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Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2011 - Institute for Advanced Studies

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trübt. Für das Jahr <strong>2011</strong> insgesamt ergibt sich ein Anstieg<br />

des Bruttoinlandsprodukts um 2,9 % (Abb. 3.8).<br />

Für das kommende Jahr erwarten die <strong>Institute</strong> eine allmähliche<br />

Erholung der Produktion, auch weil bei abnehmender<br />

Unsicherheit zurückgestellte Investitionsvorhaben nachgeholt<br />

werden dürften. Die Industrieproduktion wird wieder zunehmen,<br />

wenn auch langsamer als in diesem Jahr. Da wohl<br />

der Arbeitsmarkt stabil und die Einkommensentwicklung<br />

günstig bleiben werden, können auch die konsumnahen<br />

Dienstleister ihre Wertschöpfung steigern. Die weiterhin gute<br />

Wettbewerbsposition der exportorientierten Unternehmen<br />

lässt erwarten, dass bei einem leichten Anziehen der ausländischen<br />

Nachfrage die Produktion ausgeweitet wird. Insgesamt<br />

dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2012 um<br />

0,8 % zulegen (arbeitstäglich bereinigt 1,0 %).<br />

Lohnanstieg bleibt kräftig<br />

Die tariflichen Stundenlöhne sind in der ersten Jahreshälfte<br />

trotz der kräftigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung<br />

nur langsam gestiegen. Unter Berücksichtigung tariflich<br />

vereinbarter Einmal- und Sonderzahlungen nahmen sie gegenüber<br />

dem entsprechenden Vorjahreszeitraum im ersten<br />

Halbjahr um 1,5 % zu, nach 1,2 % im zweiten Halbjahr<br />

2010. Die effektiven Stundenlöhne legten hingegen um<br />

2,9 % und damit wesentlich stärker zu. Dazu dürfte neben<br />

freiwilligen Einmalzahlungen der Unternehmen auch<br />

beigetragen haben, dass vermehrt bezahlte Überstunden<br />

geleistet wurden. Die Lohndrift auf Stundenbasis war – anders<br />

als im vorhergehenden Aufschwung – deutlich positiv.<br />

Die realen Arbeitskosten verzeichneten angesichts eines<br />

Anstiegs des Deflators des Bruttoinlandsprodukts um<br />

0,5 % im zweiten Quartal eine deutliche Zunahme. Da die<br />

Produktivität weniger stark zulegte, sind die realen Lohnstückkosten<br />

auf Stundenbasis damit erstmals seit Sommer<br />

2009 gestiegen, wenn auch bisher nur leicht um 0,2 %<br />

im Vergleich zum Vorjahr. Nominal zogen die Lohnstückkosten<br />

um 1,5 % an.<br />

Die Lohn- und Gehaltsrunde <strong>2011</strong> ist weitgehend abgeschlossen,<br />

mit vielen Vereinbarungen, die auch das Jahr<br />

2012 betreffen. Dabei zeigt sich, dass angesichts der günstigeren<br />

gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen deutlich<br />

höhere Abschlüsse getätigt wurden als in den Vorjahren.<br />

So erhielten die Beschäftigten der Chemischen Industrie<br />

im Mai eine Tarifanhebung um 4,1 %, nachdem im Vorjahr<br />

ausschließlich Einmalzahlungen vereinbart worden waren.<br />

Die vorliegenden Abschlüsse lassen einen Anstieg der<br />

tariflichen Stundenlöhne um 1,8 % im Jahresdurchschnitt<br />

<strong>2011</strong> sowie um 2,5 % im Jahr 2012 erwarten. Die Lohndrift<br />

dürfte wegen der konjunkturellen Abschwächung zwar zurückgehen,<br />

aufgrund der niedrigeren Zahl der Arbeitstage<br />

bleibt sie 2012 aber wohl im positiven Bereich. Vor diesem<br />

Hintergrund erwarten die <strong>Institute</strong> einen Anstieg der effektiven<br />

Stundenlöhne um 3,5 % in diesem und um 2,8 % im<br />

nächsten Jahr. Die realen Lohnstückkosten werden bei nur<br />

noch leichten Produktivitätssteigerungen in diesem Jahr um<br />

1,3 % zulegen. Für das nächste Jahr erwarten die <strong>Institute</strong><br />

eine Zunahme um 0,4 %. Unter diesen Voraussetzungen<br />

werden sich die Bedingungen für mehr Beschäftigung von<br />

der Kostenseite her etwas verschlechtern. Nominal steigen<br />

die Lohnstückkosten im Jahr <strong>2011</strong> um 1,9 % und im Jahr<br />

2012 um 1,8 %.<br />

Beschäftigung steigt trotz schwacher Konjunktur<br />

Die günstige Entwicklung am Arbeitsmarkt hat sich bis zuletzt<br />

<strong>for</strong>tgesetzt. Die Zahl der Erwerbstätigen ist von Jahresbeginn<br />

bis August um 366 000 gestiegen. Die Zahl der<br />

sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nahm noch etwas<br />

stärker zu, sie erhöhte sich bis Juli um 447 000. Dabei<br />

verschob sich die Struktur des Beschäftigungsaufbaus: Zuletzt<br />

war der stärkste Zuwachs nicht mehr bei den Arbeitnehmerüberlassungen,<br />

sondern im Verarbeitenden Gewerbe<br />

zu verzeichnen; offenbar werden die Stammbelegschaften<br />

dort wieder erweitert. Im Juli übertraf die Beschäftigung<br />

hier ihren Vorjahreswert um 146 000. Etwas mehr als die<br />

Hälfte des Anstiegs bei der sozialversicherungspflichtigen<br />

Beschäftigung betraf Vollzeitstellen. Die Zahl der ausschließlich<br />

geringfügig Beschäftigten hat hingegen nur leicht zugenommen.<br />

Die Arbeitslosigkeit ist weiter gesunken. Die Abnahme ist von<br />

Jahresanfang bis September mit 208 000 deutlich geringer<br />

ausgefallen als die Zunahme der Erwerbstätigkeit – und dies,<br />

obwohl das Erwerbspersonenpotenzial, vor allem aus demographischen<br />

Gründen, zurückgegangen ist. Zum einen deutet<br />

dies darauf hin, dass ein Teil des Beschäftigungsaufbaus<br />

aus der Stillen Reserve erfolgte. Hierfür spricht auch, dass<br />

die Zahl der nicht als arbeitslos registrierten Teilnehmer an<br />

arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zurückgegangen ist.<br />

Zum anderen hat der Wegfall der Freizügigkeitsbeschränkung<br />

für Arbeitnehmer aus acht der neuen EU-Mitgliedstaaten<br />

die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten<br />

und der ausschließlich geringfügig Beschäftigten aus diesen<br />

Ländern von April bis Juni nennenswert erhöht. 15<br />

Für die kommenden Monate deuten die Frühindikatoren auf<br />

eine geringere Zunahme der Beschäftigung hin. So ist das<br />

ifo Beschäftigungsbarometer seit seinem Hoch im März gesunken,<br />

und die Zahl der offenen Stellen nimmt seit Mai<br />

nur noch verlangsamt zu. Im weiteren Verlauf des Prognosezeitraums<br />

belasten die schwache Konjunktur und die höheren<br />

Lohnsteigerungen den Arbeitsmarkt. Zu einem Einbruch<br />

der Beschäftigung dürfte es aber nicht kommen, da<br />

die ausgeprägte Lohnmoderation in den Jahren vor der Krise<br />

noch nachwirkt und die dämpfenden Effekte zum Teil<br />

kompensiert. Vor diesem Hintergrund erwarten die <strong>Institute</strong>,<br />

dass das Arbeitsvolumen bis 2012 kaum noch zunehmen<br />

wird (Abb. 3.9). Im kommenden Winterhalbjahr dürfte<br />

es angesichts einer in der Tendenz stagnierenden Pro-<br />

15 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (<strong>2011</strong>), Auswirkungen der uneingeschränkten<br />

Arbeitnehmerfreizügigkeit ab dem 1. Mai auf den Arbeitsmarkt (Stand:<br />

Juni <strong>2011</strong>), Hintergrundin<strong>for</strong>mation, August <strong>2011</strong>, Nürnberg. Nach Einschätzung<br />

der Bundesagentur für Arbeit dürfte es sich bei den zusätzlichen<br />

Erwerbstätigen aus den neuen EU-Ländern zum größten Teil um Personen<br />

handeln, die bereits in Deutschland gelebt haben.<br />

GD <strong>Herbst</strong> <strong>2011</strong>

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