18.07.2014 Aufrufe

Nr. 69 - Soziale Welt

Nr. 69 - Soziale Welt

Nr. 69 - Soziale Welt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

22 HISTORISCHE PERSÖNLICHKEIT<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong> <strong>69</strong><br />

Jeder kennt den „Struwwelpeter“,<br />

eines der bekanntesten Kinderbücher<br />

der <strong>Welt</strong> und zugleich eines der ersten<br />

überhaupt. „Das Dschungelbuch“<br />

und „Alice in Wunderland“ ebenso<br />

wie ,“Huckleberry Finn“ und „Max<br />

und Moritz“ entstanden erst später.<br />

Das Buch ist also berühmt, aber<br />

wer kennt den Verfasser? Heinrich<br />

Hoffmann wurde 1809 in der Fressgass‘<br />

in Frankfurt geboren und starb<br />

auch in seiner Heimatstadt 1894. Von<br />

Beruf war er nicht etwa Schriftsteller,<br />

sondern Arzt, und zwar ein durchaus<br />

ungewöhnlicher.<br />

Sein Leben begann ganz normal:<br />

Gymnasium, Medizinstudium in Heidelberg<br />

und Halle, Doktor, Studienaufenthalt<br />

in Paris an dortigen Hospitälern,<br />

Rückkehr nach Frankfurt, Arzt<br />

am Leichenschauhaus und praktischer<br />

Arzt und Geburtshelfer in Sachsenhausen.<br />

Es wird ihm von der Wiege<br />

bis zur Bahre wohl nichts Menschliches<br />

fremd gewesen sein. Schließlich<br />

Heirat mit der Frankfurterin Therese<br />

Donner, drei Kinder -und Arzt an der<br />

Armenklinik in der Meisengasse, einer<br />

Institution, wo arme Kranke aus<br />

Frankfurt und Umgebung kostenlos<br />

behandelt wurden.<br />

Wohltäter der Wahnsinnigen<br />

Das Hauptanliegen seines beruflichen<br />

Lebens war aber die Schaffung<br />

der ersten modernen Klinik für Geisteskranke.<br />

Nachdem er 1851 Ärztlicher<br />

Leiter der „Anstalt für Irre und<br />

Heinrich Hoffmann<br />

Der Schöpfer des „Struwwelpeter“<br />

Epileptische“ in Frankfurt geworden<br />

war, kämpfte er jahrelang für die Änderung<br />

der dortigen Zustände, wo<br />

Geisteskranke wie Verbrecher, ja fast<br />

wie wilde Tiere weggesperrt wurden.<br />

Im Jahre 1864 kann er am damaligen<br />

Rande Frankfurts, auf dem sogenannten<br />

Affenstein, wo heute das<br />

vormalige IG-Farben-Haus steht, einst<br />

amerikanisches Hauptquartier, jetzt<br />

Universität, den Neubau einer Nervenklinik<br />

eröffnen. Hier wurden die<br />

Kranken wie Menschen behandelt, damals<br />

etwas ganz Neues auf der <strong>Welt</strong>.<br />

Vor allem war Hoffmann auch an<br />

kranken Kindern interessiert, deren<br />

Probleme vorher prinzipiell von<br />

Ärzten ignoriert worden waren. Zu<br />

seinem 50jährigen Doktor- Jubiläum<br />

1883 wurde das Gedicht rezitiert:#<br />

„Bei Kindern und bei Narren nur<br />

Ist von Verstellung keine Spur.<br />

Drum schloß er beide in sein Herz<br />

Und linderte gar manchen Schmerz.“<br />

Der Kinderfreund<br />

Der „Struwwelpeter“ entstand 1844<br />

als Weihnachtsgeschenk für seinen<br />

dreijährigen Sohn und wurde schon<br />

1845 zum ersten Mal gedruckt. Im<br />

Jahre 1856 erschien bereits die 100.<br />

Auflage, ein Popularitätserfolg, den<br />

im 19. Jahrhundert kaum ein anderes<br />

Buch hatte. Schon damals waren<br />

Übersetzungen in mindestens neun<br />

Sprachen des illustrierten Kinderbuches<br />

erschienen, sogar in Brasilien.<br />

Die Entstehungsgeschichte des Kinderbuches<br />

ist folgende: Dr. Hoffmann<br />

wollte seinem kleinen Sohn zu Weihnachten<br />

ein Bilderbuch schenken,<br />

aber was angeboten wurde, gefiel ihm<br />

nicht. Als er aus den Buchhandlungen<br />

zurückkam, so berichtet er selbst: „Als<br />

ich heimkam, hatte ich doch ein Buch<br />

mitgebracht, ich überreichte es meiner<br />

Frau mit den Worten: „Hier ist das<br />

gewünschte Buch für den Jungen!“.<br />

Sie nahm es und rief verwundert:<br />

„Das ist ja ein Schreibheft mit leeren<br />

weißen Blättern!“ „Nun ja, dann wollen<br />

wir ein Buch daraus machen!“.<br />

Irrenanstalt am Affenstein<br />

Schon vor und auch nach diesem<br />

berühmten Buch hat Hoffmann auch<br />

manche andere veröffentlicht, neben<br />

wissenschaftlich-medizinischen vor<br />

allem lustige Kleinigkeiten, Gedichte,<br />

Lieder, Satiren, kleine Komödien, die<br />

alle neben dem Struwwelpeter heute

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!