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Nr. 69 - Soziale Welt

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<strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong> <strong>69</strong><br />

TECHNIK UND UMWELT<br />

Elektrogeräte - Finaler Error<br />

13<br />

Waschmaschinen, TV-Geräte und<br />

Drucker geben heute in der Regel<br />

schon nach wenigen Jahren<br />

den Geist auf. Der Verdacht drängt<br />

sich auf: Werden elektronische Geräte<br />

bewusst kurzlebig konstruiert, um uns<br />

das Geld aus der Tasche zu ziehen?<br />

Plötzlich bleibt der Bildschirm schwarz,<br />

das Handy stumm und der Drucker<br />

spuckt keine Seiten mehr aus. Reparieren<br />

kostet fast so viel wie neu kaufen,<br />

manchmal sogar mehr. Also ersetzt man<br />

und entsorgt das Alte. Die Lebenserwartung<br />

der praktischen Apparate scheint<br />

immer kürzer zu werden. Für viele steht<br />

fest: Die Industrie konstruiert die Geräte<br />

absichtlich so, dass sie nach wenigen<br />

Jahren den finalen Error produzieren<br />

und sich die Kunden etwas Neues kaufen<br />

müssen. „Geplante Obsoleszenz“ nennt<br />

sich das; zu Deutsch: Veraltung. Ist das<br />

Todesdatum nicht schon einprogrammiert,<br />

so der Verdacht, dann wird so gebaut,<br />

dass das Gerät unmöglich länger<br />

als drei oder vier Jahre funktionieren<br />

kann. „Für uns ist klar, dass vieles getimed<br />

ist”, sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin<br />

der Stiftung für Konsumentenschutz.<br />

„Zu viele Menschen melden sich<br />

bei uns, deren Geräte zwei Monate nach<br />

Ende der Garantie kaputtgehen oder die<br />

im Bekanntenkreis festgestellt haben,<br />

dass gleichartige Maschinen bei allen<br />

ungefähr gleich lang funktionieren.“<br />

Schwache Heizstäbe<br />

und lotternde Leiterplatten<br />

Diverse Medienbeiträge liefern Beispiele,<br />

so die Arte-Dokumentation „Kaufen<br />

für die Müllhalde“ von Cosima Dannowitz.<br />

Der Beweis für die Arglist freilich ist<br />

schwer zu erbringen, denn die Hersteller<br />

können stets auf die Kosten verweisen.<br />

Dauerhaft ist teurer. Das Angebot in den<br />

Discount-Märkten legt tatsächlich nahe,<br />

dass es für einen wesentlichen Teil der<br />

Kundschaft gar nicht billig genug sein<br />

kann.<br />

Ein paar Beispiele kurzlebiger Technik:<br />

In modernen Waschmaschinen<br />

werden schwächere Heizstäbe verwendet<br />

als früher, diese brennen durch,<br />

die Maschine ist nach einer Handvoll<br />

Jahren hin. In Netzteile von Computern<br />

und Fernsehern werden Kondensatoren<br />

eingebaut, die der darin auftretenden<br />

Temperatur nicht gewachsen sind. Hitzeresistente<br />

Bauteile würden nur ein<br />

paar Rappen mehr kosten und die Lebensdauer<br />

um Jahre verlängern. In<br />

Spielkonsolen werden die Leiterplatten<br />

so schlecht befestigt, dass sie sich nach<br />

wenigen Jahren ablösen, Wackelkontakte<br />

entwickeln oder den Start des Geräts<br />

komplett verhindern.<br />

Soweit so schlecht. Aber werden<br />

Elektro- und Elektronikgeräte tatsächlich<br />

immer defektanfälliger? Peter Jacob<br />

von der Empa (Eidgenössische<br />

Materialprüfungs- und Forschungsanstalt)<br />

widerspricht: „Mir scheint, dass die<br />

Geräte sogar langlebiger werden, hingegen<br />

ist die Reparierbarkeit drastisch<br />

reduziert.“ Jacob kennt sich mit Material-<br />

und Konstruktionsfehlern aus: Er untersucht<br />

sie nicht nur wissenschaftlich,<br />

auch privat flickt er gerne alte Radiogeräte.<br />

Ein Radio aus den Fünfzigerjahren<br />

lässt sich problemlos reparieren. Bei<br />

einem fünfjährigen DABRadio geht das<br />

heute vielleicht gerade noch. In 20 Jahren<br />

ist es sicher nicht mehr reparierbar.<br />

Hauptgrund dafür sei, dass kaum mehr<br />

Standardbauteile verwendet werden,<br />

sondern speziell für das Gerät entwickelte<br />

integrierte Schaltungen, die nach wenigen<br />

Jahren als Ersatzteile nicht mehr<br />

erhältlich sind. Es gibt aber auch ganz<br />

andere Gründe: Gehäuse, die sich nicht<br />

öffnen, sondern nur knacken lassen<br />

oder fest eingebaute Akkus, die, wenn<br />

überhaupt, nur der Spezialist wechseln<br />

kann, wenn ihre Kapazität nachlässt.<br />

Es geht auch anders - vorausgesetzt,<br />

man ist beim Kauf bereit, etwas tiefer in<br />

die Tasche zu greifen. Qualitätsprodukte<br />

sind robuster und lassen sich im Falle<br />

eines Falles vom Fachmann reparieren.<br />

Andere, die das frühe Ende ihres Geräts<br />

nicht akzeptieren wollen, finden im Internet<br />

Hilfe. Seiten wie ifixit.com oder<br />

insidemylaptop.com bieten detaillierte<br />

Anleitungen, wie sich die geliebten<br />

Gadgets auseinandernehmen und reparieren<br />

lassen. Voraussetzung sind handwerkliches<br />

Geschick, Spezialwerkzeug<br />

und je nach Schaden Ersatzteile.<br />

Ein Gerätefehler, der dem programmierten<br />

Tod schon sehr nahekommt,<br />

tritt bei verschiedenen Tintenstrahldruckern<br />

auf: Ein sogenannter Waste<br />

Counter („Abfallzähler“) registriert jede<br />

gedruckte Seite. Nach einer bestimmten<br />

Anzahl (beispielsweise 5000) gibt er<br />

an, der Schwamm sei voll, welcher die<br />

Tinte auffängt, die beim Reinigen der<br />

Düsen austritt - ob dies wirklich der Fall<br />

ist oder nicht. Der Schwamm lässt sich<br />

austauschen, jedoch nützt dies nichts,<br />

wenn der Zähler nicht auf Null gesetzt<br />

wird. Im Arte-Film wird dem Probanden<br />

geraten, einen neuen Drucker zu kaufen.<br />

Nach langer Suche in Web-Foren und

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