Abendprogramm (PDF) - Philharmonie Luxembourg
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schlägen, erhalten die musikalischen Bilder eine Suggestivkraft,<br />
die sich durchaus mit derjenigen der lateinischen Sequenz messen<br />
kann. Auch der dritte Satz bezieht sich auf das antiphonale Offertorium:<br />
Dem Chor wird ein eindringliches Gebet des Solobaritons<br />
gegenübergestellt. Das Sanctus findet seine Entsprechung<br />
im vierten Satz, der eingeschobene fünfte Abschnitt mit dem<br />
Solosopran eine Parallele im Benedictus, der sechste Teil weist eine<br />
Verwandtschaft zum Agnus Dei und der letzte mit dem Rückgriff<br />
auf den Introitus in der Communio auf.<br />
Inhaltlich beziehen sich die beiden Rahmensätze und der zentrale<br />
Mittelsatz auf einen Zustand der Erlösung, den Ort der himmlischen<br />
Ruhe, während die mittleren Rahmensätze die gegenwärtige<br />
Situation beschreiben, die des noch trostbedürftigen,<br />
suchenden Menschen in seiner Zeit. Eine große Steigerung findet<br />
bis zum vierten Satz statt: Ist der erste Abschnitt vom Fehlen der<br />
hohen Streicher und einem kleinschrittigen, wellenartigen Motiv<br />
im Quintraum geprägt, beginnt der zweite Satz – in seinem gesamten<br />
Charakter viel wuchtiger, eindringlicher, raumgreifender –<br />
auch ohne die hohen Stimmen, ist aber schon angelegt als eine<br />
große Steigerung auf seinen Schluss hin. Der dritte Satz erweitert<br />
das Klangspektrum wiederum nicht nur durch das Hinzutreten<br />
des Baritonsolisten, gekennzeichnet ist er vor allem durch seine<br />
klangmächtige Orgelpunkt-Fuge am Satzende. Nach dieser konzentrierten<br />
Steigerung erklingt das eigentliche Zentrum des Werkes,<br />
der vierte Satz («Wie lieblich sind deine Wohnungen»), als Ort<br />
der Ruhe, der Idylle. Diese Ruhe setzt sich im Trostgedanken des<br />
fünften Satzes fort, wird im sechsten jedoch spätestens mit dem<br />
Charakterwechsel, der mit der Verkündigung der Auferstehung<br />
durch die Posaunen einhergeht, abgelöst von erneuter dramatischer<br />
Steigerung. Nicht aber die Schrecken des jüngsten Gerichts<br />
werden hier thematisiert, sondern – noch einmal erinnert durch<br />
einen erneuten Einschub des Baritons – die Auferstehung. Ihren<br />
Kulminationspunkt findet diese Dramatik in einer monumentalen<br />
Fuge, die in ihrer Archaik beides miteinander verbindet:<br />
Klangfülle des 19. Jahrhunderts und Architektur, Formwillen der<br />
Jahrhunderte zuvor. Der siebte Satz schließt den Bogen, indem<br />
er den Charakter des ersten wiederaufgreift. Nach innen gerichtet<br />
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