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ZAHLUNGSVERKEHR<br />
AUTORIN<br />
Sibylle Strack<br />
isr Abteilungsdirektorin beim<br />
Deutschen Sparkassen- und<br />
Giroverband (DSGV) in Berlin.<br />
Zur Zukunft der Bargeldversorgung der Kunden<br />
Der Weg in unbare Zahlungssysteme<br />
verspricht Erträge und Kostensenkung<br />
Deutschland ist historisch eine Barzahler-Nation. „Klassisches” Medium der Bargeldversorgung sind seit ihrer<br />
Einführung Ende der 60er Jahre die Bargeldautomaten. Mittlerweile gibt es in Deutschland davon über 58 000.<br />
Gleichzeitig steigt der Umsatz im Handel, der mit bargeldlosen Zahlungsmitteln abgewickelt worden ist, kontinuierlich.<br />
Angesichts des anhaltenden Wachsums von Bargeld- und unbaren Käufen stellt sich die Frage, ob die<br />
gewachsene Bargeldinfrastruktur und die neueren unbaren Zahlverfahren zusammenpassen. Von der Anwort<br />
darauf hängt ab, welche Strategie die Sparkassen künftig verfolgen sollten. Die folgenden Überlegungen greifen<br />
dazu die wesentlichen Entwicklungslinien und Handlungsfelder auf.<br />
Die Einführung von Geldautomaten seit<br />
Ende der 60er Jahre gilt <strong>als</strong> Paradebeispiel<br />
für die erfolgreiche Automatisierung<br />
von Prozessen. Seitdem konnten nicht nur in<br />
großem Umfang Kassen eingespart werden,<br />
auch die Verfügbarkeit der Dienstleistung<br />
„Bargeldbezug“ erhöhte sich auf 24 Stunden<br />
an sieben Tagen in der Woche. Parallel dazu<br />
ist ein kontinuierlicher Anstieg der unbaren<br />
Zahlverfahren zu beobachten. Bei Diskussionen<br />
rund um innovative Zahlverfahren wird<br />
Bargeld daher oft <strong>als</strong> „Auslaufmodell“ dargestellt,<br />
das bald von unbaren Zahlverfahren<br />
abgelöst wird. 1 Ist das realistisch, oder gibt<br />
es möglicherweise auch Gründe, die für eine<br />
fortgesetzte Bargeldnutzung sprechen?<br />
Wann verschwindet das Bargeld?<br />
Hier lohnt ein Blick auf die Einschätzungen<br />
der Verbraucher, wenn sie verschiedene<br />
Zahlverfahren miteinander vergleichen<br />
sollen. Eine Erhebung der Deutschen Bundesbank<br />
aus dem Jahr 2009 zeigt, dass die<br />
Verbraucher die Bargeldzahlung für deutlich<br />
bequemer, schneller und vertrauter <strong>als</strong><br />
andere Zahlverfahren hielten. Sie bewerten<br />
das Bargeld auch <strong>als</strong> vorteilhafter, wenn es<br />
um die Ausgabenkontrolle geht. Ganz wesentlich<br />
ist zudem, dass Bargeld mit Abstand<br />
<strong>als</strong> kostengünstigstes Zahlungsmittel gilt. 2<br />
Insgesamt ergibt sich daraus ein schlüssiges<br />
Erklärungsmuster, warum Zahlungen nach<br />
wie vor bar beglichen werden. Messbar ist,<br />
dass die Zahl der Bargeldverfügungen an<br />
den Geldautomaten und der Bargeldumlauf<br />
in Deutschland ansteigen. 3<br />
Parallel dazu wächst das Gewicht der unbaren<br />
Zahlverfahren im deutschen Handel.<br />
Die Statistik des EHI Retail Institute weist<br />
2010 einen Bargeldanteil am Handelsumsatz<br />
von 58,4 % aus. Mitte der 90er Jahre waren<br />
es noch mehr <strong>als</strong> 80 %. Der Zuwachs der unbaren<br />
Zahlverfahren betrug damit gut einen<br />
Prozentpunkt pro Jahr. Allerdings werden<br />
immer noch vier von fünf Transaktionen im<br />
Handel bar getätigt. Zahlungen von weniger<br />
<strong>als</strong> 5 Euro werden derzeit sogar in fast 97 %<br />
aller Fälle bar beglichen. Doch auch bei<br />
Beträgen bis zu 50 Euro dominiert Bargeld. 4<br />
Kosten werden zu Erlösen<br />
Vor dem Hintergrund, der „gefühlten”<br />
Vorteile, die Verbraucher aus dem Bezitz<br />
von Bargeld schöpfen, und seiner daher<br />
eher langsam sinkenden Bedeutung für<br />
Zahlungen im Handel in Deutschland noch<br />
lange ein Thema bleiben. 5 Daher muss es<br />
das Ziel von Sparkassen <strong>als</strong> „Produzenten”<br />
der Dienstleistungen rund um die kundenrelevanten<br />
Bargeldprozesse sein, diese<br />
Leistungen so günstig wie möglich zu erstellen.<br />
Die Bargeldstrukturen sollten daher<br />
regelmäßig auf ihre Effizienz hin überprüft<br />
und bei Bedarf redimensioniert werden.<br />
Langfristiges Ziel muss sein, das Bargeldaufkommen<br />
in den Instituten zu senken,<br />
indem der Trend zum bargeldlosen Bezahlen<br />
unterstützt und das Zahlungsverhalten nachhaltig<br />
geändert wird. Auf diese Weise sollen<br />
künftig Erlöse erzeugt werden, wo heute noch<br />
Kosten entstehen. Um den Kunden im besten<br />
Sinne „Wert-volle” Dienstleistungen bereitzustellen,<br />
muss das bestehende Dienstleistungsangebot<br />
erheblich ausgebaut werden.<br />
Dieser Weg umfasst ein Bündel von Maßnahmen,<br />
die durch verschiedene strategische<br />
Initiativen adressiert werden.<br />
Bargeldnutzung substituieren<br />
Um die Bargeldnutzung zu substituieren,<br />
müssen Kunden motiviert werden, ihre<br />
Zahlungsmittelwahl zugunsten unbarer<br />
Systeme zu priorisieren. Denn wenn sich der<br />
Kunde mit Bargeld versorgt, entstehen einer<br />
Sparkasse nicht nur durch Unterhalt und<br />
Bestückung der Automaten oder an der Kasse<br />
Kosten, sondern auch durch die spätere<br />
Entsorgung des Bargelds durch den Händler.<br />
Die größten Potenziale für die Umwandlung<br />
barer in unbare Zahlungen liegen im<br />
bisher fast unerschlossenen Kleinbetragsbereich.<br />
Das Medium, mit dem die Kunden<br />
für unbare Zahlverfahren in diesem Segment<br />
gewonnen werden sollen, ist die kontaktlose<br />
SparkassenCard. Um ihren flächendeckenden<br />
Einsatz zu ermöglichen, müssen vor allem die<br />
Händler vor Ort, <strong>als</strong>o die kleineren und mittelgroßen<br />
Firmenkunden, <strong>als</strong> Akzeptanten akquiriert<br />
werden. Die Acquiring-Strategie des<br />
Deutschen Sparkassen- und Giroverbands<br />
(DSGV) gibt Sparkassen wirkungsvolle Umsetzungshebel<br />
in die Hand, um ihren Marktanteil<br />
in diesem Bereich zu entwickeln. Dazu<br />
zählen unter anderem attraktive Kampagnen,<br />
1 Sehr lesenswert dazu der Artikel von Mike Lee, The<br />
ATM Industry Association (2008), Another Hundred<br />
Years of Cash.<br />
2 Siehe Deutsche Bundesbank (2009), Zahlungsverhalten<br />
in Deutschland, S. 9-36.<br />
3 Siehe Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni<br />
2009, S. 50; dort auch Verweis auf den Einfluss der<br />
Bargeldhortung auf den steigenden Bargeldumlauf.<br />
4 Siehe Deutsche Bundesbank (2009), Zahlungsverhalten<br />
in Deutschland, S. 50.<br />
5 Vgl. Deutsche Bundesbank (2009), Zahlungsverhalten<br />
in Deutschland, S. 81 ff., sowie (2010) Wie kommt<br />
das Bargeld ins Portmonee?, S. 45. In die Bewertung<br />
fand die Kontaktlos-Strategie der Deutschen Kreditwirtschaft<br />
noch keinen Eingang. Die Ergebnisse<br />
dieser Studie beschreiben Markus Altmann und Dr.<br />
Heike Wörlen auf S. 628 in dieser Ausgabe.<br />
614 Betriebswirtschaftliche Blätter 11|2011