11.06.2014 Aufrufe

Rund um die Jugendhilfe - Landschaftsverband Rheinland

Rund um die Jugendhilfe - Landschaftsverband Rheinland

Rund um die Jugendhilfe - Landschaftsverband Rheinland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

und <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>_jhr<br />

– Bis zu 2 % der SchülerInnen können<br />

als RegelverweigereInnen eingeschätzt<br />

werden.<br />

– Ebenfalls ca. 2 % gelten als erhebliche<br />

GelegenheistverweigerInnen<br />

(Schwänzer).<br />

– Die Anzahl von offensiv störenden<br />

UnterrichtsverweigerInnen (aktionsorientierte<br />

Verweigerer) könnte – je<br />

nach Definition – bundesweit bei 5<br />

bis 20 % liegen.<br />

Hinsichtlich der Bedingungen und<br />

Motive, der Verläufe und der persönlichen<br />

Disposition lässt sich keine Schulverweigerung<br />

mit einer anderen vergleichen.<br />

Sie ist häufig das Ergebnis<br />

eines Prozesses, an dessen Zustandekommen<br />

mehrere Bedingungsbereiche<br />

beteiligt sind. 1<br />

Soziale Benachteiligung als<br />

belastender Faktor<br />

Bei schulischem Verweigerungsverhalten<br />

stellen sozial unterprivilegierte<br />

SchülerInnen <strong>die</strong> Mehrzahl. (Kriminologisches<br />

Forschungsinstitut 1999).<br />

Je ausgeprägter <strong>die</strong> materielle, soziale<br />

und kulturelle Armut ist, dazu<br />

noch Wohnen in belasteten Wohnbereichen<br />

kommt, desto häufiger ist<br />

Schwänzen und Verweigerung. Soziostrukturelle<br />

Benachteiligungsfaktoren<br />

wie Eltern ohne Berufsausbildung, Arbeitslosigkeit<br />

und geringes Einkommen<br />

machen Schwänzen und vor allem<br />

Schulverweigerung wahrscheinlicher.<br />

Soziale Ungleichheit spiegelt sich also<br />

auch im Verweigererthema. Die Mehrheit<br />

der VerweigerInnen sind VerliererInnen,<br />

– mit schlechteren Noten, geringwertigen<br />

Abschlüssen und einer<br />

Keine Berufsausbildung ohne<br />

Schulabschluss.<br />

Flut von Misserfolgen und Absagen.<br />

Nicht selten begeben sie sich in <strong>die</strong><br />

Selbstillusion und/oder Selbstentwertung.<br />

Die PISA-Stu<strong>die</strong> belegt, dass<br />

Schule – besonders in Deutschland –<br />

<strong>die</strong> Herkunftsbenachteiligung äußerst<br />

unzureichend ausgleicht.<br />

Die Erkenntnisse aus der PISA-Stu<strong>die</strong><br />

im Bereich „Soziale Herkunft – erworbene<br />

Kompetenzen“ untermauern,<br />

dass folgende zentrale Aussagen getroffen<br />

werden können:<br />

– In Deutschland werden <strong>die</strong> schwachen<br />

Schülerinnen und Schüler weniger<br />

erfolgreich gefördert<br />

– Schule schreibt den sozialen Status<br />

der Eltern fort: Niedriger sozio-ökonomischer<br />

Status der Eltern gleich<br />

niedriger Leistungsstand der Kinder<br />

– Jugendliche mit Migrationsintergrund<br />

liegen deutlich unter dem<br />

Durchschnitt<br />

Schulbesuch beinhaltet für viele, <strong>die</strong><br />

mit massiven, lang andauernden sozialen<br />

Benachteiligungen leben müssen<br />

und nicht besonders gestützt werden,<br />

dramatisch weniger Aussicht auf gelingende<br />

Schulverläufe. Insofern kann<br />

Verweigerung von Unterricht und<br />

Schule eine „logische“ Antwort sein.<br />

Diese Jugendlichen haben vielfach<br />

derart gehäufte Schwierigkeiten zu<br />

bewältigen, dass für <strong>die</strong> Aufnahme von<br />

Schulstoff keine Ressourcen mehr vorhanden<br />

sind.<br />

Belastungen können sein: Fehlende<br />

Unterstützung im Elternhaus, Konfrontationen<br />

mit dem Gesetz, frühe Mutterschaft,<br />

massivste Selbstzweifel und<br />

Drogenkons<strong>um</strong>, Migrationsproblematiken<br />

wie z.B. Sprach- und Integrationsschwierigkeiten.<br />

Schulverweigerung bedingt häufig<br />

abweichendes Verhalten. Schätzungen<br />

deuten darauf hin, dass bis zu einem<br />

Drittel <strong>die</strong>ser SchülerInnen als –<br />

gegebenenfalls episodisch-delinquent<br />

gelten kann.<br />

Schule kann <strong>die</strong>sen Jugendlichen<br />

keine ausreichende Unterstützung bei<br />

der „Bearbeitung“ <strong>die</strong>ser Problemlagen<br />

bieten und ist darauf auch nicht<br />

ausgelegt. Familiäre Konflikte führen<br />

in der Regel zu Konflikten in der Schule.<br />

Überlagern und potenzieren sich<br />

beide Konfliktfelder, so ist der Jugendliche<br />

überfordert, er entzieht sich<br />

zuerst dem Konfliktfeld, bei dem es<br />

für ihn – vor allem in psychischer Hinsicht<br />

– „am leichtesten“ ist, der Schule.<br />

Familiäre Bedingungen<br />

Nahtlos schließt sich hier der Bedingungsbereich<br />

Familie an. Zunehmend<br />

weniger Familien sind in der Lage, das<br />

Schulleben ihrer Kinder kompensatorisch<br />

zu ergänzen.<br />

Hinter VerweigererInnen stehen oft<br />

Mütter und Väter, Familien in Not.<br />

Schulverweigerung sollte grundsätzlich<br />

als Folgesymptom familiär bedingter<br />

lebens- und Entwicklungsschwierigkeiten<br />

gedeutet werden.<br />

Wie u.a. in der Übersicht zu erkennen<br />

war und auch andere Einzelfalluntersuchungen<br />

zeigen:<br />

Bedeutsam häufig sind Schulverweigerungsproblematiken<br />

in Familien anzutreffen,<br />

<strong>die</strong> psychosozial belastet<br />

bzw. dauerbelastet sind wie z.B. der<br />

Verlust elterlicher Bezugspersonen<br />

durch deren Trennung, Todesfälle<br />

oder Inhaftierung, psychische Erkrankungen<br />

oder massive psychische Probleme<br />

der Eltern, Missbrauch, Gewalt<br />

und Sucht.<br />

Im Blick auf Erziehungsstile weisen<br />

Einzelfalluntersuchungen auf folgende,<br />

Schulverweigerung begünstigende<br />

Defizite und Faktoren hin:<br />

– Elterliche Kontrollschwächen,<br />

– Ausfall von Unterstützung,<br />

– Orientierungsprobleme durch mangelhafte<br />

Grenzsetzung und bildungsferne<br />

Elternmodelle. Hilflosigkeit<br />

und Bagatellisierung gegenüber<br />

unregelmäßigem Schulbesuch und<br />

Autoritätsdefizite sowie permanente<br />

Unstetigkeit und Unberechenbarkeit<br />

im elterlichen Handeln.<br />

– Negative Schulerfahrungen der Eltern<br />

und daraus resultierende Zwiespältigkeit<br />

und Distanzierung gegenüber<br />

Schule<br />

– Überanpassung an Schule sowie<br />

Kontrollzwänge von rigiden einseitig<br />

leistungsorientierten Eltern.<br />

Andererseits belegen Befunde, dass<br />

elterliches Interesse und moderate<br />

Unterstützung sowie dosierte Kontrolle<br />

sich tendenziell positiv auf Anwesenheit,<br />

Schulerfolg und Schulzufriedenheit<br />

auswirken. Zusammenfassend<br />

sollte – was durch Untersuchungen<br />

belegt ist und durch PISA untermauert<br />

wurde – im Blick bleiben dass<br />

26 2/03

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!