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Nr. 69 - Soziale Welt

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<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong> <strong>69</strong><br />

SOZIALE PROJEKTE INTERNATIONAL<br />

29<br />

wollen weg und sich engagieren.<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong>: Hattest Du Angst vorm<br />

Weggehen?<br />

Anna: Ich hatte ziemlich Bammel. Zunächst<br />

nicht, aber je näher der Abflugtermin<br />

rückte, um so mehr kam die Aufregung.<br />

Jetzt kann ich natürlich sagen,<br />

es war eine tolle Zeit, eine schöne Erfahrung.<br />

Im Endeffekt ist alles viel weniger<br />

fremd als man dachte. Man gewöhnt<br />

sich schnell an das andere. Durch die Arbeit<br />

gehört man auch schnell dazu. Umgekehrt<br />

erlebte ich einen Kulturschock,<br />

als ich wiederkam. Auf das Ausland bereitet<br />

man sich vor, aber auf die Rückkehr<br />

eben nicht.<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong>: Worin besteht der Kulturschock<br />

bei der Rückkehr?<br />

Anna: Man hat sich vor der Reise auf<br />

das Fremde eingestellt, aber bei der<br />

Rückkehr macht man sich nicht klar,<br />

dass man lange weg war, sich verändert<br />

hat und zu Hause auf Ungewohntes trifft.<br />

Es ist eben vieles anders als da wo man<br />

gerade herkommt. Ein banales Beispiel<br />

ist das Verhalten in der U-Bahn: Als ich<br />

das erste Mal wieder U-Bahn in Frankfurt<br />

fuhr, kam es mir extrem leise in der Bahn<br />

vor. Es ist komisch still, obwohl die Bahn<br />

voller Menschen ist. In Nicaragua ist es<br />

immer laut in den Bussen. Die Leute<br />

sitzen nebeneinander und reden sofort<br />

miteinander, beispielsweise über den<br />

defekten Bus, die Verspätung, die Probleme<br />

beim Reisen etc. In Deutschland<br />

reden fremde Menschen, die zufällig<br />

aufeinander treffen viel seltener miteinander.<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong>: Außerdem hattest Du<br />

eine Selbständigkeit, die Du jetzt wahrscheinlich<br />

nicht mehr ganz so hast, wenn<br />

Du in Deine Familie zurückkommst.<br />

Anna: Ich war sehr selbständig in Nicaragua<br />

und kann das jetzt weiter sein. Die<br />

kleinen Unselbständigkeiten, die ich dadurch<br />

habe, dass ich wieder in meine Familie<br />

zurückgekehrt bin, genieße ich auch.<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong>: Mit welchen Augen siehst<br />

Du jetzt unseren Wohlstand?<br />

Anna: Ich sehe die Verschwendung<br />

jetzt kritischer. Dass wir eine Wegwerfgesellschaft<br />

sind, schmerzt mich jetzt viel<br />

mehr. In Nicaragua war beispielsweise<br />

das Wasser knapp und manchmal gab<br />

es morgens kein Wasser. Die Verschwendung<br />

hier fällt mit jetzt viel mehr auf.<br />

Allerdings möchte ich betonen, dass Nicaragua<br />

zwar materiell arm ist, aber keinesfalls<br />

geistig oder kulturell. Das Land<br />

hat beispielsweise eine lebendige Literaturtradition.<br />

Der Dichter Rubén Dario<br />

ist bekannt und wird von vielen verehrt.<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong>: Anna, wir danken für<br />

das Gespräch und wünschen Dir viel<br />

Glück für Deine Zukunft.<br />

Das Interview führte liz<br />

(Fotos: N. Arthur)<br />

Der Mercado Central<br />

Morgens strömt ganz León auf den Mercado de la Terminal um einzukaufen und mit Bekannten zu plaudern

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