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Adventistische Identität und christliche Solidarität - Theologische ...

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Herr S. ... fragte zunächst nach unserer Sabbathaltung, ob Hand- <strong>und</strong> Geistesarbeit<br />

gleicherweise unterlassen würde... Als ich davon sprach, dass wir im<br />

Beruf, in der Schule, ja sogar bei der Armee auf Verständnis stoßen <strong>und</strong> dabei<br />

die derzeit aufgetretenen Schwierigkeiten in Prora erwähnte, ließ er erkennen,<br />

dass er eben deswegen gekommen sei. Man wolle keine Unruhe <strong>und</strong> Unsicherht<br />

[Unsicherheit], die gerade zum gegenwärtigen Zeitpkt. unangebracht sei;<br />

darum werde nach größter Möglichkeit unseren Wünschen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

Rechnung getragen. Wir sollten dazu beitragen, jede Beunruhigung zu vermeiden.<br />

Die Bausoldaten sollten keine Sammelaktionen starten, sich nicht von<br />

anderen anstiften lassen. Dabei wurde Br. ... als ein evtl. Initiator einer Aktion<br />

genannt. Bei neuen Schwierigkeiten direkte Verbindung mit ihnen suchen ...<br />

(Gesprächsnotiz Lothar Reiche, 13. 12. 1983, AAE SB).<br />

Die Gesprächsnotiz macht deutlich, dass nicht das in der Verfassung verbriefte<br />

Recht auf Glaubens- <strong>und</strong> Gewissensfreiheit dafür ausschlaggebend gewesen war,<br />

in Prora einzugreifen, sondern die politische Großwetterlage, wie es durch die<br />

Wendung „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ zum Ausdruck kommt. Kurz vor<br />

unserer Einberufung, am 25. Oktober, hatte der Nationale Verteidigungsrat der<br />

DDR mitgeteilt,<br />

dass in der DDR Atomwaffen der Sowjetarmee stationiert werden, da in einigen<br />

westeuropäischen Ländern, einschließlich der BRD, Atomraketen stationiert<br />

werden sollen (Judt 1998, 573).<br />

Einen Monat später, am 25. November, hatte Erich Honecker in einer Rede vor<br />

dem SED-Zentralkomitee auf den politischen Schaden durch die westlichen Pläne<br />

zur Raketenstationierung verwiesen, aber im Anschluss bemerkt „Wir sind dafür,<br />

den Schaden möglichst zu begrenzen.“ 10<br />

Auffallend ist die Besorgnis, dass in Prora eine Gruppe in Erscheinung treten<br />

könnte. Gruppenaktionen hätten damals leichter die Aufmerksamkeit der westlichen<br />

Presse erregen können. Lothar Reiche hat sich jedoch – wie die Korrespondenz<br />

zeigt – keineswegs von den beiden Verhandlungsführern instrumentieren<br />

lassen <strong>und</strong> nicht dementsprechend auf uns eingewirkt. Am Montag, den 19.<br />

Dezember, teilte ich Lothar Reiche in einem längeren Schreiben mit, was ich über<br />

das Zustandekommen der Veränderungen erfahren hatte <strong>und</strong> wie ich persönlich<br />

die neue Situation erlebte <strong>und</strong> beurteilte. In meinen Aussagen zum Sabbat spiegelten<br />

sich nicht nur meine eigenen Gedanken wider, sondern auch der Gesprächsstand<br />

mit anderen Adventisten.<br />

Du bist über den neusten Stand ja orientiert: Physische Ausbildung am Freitagnachmittag<br />

für alle. In unserer Kompanie geht das bis etwa 16 Uhr. (Eine<br />

andere Truppe habe ich am Freitag im Halbdunkel noch über den Sportplatz<br />

stürzen sehen.) Das ist also im Augenblick nicht ganz befriedigend, aber was<br />

wussten sie schon davon, dass für uns der Sabbat mit Sonnenuntergang beginnt.<br />

Wir hatten ja auch nie an den Freitagnachmittag gedacht. Hier sind sie<br />

10 http://www.chronik-der-mauer.de/index.php/chronik/1983 (Zugriff: 28. November 2006).<br />

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