Berichterstattung in der Presse - Stiftung Denkmal für die ...
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„Gesetzlicher Auftrag unserer <strong>Stiftung</strong> ist, aller Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken“,<br />
sagt Ulrich Baumann. Dabei habe sich gezeigt, dass gerade <strong>die</strong> Verurteilten deutscher Kriegsgerichte<br />
„als Opfergruppe im öffentlichen Bewusstse<strong>in</strong> am wenigsten präsent waren“. Vielmehr<br />
begegnete <strong>die</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Deutschen den Verurteilten nach 1945 mit Ablehnung und<br />
Fe<strong>in</strong>dschaft. „Wir wurden weiterh<strong>in</strong> als Feigl<strong>in</strong>ge, Dreckschwe<strong>in</strong>e und Vaterlandsverräter beschimpft<br />
und bedroht“, hatte Ludwig Baumann, <strong>der</strong> Vorsitzende <strong>der</strong> „Bundesvere<strong>in</strong>igung Opfer<br />
<strong>der</strong> NS-Militärjustiz“ bei <strong>der</strong> Ausstellungseröffnung geschil<strong>der</strong>t. Und <strong>der</strong> 90-Jährige, <strong>der</strong> nur<br />
zufällig den Namen mit dem Kurator teilt, hat mit „Desertion unterm Hakenkreuz“ auch e<strong>in</strong>en<br />
Beitrag zu <strong>der</strong> Aufsatzsammlung beigesteuert, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Historiker Dr. Albrecht Kirschner im<br />
Auftrag <strong>der</strong> Geschichtswerkstatt Marburg herausgegeben hat. Se<strong>in</strong> „Bericht e<strong>in</strong>es Wehrmachtsdeserteurs<br />
über se<strong>in</strong>e Verfolgung, se<strong>in</strong>en Kampf um Rehabilitierung und <strong>die</strong> Aktualität<br />
des Themas heute“ beschreibt <strong>die</strong> Diffamierungen und Anfe<strong>in</strong>dungen, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Kampf für <strong>die</strong><br />
Aufhebung <strong>der</strong> NS-Urteile und „für unsere späte Würde“ nach sich gezogen hat.<br />
Bereits im Herbst 2009 war <strong>die</strong> Ausstellung im Marburger Rathaus gezeigt und von e<strong>in</strong>em ambitionierten<br />
Begleitprogramm flankiert worden. Von e<strong>in</strong>em zweitägigen Symposium im Staatsarchiv<br />
über verschiedene Vorträge bis h<strong>in</strong> zur Präsentation von K<strong>in</strong>ofilmen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den 1950er<br />
Jahren <strong>die</strong> NS-Militärjustiz, „Fahnenflucht“ und „Strafbataillone <strong>der</strong> Wehrmacht“ thematisiert<br />
haben. Die vielfältigen Ergebnisse <strong>der</strong> Veranstaltungen s<strong>in</strong>d nun <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Band versammelt.<br />
Dabei konnte <strong>die</strong> Marburger Geschichtswerkstatt, <strong>die</strong> an <strong>der</strong> Erarbeitung von „Was damals<br />
Recht war…“ mitgewirkt hat, <strong>die</strong> Ausstellung vor allem um lokale Aspekte ergänzen. Denn<br />
zwischen 1939 und 1945 tagte dort e<strong>in</strong> Feldkriegsgericht, dessen Zuständigkeit sich von Frankenberg<br />
bis Friedberg, von Lauterbach bis Dillenburg - und damit auch auf Gießen - erstreckte.<br />
Mehr als 6300 Strafverfahren wurden von den Militärrichtern abgearbeitet. Nicht nur gegen<br />
Wehrmachtsangehörige, son<strong>der</strong>n auch gegen Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. „Häufig<br />
alltägliche Krim<strong>in</strong>alität vom kle<strong>in</strong>en Diebstahl über Verkehrsunfälle mit Verletzten bis h<strong>in</strong> zur<br />
fahrlässigen Tötung“, schreibt Albrecht Kirschner. Doch abgeurteilt wurde eben auch Desertion,<br />
„Wehrkraftzersetzung“ und <strong>der</strong> unerlaubte Kontakt von Kriegsgefangenen zu deutschen<br />
Frauen. Verhängt wurde dabei <strong>in</strong> be<strong>in</strong>ahe 100 Fällen <strong>die</strong> Todesstrafe.<br />
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Station Gießen, GIEßENER ANZEIGER, 15. Dezember 2011<br />
<strong>Stiftung</strong> <strong>Denkmal</strong> für <strong>die</strong> ermordeten Juden Europas – <strong>Presse</strong>dokumentation<br />
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