Adventistische Identität und christliche Solidarität - Theologische ...
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Eine Woche später, am Sonntag, dem 10. Juni 1984, schrieb F. H. an Lothar<br />
Reiche, um ihn über weitere Entwicklungen in dieser Angelegenheit zu informieren.<br />
Er schilderte, was am Freitag <strong>und</strong> Sonnabend zuvor geschehen war:<br />
Alles kam ganz überraschend. Zuerst wurde ich zum Kompaniechef gerufen,<br />
dann zum OvD (Offizier vom Dienst) in den Stab geschickt <strong>und</strong> von dort aus<br />
zu Hauptmann Heine, dem Stellvertreter des Kommandeurs der Baueinheiten.<br />
Das Gespräch begann sehr unsachlich: Er müsste mit mir sprechen wegen<br />
meiner Eingabe, dass ich am Wochenende nichts machen wolle. Hauptmann<br />
Heine erklärte mir jedenfalls, dass es gar keine Regelung gäbe <strong>und</strong> auch die<br />
von mir angedeuteten Vorfälle vor etwa einem halben Jahr frei erf<strong>und</strong>en seien.<br />
Meine Bemühungen gingen dahin, ihm zu erklären, weshalb mir der Sonnabend<br />
als Ruhetag soviel wert ist. Das alles wollte er nicht begreifen. Meine<br />
Haltung interessierte ihn überhaupt nicht. Ich habe versucht ihm in „seiner<br />
Sprache“ zu erklären, dass ich unter einem göttlichen Befehl stehe <strong>und</strong> die<br />
Missachtung des Ruhetages einer Befehlsverweigerung gleich käme. Auch da<br />
hielt er mir immer wieder die Dienstvorschriften entgegen.<br />
Fast gegen Ende des Gesprächs bot er mir an, ich solle doch den Wehrdienst<br />
ganz verweigern, wenn ich mich nicht nach den Dienstvorschriften richten<br />
wolle. Mein Eindruck während des gesamten Gesprächs war, dass Hauptmann<br />
Heine vorfühlen wollte, wieviel ich von der Regelung für Adventisten weiß.<br />
Dabei stellte er sich ganz dumm. Auch die Frage nach Personen, die mich<br />
darüber informiert haben, kam. Ich habe ihm gesagt, dass ich keine Namen<br />
nennen werde, <strong>und</strong> dass sich eine Erörterung der Umstände von dieser Regelung<br />
wohl erübrigt, wenn er mir sagt, dass es so etwas nicht gibt.<br />
Bruder Reiche, ich muss Dir schreiben, dass ich glaube, Oberstleutnant<br />
Aschendorff hat diese Eingabe nicht gesehen... So habe ich Hauptmann Heine<br />
auch direkt gefragt, ob Oberstleutnant Aschendorff diese Eingabe gelesen hat<br />
<strong>und</strong> ob dies seine Antwort ist. Erst redete Hauptmann Heine sehr drum herum.<br />
Auf die Wiederholung meiner Frage antwortete er „Ja“...<br />
Während meines Gesprächs, wurde der Kompanie für Sabbatvormittag eine<br />
Exerzierübung angekündigt. Aufgr<strong>und</strong> des letzten Satzes in meiner Eingabe,<br />
der auch ein heißer Punkt in dem Gespräch war, den ich aber aufrecht halte<br />
<strong>und</strong> zu dem wir alle stehen, sagte ich Hauptmann Heine, dass ich Befehle zur<br />
physischen Ausbildung <strong>und</strong> zu Arbeitseinsätzen als eine Provokation zur Befehlsverweigerung<br />
auffassen muss.<br />
Wir sechs Adventisten waren uns einig, diesen Befehl, wenn er am Sabbat<br />
ausgesprochen wird, zu verweigern.<br />
Gleich nach dem Frühstück kam der Befehl. Daraufhin bin ich zum KC 11 -Vertreter<br />
Unterleutnant D. gegangen. Er ließ mich wieder nicht zu Wort kommen,<br />
sagte mir aber, dass er weiß, warum ich komme. Wir sollten erst einmal mit<br />
heraustreten; alles weitere wolle er dann bekannt geben. Endergebnis war: wir<br />
11 In den NVA übliche Abkürzung für „Kompaniechef“.<br />
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