strong>es nach innen werden sowohl<br />
quantitative als auch qualitative Datenprofile<br />
einbezogen. Wegen des Zieles,<br />
den Sozialra<strong>um</strong> tiefenscharf bis zu<br />
Lebenswelten der Bewohnerschaft zu<br />
durchdringen, kommt eine gemischte<br />
Methodologie (Methodenmix) zur<br />
Anwendung. Deshalb weist der Typ II<br />
sowohl eine (a) strukturanalytische als<br />
auch eine (b) verhaltensanalytische<br />
Komponente auf. Drei aufeinander folgende<br />
Analyseschritte sind für <strong>die</strong>se<br />
Binnenorientierung kennzeichnend:<br />
Erstens <strong>die</strong> physische Ra<strong>um</strong>abgrenzung<br />
sowie Ra<strong>um</strong>definition mit Methoden<br />
der Geografie und der Stadt-/<br />
Ra<strong>um</strong>planung, zweitens darauf Bezug<br />
nehmend quantitative Datenanalysen<br />
jhr_rund <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
über eine Untergliederung von Verwaltungsrä<strong>um</strong>en<br />
nach den methodischen<br />
Standards der quantitativen empirischen<br />
Sozialforschung und schließlich<br />
<strong>die</strong> empirische Erfassung von individuell<br />
konstruierten Verhaltens- und<br />
Nutzungsrä<strong>um</strong>en, deren methodische<br />
Grundlagen in den Sozialwissenschaften,<br />
in der (Sozial-) Pädagogik, aber<br />
auch in Architektur und Stadtplanung<br />
(z.B. Burano, Street Reading) entwickelt<br />
worden sind.<br />
Die qualitative Betrachtung von<br />
Ra<strong>um</strong>strukturen eröffnet ein Verständnis<br />
vom rä<strong>um</strong>lichen Verhalten der Bewohnerschaft<br />
und ihren alltäglichen<br />
Nutzungsmustern. Bei <strong>die</strong>ser tiefenscharfen<br />
Ausleuchtung eines Sozialra<strong>um</strong>es<br />
als ‚gelebte Struktur’ wird der<br />
Blick vor allem auf drei rä<strong>um</strong>liche Verhaltenskontexte<br />
gerichtet: Zuerst interessieren<br />
<strong>die</strong> ‚Aktionsrä<strong>um</strong>e’ zwischen<br />
Wohnungen und Infrastrukturgelegenheiten<br />
sowie den Wegen dazwischen.<br />
Als zweites sind ‚Lebenswelten’ in Gestalt<br />
der individuellen rä<strong>um</strong>lichen Bezüge<br />
von Interesse, <strong>die</strong> in den Verhaltensweisen<br />
von Einzelnen und Gruppen<br />
regelmäßig vorkommen. Und <strong>die</strong> dritte<br />
Perspektive betrifft <strong>die</strong> Kennzeichnung<br />
rä<strong>um</strong>licher Bereiche durch<br />
‚Symbole’, aus denen sich der Zusammenhang<br />
von physischer Ra<strong>um</strong>struktur,<br />
sozialen Nutzungen und Bewohnerkulturen<br />
sowie der Historie des<br />
Ortes und soziokulturellen Mentalitäten<br />
bildhaft und kohärent erschließt.<br />
Im Zusammenspiel der skizzierten<br />
Ebenen wird <strong>die</strong> Vielschichtigkeit einer<br />
interdisziplinär integrierten Sozialra<strong>um</strong>analyse<br />
deutlich. Sozialrä<strong>um</strong>e<br />
werden nicht nur auf Indikatoren reduziert,<br />
sondern werden in Schichten<br />
analysiert (vgl. Abbildung auf S. 32).<br />
Dieses Modell wird in einer aktuellen<br />
Publikation vorgestellt (siehe: Riege<br />
/ Schubert 2002) und mit Beispielen<br />
aus verschiedenen Planungskontexten<br />
veranschaulicht. Im ersten Teil des Buches<br />
werden drei Pioniere der sozialrä<strong>um</strong>lichen<br />
Empirie vorgestellt: Es wird<br />
<strong>die</strong> soziografische Methode der Marienthalstu<strong>die</strong><br />
von Paul Lazarsfeld beschrieben.<br />
Es folgt eine Übersicht über<br />
das klassische Modell der Sozialra<strong>um</strong>analyse<br />
von Eshref Shevky und Wendell<br />
2/03 31
und <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>_jhr<br />
Abbildung: Ebenen (Schichten) der Sozialra<strong>um</strong>analyse<br />
Bell. Und als drittes traditionelles Verfahren<br />
findet <strong>die</strong> Burano-Methode, <strong>die</strong><br />
eine Gruppe von Architekten und<br />
Stadtplanern als Stadtbeobachtungsmethode<br />
zur Beurteilung der Lebensqualität<br />
im Wohnquartier entwickelt<br />
hat. In einem weiteren Teil des Buches<br />
wird der soziale Ra<strong>um</strong> aus der Sicht<br />
verschiedener Professionen bewertet.<br />
Andreas Feldtkeller schreibt über <strong>die</strong><br />
Funktion des gebauten Ra<strong>um</strong>es für das<br />
Zusammenleben von Fremden und<br />
Viktoria Waltz nähert sich der Sozialra<strong>um</strong>analyse<br />
– am Beispiel Migration<br />
– von einer sozial engagierten Ra<strong>um</strong>planung<br />
her an. Aus einem pädagogischen<br />
Blickwinkel stellen Ulrich Deinet<br />
und Richard Krisch Konzepte und Methoden<br />
z<strong>um</strong> Verständnis der Lebensrä<strong>um</strong>e<br />
von Kindern und Jugendlichen<br />
vor. Norbert Gestring und Andrea Janssen<br />
nehmen eine Bewertung der Sozialra<strong>um</strong>analyse<br />
aus stadtsoziologischer<br />
Sicht vor. Die Grenzen einer rein nahrä<strong>um</strong>lichen<br />
Herangehensweise an Probleme<br />
in den Städten werden von<br />
Hans-Uwe Otto et al. aufgezeigt. Und<br />
mit dem sozialrä<strong>um</strong>lichen Paradigmenwechsel<br />
vom ‚Sozialen Brennpunkt’ zur<br />
‚Sozialen Stadt’ in der Gemeinwesenarbeit<br />
und Stadtteilmanagement beschäftigen<br />
sich Günther Pleiner und<br />
Reinhard Thies. Im dritten Teil des Buches<br />
werden aktuelle Fallbeispiele der<br />
Sozialra<strong>um</strong>analyse präsentiert. Heiko<br />
Geiling beschreibt eine Stadtteilanalyse<br />
in einer städtischen Großsiedlung<br />
von Hannover, Hans-Karsten Heymann<br />
stellt eine Sozialra<strong>um</strong>analyse für <strong>die</strong><br />
kommunale <strong>Jugendhilfe</strong>planung in<br />
Köln vor, Brigitte Karhoff und Marlo Riege<br />
zeigen, wie Wohn- und Lebenswelten<br />
in ‚Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf’<br />
erfasst worden sind,<br />
Hille von Seggern und Wulf Tessin skizzieren<br />
<strong>die</strong> Ergebnisse von Beobachtungen<br />
und Experimenten nach der Neugestaltung<br />
des Ernst-August-Platzes in<br />
Hannover, Dominik Franzen vermittelt<br />
exemplarisch <strong>die</strong> Erkundung von Sozialrä<strong>um</strong>en<br />
in Köln-Kalk und Holger<br />
Spieckermann <strong>die</strong> Konstruktion sozialer<br />
Rä<strong>um</strong>e durch Netzwerke.<br />
Literaturbezug:<br />
Riege, Marlo / Schubert, Herbert<br />
(Hrsg.), Sozialra<strong>um</strong>analyse: Grundlagen<br />
– Methoden – Praxis. Leske +<br />
Budrich: Opladen, 2002<br />
Marlo Riege und Herbert Schubert,<br />
herbert.schubert@dvz.fh-koeln.de<br />
20 Jahre Landesarbeitskreis<br />
„<strong>Jugendhilfe</strong> und Polizei NRW“<br />
Im Oktober 2003 begeht der Landesarbeitskreis<br />
„<strong>Jugendhilfe</strong> und Polizei<br />
NRW“ sein 20jähriges Bestehen. Zu<br />
seinen Mitgliedern und Gründern zählen:<br />
– <strong>die</strong> Arbeitsgemeinschaft Kinder- und<br />
Jugendschutz Landesstelle NRW e.V.<br />
(AJS) in Köln,<br />
– das Landesjugendamt <strong>Rheinland</strong><br />
(LJA) in Köln,<br />
– das Landesjugendamt Westfalen-Lippe<br />
(LJA) in Münster,<br />
– das Landeskriminalamt NRW (LKA)<br />
in Düsseldorf,<br />
– das Polizeifortbildungsinstitut (PFI)<br />
in Neuss,<br />
und seit Oktober 2002<br />
– der Landespräventionsrat (LPR) in<br />
Düsseldorf.<br />
Der Landesarbeitskreis „<strong>Jugendhilfe</strong><br />
und Polizei NRW“ hat z<strong>um</strong> Ziel, <strong>die</strong><br />
Zusammenarbeit von Polizei und <strong>Jugendhilfe</strong><br />
in Nordrhein-Westfalen auf<br />
allen Gebieten des Kinder- und Jugendschutzes<br />
zu fördern. Durch regelmäßige<br />
Absprachen und gemeinsame<br />
Projekte soll <strong>die</strong> Vorbeugung<br />
insbesondere bei der Bekämpfung von<br />
Jugendkriminalität und Gewalt, in der<br />
Suchtprävention, gegenüber dem sexuellen<br />
Mißbrauch von Kindern oder<br />
im Bereich des Jugendme<strong>die</strong>nschutzes<br />
gefördert werden.<br />
Voraussetzung für eine produktive<br />
Zusammenarbeit der verschiedenen<br />
Professionen ist der kontinuierliche<br />
Dialog, <strong>um</strong> Verständnis und Akzeptanz<br />
für <strong>die</strong> unterschiedlichen Aufgaben<br />
von Sozialarbeit und Sozialpädagogik<br />
einerseits sowie der Polizei andererseits<br />
zu erreichen. Die Durchführung landesweiter<br />
Arbeitstagungen wurde daher<br />
zu einem Schwerpunkt des Landesarbeitskreises.<br />
Bislang fanden elf<br />
Arbeitstagungen zu verschiedenen<br />
Themenschwerpunkten (u.a. Datenschutz,<br />
Diversion, Gewalt, sexueller<br />
Mißbrauch, Straßenkinder, vernetzte<br />
Kriminalprävention) statt. Die regelmäßigen<br />
Treffen haben dazu beigetragen,<br />
dass <strong>die</strong> Kooperation zwischen<br />
den Fach<strong>die</strong>nsten der Kinder- und <strong>Jugendhilfe</strong><br />
und der Polizei in Nordrhein-Westfalen<br />
seit vielen Jahren verankert<br />
ist und zu einer Vielzahl<br />
gemeinsamer Aktivitäten geführt hat.<br />
So wurde beispielsweise auf der letz-<br />
32 2/03
jhr_rund <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
ten Fachtagung im August 2000 in<br />
Bad Sassendorf das Projekt „Fortbildungskonzept<br />
Polizei und Streetwork<br />
– Gemeinsamkeiten und Differenzen in<br />
der Praxis“ initiiert, das mittlerweile<br />
auch <strong>um</strong>gesetzt wird.<br />
Die nächste Fachtagung, mit der<br />
zugleich das 20jährige Bestehen des<br />
LAK „<strong>Jugendhilfe</strong> und Polizei NRW“<br />
gefeiert wird, findet am 1. und 2.<br />
Oktober im Europa-Institut in Bocholt<br />
statt. Themenschwerpunkte sind <strong>die</strong>ses<br />
Mal <strong>die</strong> bisherigen „Erfahrungen<br />
in der Zusammenarbeit“ und <strong>die</strong> „Evaluation<br />
von Präventions- und Interventionsprojekten“.<br />
Zu beiden Themen<br />
werden auch Referenten aus den angrenzenden<br />
Niederlanden berichten.<br />
Die Federführung <strong>die</strong>ser Fachtagung<br />
liegt bei der Arbeitsgemeinschaft<br />
Kinder- und Jugendschutz (AJS) NRW<br />
e.V. in Köln. Ansprechpartner/in sind<br />
Carmen Trenz (Tel.: 0221/921392-18;<br />
E-Mail: carmen.trenz@mail.ajs.nrw.de)<br />
oder Jan Lieven (Tel.: 0221/921392-19;<br />
E-Mail: jan.lieven@mail.ajs.nrw.de).<br />
Birgitt Bremter, Landesjugendamt<br />
<strong>Rheinland</strong> ; birgitt.bremter@lvr.de<br />
Eine neue Aufgabe für<br />
Ulrich Deinet<br />
Die Fachhochschule Düsseldorf hat Dr.<br />
Ulrich Deinet, Referent in der Fachberatung<br />
Jugendarbeit im Landesjugendamt<br />
Westfalen-Lippe in Münster, für 4<br />
Jahre als Professor für das Fach Didaktik/Methodik<br />
ernannt.<br />
das Feld der Kooperation von <strong>Jugendhilfe</strong><br />
und Schule und der Wirksamkeitsdialog.<br />
In enger Zusammenarbeit mit<br />
der Fachberatung Jugendarbeit im<br />
Landesjugendamt <strong>Rheinland</strong> konnten<br />
viele wichtige Impulse für <strong>die</strong> Weiterentwicklung<br />
der Jugendarbeit in Beratung<br />
und Fortbildung auf den Weg<br />
gebracht werden.<br />
Mit seiner Rückkehr ins <strong>Rheinland</strong><br />
endet seine Zeit als „rheinischer Gastarbeiter“<br />
in Westfalen. Das Landesjugendamt<br />
<strong>Rheinland</strong> freut sich auf <strong>die</strong><br />
weitere Zusammenarbeit in neuer<br />
Funktion.<br />
cg<br />
und Besuchern aller Altersgruppen<br />
zahlreiche Möglichkeiten z<strong>um</strong> Mitmachen<br />
und Mitbauen. An jedem Wochenende<br />
finden spannende Aktionstage<br />
mit einem <strong>um</strong>fangreichen<br />
Schon 1980 konnte Ulrich Deinet<br />
mit seiner Arbeit „Als Berufsanfänger<br />
in der Offenen Jugendarbeit“ den Hermine<br />
Albers Preis der AGJ gewinnen.<br />
In Düsseldorf-Garath war er viele Jahre<br />
als Leiter eines Jugendhauses tätig.<br />
Diese Erfahrungen des pädagogischen<br />
Alltags finden sich wieder in dem Buch<br />
über <strong>die</strong> Teeniearbeit „Im Schatten der<br />
Älteren“ und waren auch <strong>die</strong> Basis seiner<br />
Dissertation bei Lothar Böhnisch<br />
z<strong>um</strong> Konzept „Aneignung“ im Jugendhaus.<br />
1991 begann Ulrich Deinet seine<br />
Tätigkeit als Fachberater Jugendarbeit<br />
im Landesjugendamt Westfalen-Lippe.<br />
Besondere Schwerpunkte waren dort<br />
<strong>die</strong> Ganztagsangebote für Schulkinder,<br />
LegoWelt.<br />
Spiel mit der Phantasie<br />
Eine Mitmach-Ausstellung rund <strong>um</strong><br />
den LEGO Stein vom 18. Mai bis 31.<br />
August 2003 im Landesmuse<strong>um</strong> Koblenz<br />
Jeder kennt sie, <strong>die</strong> bunten Kunststoffsteine,<br />
<strong>die</strong> seit Generationen <strong>die</strong><br />
Kinderzimmer beleben und <strong>die</strong> Fantasie<br />
junger und alter Ba<strong>um</strong>eister beflügeln.<br />
Längst gehören <strong>die</strong> LEGO Steine<br />
zu den Klassikern<br />
unter den Nachkriegsspielzeugen.<br />
Die Ausstellung „LegoWelt.<br />
Spiel mit der<br />
Phantasie“ erzählt <strong>die</strong><br />
Geschichte und Entwicklung<br />
von LEGO und<br />
dessen Klemm- und<br />
Stecksystem von den<br />
ersten Nachziehtieren<br />
aus Holz bis hin z<strong>um</strong><br />
programmierbaren<br />
LEGO Roboter.<br />
Die Ausstellung im<br />
Landesmuse<strong>um</strong> Koblenz<br />
bietet Besucherinnen<br />
Programm statt. Workshops, Ferienkurse<br />
und Erlebnisführungen werden<br />
angeboten. Zudem wurde speziell für<br />
Schulen und Kindertagesstätten ein interessantes<br />
Begleitprogramm entwickelt.<br />
Landesmuse<strong>um</strong> Koblenz, Festung<br />
Ehrenbreitstein, 56077 Koblenz<br />
Tel.: 0261/97030;<br />
info@landesmuse<strong>um</strong>koblenz.de;<br />
www.landesmuse<strong>um</strong>koblenz.de<br />
Der „Baustein“ Klassiker.<br />
2/03 33
und <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>_jhr<br />
Elf Prozent der Jugendlichen<br />
trinken regelmäßig<br />
Elf Prozent der Zwölf- bis 25-Jährigen<br />
trinken nach Angaben der Deutschen<br />
Hauptstelle für Suchtfragen (DHS)<br />
mehrmals in der Woche Alkohol. Die<br />
meisten Jugendlichen probierten im<br />
Alter zwischen 14 und 15 Jahren<br />
erstmals Alkohol. Mädchen trinken<br />
dabei insgesamt deutlich weniger als<br />
Jungen. Die neue DHS-Kampagne<br />
„Ausweg.de“ soll dem Kons<strong>um</strong> von<br />
Suchtmitteln wie Alkohol, Zigaretten<br />
und Drogen bei Jugendlichen entgegensteuern.<br />
Weitere Informationen: www.ausweg.de<br />
Aus: For<strong>um</strong> SOZIAL 2/2003<br />
Jugendreisen:<br />
Kostenlose Prospekte<br />
verschiedener Anbieter<br />
Wenn Kinder und Jugendliche groß<br />
werden, dann möchten sie immer<br />
mehr alleine, ohne <strong>die</strong> Eltern, machen.<br />
Auch das Verreisen gehört irgendwann<br />
dazu. Damit <strong>die</strong> Sprösslinge dabei<br />
auch gut aufgehoben sind, bieten<br />
zahlreiche Anbieter betreute Kinderund<br />
Jugendreisen an. Eine Auswahl von<br />
Prospekten <strong>die</strong>ser Anbieter kann beim<br />
Dörthe<br />
van der Voort<br />
1952 – 2003<br />
Dörthe van der Voort<br />
ist mit 51 Jahren<br />
verstorben. Seit vielen Jahren<br />
hat sie in den Fachbereichen<br />
Familien, Kinder und Frauen<br />
des Paritätischen in NRW<br />
geleitet. Ihr kluges kämpferisches<br />
Eintreten für <strong>die</strong> Belange<br />
von Kindern, Familien und<br />
Frauen brachte ihr hohe<br />
fachliche Anerkennungn und<br />
große Symphatien. Auch für<br />
das Landesjugendamt <strong>Rheinland</strong><br />
war sie eine fachlich<br />
kompetente und verlässliche<br />
Partnerin in unterschiedlichen<br />
Projekten und Maßnahmen.<br />
Für <strong>die</strong> Kolleginnen und Kollegen<br />
des Landesjugendamtes,<br />
Markus Schnapka<br />
Erlebnisse in der Natur:<br />
Gut für Kinder<br />
Service-Büro transfer e.V. kostenlos angefordert<br />
werden. Egal, ob Sprachferien<br />
in England, Sportreisen oder Entspannungsurlaube<br />
im Süden Europas<br />
– für fast jeden Geschmack ist was<br />
dabei. Auch Gruppenreisen und Familienferien<br />
sind im Angebot. Außerdem<br />
bietet transfer einen gut sortierten<br />
Fachbuchverkauf (einfach Bücherliste<br />
anfordern) und <strong>die</strong> viermal jährlich<br />
erscheinende Fachzeitschrift „jugend<br />
& reisen informations<strong>die</strong>nst“ für Fachpersonal,<br />
Studenten, Dozenten, Vereine<br />
und Kirchengemeinden u.a. an.<br />
Auch darüber kann kostenloses Informationsmaterial<br />
angefordert werden.<br />
Prospektbestellung: www.transfer.de,<br />
per E-Mail an service@transfer-ev.de,<br />
Tel.: 0221 / 959290<br />
NEU bei Aktion Mensch ab 2003:<br />
Förderung von<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>maßnahmen<br />
Ab dem 1.1.2003 ergänzt <strong>die</strong> Aktion<br />
Mensch ihre bisherige Förderung <strong>um</strong><br />
<strong>die</strong>jenige von Maßnahmen und Einrichtungen<br />
der Kinder- und <strong>Jugendhilfe</strong>.<br />
Die Aktion Mensch will damit dazu<br />
beitragen, dass Ideen und zukunftorientierte<br />
Lösungsansätze in der Kinderund<br />
<strong>Jugendhilfe</strong> realisiert werden können.<br />
Die Förderung konzentriert sich auf<br />
Projekte mit Impulsen, <strong>die</strong> insbesondere<br />
für <strong>die</strong> lokale Ebene von Nutzen<br />
sind. Dabei kann <strong>die</strong> Aktion<br />
Mensch auch den Auf- und Ausbau von<br />
Infrastrukturen befristet fördern. Als<br />
förderfähige Vorhaben werden<br />
insbesondere genannt:<br />
– Prävention, Aufklärung, Persönlichkeitsbildung<br />
– Inklusion bzw. Integration junger<br />
Menschen mit und ohne Behinderungen<br />
– Vorhaben zugunsten junger Menschen<br />
mit Migrationshintergrund<br />
– Vorhaben zur Stärkung der Geschlechtergerechtigkeit<br />
– Vorhaben zur Gestaltung sozialer<br />
Nahrä<strong>um</strong>e<br />
– Vorhaben zur Vernetzung benachbarter<br />
Aufgabenfelder und Institutionen<br />
– Förderung des sozialen Engagements<br />
sowie Qualifizierung hauptund<br />
ehrenamtlicher Kräfte<br />
– Evaluation mit unmittelbaren Erkenntnissen<br />
für <strong>die</strong> soziale Arbeit.<br />
Die Dauer einer Fördermaßnahme<br />
beträgt grundsätzlich maximal drei<br />
Jahre. An Aufwendungen kann sich <strong>die</strong><br />
Aktion Mensch mit Zuschüssen bis zu<br />
80 % der förderfähigen Gesamtkosten<br />
zuzüglich einer Sachkostenpauschale<br />
in Höhe von 10 % beteiligen.<br />
An Investitionen kann sie sich in der<br />
Regel mit Zuschüssen von bis zu 30 %<br />
beteiligen. Die Zuschussobergrenze<br />
beträgt 250.000 € je Vorhaben für <strong>die</strong><br />
gesamte Laufzeit.<br />
Weitere Informationen gibt es unter:<br />
www.aktion-mensch.de<br />
Aus: K.L.A.G.-info Nr. 1/März 2003<br />
Kirchliche Hilfswerke<br />
bitten <strong>um</strong> Spenden für <strong>die</strong><br />
Menschen im Irak<br />
Angesichts des vergangenen Krieges<br />
und dessen Auswirkungen im Irak wollen<br />
<strong>die</strong> Diakonie Katastrophenhilfe und<br />
Caritas international ihre Hilfen für <strong>die</strong><br />
Not leidende Zivilbevölkerung verstärken.<br />
Beide Hilfsorganisationen verfügen<br />
über ein Netz von Partnern vor<br />
Ort, das eine <strong>um</strong>fassende Unterstützung<br />
ermöglicht.<br />
Beide Organisationen bereiten sich<br />
zudem gemeinsam auf <strong>die</strong> Versorgung<br />
von Flüchtlingen in der Türkei vor. Im<br />
Rahmen des „Nothilfe-Konsorti<strong>um</strong>s für<br />
Irak“ werden im irakisch-iranischen<br />
Grenzgebiet bereits 800 Menschen<br />
betreut, <strong>die</strong> vor den Bombar<strong>die</strong>rungen<br />
geflohen sind. Sie erhalten dort<br />
Lebensmittel und Wasser.<br />
Für <strong>die</strong> Hilfe in den Ländern des<br />
Mittleren und Nahen Ostens ist <strong>die</strong><br />
34 2/03
jhr_rund <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
Diakonie Katastrophenhilfe dringend<br />
auf Spenden angewiesen, Kennwort<br />
„Irak“.<br />
Spendenkonten:<br />
Diakonie Katastrophenhilfe:<br />
Konto 502 707, Postbank Stuttgart, BLZ<br />
600 100 70 oder online über das<br />
Internet www.diakoniekatastrophenhilfe.de/spenden/<br />
Caritas International:<br />
Konto 202, Bank für Sozialwirtschaft<br />
Karlsruhe, BLZ 660 205 00<br />
oder online über das Internet http://<br />
spende.caritas-international.de<br />
rund <strong>um</strong> Service<br />
für Internet-Nutzer<br />
Aktuelle Literatur und Informationen<br />
z<strong>um</strong> Kindergarten und z<strong>um</strong> KJHG<br />
finden sie unter den Adressen<br />
www.kindergarten paedagogik.de und<br />
www.SGBVIII.de.<br />
Aktuelle Infos, Literaturhinweise,<br />
Broschürenbestellung, Texte, Vorträge<br />
zu allen Themen der <strong>Jugendhilfe</strong> finden<br />
sie natürlich auch unter der Adresse<br />
des Landesjugendamtes <strong>Rheinland</strong><br />
www.lvr.de im Bereich Jugend.<br />
Riskante Kindheiten –<br />
Herausforderungen für <strong>die</strong><br />
<strong>Jugendhilfe</strong><br />
ISA-Kongress vom 22. – 24.<br />
September 2003 in Dortmund<br />
Die Bedingungen des Aufwachsens von<br />
Kindern haben sich in unserer Gesellschaft<br />
in den letzten Jahrzehnten<br />
grundlegend verändert. Kennzeichen<br />
<strong>die</strong>ser Veränderungen sind u.a. <strong>die</strong><br />
Zunahme von Einzelkindern und eine<br />
steigende Anzahl von Einelternfamilien,<br />
<strong>die</strong> „Verstädterung“ der Kindheit,<br />
<strong>die</strong> Zunahme von Kinderarmut, der<br />
wachsende Einfluss der Me<strong>die</strong>n sowie<br />
neue Formen altersübergreifender Beziehungen<br />
oder <strong>die</strong> erfolgte Stärkung<br />
von Kinderrechten. Die Lebensphase<br />
Kindheit bewegt sich damit im Spannungsfeld<br />
neuer Chancen und Risiken.<br />
Der Kongress will <strong>die</strong>se Veränderungen<br />
in der Lebensphase Kindheit mit<br />
all ihren Chancen aber auch wachsenden<br />
Risiken in den Blick nehmen. Im<br />
Mittelpunkt der Diskussion steht <strong>die</strong><br />
Frage, welche kooperativen Formen<br />
von Unterstützung durch <strong>Jugendhilfe</strong><br />
und andere Institutionen notwendig<br />
sind, <strong>um</strong> riskante Lebensverhältnisse<br />
von Kindern und sich zuspitzende Krisensituationen<br />
in ihrem Umfeld frühzeitig<br />
zu erkennen und präventiv handeln<br />
zu können.<br />
Die Veranstaltung wird in Kooperation<br />
mit dem Ministeri<strong>um</strong> für Schule,<br />
Jugend und Kinder sowie der Stadt<br />
Dortmund durchgeführt. Der Kongress<br />
richtet sich vor allem an Fachkräfte der<br />
<strong>Jugendhilfe</strong> und der Sozialen Dienste.<br />
Informationen und Anmeldung:<br />
Institut für soziale Arbeit e.V.<br />
(ISA e.V.)<br />
Tel.: 0251 / 9 25 36 - 0<br />
E-Mail: isa@muenster.de<br />
Internet: www.isa-muenster.de<br />
kurz notiert<br />
Nach 35 Jahren Tätigkeit im<br />
Landesjugendamt Westfalen-<br />
Lippe in Münster geht Hans<br />
Joachim Stahl in den Ruhestand.<br />
Als langjähriger Referatsleiter<br />
waren <strong>die</strong> Jugendarbeit<br />
und der Jugendschutz <strong>die</strong><br />
Schwerpunkte seiner Arbeit.<br />
Seit 1972 war er für NRW<br />
Jugendschutzsachverständiger<br />
in der FSK (Freiwillige Selbstkontrolle<br />
der Filmwirtschaft).<br />
Paul Fülbier ist neuer Geschäftsführer<br />
der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Jugendsozialarbeit in<br />
Bonn.<br />
Max Fuchs, Direktor der<br />
Akademie Remscheid ist erneut<br />
z<strong>um</strong> Vorsitzenden des Deutschen<br />
Kulturrates gewählt<br />
worden.<br />
Der ABA Fachverband hat eine<br />
neue Geschäftsstelle in der<br />
Hacheneyer Straße 183 in<br />
44265 Dortmund bezogen.<br />
Postanschrift: Postfach 350 172,<br />
44243 Dortmund. Die Telefonn<strong>um</strong>mer<br />
ist <strong>die</strong> alte: 0231/985<br />
20 53, www.ABA-<br />
Fachverband.org<br />
Das Jugendamt Solingen hat<br />
eine neue Leitung: Rainer Pauli<br />
hat Dietmar Vogt abgelöst, der<br />
in den Ruhestand gegangen ist.<br />
Dr. Richard Schröder, bisher<br />
Leiter des ProKids Büro in<br />
Herten übernimmt eine neues<br />
Projekt: Als Geschäftsführer und<br />
Leiter baut er das Projekt<br />
„Bauernhof Wesselshof“ als<br />
Erfahrungs-, Lern- und Arbeitsfeld<br />
für Kinder und Jugendliche<br />
auf, das sich zukünftig wirtschaftlich<br />
selbst tragen soll.<br />
Der Berufsverband der Heilpädagogen<br />
(BHP) verändert seine<br />
Zeitschrift. Aus „bhp-info“ wird<br />
„heilpaedagogik.de“.<br />
Martin Wonik, stellvertretender<br />
Geschäftsführer der Sportjugend<br />
NRW ist neuer Vorsitzender<br />
des Landesjugendringes.<br />
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