46 Alles in allem werden die öffentlichen Haushalte in diesem Jahr eine Defizitquote von 0,9 % und im kommenden Jahr von 0,6 % aufweisen (Tab. 3.10). Die strukturelle Defizitquote wird dabei um 0,6 Prozentpunkte in diesem und um 0,2 Prozentpunkte im kommenden Jahr zurückgeführt werden. In Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt wird der Schuldenstand von 84 % im Jahr 2010 auf rund 81 % im Jahr 2012 sinken. Darüber hinaus wird der Schuldenstand in dem Maße reduziert, in dem die mit der Gründung der Abwicklungsanstalten übernommenen Forderungen über die Zeit zu Erträgen führen. 25 25 Zu den diesbezüglichen Annahmen der Bundesregierung vgl. Bundesministerium der Finanzen (<strong>2011</strong>), Mittelfristige Projektion der öffentlichen Finanzen. Monatsbericht des BMF – August <strong>2011</strong>. GD <strong>Herbst</strong> <strong>2011</strong>
47 4. Mittelfristige Projektion Schätzung des Produktionspotenzials nach der Methode der EU-Kommission Die <strong>Institute</strong> ermitteln das Produktionspotenzial auftragsgemäß nach der von der Europäischen Kommission angewandten Methode. 26 Die Schätzung der gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten beruht auf einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion. Die Einsatzfaktoren Arbeit und Kapital gehen mit ihren Trendwerten unter der Annahme konstanter Skalenerträge in die Berechnung ein. Als weitere Komponente wird der Trend der Totalen Faktorproduktivität (TFP), welche aus dem Solow-Residuum berechnet wird, berücksichtigt. Die Zunahme der TFP ist jener Teil des Produktionsanstiegs, der nicht auf einen größeren Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zurückgeht. Der Arbeitseinsatz wird durch das potenzielle Arbeitsvolumen, gemessen in Stunden, abgebildet, das sich multiplikativ aus vier Komponenten zusammensetzt: der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, der trendmäßigen Partizipationsrate, der potenziellen Beschäftigungsquote sowie dem Trend der durchschnittlichen Arbeitszeit je Erwerbstätigen. Für die Schätzung der Trends der Partizipationsrate und der durchschnittlichen Arbeitszeit wird der Hodrick-Prescott- Filter verwendet. Um das mit der Anwendung statistischer Filterverfahren verbundene Endpunktproblem zu mildern, werden die betreffenden Bestandteile des Arbeitsvolumens mit Zeitreihenmodellen um drei Jahre über den Projektionszeitraum hinaus <strong>for</strong>tgeschrieben. Anschließend werden ihre trendmäßigen Werte bestimmt und in die Produktionsfunktion ein gesetzt. 27 Bezüglich der Bevölkerungsentwicklung greifen die <strong>Institute</strong> auf die Vorausberechnung des Statistischen Bundesamts zurück. 28 Gemäß der hier verwendeten Bevölkerungsvorausberechnung (Variante 1-W1) wird sich der Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in Deutschland trotz eines unterstellten positiven Wanderungssaldos von 100 000 Personen pro Jahr im Projektionszeitraum <strong>for</strong>tsetzen (Tab. 4.1). Auch die durchschnittliche Arbeitszeit je Erwerbstätigen dürfte weiter sinken, da sich die in den vergangenen Jahren beobachtete Zunahme der Bedeutung der Teilzeitarbeit wohl auch in Zukunft <strong>for</strong>tsetzen wird. Die Partizipationsrate dürfte im Projektionszeitraum weiter steigen. 29 Die potenzielle Beschäftigungsquote ergibt sich als Komplement zur strukturellen Erwerbslosenquote. Für deren Ableitung greifen die <strong>Institute</strong> im Einklang mit der von der Europäischen Kommission angewandten Methode auf das Konzept der lohninflationsstabilen Erwerbslosenquote (nonaccelerating wage rate of unemployment – NAWRU) zurück. Bei dieser, unter Rückgriff auf ein Phillips-Kurven-Modell geschätzten, strukturellen Erwerbslosenquote geht vom Arbeitsmarkt kein Lohninflationsdruck aus. Durch die Berücksichtigung der NAWRU wird das Konzept der Inflationsneutralität in die Potenzialschätzung einbezogen. Die vorliegende Schätzung impliziert, dass die strukturelle Erwerbslosenquote gegenwärtig bei 6,3 % liegt und im Projektionszeitraum noch geringfügig sinken wird. Insgesamt wird das potenzielle Arbeitsvolumen bis 2016 um 0,1 % pro Jahr zunehmen. Dabei werden die erwarteten Rückgänge der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und der durchschnittlichen Arbeitszeit durch den Anstieg der potenziellen Beschäftigungsquote sowie der trendmäßigen Partizipationsrate überkompensiert. Tab. 4.1 Produktionspotenzial und seine Determinanten 1995 bis 2016 a) ; jahresdurchschnittliche Veränderung in % 1995–2010 b) 1995–2010 2010–2016 Produktionspotenzial 1,2 c) 1,3 1,3 Kapitalstock 1,9 (0,7) 1,9 (0,7) 1,5 (0,5) Solow-Residuum 0,6 (0,6) 0,7 (0,7) 0,7 (0,7) Arbeitsvolumen – 0,1 (–0,1) – 0,1 (– 0,1) 0,1 (0,1) Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter – 0,2 – 0,2 – 0,3 Partizipationsrate 0,6 0,6 0,6 Erwerbsquote 0,1 0,1 0,1 Durchschnittliche Arbeitszeit – 0,5 – 0,5 – 0,3 Nachrichtlich: Arbeitsproduktivität 1,3 1,4 1,1 a) Differenzen in den aggregierten Werten durch Rundung. In Klammern: Wachstumsbeiträge. – b) Tatsächliche Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts und seiner Determinanten. – c) Bruttoinlandsprodukt. Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen und Projektion der <strong>Institute</strong>. GD <strong>Herbst</strong> <strong>2011</strong> Im Einklang mit der Vorgehensweise der Europäischen Kommission verwenden 26 Vgl. D’Auria, F., Denis, C., Havik, K., Mc Morrow, K., Planas, Ch., Raciborski, R., Röger, W. und A. Ross (2010), The production function methodology <strong>for</strong> calculating potential growth rates and output gaps, European Commission, Economic Papers 420, Brüssel. 27 Bei der Spezifikation der Zeitreihenmodelle für die durchschnittliche Arbeitszeit und die Partizipationsrate weichen die <strong>Institute</strong> im Detail von den Setzungen der Europäischen Kommission ab. Die <strong>Institute</strong> spezifizieren die Prozesse auf Basis von Einheitswurzeltests und des Akaike-In<strong>for</strong>mationskriteriums. 28 Im Gegensatz dazu verwendet die EU-Kommission die Bevölkerungsprognose von Eurostat. Dieser liegt die Annahme zugrunde, dass Fertilitäts- und Mortalitätsraten in der EU auf einen konstanten Wert oder eine bestimmte Verteilung konvergieren. 29 An dieser Stelle weichen die <strong>Institute</strong> von den Vorgaben der Europäischen Kommission ab. Die <strong>Institute</strong> basieren die Projektion der Arbeitszeit auf ein Zeitreihenmodell, das dem trendmäßigen Verlauf der Arbeitszeit in Deutschland besser gerecht wird. Daraus ergibt sich ein weniger stark rückläufiger Trend der durchschnittlichen Arbeitszeit je Erwerbstätigen. GD <strong>Herbst</strong> <strong>2011</strong>