Rochlitzer Anzeiger
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<strong>Rochlitzer</strong> <strong>Anzeiger</strong> Seite 18 5. September 2013<br />
Napoleon rückte in den Sommertagen 1813<br />
mit seinen Truppen über Colditz und Rochlitz<br />
wieder ostwärts durch Sachsen. Die Durchmärsche<br />
durch Rochlitz waren am 6. bis 8.<br />
Mai besonders stark, berichtete Winkler.<br />
Jeden Tag sei ein Bataillon junger französischer<br />
Kohorten einmarschiert und sie wurden<br />
allemal einquartiert. „Das ging beinah den<br />
ganzen Sommer fort und alle Hausbesitzer<br />
wurden von der Einquartierung stark mitgenommen.“<br />
In der Schlacht bei Bautzen am 20. Mai 1813<br />
habe Napoleon nochmals „Kriegsglück“<br />
gehabt, schreibt Winkler. Österreich schloss<br />
sich jetzt den verbündeten Russen und<br />
Preußen an.<br />
Napoleon zog seine Truppen von der Elbe<br />
ab.<br />
Mit der Schlacht bei Dresden am 26. Juni<br />
1813 endete Napoleons Kriegsglück, in den<br />
Schlachten bei Culm am 4. Juli 1813, an der<br />
Katzbach in Schlesien und bei Jüterbog<br />
verließ es ihn endlich. Napoleon zog seine<br />
Truppen aus dem Elbegebiet zurück. Eine<br />
Division von ungefähr 12 000 Mann lag bei<br />
Meißen. Russischen Kosaken gelang bereits<br />
am 26. März der Übergang über die Elbe und<br />
die Division Napoleons, aus französischen,<br />
bayerischen und polnischen Soldaten bestehend,<br />
verließ die Elbgegend und zog sich<br />
über Waldheim, Rochlitz, Altenburg nach<br />
Thüringen zurück, gefolgt von den Kosaken.<br />
Der <strong>Rochlitzer</strong> Geschichtsverein informiert<br />
Rochlitz in den Tagen der Völkerschlacht 1813<br />
Starke französische Einquartierung in<br />
Rochlitz<br />
„Am 28. März 1813 rückte gegen Abend die<br />
starke Division in Rochlitz ein und blieb den<br />
29. März stehen. Die Stadt erhält wieder starke<br />
Einquartierung. Die Kavallerie, meistens<br />
bairische, bivaquierte bei den Scheunen am<br />
Untertor und den Pfarrwiesen vor dem Grimmaischen<br />
Thor.“ (Das Grimmaische Tor<br />
befand sich in der Leipziger Straße - Einmündung<br />
Obere Gärtnerstraße.)<br />
Bei Köttern hätten sich Kosaken auf der<br />
Waldheimer Straße gezeigt. Am 30. April<br />
1813 seien sämtliche napoleonischen Truppen<br />
nach Altenburg weitermarschiert, bis auf<br />
ein bairisches Bataillon, das nach Colditz zur<br />
Besetzung der Muldenbrücke befohlen<br />
wurde, erfuhr Winkler.<br />
Unter den napoleonischen Verbänden befand<br />
sich auch die polnische Truppe unter dem<br />
Kommando des legendären Fürsten Poniatowsky.<br />
Er lagerte mit ihr auf der Höhe gegenüber<br />
dem <strong>Rochlitzer</strong> Schloss. Die <strong>Rochlitzer</strong><br />
hatten jeden Tag für Quartier, Unterkunft und<br />
Verpflegung zu sorgen. Die einfachen Mannschaften<br />
kampierten im Freien, während die<br />
Offiziere in Privatwohnungen Aufnahme<br />
fanden. Aus den zahlreichen Scheunen am<br />
Stadtrand waren bald die Vorräte der Bauern<br />
an Hafer, Heu und Stroh aufgebraucht. Vieh<br />
wurde einfach requiriert. Zahlreiche Handwerker<br />
aus Rochlitz und der Umgebung mussten<br />
sogar in Poppitz eine Feldbäckerei errichten.<br />
Mit der Schlacht bei Dresden, am 26. Juni<br />
1813 endete Napoleons Kriegsglück.<br />
Der Verfasser dieser Zeilen hatte Gelegenheit<br />
im <strong>Rochlitzer</strong> Stadtarchiv Akten aus dieser<br />
Zeit einzusehen; da waren Quartieraufforderungen,<br />
Rechnungen von Gastwirten und von<br />
Handwerkern, die von der Stadt beglichen<br />
werden mussten.<br />
Einige Totengräber hatten sich später sogar<br />
zu verantworten, weil sie statt einen Toten<br />
pro Grab sich zwei bezahlen ließen. Auch<br />
Arztrechnungen für die Behandlung Verwundeter<br />
und Rechnungen für angefertigte<br />
Krücken waren zu finden.<br />
Es war also eine schwere Zeit für Rochlitz<br />
und die Dörfer, die in dieser Kriegszeit auf<br />
den Bürgern unserer Heimat damals lastete!<br />
G. Hofmann, Mitglied des <strong>Rochlitzer</strong><br />
Geschichtsvereins e. V.<br />
Aus dem Leben meines Großvaters und meines Vaters<br />
von W. Uhlich, emeritierter Kirchschullehrer von Wechselburg Wechselburg 1897<br />
Wörtlich übertragen von der deutschen<br />
Schreibschrift (Kurrent um 1900) in die lateinische<br />
Schrift von Dr. paed. Wolfgang Richter,<br />
Noßwitz 2010<br />
Meine Großeltern durchlebten beide die<br />
schreckliche napoleonische Kriegszeit. Mein<br />
Vater schrieb darüber folgendes:<br />
Die freundlichen und feindlichen gewaltigen<br />
Heeresmassen trieben sich wiederholt<br />
durch Colditz, da diese Stadt an der<br />
zwischen Leipzig und Dresden befindlichen<br />
Hauptstraße liegt. Die Völker Europas, Franzosen,<br />
Spanier, Italiener, Deutsche und<br />
Russen ja selbst die asiatischen Horden,<br />
Tataren, Kalmücken und Baschkiren, glänzende<br />
Regimenter, Scharen zerfetzter<br />
Gefangener und Wagen voll Verstümmelter<br />
kamen da an und marschierten in oft ununterbrochenem<br />
Zug vom frühen Morgen an<br />
bis spät in die Nacht hinein durch die sonst<br />
so stille und friedliche Stadt. Da gab es<br />
täglich Einquartierung in Masse, Garten und<br />
Felder wurden verwüstet und von fernher<br />
erdröhnte das unfriedliche Dröhnen der<br />
Kanonen, das von Lützen, Torgau und Leipzig<br />
herüberhallte und besonders am Ufer der<br />
Mulde wahrnehmbar war.<br />
Am 29. März 1813 kam es mitten in der Stadt<br />
Colditz zwischen bayrischer Infanterie und<br />
einem Detaschement Polen mit einer Kosaken-Avantgarde<br />
zum Kampf. Die Kosaken<br />
erzwangen den Übergang über die Muldenbrücke<br />
und stürmten unter erbebendem<br />
Hurrageschrei durch die Badergasse dem<br />
Markt zu. Die Bewohner jener Gasse sanken,<br />
aufgeschreckt von dem fremden wildaussehenden<br />
Volk aufs Knie. Schreckliches Getöse,<br />
Kanonen- und Gewehrfeuer vernahm man<br />
in der Stadt. Denn die Bayern trieben mit<br />
Kartätschensalven zweier Kanonen die Kosaken<br />
vom Markte zurück. - Währenddem<br />
stand die Mutter in der Hausflur und rang die<br />
Hände. - Es blieben 14 Kosaken und 7<br />
Bayern tot auf dem Platze und gegen 300<br />
Kosaken und 100 Pferde wurden verwundet.<br />
Die Bayern zogen jedoch in der Nacht auf der<br />
Altenburger Straße ab und daher rückten die<br />
Kosaken bereits am nächsten morgen früh 6<br />
Uhr in die Stadt wieder ein. (vgl. Historische<br />
Beschreibung der Stadt Colditz von Bellger,<br />
S. 277 u. 278; auch ff. Seiten!)<br />
Der Großvater (K.S.U.) musste nun als Bürgerschütze<br />
mit fort, bestimmt, Verwundete und<br />
Gefangene vom Schlachtfeld zu transportieren.<br />
Unterdessen war die Großmutter mit<br />
Originalseite aus dem Heft 1 von W. Uhlich,<br />
Wechselburg 1897<br />
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M<br />
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