Nr. 69 - Soziale Welt
Nr. 69 - Soziale Welt
Nr. 69 - Soziale Welt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
12 KOMMENTAR<br />
<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong> <strong>69</strong><br />
“Knock-knock-knockin‘ on<br />
heaven‘s door” (Guns ‘N Roses)<br />
Wer viel bekommt, gibt auch viel. Diejenigen,<br />
die am meisten Bekommen sind<br />
im Staat meist auch diejenigen, welche<br />
die meisten Steuern bezahlen. Das ist<br />
doch klar – oder? Von diesen Steuern<br />
bekommen dann auch die, die nicht<br />
oder nicht mehr arbeiten können – also<br />
im Grunde nichts verdienen. Wir sind<br />
ein sozialer Staat, dessen höchster Wert<br />
die Menschenwürde ist. Wir müssen ein<br />
soziales Europa werden, eine Gemeinschaft<br />
in der dieser höchste Wert der<br />
Maßstab zur Gestaltung der Verhältnisse<br />
des Zusammenlebens wird.<br />
Mancher bekommt mehr als genug<br />
und viele weniger als anständig ist. Wer<br />
von sehr viel, viel abgibt, hat am Ende<br />
immer noch mehr als genug. Aber er ist<br />
anständig und das sind nicht ganz wenige.<br />
Wer aber zu wenig hat, der hat nie<br />
genug und das sind sehr viele.<br />
Wenn also die, die so viel mehr für<br />
das bekommen, für was sie eigentlich<br />
weniger verdienten,<br />
an die abgeben, die<br />
weniger bekommen<br />
als anständig ist,<br />
dann kommen wir<br />
auf den richtigen<br />
Weg. Auf einen Weg,<br />
der sich an Werten<br />
und nicht allein am<br />
Wert orientiert. Es<br />
muss im Leben mehr<br />
als alles geben! Mehr<br />
als alles zu haben ist<br />
zu viel. Genug ist genug!<br />
Und es gibt genug<br />
für alle.<br />
„Wenn jeder gibt<br />
was er hat,<br />
dann werden alle<br />
satt“<br />
(WilhelmWillms /<br />
Peter Janssens)<br />
Wenn jetzt nach all<br />
den Tiraden über<br />
Steinbrücks Reden<br />
und Bemerkungen,<br />
die in der Presse breit<br />
getreten wurden,<br />
endlich auf sinnvolle<br />
Inhalte zurückgekommen<br />
wird, dann ist es<br />
auch höchste Zeit.<br />
Die Idee z.B., eine stärkere Begrenzung<br />
der Mietpreise für Wohnimmobilien<br />
in Innenstadtlagen zu fordern, ist<br />
ein wichtiger Schritt hin zu einer Neubesinnung<br />
auf die alte Mahnung: „Eigentum<br />
verpflichtet.“ Auch in diesen Zeiten<br />
gibt es noch seriöse Eigentümer, die<br />
nicht den letzen Cent aus Ihren Mietern<br />
quetschen. Auch weniger vermögende<br />
Menschen habe ein Recht darauf in der<br />
Stadt zu leben. Börsenumsatzsteuer,<br />
Bankenrechtsreform, Besteuerung der<br />
Wertschöpfungen, Erhöhung der Spitzensteuersätze<br />
für besonders Reiche,<br />
Vermögenssteuer, Senkung der Steuersätze<br />
für Geringverdiener, stärkere<br />
Förderung im Bildungswesen, klare Positionierung<br />
für Europa, Anhebung der<br />
Regelsätze in der Grundsicherung auf<br />
ein gerechtes Maß, Einführung eines flächendeckenden<br />
Mindestlohns zur Verhinderung<br />
von Arbeiterarmut, Klärung<br />
der Wiedersprüche zwischen Europarecht<br />
und Verwaltungspraxis im Sozialbereich<br />
und vieles Mehr. All das wird<br />
nicht nur von den Sozialdemokraten<br />
erwogen. Die Frage ist, wer wird es umsetzen?<br />
Die Menschen erwarten Ansätze<br />
die wirklich etwas zu ändern vermögen.<br />
Nur echte und einschneidende Änderungen<br />
können eine Lösung für die Probleme<br />
unserer Zeit werden.<br />
Vielleicht werden wir alle zurückschalten<br />
müssen, einige mehr andere weniger.<br />
Einigen wird es dann vielleicht<br />
besser gehen als je zuvor – eben nicht<br />
nur in Deutschland, sondern in Europa,<br />
das unser aller Zukunft ist. Wenn die,<br />
die wirklich mehr als genug haben, von<br />
ihrem Überfluss herreichen – dann werden<br />
alle davon profitieren – auch die Geber<br />
selbst. Nur durch größere Solidarität<br />
und ein näheres Zusammenrücken wird<br />
die Schere von Arm und Reich nicht weiter<br />
und weiter auseinandergehen.<br />
Dabei ist es nicht erforderlich, dass<br />
jemand mit utopischen Steuern, wie in<br />
Frankreich geplant, enteignet wird. –<br />
Auch das ist ungerecht! Vielmehr gilt es,<br />
verhältnismäßig Prozente da abzuholen,<br />
wo es den Betroffenen nicht wirklich<br />
wehtut, allen aber geholfen ist.<br />
Viele geben schon von sich aus viel –<br />
verzichten auf Erhöhungen ihrer Bezüge,<br />
vermieten ihre Häuser nicht zu Wucherzinsen<br />
und treten sogar öffentlich dafür<br />
ein, Teile ihres Vermögens hergeben zu<br />
wollen. Das sind diejenigen, welche die<br />
Zeichen der Zeit erkannt haben.<br />
Sie haben weitblickend erkannt, dass<br />
die freiheitlich-demokratische Gemeinschaft<br />
aller Menschen in Deutschland<br />
und in ganz Europa nur dann Bestand<br />
haben kann, wenn die Potentialunterschiede<br />
zwischen Arm und Reich nicht<br />
zu groß werden. Wer also die Freiheit<br />
liebt, der mache die richtige Politik!<br />
G. Pfeifer (Text + Fotos)